Von der shavette zum Rasiermesser - sollte ich mich auf den Weg machen?

Begonnen von heikofolkerts, 23. April 2018, 21:06:33

Vorheriges Thema - Nächstes Thema

0 Mitglieder und 1 Gast betrachten dieses Thema.

heikofolkerts

Hallo zusammen,

nachdem ich mit der Shavette anständige Rasuren ohne Nachhobeln und ohne Cuts hinbekomme, wäre es mal wieder zeit für eine herausforderung. Andere Modelle gibt's immer, das ist ja nichts wirklich neues.

Meine bisherigen Versuche mit dem Messer sind nicht blutig geendet - das Messer rutscht oft nur schwerer über den Bart und rasierte nichts.

Ich denke auch, dass zum Rasiermesser auch das Schleifen gehört. Das will ich wohl üben und immerhin bekomme ich mit dem Sharpmaker (danke für die Empfehlung hier) unsere haushalts- und Taschenmesser in ordentliche Schärfe. Aber beim Rasiermesser kommt es am Ende ja auf den Grad an und die damit verbundene Warnung die Schneide nicht zu berühren. Nun, blind ist das ohne Berührung nicht wirklich möglich bzw. wäre ein Schärfen aurf Verdacht.

Ob ich die zwei Rasiermesser, die ich hier mal gekauft habe, bereits ballig geledert habe, kann ich schwer beurteilen. Also: Wo sollte ich anfangen? Ein paar günstihge Messer mit ordentlichem Stahl finden und Zum Üben stumpf machen? Gibt es sowas überhaupt? Welche Messerart kommt einer Shavette mit relativ wenig Auflagefläche nahe?

Wasserstein habe ich auch schon probiert, allerdings kann man mit nassen Händen die Schärfe IMHO zu schlecht fühlen.

Bin auf eure Ratschläge gespannt - gebe als Gegenleistung auch gerne einen Kurs mit der Shavette bei absoluter dunkelheit;-)

alvaro

Das Messer wäre durchaus der nächste Schritt.

Wenn du von "schwer durch den Bart" sprichst ist es durchaus möglich, dass die Messer nicht richtig scharf sind.
Wenn du aber ein richtig scharfes Messer hast musst du es auch nicht ständig auf dem Stein schärfen.
Das Ledern wirst du sicherlich lernen, solltest du am Anfang aber doch etwas falsch machen wirst du hier sicherlich Mitglieder finden die es dir wieder (auch unentgeltlich) schärfen.

Wenn du auch das Schärfen auf dem Stein lernen willst wirst du ebenfalls Mitglieder finden die dich mit Rat und Tat unterstützen.

Ich spreche in der Mehrzahl und möchte mich als dein erster Unterstützer anbieten (auch wenn ich nicht der Gott des Schärfens bin)  ;D
Auf dein freundliches Angebot mit einem Kurs in absoluter Dunkelheit möchte ich aber nicht zurück kommen.
Ich bewundere aber schon lange deine Aktivitäten und sie nötigen mir aller höchsten Respekt ab.

Welche Messerart einer Shavette am nächsten kommt kann ich dir leider nicht beantworten.

Shelob

Ich glaube, dass es einfacher ist ein Rasiermesser in absoluter Dunkelheit zu schärfen, als sich damit zu rasieren.
Da der Rücken des Messers aufliegt, ist der Winkel ja vorgegeben.
Beim Facette setzen solange auf einer Seite bleiben bis sich der Grat aufstellt. Das lässt sich relativ leicht erfühlen und schadet der Schneide auch nicht. Danach die andere Seite und anschließend ein paar Wechselschübe. Die folgenden, feineren Steine dienen dann fast nur noch der Politur. Auch hier kann man mit etwas Übung fühlen, wenn man auf den nächsten Stein wechselt. Die Klinge klebt mehr am Stein, zumindest empfinde ich es so. Je feiner der Stein ist, desto mehr kann man diesen Effekt fühlen. Aber selbst wenn man anfänglich eine feste Mindestzahl an Schüben macht und etwas länger auf dem Finisher bleibt, führt das zu einem guten Ergebniss.

Man kann auch nach dem Facette setzen direkt auf den Abschlussstein gehen, das dauert halt wesentlich länger als mit einer Abstufung, aber irgendwann ist die Klinge poliert.
,,I spent a lot of money on booze, birds and fast cars – the rest I just squandered." George Best

heikofolkerts

Aha, lieber im Dunkeln schleifen als zu rasieren. Was mir bislang nicht bewusst war, dass im Fall von Rasiermessern der Rücken auf dem Stein aufliegen soll - bei anderen Messern habe ich den Rücken leicht angehoben auch um den Rest des messers nicht zu verkratzen. Also lieber mit Klebeband abkleben?
Kann es noch andere Gründe für die Schwergängigkeit geben - ein Kollege vermutete, dass ich hier die Gleitfähigkeit mittels Preshave verbessern könnte? Wie gesagt: mit Hobeln und Shavetten hatte ich hier keine Probleme.

