Wade & Butcher, Sheffield (Bow Razor, W&B Special, u.a.)

Begonnen von harrykoeln, 16. November 2007, 09:26:22

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harrykoeln

Zitat von: AndiM am 17. Mai 2010, 23:21:30
...ich habe meine Entscheidung bezüglich der Politur mir vorher gut überlegt und  so ein altes verrostetes Eisen wollte ich nicht durch mein Gesicht ziehen.
...

Das ist Deine Entscheidung und so soll es auch sein, ist schließlich Dein Messer.
Buddel hat da ein wahres Wort, gelassen ausgesprochen:
Zitat von: Buddel am 17. Mai 2010, 22:32:14
... Man muss sich hier vor Augen führen, dass 98% der Menschen da drausen ein altes verrostetes Rasiermesser einfach wegwerfen würden. Alles was man stattdessen damit macht, ist schon mal besser. Auch die alten Meister wären froher darüber, wenn ihr Messer umgeschliffen oder aufpoliert wird und benutzt, als wenn es auf den Müll wandert  ;)
...
Wenn oder wen es interessiert wie ich das sehe, dann:
Chapeau fürs Heft, die wundervolle Klinge hat für mich leider ihr Gesicht UND ihre Geschichte verloren.

Die beiden Scharten, die da auf der Vorseite zu sehen waren machen sicher Arbeit, doch waren sie mE auch nicht so gravierend, als das die Klinge derart "begradigt" werden musste, dass sie ihre Proportionen komplett eingebüsst hat. Mir schoss sofort der geradegebogene Parabolspiegel durch den Sinn...
Schade, nimm es einfach als Lehrgeld, erfreue Dich an tollen Rasuren mit dem Messer (die ganz sicher möglich sein werden) - tja - und beim nächsten Mal...
"The two most common things in the universe are hydrogen and stupidity.
There is more stupidity around than hydrogen, and it has a longer shelf life."
Frank Zappa (1940-1993)

Rigeback

Hallo AndiM !
Sehe ich auch so wie Sonnenschein und Buddel !Haste super gemacht.Die Messer waren ja auch um 1860 blitzblank und ich glaube die Schleifer waren auch auf ihre polierten Klingen stolz und haben sich bestimmt mehr über ein versifftes Messer geärgert.Wenn sie sehen könnten was wir mit den alten Messern machen, würden sie sich bestimmt auch darüber freuen.Es ist doch nichts herab würdigendes dabei, etwas in den Urzustand zu bringen ,was hat das mit den frühen Tod der Schleifer zu tun und mit  Staublunge !Dann dürfte mancher Oldtimer nicht mehr da sein wenn die es so praktizieren müssten wie hier diskutiert . Die so genannte Patina ist im Grunde nur schlecht Pflege gewesen und wie schon mancher gesagt hat ,er möchte sich keinen Dreck durchs Gesicht ziehen ist ja auch richtig.Kommt auch auf das Messer an,ein schönes W&B mit Ätzungen,Gravur würde ich lieber die " Patina " drauf lassen als da zu schmirgeln etc. und alles zu vernichten, damit allerdings auch nicht rasieren. Deine Klinge war mal blank und die kannste dann auch wieder blank machen wenn es Dir gefällt.Ich finde das sollte jeder für sich selbst entscheiden dürfen ohne hinterher als "Kunstbanause" da zu stehen bei den anderen Messerliebhabern !Die können ihre Messer doch auch so herrichten wie sie es wollen,mit Patina,Narben ,da habe ich noch keine Empörung darüber gelesen,wie schmutzig das Messer aussieht etc. Das Missfallen über das vorgehen bzw.Ergebnis bei der Aufarbeitung kann man auch dezenter, neutraler mitteilen .Das mit dem schärfen, das bekommst Du auch noch hin,nun weißt Du ja was Du machen musst beim nächsten W&B und wenn es Dir nicht vergangen ist,stellst ein Foto hier in Forum ! ;D Liegt wie schon gesagt auch manchmal an der Klinge,verzogen, krumm. Da muss man langsam und kontrolliert schärfen, immer wieder mit der Lupe die Schneide der Klinge überprüfen.Gott sei dank,Du bist ja auch nicht der Erste dem das etwas missglückt ist mit dem Schärfen !Mal sehen was ich zu hören kriege,wegen meiner Meinung zu Patina usw. ;)Ich wünsch Dir was..
Gruß
Dieter

Senser

Zitat von: Rigeback am 29. Mai 2010, 21:28:03
...Die Messer waren ja auch um 1860 blitzblank....

Irrtum! Diese Klinge ist zu keinem Zeitpunt blitzblank gewesen. Lediglich Erl, Angel und Rücken waren im Originbalzustand spiegelpoliert. Die Seiten der Klinge waren fein, manchmal feinst geschliffen (gepliestet) und das war`s.
Gruß Senser

Sparschäler reloaded

AndiM, ich finde dein Messer wunderschön. Eine tolle Arbeit! Über die Politur hast du dir, wie du sagst, selber Gedanken gemacht. Und die Entscheidung lag absolut bei dir als Besitzer des Messers. Trotzdem mein Kommentar dazu: Ich hätte es genauso gemacht (wenn ich es könnte ;)) Ich wünsche dir viele tolle Rasuren mit dem Prachtstück.

