Ein modernes "Meatchopper"

Begonnen von Iltis, 05. Juli 2009, 13:37:05

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Iltis

Hallo Zusammen,
Also ich bin auch mit der Messerbastelwahn jetzt infiziert, und habe mir ein Traum realisiert, jetzt bin ich stolzer Besitzer ein 9/8 "Meatchopper".
Letzten Sommer habe  ich bei ein Mittelalterliches Fest von ein Replikatstand ein schönes Küchenmesser gekauft. Als ich nach Hause kam, und es "richtig" schärfen wollte ;) ist es mir aufgefallen, wie hart der Stahl war, und das hat eine lange Prozess in Gange gesetzt. 6 Monate später, fiel mir der Visitenkarte der Schmied von den ich das Messer gekauft habe noch mal in der Hand, und ich dachte mir "Fragen kostet nix", habe ich ihn also ein Email geschrieben, und angefragt ob er Interesse daran haben könnte, im Auftrag ein Rasiermesser zu schmieden. Er schrieb zurück, das er es gerne machen konnte; ich schickte ihn dann Entwurfszeichnungen und wies ihn darauf, das der Stahl sehr hart sein muss, fragte ihn ob er so etwas hinkriegen könnte. Sein Antwort lautete, er wurde das Messer aus "Kugellagerstahl" (was das sein mag, ich habe da wenig Ahnung) und versprach mir eine Rockwellhärte zwischen 55 und 60. Das Messer sollte gegen Ende Mai fertig sein.
Mitte Juni traf es bei mir ein, und ich fing dann mit der Bastlerei an, erstmal Bulls-Eye Nietenköpfe machen (aus 6mm Messingstab), dann, weil es ein Iltismesser sein soll, ein kleiner Iltis aus Silberblech anfertigen, und in die Schalen, aus Ebenholz, einsetzen. Ursprunglich wollte ich auf ein Keil, in Manier die Messer um 1840 rum verzichten, musste mich aber geschlagen geben und habe dann doch ein Keil aus Ebenholz eingesetzt. Damit bin ich noch nicht zufrieden, ich denke, ich nehme das ganze nochmal auseinander.
Dann ging es zum Schleifen ( ich schreib bewusst nicht "Schärfen"). Leider musste ich feststellen, der Schmied hat nicht so akkurat gearbeitet wie in mein Zeichnung vorgegeben - bis ich ein vernunftige Facette anschleifen konnte gingen Stunden vor der 1000er Stein rum, und nacher war die Facette teilweise bis 4mm Breit, also unbrauchbar. Ich habe der Rücken dann mit Gewebeband verstärkt, und dann eine 2., 1mm breite Schneidefacette darauf geschliffen, und dann geschärft.
Heute früh Rasurprobe - Haartest war 100%, aber ich wusste nicht, hält der Grat auch beim rasieren durch? die Antwort: JA!! 3 Durchgänge ohne bemerkenswerte nachlass an die Schärfe. Ich habe schon sänftere Rasuren erlebt, aber das kommt öfter vor, das wenn ein Messer frisch geschärft ist, es nicht so sanft ist, als nach 3 oder 4 Mal damit rasieren. Vorerst bin ich zufrieden.
Hier ein Paar Bilder:













Der "Vergleichsmesser" beim ersten Bild is ein 5/8 Bengall.
Es ist nicht perfekt, durch die extreme Breite konnte ich das Messer nicht so tief in das Heft reingehen lassen als gewöhnlich, was nicht so elegant wirkt, Buddel hat das Problem durch massivere Schalen gelöst (ein 9/8 mit Knochenheft irgendwo hier vorgestellt), aber das gefiel mir nicht so, ich wollte es "klassisch" halten. Eine bessere Lösung wurde in ein geschwungener Erl liegen, ich bin schon am Skizzieren... Auch der Schliff könnte besser sein, das war aber sicher ein "Kommunikationsfehler" zwischen mir und der Waffenschmied, und ich hoffe, wir werden nochmal miteinander zu tun haben, nächstes Mal klappt es sicher besser. "Kugellagerstahl" ist auf jeden Fall geeignet für ein Rasiermesser, verhält sich aber ähnlich wie "Cast Steel" was Oxidation angeht - als ich mit der 6000er zu Gange war, musste ich ans Telefon, und wenn ich ca. 15 Minuten später das Messer anschaute, war es übersät mit schwarze Pünktchen - ich durfte das Messer von vorne neu Polieren. Mit seine ganze Fehler, für ein erstes Versuch, denke ich lässt es sich trotzdem sehen.
Gruß
Iltis
de gustibus, aut bene aut nihil

beeblebrox

Sehr schönes Ding Iltis! Sogar mit Notch! Die meisten Stilpunkte gibts aber natürlich für das Wappentier aus Silberblech, ganz große Klasse! ;D

Honka


david


Platzger

Good, cheap, beautiful - pick only two

harrykoeln

Alle Achtung, da ist Dir wirklich der ganz große Wurf gelungen.
Tolles Teil, der "HabenWill"-Reflex macht sich breit...
"The two most common things in the universe are hydrogen and stupidity.
There is more stupidity around than hydrogen, and it has a longer shelf life."
Frank Zappa (1940-1993)

Tim Buktu

Meine Hochachtung, Herr Iltis!
Tranquilo - In der Ruhe liegt die Kraft...

