Handballenabzug-wer machts, mit welchen Erfahrungen?

Begonnen von redmatze, 06. Dezember 2008, 22:07:36

Vorheriges Thema - Nächstes Thema

0 Mitglieder und 1 Gast betrachten dieses Thema.

kretzsche

#30
Ich hab gerade das unsägliche pseudo-Filarmonica nach Mastro-Art geschliffen, also mit Druck und frei Hand. Haartest klappt, ich bin begeistert, jetzt geh ich testrasieren...

Uwe

kretzsche

Tatatataaa... fertig. ;D

Die Rasur war gut, keine Cuts, kein Rasurbrand, glatt und mittlerweile müde.

Das Messer kannte ich noch nicht im Gesicht, daher kann ich nur begrenzt etwas zur Qualität sagen. Eins nur, es war rasurscharf. Ich bin nach den Steinen noch ca. 30mal über den Glattleder-Riemen und hab mich dann wie gewohnt rasiert. Die Spydercos haben ganze Arbeit geleistet und mir die ungewohnt rauhe Behandlung bestimmt verziehen. Nach dem ersten Durchgang wurde die Klinge etwas sanfter und hielt dann ihre Schärfe locker aufrecht. Tja es hat also auch funkioniert!

Uwe

harrykoeln

Zitat von: kretzsche am 10. Dezember 2008, 21:47:56
...Die Spydercos haben ganze Arbeit geleistet und mir die ungewohnt rauhe Behandlung bestimmt verziehen. ...

Die bestimmt....
"The two most common things in the universe are hydrogen and stupidity.
There is more stupidity around than hydrogen, and it has a longer shelf life."
Frank Zappa (1940-1993)

bartmann

#33
Starker Abzug härtet das Gefüge - schwacher Abzug kann neutral auf starkes Barthaar wirken ( Klinge springt über die Haare hinweg). Je hohler die Klinge umso stärker die Tendenz zum Springen. Ein halbhohler Schliff im Vergleich zum Vollhohlen dürfte bei gleichem zu schwachem Abzug noch rasieren (mit Druck )wärend der Vollhohle springt und dabei Haarinseln erzeugt.
Die Italiener haben im Durchschnitt eher starkes Barthaar, daher macht diese beherzte Art auf den Steinen sicher Sinn.

Paysbas

Zitat von: bartmann am 11. Dezember 2008, 14:21:36
Starker Abzug härtet das Gefüge - schwacher Abzug kann neutral auf starkes Barthaar wirken ( Klinge springt über die Haare hinweg). Je hohler die Klinge umso stärker die Tendenz zum Springen. Ein halbhohler Schliff im Vergleich zum Vollhohlen dürfte bei gleichem zu schwachem Abzug noch rasieren (mit Druck )wärend der Vollhohle springt und dabei Haarinseln erzeugt.
Die Italiener haben im Durchschnitt eher starkes Barthaar, daher macht diese beherzte Art auf den Steinen sicher Sinn.

Hallo bartmann,

ist es wirklich so, dass durch starker Abzug das Metallgefüge gehärtet wird? Ich habe mittlerweile auch abgezogen wie Livi, und es funktioniert gut. Sanfte Rasur, Messer ist nächste Mal nach ein paar Züge wieder gut scharf.
Mit den Steinen versuche ich wenn ich dafür wieder einen Kandidat habe
Herzliche Grüße aus Oberschwaben, 
Paysbas

bartmann

Ja, so ist es in einem Lehrbuch für Messerschmiede beschrieben. Mein Barthaar ist eher stark, und ich habe damit auch genau diese Erfahrung gemacht.

Paysbas

@ bartmann,

ich bin auch dabei die Methode Livi aus zu probieren. Mit dem Abziehen auf Leder habe ich auch mit der "harte" Methode" gute Erfahrungen gemacht.
Herzliche Grüße aus Oberschwaben, 
Paysbas

bartmann

Vorsicht beim Streichen auf Leder - wenns vom Gefühl her passt ists ok, manchmal kann mans übertreiben, dann wird die Schneide zu ballig.

Paysbas

also, das "hart" ist natürlich relativ gemeint.
Herzliche Grüße aus Oberschwaben, 
Paysbas

Paysbas

Ich kann von weitere Erfahrung mit dem Handballenabzug berichten. Ich bin erstaunt wie effektiv es ist. Ich ziehe das Messer vor dem 1. Durchgang auf dem Spannriemen ab, gefolgt vom Handballen. Die Rasur ist sehr sanft, deutlich sanfter wie nach dem Spannriemen. Auch sehr gründlich.
Vor dem 2. Durchgang ziehe ich das Messer nochmals (ca. 10 Doppelzüge) auf dem Handballen ab. Wiederum eine sehr sanfte Rasur und sehr gründlich.
Herzliche Grüße aus Oberschwaben, 
Paysbas

Paysbas

Zitat von: harrykoeln am 10. Dezember 2008, 11:05:10
Nein im Ernst, wenn ich nix anderes hab, ziehe ich meine Rasiermesser auch am Unterarm oder der Handkante ab. Wäre die Verletzungsgefahr nicht so groß, bräuchte ich kein Glattleder. Seht ihr im Video, wie er auf der Handkante abzieht? Nix Kreuzstrich, er wandert mit der Klinge über die Handkante, zieht dabei gerade. Irgendwo hab ich mir das mal abgeschaut, ähnlich mache ich das auch, sowohl auf den Steinen, als auch auf dem Leder. Nix mehr quer ziehen, nur noch gerade.