Noch irgend eine Idee, die ich alternativ zum Haartest verwenden könnte? z.B. Haare am Arm müssen problemlos und ohne Widerstand abrasiert werden?

VG

Heiko

alvaro

Im Prinzip gibt der aufgelegte Rücken den Winkel vor.
Wenn du den Rücken abklebst hast du max 0,1mm die das Band aufträgt.
Wenn du geübt genug bist wirst du es auch hinbekommen ohne abgeklebten Rücken zu schärfen.

Das Pre bringt dir zwar etwas , aber wenn es mir der Shavette klappt muss, oder besser, sollte es auch mit dem Messer ohne gehen.
Für mich ist das Messer angenehmer wie eine Shavette, es ist irgendwie "weicher" auf der Haut.

Haartest auf dem Arm bringt zwar etwas, aber viele behaupten der haartest wird überbewertet.

kube

Ich bin auch nicht der Meinung dass ein guter Haartest für eine gute Rasur notwendig ist.
Aber sehr scharfe Messer haken und/oder schneiden Unterarmhaare in der Luft, wenn man mit der Klinge durchfährt. Ich denke dass es deshalb vielleicht eine Möglichkeit für Heiko wäre, um eine rasurtaugliche Schärfe festzustellen.

heikofolkerts

So, habe gerade noch mal den Test gemacht - Edelstahlklinge von meinem medizinischen Rasiermesser quasi mit dem Rücken auf dem Stein geschärft und geledert - der Stein ist ein relativ feiner Keramikstein. Das Ergebnis war das gleiche wie zuvor: Das Messer schneidet beim Rasieren kaum Haare ab, während die Schärfe durchaus auf der haut zu spüren ist - ich hoffe ihr wisst was ich meine. Vielleicht stimmt auch Druck oder Winkel nicht, da der vermutlich inzwischen für die Shavette optimiert ist.

Heiko

alvaro

Du sagst Edelstahl Rasiermesser.
Edelstahl ist durchaus etwas problematischer wie normale (rostende) Messer .
Möglicherweise ein Grund.

Hellas

Soll ich mal Senser wiederholen: Die Schärfarbeit wird auf einem 1000er Stein gemacht und alles andere ist nur Kür, um das dann Scharfe Messer sanft zu bekommen. Abgesehen von der Richtigkeit der Aussage von Alvaro, dass Edelstahlmesser in der Regel etwas probelmatischer sind, weil sie halt Schärfe nicht so annehmen wir Carbonklingen, stellt sich mir bei einem "relativ feinen Keramikstein" zunächst die Frage, ob das Messer den schon richtig durchgeschärft ist. Rasiert es den schon Unterarmhaare? Wenn nicht, ist es noch nicht durchgeschärft und wird auch nicht rasieren.

Das ist übrigens auch mein einziges persönliches Schärfekriterium. Wenn ich weiß, wie es sich beim Rasieren der Unterarme anfühlt, auch nach den Finishern, habe ich schon eine sehr genaue Ahnung, wie es voraussichtlich rasieren wird. Den "hängenden Haar Test" mach ich in der Regel nicht. Ob und wo ein Messer ein Haar meiner Gattin kappt, sagt mir persönlich nichts darüber, wie es mich rasieren wird.

Wie im anderen Strang, biete ich mich nochmals an, mir mal dein(e) Messer kostenfrei anzuschauen und zu Schärfen. Ein drittes Mal mach ich das Angebot aber nicht mehr ;D

heikofolkerts

@Hellas, danke für das angebot, dass ich gerne annehme. Schicke mir doch bitte mal deine Adresse per PM.

Ich habe es sowohl mit einem Edelstahlmesser (bei dem ich mich am Schleifen versucht habe) und mit einem "normalen" Messer versucht. beide habe ich hier über den MH gekauft. Die letzte Rasur gestern Abend hat mir gezeigt, dass ich vermutlich das Messer zu flach angesetzt habe, denn dieses Mal ging auch ein ordentlicher Teil der Stoppeln ab. Der Test am Unterarm zuvor war erfolgreich. Die Rasur selbst war aber recht kratzig und ich habe den Rest dann mit der Shavette erledigt.

