Wie wird das nachschärfen bei der Rasiermesser-Herstellung berücksichtigt?

Begonnen von kimeter, 27. Oktober 2017, 23:23:34

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kimeter

 
Im besten Fall erhalten wir ein rasurfertiges Rasiermesser und können sofort damit starten und erfreuen uns einer sanften und gründlichen Rasur.
Nun halten wir eine gewisse Zeitlang das Rasiermesser mit ledern scharf, aber irgendwann kommt das unvermeidliche: Das Rasiermesser wird so langsam aber sicher stumpf und muss auf Schärsteinen nachgeschärft werden, damit wir wieder eine angenehme Rasurschärfe erhalten.
Jedes nachschärfen bedeutet einen -- wenn auch minimalen -- Materialabrieb an dem Rasiermesser. An der Schneidfacette und am Messerrücken. Der Messerrücken kann durch abkleben vorerst geschont werden, aber mit jedem weiteren schärfen auf abgeklebten Rücken wird nur Material von der Schneide weggenommen und dadurch wird sich irgendwann auch der Schärfwinkel verändern.
Bis zu einem bestimmten Schärfwinkel ist das auch in Ordnung. Der Winkel kann aber über die Jahre zu steil werden, was wiederum das nachschärfen ohne abgeklebten Messerrücken erfordert.
Wird der Messerrücken nicht abgeklebt zeigen sich dann natürlich auch Schärfspuren am Messerrücken. Und dann sind wir bei meinem eigentlichen Thema:

Wie wird das nachschärfen bei der Rasiermesser-Herstellung berücksichtigt?

Mir geht es dabei um vermeidbare Schärfspuren. Wird ein Rasiermesser so produziert das Schärfspuren möglichts lange optisch nicht sichtbar werden oder wird hier überhaupt nicht dran gedacht?


Ich hatte in letzter Zeit besonders bei den "alten" Rasiermessern den Eindruck hier wurde das nachschärfen viel stärker berücksichtigt wie bei den Rasiermessern aus neuerer Produktion.
Mein im September 2016 erworbendes "Einsteiger-Rasiermesser" von Revisor ist hier leider ein negatives Beispiel. Durch das extreme nachschärfen (Testmesser...) sind jetzt deutliche Schärfspuren sichtbar.
Der Messerrücken war über den Doppelansatz bis hin zur Mitte des Erls gleich dick! Jetzt ist durch das extreme schärfen eine unschöne Stufe am Messerrücken sichtbar. (Zum Doppelansatz nach unten zur Schneide hin, komme ich später...)
Dieser äußerst unschöne Übergang ist durch den gleich dicken Messerrücken entstanden. Wenn sich aber der Messerrücken ab dem Doppelansatz zum Erl hin verjüngt, passiert das nicht.

Nach den Bildern zu urteilen vom "neuen" 51er Scheersalon Rasiermesser von Böker wurde meiner Meinung nach das nachschärfen auf jeden Fall bedacht. Ich will erklären warum.
Schaut euch bitte mal genau den Bereich über den Doppelansatz an. Ich meine zu erkennen das sich von der Messerspitze an gesehen ab dem ersten Ansatz hin zum zweiten Ansatz sich der Messerrücken verjüngt. Also genau die Stelle über dem Doppelansatz Richtung Erl.
Wenn der Messerrücken jetzt über die Jahre hin durch das schärfen abnimmt wird hier aber keine unschöne Stufe sichbar! Der Rücken gleicht sich langsam der Vertiefung an und wird irgendwann auf einer Höhe sein. Wenn das mal so weit sein sollte ist das Messer eh durch und hat viele, viele Jahre rasiert.
Das ist jetzt nur ein Beispiel. Ein weiterer Punkt ist der bereits erwähnte Bereichs des Doppelansatz zur Schneidfacette hin. Wenn der Ansatz zu weit nach unten zur Schneide hin läuft können hier auch schnell unschöne Schärfspuren auftauchen, besonders dann wenn der "Steg" zu weit nach vorne steht.  

