USA und Deutschland - Unterschiede im Umgang mit Messern

Begonnen von El Topo, 03. September 2009, 17:02:14

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El Topo

Ich lese sehr viel auf SRP und den anderen englischsprachigen Foren.
Mir ist dabei aufgefallen, dass es da erhebliche Unterschiede im Umgang mit Rasiermessern gibt. Finde, das ist eine ganz interessante Sache.
Ich möchte hier mal so ein paar Sachen aufzählen, die ich für erwähnenswert halte. Meine Absicht ist es aber nicht zu sagen,
"so ist das komplett falsch", oder "man kann das nur so, auf meine Weise machen". Erlaubt ist, was funktioniert und gefällt,
auch wenn man selbst das so nicht machen würde. Natürlich wäre es auch Blödsinn, zu behaupten, alle machen das auf die beschriebene Art und Weise.
Die aufgezählten Sachen hab ich aber mehr als nur einmal beobachtet.

Diskussion erwünscht!

# 1  Coticule als Finisher

In den US Foren ist der GBB ein beliebter Finisher, und wird dort auch oft ohne Paste verwendet (siehe #2). Ich hab selbst so ein Messer mal gekauft,
das nur auf GBB und Leder genifished wurde. Ehrlich: Mich hat das ncht überzeugt, sanft, aber nucht scharf genug, um gründlich zu rasieren.
Die Körnung vom GBB sollte für den Abschluss reichen , sofern mit Wasser ohne Slurry benutzt. Aber ohne Paste seh ich schwarz für eine gute Rasur.

# 2 kein Pastenriemen

Hab mich per PM mal über dieses Thema unterhalten. Viele verzichten auf das Pasten und den 2. Schneidewinkel, der dadurch entsteht. Viele sind auch der Ansicht, dass ein Messer, das nicht gepastet wird, seine Schärfe länger hält. Ich bin da anderer Meinung: Der 2. Winkel bringt das Messer zwar etwas mehr in Richtung Balligkeit, verbessert die Sanftheit aber erheblich und gibt dem Grat mehr "Rückhalt", was die Standfestigkeit erhöht. Messer ohne Paste, die ich hatte, waren meist eher maue Rasierer, die während der Rasur schnell an Schärfe verloren haben und auch sonst recht schnell am Ende waren. Was ich mit zweitem Winkel geschärft habe, hält länger. Ist aber nur meine Erfahrung, und kein allgemeingültiges Dogma.

# 3 Ledern

Meistens wird 50x Leinen und 30x Leder empfohlen. Ich ledere vor der Rasur 15-20x auf Leder ab, und mir reicht das auch.
Bei so vielen Zügen hätte ich Angst, das Messer früher als nötig ballig zu machen. Schätze, auf Lange Zeit kann man durch das stetige Leder bei keinem Messer ein gewisse Balligkeit verhindern.

# 4 Nachschärfen

Hab so den Eindruck, dass unsere Kollegen von Übersee ihre Messer recht häufig nachschärfen. So alle 4-8 Wochen ein kleiner Touch Up.
Ich hab von meinen Messern noch keines nachgeschärft, hab aber auch etwa 12 Stück in abwechselnder Benutzung. Wie sind da eure Erfahrungen?
In den deutschen Foren geht man so von 1-2mal pro Jahr nachschärfen aus, was erheblich weniger wäre, als was in Amerika praktiziert wird.

# 5 Pyramid Honing

Diese Technik geht auf Lynn Abrams zurück: Vereindacht gesagt, benutzt man dabei zwei unterschiedliche Steine (z.B. Norton 4k/8k) und schärft abwechselnd
auf beiden Seiten. Pro Durchgang wird die Anzahl der Züge verringert. Bsp.: 25x 4k dann 25x 8k. Nächste Runde: 20x 4k und 20x 8k, dann beide Steine je 15mal, usw.  Hab ich selbst noch nie gemacht, ist aber ein weit verbreiteter Standard, der auch gut zu funktionieren scheint. Hierzulande ist diese Technik meines Wissens nach nur wenige verbreitet.