Das mit dem Keramikstein war nur der Versuch eines kurzen Touch ups an der Edelstahlklinge - ich hatte das Messer mit unbekannter Schärfe gekauft und es damals mit dem Sharpmaker nach meinem Geschmack recht scharf bekommen.

Als Leder habe ich nur einen recht günstigen Riemen mit einer glatten und einer Rauen Seite, wobei ich die Messer immer nur auf der glatten Seite und ohne Pasten etc. abgeledert habe.

@Hellas, ich würde dir beide Messer abgeledert schicken, denn letztlich ist ja entscheidend, wie das Messer direkt vor dem einsatz aussieht.

VG

Heiko

Senser

Ich weiss zwar nicht, was ein sharpmaker taugt, aber an einem Rasiermesser hat er sicherlich überhaupt nichts zu suchen.
Ein medizinisches RM, noch dazu aus Edelstahl sollte keinesfalls als Übungsobjekt verwendet werden, weil es aufgrund seiner Geometrie eine etwas andere Behandlung erfährt, als ein normales Messer. Und Edelstahlklingen sind sowieso sehr unangenehme Schärfobjekte. Ich mag die Dinger grundsätzlich nicht.
Ansonsten kann ich Dir nur die Lektüre meiner Schärfanleitung empfehlen, damit wenigstens die Grundsätze nicht wieder aufs Neue durchgekaut werden müssen.
Gruß Senser

Hellas

Sag ich doch - Sensers Schärfanleitung...  dh: dh: dh: Hat hier schon Einige (mich eingeschlossen) von Viellerlei Unsinn bewahrt. ;)

Ansonsten werde ich ja bald sehen, was ein "sharpmaker" (ich musste erst mal Googeln) mit dem Messer angestellt hat.

Heiko, hast PM

heikofolkerts

Nun, ich muss das etwas erklären.
eine Rasur im Dunkeln ist zwar aus meiner Sicht relativ einfach, aber ein Messer in einem sehr ähnlichen Winkel über einen stein zu führen, ist da ohne optische Kontrolle IMHO komplizierter. Wassersteine haben für mich auch den Nachteil, dass sich die Schärfe mit kalten Händen deutlich schlechter fühlen lässt und mein Gehör ist noch nicht ausreichend geschult.

Ich habe da Edelstahlmesser geschliffen, weil es ohnehin nicht rasurbereit war (was ich von Betginn an wusste). Bevor ich ein bereits ordentlich geschärftes Messer ruiniere, dann lieber eine solche Klinge. Immerhin hats für die Rasur der Armhaare gereicht.

Ist der Unterschied zwischen Keramikstäben beim Sharmaker und einem Wasserstein derart groß, dass ich es so verbockt haben sollte? Ich vermute, dass meine "Fehler" hier eher im Ledern liegen.

Die Schärfanleitung kenne ich und ich finde sie auch verständlich - die Teile mit der Lupe etc. natürlich ausgenommen.