Iltis

#274
Zitat von: Rigeback am 29. Mai 2010, 21:28:03
...Mal sehen was ich zu hören kriege,wegen meiner Meinung zu Patina usw....

Sicherlich darf jeder es handhaben, wie er es will, zwecks Aufarbeiten seines Messers - da finde ich Buddels Argument

Zitat von: Buddel am 17. Mai 2010, 22:32:14
Auch die alten Meister wären froher darüber, wenn ihr Messer umgeschliffen oder aufpoliert wird und benutzt, als wenn es auf den Müll wandert  ;)

Sehr treffend. Auch werde ich keine als "Kunstbanause" bezeichnen, der eine andere Vorstellung von was ästhetisch schön als ich hat.
Die Frage, wie ich es sehe ist: Wie gehe ich mit einen historischen Gegenstand um? Welche Kriterien sind für mich wichtiger - mein eigenen ästhetischen Sinn oder die kulturgeschichtlichen Relevanz diesen Gegenstand? Wenn jemand sein eigenen ästhetischen Wahrnehmung wichtiger ist, habe ich kein Argument dagegen; das ist wie eine Glaubensfrage. Aber, wenn man etwas, sei es ein Rasiermesser, ein "Oldtimer" oder wie auch immer sein kulturgeschichtliche Integrität nicht zerstören will, sollte nach was man heutzutage unter "Restaurierung" versteht handeln. Die Artikel in Wikipedia ist, finde ich, sehr lesenswert, und erklärt auch das "Warum" sehr gut. Auch die Restauration von Fahrzeuge wird da behandelt - es ist auffällig das  ein vergammeltes "Oldtimer" in Originalzustand oft teuerer verhandelt als die gleiche Modell das liebevoll "Restauriert" wird.
Soviel zu Restaurierung.

"Patina" empfinde ich persönlich als ein Fehlbegriff bei Eisenobjekte - bei Buntmetalle oder Holz macht es sinn, weil es eine dauerhafte Veränderung die Oberfläche gibt, das als erhaltenswert betrachtet werden kann. Eisen, dagegen Rostet - das muss entfernt werden um der weiteren Verfall zu hindern. Auch anhaftenden Dreck hat da nichts zu suchen; wo es schwierig wird sind die noch vorhandenen Verfärbungen auf die Oberfläche - sie haben mit die "Originalzustand" nichts zu tun. Die ästhetische Frage interessiert mich nicht, das is Geschmackssache; wichtiger ist ob sie sich entfernen lassen ohne die historische Substanz zu vernichten. Leider scheint das nicht zu gehen, und ich würde dafür plädieren, sie zu lassen. Der "Hygenische" Argument ist hier nicht zutreffend - ein gereinigtes Messer mit Verfärbungen bietet Keime kein besseren Nährboden als ein Blankpoliertes. Nebenbei gemerkt, wenn man es Ernst mit die Keime meint, müsste man nach jeden Rasur ein frisch gewaschenes und gebügeltes Handtuch nehmen - wer macht das?

Es ist auch ein Irrtum, das jeden historischen Messer blitzblankspiegelpoliert war. Ich habe einige Messer mit deutlichen Spuren von die Schleifsteine, auch wenn die Oberfläche sehr gut erhalten ist - auch ein paar mit malformierte Angel; da schien es auch Qualitäts- (und wohl Preis-) unterschiede gegeben zu haben.

Ich persönlich halte die Erhaltung soviel historischen Substanz als möglich für wünschenswert, deswegen finde ich es schade, wenn man sein Messer eine neue Oberfläche verpasst. Aber wenn er mir sagt "Ich mache es so weil es mir besser gefällt" habe ich dagegen keinen Argument, weil was gefällt gefällt, und da hat Buddel sicher recht - lieber so als in die Tonne zu kloppen.

Gruß
Iltis
de gustibus, aut bene aut nihil

Claudius


AndiM

Danke nochmal an alle für die rege Beteiligung und klaren Aussagen!!! Ich finde auch das man so alte Messer mit einem gewissen Respekt behandelt. Wie schon mal gesagt war der Zustand von dem Messer wirklich sehr sher schlecht, und nachdem ich den ganzen Rost weg hatte, sah es leider immer nicht gut aus(für mich gesehen). Da es sich bei diesem Messer aber um nichts seltenes handelte wollte ich sehen ob ich es zur Spiegelpolitur bringen kann. Über das Ergebniss freue ich mich immer noch, doch leider ärgere ich mich gleichzeitig sehr über die versaute Schneide!!! >:(
Und das schlimmste für mich ist das ich das Ding einfach nicht rasurtauglich bekomme. Ich habe es schon 3mal versucht, zuerst mit geraden Schüben, dann Kreuztechnik und danach nochmal eine Mischung aus Kreuztechnik(Steine mit Sockel) und Steine hochkant(Steine ohne Sockel). Danach noch 10mal grüne Paste, ausgibiges Ledern, Haartest bestanden, jedoch war die Rasur alles andere als gründlich. Also noch 10mal schwarze Paste und viel Ledern, leider ist es nicht besser geworden...Jetzt bin ich kurz davor es einem Profi zu schicken :'(Oder soll ich noch mehr Pasten....oder oder oder