# 6 Anzahl der Züge beim Schärfen

Mir fällt auf, dass dort die Anzahl der empfohlenen Züge beim Schärfen sehr gering ausfällt. Meist so 30 Züge pro Stein, am Finisher dann nur noch so 4 Züge.
Meine Steine arbeiten recht langsam, aber mit 30 Zügem auf dem 1000er krieg ich kein Messer so scharf, dass es Haare vom Arm nimmt.
Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass das Projekt zum Scheitern verurteilt ist, wenn man am 1000er ungenügend arbeitet.
4-10 Züge am Finisher halte ich für sehr wenig. Hab nur Natursteine in den höheren Körnungen und weiß nicht, wie fix da synthetische Steine arbeiten,
aber unter 100 Züge am BM Schiefer oder Chinese mach ich nicht. Kann unter der Lupe sehen, dass die Facette nach 20 Zügen nicht gut auspoliert ist.
Überschärft hab ich ein Messer auch noch nie, glaub, das geht auf Steinen auch nicht so einfach. Das "Overhoning" ist aber sehr gefürchtet, evtl. geht das nur bei sehr aggressiven synth. Steinen?

# 7 Preise

Die Bereitschaft einen Batzen Kohle für ein Messer auszugeben ist bei unseren Kollegen wohl etwas höher als hierzulande. Wenn man sich so in den Foren umschaut, wird einem fast nur zum Kauf von absolut neuwertigen Messern geraten. Ich find das schade, ein paar meiner fleckigen Messer gehören zu meinen besten Rasierern. Und ehrlich gesagt, zahl ich lieber ein paar Euro für ein Dubl Duck, das ein paar leichte Flecken hat, als das ich für das gleiche in "mint condition" ein Vermögen hinlege. Ich hab aber so den Eindruck, dass bei bestimmten Marken der Preis nur eine sehr untergeordnete Rolle spielt. Messer für 150 Dollar und erheblich mehr gelten als Schnäppchen. Na ja, wers hat...

# 8 Restauration

Ein Thema, an dem sich auch hier die Geister scheiden. In den Ami Foren sieht man oft uralte Messer, meist aus Sheffield, die bis zum Allerletzten poliert und abgschliffen werden. Die Teile sehen frischer aus, als das ladenneue Dovo, welches ich neulich in Händen hatte. Den Originalzustand beizubehalten ist dort oft kein Thema, meist wird gedremelt, was das Zeug hält. Find ich schade, da man damit dem Messer irgendwie seine Identität und seinen Charakter raubt.
Ich würd mich auch hüten in ein altes W&B nachträglich einen Barber's Notch reinzufräsen. Hab ich aber alles schon gesehen.

Wie gesagt, ich möchte hier nichts verteufeln, was ich selbst so nicht praktiziere, oder wovon ich weiß, dass hier von vielen auch nicht praktiziert wird.
Trotzdem würd mich eure Meinung dazu interessieren, oder ob ihr oben beschriebena Sachen (mit Erfolg?) auch schon probiert habt.
Schöne Grüße aus dem Maulwurfshügel!


Platzger

Da mein Englisch für solche Spezialthemen nicht reicht, finde ich das einen sehr interessanten Vergleich. Das mit dem Pyramid honing werde ich mal testen.
Good, cheap, beautiful - pick only two

UbuRoy

Mit GBB als Finisher habe ich lange gearbeitet. Aber ohne Pasten ist keine Chance, ein wirklich rasierfähiges Messer (nach unseren Qualitätsmaßstäben) hinzukriegen.
Die Amerikaner sind da anders. Aber das zieht sich ja von Ernährung, Autos bis hin zu Rasiermessern usw.
Was ich bisher an Video von Ihnen beim schärfen gesehen habe ist auch nicht sehr überzeugend.
Aber Ihnen scheints zu genügen, also was solls.

Die sind einfach praktischer veranlagt, während hier mehr die Perfektionisten sitzen. Ist schon ok so.