VG

Heiko

Senser

Hallo Heiko,
Jetzt fällt es mir wieder ein. Wenn ich mich recht erinnere, dann bist Du blind, oder?
Meinen Respekt für dein Vorhaben hast Du, und Unterstützung wurde Dir ja schon von anderer Seite angeboten.
Ich bin sicher, dass Du ein Messer auch ohne optische Kontrolle schärfen kannst, wenn Du dich exact an meine Anleitung hälst. Dazu brauchst Du aber ein gutes Übungsobjekt. Gut im Sinne von: Die Geometrie muß 100%ig stimmen. Also die Klinge darf nicht verzogen sein, weil Du diesen Umstand zunächst nur optisch feststellen kannst, bzw. Du zu keinem brauchbaren Ergebnis kommst, obwohl Du eigentlich alles richtig machst. Die Klinge sollte etwa einen halbhohlen Schliff haben, und auf gar keinen Fall aus Edelstahl sein. Da Du ja sehr stark auch auf Dein gehör angewiesen bist, müsste Dir ja schon das Geräusch einer Edelstahlklinge auf dem Stein eine Gänsehaut bescheren.
Also Karbonstahl ist eigentlich Pflicht.
Du brauchst 3 Steine. Einen 1.000er,5.000er und einen 10.000er. Der 1000er könnte ein King sein, die beiden Anderen sollten möglichst Naniwa aus der Superstone Serie sein, auch SS genannt, aber mit dieser Kurzbezeichnung habe ich gewisse Probleme. Und egal was passiert: Eine Lage Tape um den Rücken sollte Pflicht sein. Ehe Du damit die Geometrie deiner Klinge negativ beeinflusst, bist Du uralt.
Für jeden Stein einen separaten Anreiber, die auch einzeln gelagert werden. Die Steine markieren: zB. beim 1000er vor Kopf mit einer Feile eine Kerbe anbringen, an dem 5.000er 2 Kerben, an dem 10.000er 3 Kerben. Die Steine einmal abrichten. Das muss am Anfang einmal passieren, entweder machst Du das selbst, oder Du bittest eine Kollegen hier im Forum, oder einen Bekannten, der zumindest das Ergebnis deiner Arbeit einmal kontrolliert.
Danach ist das Abrichten meiner Meinung nach nicht mehr nötig, schon gar nicht, wenn Du nur deine eigenen Messer auf diesen Steinen bearbeitest. Und auf diese Steine kommen nur deine Rasiermesser und sonst gar nichts, sonst hast Du die Steine ganz schnell versaut.
Nun die Grundlagenarbeit auf dem 1.000er, der wie alle anderen Steine auch, mindestens 30 Min unter Wasser gelegen hat. Erst mal anreiben und den Stein wieder unter fliessend Wasser abspülen (Säuberung). Nun wieder anreiben und auf dieser Oberfäche, also Stein und Schlamm, das Messer schärfen. In Deinem Fall würde ich bei dem 1000er Stein die von Hellas beschriebene Methode wählen, dh. solange auf einer Seite schleifen, bis Du einen Grat spüren kannst, dann ebenso lange auf der anderen Seite, bis der Grat abgebrochen ist, oder sich zur anderen Seite ausgebildet hat. Vermulich wird beides passieren. Jetzt so weiterarbeiten, aber die Anzahl der Schübe auf einer Seite immer weiter reduzieren bis Du bei Wechselschüben angelangt bist. Noch eine Weile Wechselschübe vollziehen und nun sollte die Klinge grundsätzlich schon fast fertig sein.
Es folgt die Kür auf den anderen Steinen. Ich würde jetzt nur noch Wechselschübe machen, um die Wahrscheinlichkeit einer neuen Gratbildung auszuschliessen. Ohnehin arbeite ich selbst immer mit Wechselschüben, aber ohne optische Kontrolle ist bei Dir die zuvor beschriebene Technik wohl vernünftig. Bei den feineren Steinen würde ich sagen je Stein etwa 50 Schübe je Seite müssten ausreichen.
Bei diesen Arbeiten wirst Du auch mit nassen Fingern schnell ein Gefühl für den richtigen Druck, den richtigen Widerstand, das richtige Gleiten der Klinge bekommen. Immer schön den Stein nass halten. Und wenn der Stein nicht mehr "arbeitet", die Klinge ohne nennswerte Rückmeldung nur noch über den Stein rutscht, dann musst Du den Stein erneut anreiben. Und auch hier:gut zuhören.
Ich würde empfehlen zunächst mal ohne Pastenriemen auszukommen. Vielleicht werden dadurch die ersten Rasuren etwas weniger sanft, aber das gibt sich schnell. Ausgiebes Ledern auf einem guten Riemen reicht eigentlich.
Und keine Angst vor dem Ledern. Den Riemen einigermaßen stramm halten und immer mit dem Rücken voran und leichtem Druck das Messer über den Riemen ziehen. Auch hier wirst Du im Laufe der Zeit hören, wie es richtig ist.
Lass Dir von Hellas oder einem anderen Kollegen mal ein Messer, 5/8 oder 6/8 Rundkopf als Referenzmesser aufbereiten und besorge Dir ein preiswertes Messer hier im MH oder in der Bucht zum üben. Wichtig ist nur, dass es wirklich gerade ist.
Ich wünsche Dir viel Erfolg bei deinem Vorhaben.
Gruß Senser

heikofolkerts

Hallo Senser,

vielen Dank für die ausführliche Anleitung und Erklärung zu Geometrie etc. Das klingt dann auch nach einem wirklich längeren Weg.

Einen 1000er Stein habe ich bereits https://www.messerspezialist.de/schleifstein-grundschliff/dm-0708-kai-shun-schleifstein-300-1000.html. Ich hoffe, dass ich dann also nur noch 5000 und 10000 Körnung brauche.

Für Haushalts- und Taschenmesser bin ich bislang mit Keramiksteinen ganz gut zurecht gekommen. Warum werden solche Steine nicht für Rasiermesser eingesetzt?

Mittlerweile habe ich die Vermutung, dass ich die ursprüngliche Schärfe durch das Ledern reduziert habe. Hier wird es wohl ein wenig übung brauchen. Du sagst, dass ich wohl ohne Pastenriehmen auskommen sollte - wie entsteht dann der Grad, wenn ich die Anleitung richtig verstehe?

VG

Heiko