Ich hoffe ich habe mich verständlich ausgedrückt und Ihr wisst was ich meine.

Achtet Ihr beim Rasiermesser Kauf auf so etwas?

-Andreas

Borsif

Hallo Andreas,

mein Wacker Allround hat auch so einen ähnlichen Übergang. Der Rücken ist ab dem Ansatz verlaufend verjüngend (bildet also eine Art sehr flacher Keil).

zu deiner Frage:

ZitatMir geht es dabei um vermeidbare Schärfspuren. Wird ein Rasiermesser so produziert das Schärfspuren möglichts lange optisch nicht sichtbar werden oder wird hier überhaupt nicht dran gedacht?

Ich glaube, dass hier das Design ein glücklicher Zufall ist. Mich würde es zumindest ganz stark wundern, wenn solche Dinge berücksichtigt worden wären. Eventuell hat es andere Gründe - Werkzeugtechnisch beim Schmieden oder erleichtert das Schleifen / Polieren des Rückens oder ähnliches ...

Und zum "honewear" am Rücken. Ich glaube mit normalem Gebrauch kommt es nur zum "normalen" honewear. Man muss ein Messer schon sehr oft und recht grob und lange auf die Steine schicken bis es richtig unschön wird (sowas hab ich mit meinem Gold Dollar gemacht). Ansonsten bleibt nur eine ganz feine, polierte Linie zurück (vollhohle Messer - z.B. mein Wacker).

Und bezüglich Abkleben: bis man von der Klinge so viel runter hat, dass der Schneidenwinkel mit Tape am Rücken fürs Rasieren nicht mehr ok ist, ist das Messer denke ich bereits im Nirvana. Da müssten ja beim 6/8 Messer ja ein paar mm fehlen o.O ? Ein Messer mit sagen wir 6/8" und 5mm breitem Rücken hat einen Schneidwinkel von 14,95°; nach 1 mm runter  :o hats 15,77°; noch ein mm runter hat 16,68°; noch ein mm runter (also bereits 3mm weg) hat 17,71°

Als vergleich, 0,1mm Tape am rücken macht aus 14,95° dann 15,54°, 0,2mm macht 16,13°

Liebe Grüße
Borsif

kimeter

Hallo Borsif,

gerade die Rasiermesser von Heribert Wacker haben einen ausgeprägten verjüngten Übergang -- zumindest bei den Rasiermesser die ich bisher hatte. Das kann ich bestätigen. Ich glaube auch das Herr Wacker (Senior) diese Messer auch ganz bewusst so geschliffen hat und nicht eher zufällig oder aus anderen Gründen wie die, die Du zum Beispiel ausgeführt hast. Das ist natürlich nur eine Vermutung von mir und ich kann völlig daneben liegen. Mich würde natürlich auch sehr interessieren was die Hersteller selbst dazu sagen. Mal schauen was ich da mache...  :)

Zu den anderen Punkten schreibe ich später noch was.

-Andreas

Senser

Ich denke, dass man keine nennenswerte Verjüngung vornehemen sollte, schon gar keine richtige Stufe, weil man ansonsten nämlich Probleme beim Schliesen des Messers bekommt. Denn die dünnste Stelle am Erl, da wo die Schalen genietet sind, bestimmt ja den maximalen Öffnungsspalt der Schalen.
Ich sehe das auch so, dass man ein Messer zum Schärfen problemlos die ersten 10 Mal, also ein Leben lang, abkleben kann, ohne die Geometrie nennenswert zu verändern.
Nach meinen Erfahrungen haben die Messer ja im Auslieferungszustand sowieso einen stumpferen Winkel, weil sie ja von den Herstellern freihändig mit minimal angehobenem Rücken geschärft und abgezogen werden.
Beweis:
Wenn ich ein neues Messer schärfe, ist die Facette trotz Abkleben nach dem Schärfen breiter als vorher.
Gruß Senser