Gruß
Andi

Iltis

@AndiM:
Wenn dein Messer der Haartest besteht, aber nicht gründlich rasiert, tippe ich zuerst auf eine soganannte "Überschärfe" -  der Grat ist zu lang und damit unstabil. Bei die Rasur biegt es um und das Messer ist nicht mehr optimal scharf. Was auch möglich ist, ist das die Facette nicht richtig poliert ist (sehr gut denkbar bei so eine breite Facette), und bei der Haartest hast du die einzige Bereiche zufällig erwischt, die richtig scharf sind.
Du hast geschrieben, dein Abschlussstein ist eine Thüringer; versuch es noch mit sehr viele Schübe auf der Thüringer ohne ihn anzureiben, mit Rasierschaum statt Schleifschlamm - so habe ich mit die Chinesische "12000er" erst vernunftige Ergebnisse erzielen können. Hier könnte es auch helfen. Mit so eine breite Facette ist auch etwas mehr Durchhang beim Pasten/Ledern auch hilfreich, aber achte darauf, mit so wenig Druck es nur geht zu arbeiten.
Ich habe einiges zu dein Messer geschrieben, aber zu meine Schande habe ich immer vergessen zu erwähnen, das deine Schalen sehr schön gemacht sind.
Gruß
Iltis
de gustibus, aut bene aut nihil

AndiM

Hallo,
ich bin mal wieder schwach geworden und habe mir ein weiteres W&B geangelt. Diesmal habe ich nur mit einem weichen Tuch und Wasser das Messer gesäubert. Mehr scheint mir diesmal nicht nötig ;D. Gestern habe ich es gleich mal über die Steine geschoben und anschliesend in meinem Gesicht getestet. DAS ist mein neuer alter Liebling!!! Super sanft und sehr gründlich, einfach geil. Könnt ihr mir vielleicht wieder was zum Alter schreiben??
Gruß
Andi







UbuRoy

Schwer zu sagen. Könnte 1860 oder 1890 sein. Gibt Indizien für beides. Ich tippe auf 1875 - 1885

Ist bei diesen Klingen schwer zu sagen, weil das durchaus alte Meatchopper sein könnten, die eventuell mal einen nachträglichen Hohlschliff erhalten haben (spricht die Barber's Notch und der Bleikeil für sowie die Beschalung). Oder halt alte Lagerbestände aus Rohlingen, die erst sehr spät zum Schliff gelangten. Die Pins und der Ansatz wiederum sehen eher nach frühestens 1880 aus.

Jedenfalls SUPER Zustand. So eine W&B fehlt mir noch. Falls Du da mehrere von hast, wäre ich durchaus zu einem Tausch bereit (anderes W&B, Wostemholm Reynolds oder sonst was...).

Lord Vader

würde die klinge eher auf 1890 herum datieren. der hohlschliff sieht mir hier schon recht original aus! auf jedenfall ein tolles messer, dass du dir da geangelt hat!

Sparschäler reloaded

SAUGEIL :o Wo findet man denn SOwas?

AndiM

Danke für die schnellen Antworten!!!
Ja der Zustand ist wirklich super, auf den Bildern war es war es nicht so gut zuerkennen. Nur an der Schneide waren 3 kleine Roststellen, die ich mit der Lupe erkennen konnte, jedoch waren die mit ein paar Schüben über den 400er Naniwa SS gleich fast weg und der Rest war nach dem 1000er weg. Da Ihr ja schon wisst, daß ich noch am Anfang stehe, was ist bitte Barbers Notch? o)

Btw. Bei aller Freundschaft selbst wenn ich noch mehr von diesen Messern hätte würde ich mich nicht davon trennen wollen...ich glaube ich habe mich infiziert!

Gruß
Andi 

redmatze

Sauber AndiM dh:
Ein Sahneteil.

Barbers Notch ist die Ausparung vorne an der Klinge.

Mal ne Frage:

War das Heft auf der Innenseite sauber?
Ich könnt wetten, ja. Dann könnte ich mit auch gut vorstellen, dass das Heft mal auseinander genommen wurde, nämlich die Pins, wie Uburoy schon schrieb sehen etwas jünger aus. Dennoch ein absolut schönes Messer. So mag ich das.Gratulation.
redmatze
Der Mund des Menschen, ist oft gefährlicher
als der Rachen eines Tigers.

AndiM

Super schon wieder was neues gelernt! :D Danke
Die Schalen waren innen schön staubig, aber kein Schmodder oder sonstige Siff.

Gruß
Andi