PS: Alles nur meine persönliche Meinung, die sich durchaus beeinflussen lässt und sich deshalb gelegentlich auch ändert!

NegatroN

Was für ein Brummer!

Für ein Erstlingswerk ist das mehr als gelungen, würde ich sagen. Gefällt mir ziemlich gut.

Micki

toll, toll, toll  dh: dh: dh: klasse Teil
Gruß Micki

Lord Vader

möchte mich dem lob anschließen. tolles beil hast du dir da erschaffen. und der iltis ist echt hammer!

ich finde es auch nicht schlimm, dass das messer etwas raussteht. das war bei breiten formaten halt so und so sehr ich hier einige futuristische prachtexemplare in sachen heftbau bewunder und mag, so sehr mag ich auch klassische hefte. sehr gelungen! bin schon auf nummer 2 gespannt.

lg

lord vader

Buddel

Respekt und meinen Glückwunsch  dh:
Ganz besonders interessiert mich natürlich noch, wie du den Iltis (aus was ist der) so schön eingearbeitet hast. Kannst du davon noch mal eine Nahaufnahme machen?

Mit dem Messer, rasiert sichs besser.

redmatze

Der Mund des Menschen, ist oft gefährlicher
als der Rachen eines Tigers.

Iltis

#12
Danke für Euer Lob,
Ich bin, ehrlich gesagt, auch stolz drauf.
@LordVader: ich bin auch auf Nr.2 gespannt, muss noch einiges überlegen und mit der Schmied besprechen, was dauert, weil er sehr weit weg lebt, und wir haben nicht mal eine Sprache gemeinsam. Wir tauschen uns per Email in Englisch aus, durch seine Frau, die als Übersetzerin fungiert.
@Buddel: Der Iltis ist aus 1mm Silberblech, mit ein Laubsäge ausgesägt, habe ich dann auf der fertig geformte Schale mit ein Tropfen Kleber befestigt, und mit ein sehr spitzen gelben Buntstift umfahren. Dann der Iltis mit ein Rasierklinge entfernt, und die Konturen mit ein 0,8mm kugelförmige Fräskopf erst ausgefräst, dann zur Mitte hin nach und nach ausgetieft. Dafür habe ich ein Gravierstift benutzt, es wurde aber auch mit ein Dremel mit biegsame Welle gehen. Dann der Iltis vorsichtig mit ein Hammer "rundgeformt" und mit Epoxyharz eingeklebt, das gut die Hälfte noch vor der Holzoberfläche hochstand. Dann mit 400er Schleifpapier runtergeschliffen und Planpoliert. Wenn ich eine Nahaufnahme mache, wird man noch mein "Pfusch", das ich mit eine Mischung aus Epoxyharz und fein zerstossene schwarze Holzbeize ausgeglichen habe sehen... nächstes mal kriege ich es besser hin.
Gruß
Iltis
de gustibus, aut bene aut nihil

medler

Toll, Klasse, der Hammer.
Der Iltis ist wirklich das Prunkstück.  dh:
Der Langsamste, der sein Ziel nicht aus den Augen verliert, geht immer noch geschwinder als der ohne Ziel umherirrt.(Gotthold Ephraim Lessing)

1000meilen

Meine Gratulation!
Als "Gelegenheitsschmied" gefällt mir natürlich besonders, dass auf dem Erl die Spuren des Schmiedehammers noch vorhanden sind, das verleiht dem Messer etwas archaisches, was mit dem klassischen Heft bestens harmoniert. Die Probleme, welche du beim Einlegen des Iltis beschreibst sind mir von ähnlichen Arbeiten auf dem Heft eines Damaszenerschmuckmessers bestens bekannt, bin schon gespannt auf die zweite Version (dazu: wenn eine Arbeit weitergeht, spricht das besonders für den Handwerker, es gehört schon einiges an Mut und Durchhaltewille dazu, wenn man sich mit etwas Schönem noch nicht zufrieden gibt. Dafür meinen doppelten Respekt!).

Grüsse
1000meilen
Immer ist jetzt.