El Topo

@Uburoy:

Seh ich auch so, jeder wie es ihm glücklich macht.
Der GBB ist sicher ein klasse Stein, wenn der nicht so teuer wäre, hätt ich mir den auch schon geholt.
Aber das Resultat ohne Paste reicht vielleicht für nen Milchbart aber nicht für nen erwaschsenen Mann,
zumindest wenn der normalen bis harten Bartwuchs hat. Ich würd mich jedenfalls hüten, ein Messer, das derart
rasiert zum Verkauf anzubieten.

Die Schärf Videos auf youtube von Plexuss oder ToxikWaste fand ich aber gar nicht schlecht.

Hier gibts noch ein Video mit Coticule only:

http://www.youtube.com/watch?v=BWa8hL4nroc

Der Verfasser, "Bart" schreibt viel auf SRP. Wenn ich mir das durchlese, was er von sich gibt, muss ich sagen, dass das immer Hand und Fuß hat.
Der Mann kennt sich definitiv aus. So wies aussieht, ist er ein echter Virtusoso auf dem GBB  ;D  Trotzdem glaub ich, dass er mit dieser Methode sicher nicht das Maximum aus dem Messer rausgeholt hat.
Aber wenns funktioniert, warum nicht...
Schöne Grüße aus dem Maulwurfshügel!


H. Herdick

Ich neige immer mehr die Am. Art von Ledern durch zu führen: also immer mehr auf Leinen (Hanf) und dann auf Leder. Wobei: Leinen und danach Pferdeleder eine sehr gut kombination ist, wie ich finde.

Das Ultime für mich habe ich noch nicht rausgefunden (seit 3/4 Jahr oder so bin ich mit Messern beschäftigt), aber Leinen oder Canvas finde ich eine sehr schöne Sache.
Schönen Gruss,
Hermann

--------O rijkdom van het onvoltooide.--------

Iltis

#5
Das ist eine sehr interessante Thema. Früher habe ich auch sehr viel in Badger & Blade und SRP gelesen, inzwischen nicht mehr weil es sich überall viel wiederholt, und von Neuigkeiten werden auf lang oder kurz auch Hier berichtet. Zu deine einzelne Punkte, ElTopo:

1: ich habe 2 GBBs, ein Bankstein der sich nicht als Abschlussstein eignet; auch ohne Schlamm kriege ich kein Messer scharf genug, das ein "schleppender Haartest" (mit Sägebewegungen) besteht. Der 2., ein kleines unregelmässigen Stein ist offensichtlich feiner - damit ist es möglich ohne Paste ein Messer vernunftig scharf zu kriegen. Es geht aber noch besser mit der Chinesische "12000er" (nach GBB) und/oder Kieselerde (ich mische ihn mit Wasser, und benutze eine Scheibe Marmor als Schleifbank).

2: Früher waren Diamantpasten Pflicht in die Englischsprachigen Foren - offensichtlich sind sie aus der Mode gekommen. Diese Modeerscheinungen gibt es aber auch bei uns. Beim schärfen versuche ich auch ohne Paste klarzukommen, das gelingt meist aber nicht immer. Wenn die Schärfe nachlässt, wird das Messer dann auf ein Pastenriemen abgezogen. Von Standzeit kann ich schlecht berichten - ich habe dafür zu viele Messer (ca. 20 in ständigen gebrauch). Auf jeden Fall, mit oder ohne Paste, die ersten 2, 3 Rasuren sind nicht massgebend für die Sanftheit eines Messers - das kommt durch rasieren, obwohl was da genau passiert ist mir schleierhaft.

3: Mit Leinen/Hanfriemen habe ich keine gute Erfahrungen gemacht, habe mich aber nicht damit intensiv auseinandergesetzt. Was der Anzahl die Züge angeht - früher habe ich immer ca. 50X abgezogen. Heute mache ich immer 13 Züge "weil es Glück bringt". Ich merke nicht, wenn genug geledert ist, und bezweifle, ob man das merken kann. Ab und zu habe ich ganz aufs Ledern verzichtet (vergessen) - da war auch kein Nachteil wahrzunehmen, aber wie lange das gut geht, weiss ich nicht, und habe keine Lust, das rauszukriegen.