Hallo Harry,

nach wiederum längere Versuchsreihen stelle ich fest dass der Handballenabzug nach Mastro Livi eine deutliche Verfeinerung bringt. Wirklich all meine Rasiermesser rasieren noch eine Spur sanfter als nach dem unbehandeltem Spannriemen aus Juchtenleder. In mein Beruf habe ich viel mit der Haut zu tun und ich behaupte dass meine Handfläche eine feinere Struktur hat als das Juchtenleder.

Vor dem 2. Durchgang (gegen den Strich) ziehe ich das Rasiermesser nochmal auf dem Handballen ab. Wiederum wurde die Rasur um einiges sanfter und genauso gründlich wie ohne Handballenabzug.

Ich habe sogar festgestellt dass nur Handballenabzug vor der Rasur ausreicht.
Herzliche Grüße aus Oberschwaben, 
Paysbas

Paysbas

Zitat von: shaved am 10. Dezember 2008, 19:46:50
Die Hand ersetzt bei ihm das Leder, als Schmied wird
seine Haut dort etwas härter sein als bei mir.

hallo shaved,

ich behaupte das es noch feiner kann als diese abgehärtete Schmiedhände. Der Abzug auf mein Handballen (auch handwerklich aber doch fein und sanfter Haut) macht die Rasur noch eine deutliche Spur sanfter, bei gleiche Gründlichkeit.
Herzliche Grüße aus Oberschwaben, 
Paysbas

eberhard

#42
ich ziehe meine messer nach der rasur einmal kurz auf dem handrücken ab. vor der rasur eigentlich nie. ich schärfte bis vor kurzem, jahrelang, meine messer mit einem 1000 und dann mit einem 6000 er stein. danach abziehen auf einer zusammengefalteten zeitung (hat die gleiche wirkung wie balsholz) und danach wenige züge auf dem leder. sobald es den haartest einigermasen besteht verwende ich es zum rasieren. vor der nächsten rasur 7 oder 13 züge auf dem leder(schwarze zahlenmagie).  zurück auf den stein muss ein messer erst nach 200 bis 300 rasuren. habe es von meinem großvater als junger mann gelernt. habe seit etwa 4 wochen nun auch einen 10000 er stein. dadurch wirkt die schneide polierter und der haartest geht in der regel nach dem stein schon. ich verzärtele aber meine  messer nicht, sonder gehe recht robust mit ihnen um, sowohl auf dem stein als auch auf dem leder. keine lupe oder ähnliches. so ist ein frisches schärfen bei einem neuen messer in etwa 10 längstens 15 min erledigt. nach dem rasieren wische ich es an einem ganz normalen handtuch  ab, mit dem ich auch mein gesicht abtrockne. danach ziehe ich es meistens ein oder 2 mal über den handrücken. alles in allem keine große und lange arbeit. ich schleife zwar auch gerne ( habe dafür 1 oder 2 messer an denen ich mich austoben kann). die aufgabe meiner messer ist in erster linie die tägliche rasur und nicht das ständige schleifen.

Sisko

Zitat von: bartmann am 11. Dezember 2008, 14:21:36
Starker Abzug härtet das Gefüge - schwacher Abzug kann neutral auf starkes Barthaar wirken ( Klinge springt über die Haare hinweg). Je hohler die Klinge umso stärker die Tendenz zum Springen. Ein halbhohler Schliff im Vergleich zum Vollhohlen dürfte bei gleichem zu schwachem Abzug noch rasieren (mit Druck )wärend der Vollhohle springt und dabei Haarinseln erzeugt.
Die Italiener haben im Durchschnitt eher starkes Barthaar, daher macht diese beherzte Art auf den Steinen sicher Sinn.


@Paypas und bartmann:
Verstehe gerade nichts mehr. Kann es sein, dass wir den Begriff "Gefüge" / "Metallgefüge" ganz verschieden gebrauchen?

Hier der Begriff wie ich ihn verwende/kenne:
http://de.wikipedia.org/wiki/Gef%C3%BCge_(Werkstoffkunde)

Ihr müßt damit was ganz anderes meinen, denn weder das Primärgefüge, noch das Sekundärgefüge nach einer technische Wärmebehandlung läßt sich durch den Handballen beeinflussen.

bartmann

#44
Aha.
Der Wiki - Artikel bespricht keine Gefügeveränderungen durch mechanischen Einfluß, und genau darum gehts.
Vorweg, mein von Dir zitierter Beitrag meint den Abzug auf dem Stein,nicht den Handballenabzug.
Der Begriff Handballenabzug ist imho ohnehin irreführend, da es sich ja um Streichbewegungen zum Rücken hin handelt.

Da der Steinabzug in der Bewegung vom Rücken weg geschieht, werden die Moleküle in der Dünnungskante stärker oder schwächer verdichtet, je nachdem mit wieviel Kraft der Abzug stattfindet. Diese Moleküle befanden sich vor dem Abzug an einer anderen Stelle im Gefüge (des Stahls) als danach. Das Gefüge hat sich daher verändert.
Die Ursache dieser Veränderung ist primär mechanisch.

Das spätere Streichen auf dem Handballen kommt einem Streichen auf einem Riemen aus sehr feinem Leder gleich. Alle Klarheiten beseitigt ? ;)