alvaro

Zitat von: Senser am 28. Oktober 2017, 12:40:33
.....
Nach meinen Erfahrungen haben die Messer ja im Auslieferungszustand sowieso einen stumpferen Winkel, weil sie ja von den Herstellern freihändig mit minimal angehobenem Rücken geschärft und abgezogen werden.
.....
Mir hat ein alter Schärfer (Profi mit über 40 Jahren Erfahrung) einmal erklärt, dass die Messer auch mit minimal angehobenem Rücken von Ihm nachgeschärft werden.
Deshalb glaube ich nicht, dass von Seiten der Hersteller, der Rücken bewusst für ein Nachschärfen mit aufgelegtem Rücken (durch Amateure?) gestaltet wird.

Sapone da Barba

#5
Hier sieht man sehr schön (ab ca. Minute 7:40), wie der Messerrücken beim Aufschleifen des Schneidegrades den Drehteller berührt:

https://www.youtube.com/watch?v=z_-s0phRZng

Mein unbenutztes und noch versiegeltes Dovo Bismarck zeigt auch die typischen Spuren am Rücken, als ob beim ersten Schärfen der Rücken Kontakt auf dem Drehteller bzw. den Steinen hatte.

Das Thema ist m.M.n. ein sehr interessantes, denn ich habe mich auch schon gefragt, ob es Sinn macht, den Rücken überhaupt abzukleben beim Schärfen. Vielleicht verändert man dann ja ungünstigerweise den Grad, in dem die Facette aufgeschliffen wird im Vergleich zur Dünnung. Immerhin wird das Messer ja mit jedem Schärfvorgang schmaler, da man ja immer näher zum Wall hin Material abträgt, der Rücken aber beim Abkleben unverändert breit bleibt.  ??? ??? ???

Koraat

Nachdem ja gefragt wurde wie wir Hersteller die Sache sehen hier mal meine Meinung bzw. Erfahrung dazu:

Ein korrekt hergestellter Rasiermesserrohling hat einen konisch verjüngten Erl der ziemlich genau am Ansatz der Hohlung in den gleichmäßig dicken Rücken übergeht.
So ein Rohling hat aber noch eine Zunderhaut, bzw. ist sandgestrahlt (was bei uns der polierten Schmiedehaut entspricht). Wenn man diese Struktur also nicht bewusst als Designelement belassen will, muss diese Oberfläche überschliffen werden.
Hierbei schleife ich persönlich immer zuerst den Erl, da dieser mehr Fläche hat als die schmale Rückenlinie und zudem auf das Logo zu achten ist (das ist nämlich recht schnell weggeschliffen)
Durch das Überschleifen wandert der Übergang von konischem Erl zur Rückenlinie weiter über den Anschliff hinaus. Je nachdem wie stark anschließend der Rücken überschliffen wird wandert der Punkt dann wieder zurück.
Im Idealfall liegt er dann wieder ziemlich genau über dem Anschliff oder ragt etwas in den Bereich der Hohlung. Es sollte aber nicht zuviel sein, da dann der Anschliff "abstürzt" also plötzlich im Bereich vom Ansatz niedriger wirkt, weil ja Material fehlt.
Da bei diesem Prozess aber die Tiefe der Zunderhaut, die Tiefe des Logos, leichter Verzug der Klinge und die spätere Enddicke des Rückens (muss schließlich zur Breite der Klinge passen) eine Rolle spielen, kann das von Klinge zu Klinge durchaus etwas variieren.
Man hat als Hersteller also mehr eine in sich stimmige Klinge im Kopf, als das man hierbei speziell an das spätere Nachschärfen denkt. Aber wenn man hier alles richtig macht sollte auch das Nachschärfen kein Problem darstellen ;-)