4: Was Nachschärfen angeht, meist packt mir der Ehrgeiz, ein Messer neu zu Schärfen, weil ich meine, es jetzt besser wie früher zu können. Meist klappt es auch sogar. Wenn ich richtig informiert bin, haben Barbiere früher ihre Messerbestand täglich neu geschärft. Wenn das nichts brachte, denke ich, sie wären davon abgekommen weil es unnötige Zeitaufwand bzw. Materialverlust mit sich brachte. Früher hatte ich nur ein Messer, ein Crown and Sword, das ich ca 1977 neu gekauft habe; den habe ich 1X pro Monat mit Zahnpaste auf ein Kosmetikspiegel "nachgeschliffen", und mit ein Ledergürtel abgezogen. Das ging ohne weiteres ca. 20 Jahre gut, bis ich mich in Rasiermesserforen rumtrieb, und lernte, das es völlig falsch war was ich machte... aber heute wurde ich mich damit auch nicht zufrieden geben, was die Schärfe angeht.

5: Pyramid Honing macht für mich kein Sinn - von ein feinerer auf ein gröberer Stein wechseln und dann zurück? Eine ständige verfeinerung der "Schleifmittel" ist ohne Zweifel der wirtschaftlichste Art, ein Messer zu schärfen. Ich wusste nicht, was das bringen soll. Aber ich muss zugeben, es nicht ausprobiert zu haben.

6: Auch was in unseren Forum als eine "normale" Anzahl von Züge gilt, überschreite ich deutlich. Senser hat das einmal treffend als "Meditation" bezeichnet. Mir egal - für mich zählt die Ergebniss, und wenn es zweimal so lange dauert. Da gibt es für mich kein Richtig oder Falsch.

7: Auch in Deutschland gibt es eine grosse Streuung, was preislich als akzeptabel gesehen wird. Der Einer kauft sich ein Stein für der Preis ein Kurzurlaub in Rom (sein eigene Angaben), der Anderer prädigt, das man sich mit ein 1000/6000er Kombistein, Pastenriemen und Leder zufriedengeben kann (das bin ich).  Beides hat sein berechtigung - es kommt einfach darauf an, wieviel Geld man hat, und wo man seine finanzielle Schwerpunkte liegt. O.T. Amerikaner sind durchschnittlich ärmer als Deutschen.

8: Das ist keine Restauration!!!  Da kann ich nur diesen Link empfehlen. Auch Hier gehen wir, meine Meinung nach, viel zu leichtsinnig mit historischen Kulturgut um, aber das ist eine ganz andere Thema...

Gruß
Iltis
de gustibus, aut bene aut nihil

Bengall Reynolds



Komischer Weise sind die Amerikaner auch absolut vernarrt in rostfreie Messer.
Außerdem bekommen viele von Denen einen mittelschweren Blutsturz wenn jemand "fremdes" deren Messer auch nur berührt.

Ich kann mich an eine Diskussion auf SRP erinnern, in der jemand zur Abstimmung gestellt hat, ob er seine Putzfrau feuern soll weil die seine Rasiermesser befingert hatte.
Das Ergebnis ging dann eindeutig zu Ungunsten der armen Putzfrau aus.....  :o

Auf der anderen Seite gibt es auch viele aktive Foren-Rentner dort drüben, die richtig was auf dem Kasten haben und deren Mitteilungsbedürfnis um einiges ausgeprägter ist als hierzulande üblich.

Demnach muss ich zugeben, mir auch vieles -per Fernstudium- von den Amerikanern abgeschaut zu haben.

Fazit:
Auch nicht viel anders als hier, nur eben anders  :-\
On a long enough timeline, the survival rate for everyone drops to zero.

Dagobert


Bravo Iltis Bravo,von 1-8 den Nagel Voll auf den Kopf getroffen. dh:

Guilty

Iltis Beiträge bezüglich Rasiermessern treffen meiner Meinung nach immer den Nagel auf den Kopf.Eben ein Kenner und Liebhaber wie kaum ein anderer.

El Topo

@ Iltis:

Denke, da sehen wir viele Sachen, im Prinzip eigentlich alles, ganz ähnlich  dh:
Schöne Grüße aus dem Maulwurfshügel!



BeBerlin

Ich kenne ja SRP recht gut, also...

# 1  Coticule als Finisher
Einer von vielen. Der Trend geht zu synthetischen Steinen, je feiner je lieber. Das nimmt mitunter possierliche Züge an. Bart weiß allerdings sehr genau, was er tut. Ich habe hier gerade 8 Messer, die er nur mit BBW/Coticule geschliffen hat - die halten locker mit allem mit, was einige der amerikanischen "Honemeister" unter Zuhilfenahme ihres gesamten Waffenarsenals ("und dann habe ich da noch ein wenig Diamantspray, das ich bei Vollmond erschaffen habe, auf einen magischen Sicherheitsgurt, den ich statt eines Leinenriemens nehme, gesprüht...") fabriziert haben. Weniger ist oft mehr.

# 2 kein Pastenriemen
Die meisten dieser Diskussionen werden von Moderatoren geprägt, die mit Schleifen ihr Geld verdienen. Wenn ich 50 Messer pro Tag zu schleifen hätte, würde ich mir auch Gedanken über Effizienz und Konsistenz machen. Pastenriemen sind inkonsistenter als synthetische Schleifsteine. Inwieweit das für den Hobbyisten von Belang ist, sei dahingestellt.

# 3 Ledern
Hat was mit der Empfehlung zu tun, beim Abziehen maximal das Gewicht des Messers auf den Riemen zu bringen. Mindestens zwei der Moderatoren haben Zwangsneurosen, auch das könnte etwas damit zu tun haben.

# 4 Nachschärfen
"Ein Barber Hone und ein Streichriemen reichen, um ein Messer ein Leben lang scharf zu halten". Alternativ eben Schleifpasten auf Streichriemen, das Ergebnis dürfte ähnlich sein. Die Fixierung auf Steine scheint allerdings wirklich ein amerikanisches Phänomen zu sein. Wir legen gerade eine Datenbank für die Dinger an...

# 5 Pyramid Honing
Lynn hat die Methode nur populär gemacht, erfunden hat sie sein Lehrer. Wer die blutigen Details kennenlernen möchte: http://straightrazorplace.com/srpwiki/index.php/Pyramid_honing_guide.

# 6 Anzahl der Züge beim Schärfen
Auch so ein Lynn-Ding: "Weniger ist mehr". Hängt ursächlich mit dem Einsatz synthetischer Steine zusammen (wie auch Pyramid Honing), und soll Overhoning und Wire Edges (also zu steil hochgezogene und brüchige Scherfacetten) verhindern. Es gibt aber auch eine europäisch-japanische Achse, die das deutlich anders sieht. Man muß da manchmal zwischen den Zeilen lesen, weil Mindermeinungen nicht übermäßig beliebt sind.

# 7 Preise
Im Vergleich mit B&B ist SRP da noch sehr vernünftig. Und Anfängern wird ausdrücklich zum Kauf von Wapienicas, Double Arrows, aber vor allem Messern von anderen Mitgliedern geraten. Man kann jederzeit gute Messer für 35-50 USD bekommen, was ich als Anfänger ausgesprochen hilfreich fand.

# 8 Restauration
Es gibt da zwei Schulen: einerseits versetzen Männer wie Marc Sprecher echte Rosthaufen wieder in ihren Originalzustand (mein Otto Deutsch sah vermutlich nie besser aus), andererseits stellen einige Mitglieder gerade im Bereich Griffschalen Dinge an, die eigentlich gegen die Haager Landkriegsordnung verstoßen. Alles eine Frage des Geschmacks, bzw. dessen Abwesenheit.

Gute Nacht
Robin

El Topo

#12
@ Beberlin:
Vielen Dank für den tollen Beitrag!

Hier nochmal mein Senf:

- Coticule:
Ich halte sehr viel von Bart, aus seinen Posts kann man eine Menge lernen. Wenn du sagst, seine Messer sind top geschärft, glaub ich das gerne.
Man muss auch dazu sagen, dass der gute Mann vermutlich auch extrem gut mit diesem Stein umgehen kann. Evtl. hat er auch besonders gute Exemplare
mit feinerer Körnung erwischt? Auch bei den Coticules gibt es bestimmt die natursteinbedingten Schwankungen in der Körnung.

Sehr gut finde ich sein Video mit dem BBB und anschließender Politur mit Chromoxid auf Stein.

- Pasten
Ich für meinen Teil verzichte nicht  darauf. Klar, die Klinge wird leicht ballig, aber trotzdem gewinnt sie merklich an Schärfe, Sanftheit und vorallem an Standzeit. Übermäßiges Pasten ist natürlich schlecht, das sollte klar sein

- Ledern
Jeder nach seiner Facon. Aber ich merke, dass die Tendenz in den USA zu sehr straffen Riemen mit wenige Druck geht.
Ich lass den Riemen jetzt auch nicht schlaff hängen und press die Klinge voll drauf, aber ein bisschen mehr darfs manchmal schon sein.
Finde, das Ergebniss hat sich mit leichtem Durchhang eher verbessert. Stell mir das so vor: Besser leichten Durchhang und weniger Züge,
als ultrastraffer Riemen mit 70 Zügen

- Schärfen
Die Angst vor Overhoning und Wire Edges ist ziemlich verbreitet. Mir ist das zum Glück noch noch nicht passiert, obwohl ich nicht unter 100 Züge
auf dem Finisher mache. Evtl. liegt es an den Natursteinen, die eher sanft und langsam arbeiten. Synth. Steine hab ich leider keine in den höherern Regionen,
aber vielleicht ist das ja auch eine Spezialität der Barber Hones, ein Wire Edge zu verursachen?

Merkwürdig, dass das Abkleben beim Schärfen so verpönt ist. Hab neulich mein erstes Messer ohne Tape geschärft. Resultat: sehr gut, aber dem Rücken
ist es nicht gut bekommen, obwohl ich relativ wenig Züge gemacht habe. Bei einem Schärfauftrag für ein fremdes Messer würd ich das nicht machen.

Auch das mehrfache Abkleben auf dem Finisher "Double bevel"/"Micro bevel") ist nicht sehr beliebt. Ich mach das wie Tim Zowada und kleb auf dem Finsiher 2-3fach ab und mach noch so etwa 15 Züge. Ehrlich: Ab sofort ist das die Standard Methode, ist eine Garantie für höchste Schärfe, enormes Durchhaltevermögen und hohe Sanftheit. Nachteile hab ich nicht feststellen können. Dass die Dauerhaltbarkeit darunter leiden soll, kann ich mir nicht vorstellen.

Weniger ist mehr? Ich weiß nicht, trau mich nicht, ein Messer mit 20 Zügen auszupolieren, glaub irgendwie, das reicht nicht. Aber ich kann nicht beurteilen,
wie z.B. ein keramischer Shapton 16k zu Werke geht. Evtl. schafft der das.

- Pyramid Honing
Klingt für mich eigentlich unlogisch, aber ich will das auf jeden Fall mal ausprobieren. Wenns nicht funktionieren würde,
wär das wahrscheinlich nicht so beliebt. Ganz hervorragend finde ich das "circle honing" von Lynn, kann ich nur empfehlen

- Preise
Auf SRP ist man da schon eher vernünftig. Auf B&B sieht das schon zum Teil anders aus. Jede soll mit seinem Geld machen was er will, aber ich hab den Eindruck, dass das Zahlen von irrsinnigen Preisen für bestimmte Messer oftmals nicht wirklich hinterfragt wird.
Ich sehe auch, dass viele teure Neuschmiedungen mit einem Lächeln auf den Lippen kaufen.
Ich würd mir als Einsteiger kein teures Böker Edelweiss holen. Meine alten Böker hab ich alle für recht wenig Geld bekommen, dafür mit leichter Patina.
Was die neuen Böker drauf haben, können die alten zehnmal, aber für einen Bruchteil des Preises. Die Bereitschaft viel Geld für das erste Messer hinzulegen ist schon recht hoch, und m.M.n. nicht unbedingt vernünftig. Jedenfalls ist für mich als Student ein neues Böker für 160€ unbezahlbar, dafür hol ich mir 7 alte
aus der Bucht und motz die wieder auf.

- Restauration
Ich nehme an Marc Sprecher ist "maximilian"? Hut ab vor dessen Können! Seine Messer schau ich mir immer wieder gerne an. Aber mir persönlich
gefällt es auch ganz gut, wenn man die eine oder andere Rostnarbe stehen lässt, oder leichte und schöne Patina erhält. Roter Rost muss aber weg,
das ist klar.

Edit: Tippfehler korrigiert
Schöne Grüße aus dem Maulwurfshügel!


Terzian

Zitat von: El Topo am 04. September 2009, 10:00:50
Ich mach das wie Tim Zowada und kleb auf dem Finsiher 2-3fach ab und mach noch so etwa 15 Züge. Ehrlich: Ab sofort ist das die Standard Methode, ist eine Garantie für höchste Schärfe, enormes Durchhaltevermögen und hohe Sanftheit.

Interessant. Habe ich noch nie von gehört bzw. darüber nachgedacht.
Mit der Methode  "circle honing" habe ich bislang 4 Messer geschärft, mit ebenfalls allerbesten Ergebnissen.
Von den leichten französischen Landweinen ist mir Cognac am liebsten.

Marco

Geier0815

Ein paar Anmerkungen von mir obwohl ich die "amerikanischen Ansichten" nur aus euren Post hier "kenne": pyramid honing kann Sinn machen, ist aber auch anders realisierbar. Es geht dabei darum mit dem feineren Stein die Spuren des gröberen zu beseitigen damit man nicht immer in den gleichen Rillen schleift. Irgendjemand brachte mal den netten Vergleich mit einer Kartoffelreibe. Ich persönlich vermeide dies indem ich mal schräge (mit ganzer Klinge auf Stein, nicht das jemand an Kreuzstrichtechnik denkt) und mal gerade über den Stein gehe. Aber da mag es jeder halten wie er will.

Abkleben und zweiter Winkel auf Steinen war auch bei uns lange verpönt, man erzeugte den zweiten Winkel nur mit Pastenriemen und abkleben höchstens um Kullenrücken zu schonen. Auch hier kein großer Unterschied, nur das wohl zu viele mit zweitem Winkel und sehr feinen Steinen Erfolg hatten und das dann auch schrieben.

Allgemein zum Pasten: Galt hier lange als der Weisheit letzter Schluß um den zweiten Winkel zu erzeugen, galt aber auch immer als der schwierigere Part beim Schärfen. Einige Leute mochten und mögen es nicht da es bei ihnen nicht reproduzierbar ist, schon gar nicht bei einem Anfänger.

Wenige Züge auf feinen Steinen: Dazu sei als Beispiel der 16k GS Shapton genannt. Dieser Stein ist extrem aggressiv und neigt dazu eine ebensolche Schärfe zu erzeugen. Wenn man allerdings mit einem Naturstein in ähnlicher oder feinerer Körnung nacharbeitet verschwindet diese Aggressivität oder man arbeitet nur mit ca.10 Schüben auf dem 16k und erhält dann einen sehr guten Kompromiß aus Schärfe und Sanftheit. Dafür sollte man aber schon einen zweiten Winkel mit einem anderen feinen Stein vorgearbeitet haben. Ich vermute jetzt einfach mal dass andere, in Amerika beliebte Steine in hohen Körnungen, sich ähnlich verhalten und deshalb daraus eine allgemeine Regel entstanden ist.

Restauration ist letztlich Geschmackssache, nicht jeder will/muß Geschichte erhalten, von daher "kein Kommentar" obwohl ich nicht glaube das hierbei so viele Unterschiede bestehen. Warum werden für richtig gut erhaltene alte Messer die höchsten Preise gezahlt obwohl sie keine Geschichte in Form von Patina erzählen?

Für Preise denke ich, gilt ähnliches. Schaut euch die Preise für TIs oder Wacker an, als echte Schnäppchen würde ich die nicht bezeichnen, trotzdem sind sich hier wohl fast alle einig dass die Messer dieses Geld wert sind. Und ehrlich: Das Geld was man beim Aufarbeiten an den Messern spart, steckt man mindestens (zB in Form von Steinen) an anderer Stelle wieder rein. Auch hier gilt: Jeder so wie er mag.