Ich bin aber auch grundsätzlich immer für das Abkleben des Rückens beim Schärfen. Ich mache es so und empfehle es auch unseren Kunden, da wir einfach sehr viele aufwändige Finishs anbieten, die sonst rasch zerstört würden. Die Klinge beim Schärfen anzuheben würde mir nie in den Sinn kommen.
Bis sich die Geometrie des Messers so stark verändert, dass der Schärfwinkel nicht mehr zum rasieren geeignet ist, vergeht normalerweise sehr viel Zeit. Andernfalls kommt nur ein schwerer Schaden an der Schneide in Frage.
Da aber in diesem Fall nicht nur der Rücken zu dick, sondern auch die Schneidfacette extrem breit wird, muss das Messer sowieso professionell überarbeitet werden. Das ist eine Dienstleistung die meines Erachtens jeder Hersteller anbieten sollte. Hierbei wird das gesamte Messer etwas ausgedünnt und die Hohlung neu geschliffen, sodass z.B. aus einem verbrauchten 6/8" ein korrekt proportioniertes 5/8" Messer wird.

beste Grüße,
Ulrik

kimeter

Zitat von: Borsif am 27. Oktober 2017, 23:52:35
[...]Und zum "honewear" am Rücken. Ich glaube mit normalem Gebrauch kommt es nur zum "normalen" honewear. Man muss ein Messer schon sehr oft und recht grob und lange auf die Steine schicken bis es richtig unschön wird (sowas hab ich mit meinem Gold Dollar gemacht). Ansonsten bleibt nur eine ganz feine, polierte Linie zurück (vollhohle Messer - z.B. mein Wacker).

Ja, wir versuchen natürlich alle unsere schönen Rasiermesser möglichst zu schonen. Viele haben ja auch mehrere und wenn die erst einmal geschärft sind besteht auch eigentlich kein Grund die wieder unnötig auf die Steine zu schicken. So bleibt über eine lange Zeit nur eine minimale Abnutzung sichtbar.
Ein Rasiermesser war aber früher doch eher für den gewerblichen Einsatz vorgesehen. Wenn nötig, schnell nachschärfen, pasten/ledern und wieder ab ins Gesicht damit.
Die meisten Rasiermesser wurden doch genutzt bis die Facette nichts mehr hergab oder eine Rasur damit nicht mehr möglich war.
Ich glaube diesen extremen Gebrauch hatten die Hersteller damals besser im Blick und dadurch die Nachschärfung eher berücksichtigt.


-Andreas 

Borsif

Hallo Kimeter,

ich habe "A treatise on Razors" gelesen (6. Auflage aus dem Jahr 1810?) https://books.google.at/books?id=melbAAAAQAAJ&printsec=frontcover&hl=de&source=gbs_ge_summary_r&cad=0#v=onepage&q&f=false

Dieses Buch wurde von einem Rasiermesserhersteller geschrieben und er zieht darin ziemlich übel über andere Rasiermesserhersteller, Lederriemenhersteller usw. her. Er wirft ihnen falsche Härtung, falsche Klingenwinkel und sonstige Konstruktionsfehler vor. Ja, das Buch ist schon recht alt, die "Solinger Blüte" war z.B. auch wesentlich später, was ich aber andeuten wollte ist, dass man oftmals nicht von Sachen ausgehen darf wie: früher=gut/besser, Hersteller=Profi, usw.

In dem Buch wird sogar die Technik mit angehobenem Rücken Rasiermesser zu schärfen erwähnt. Der Autor empfiehlt aber (in den meisten Fällen) das Messer flach aufzulegen.

Ich will jetzt nicht bestreiten, dass sich nie irgendein Rasiermesserhersteller etwas bei der Konstruktion seiner Messer gedacht hat (im Bezug aufs Nachschärfen), aber ich glaube es ist eher eine schöne Vorstellung als die Regel. Im übrigen denke ich doch, dass die Hohlung von Rasiermessern (hier eben tatsächlich und zumindest mitunter) zum Erleichtern des Nachschärfens gedacht war/ist?

kimeter

Zitat von: Borsif am 27. Oktober 2017, 23:52:35
[...]
Und bezüglich Abkleben: bis man von der Klinge so viel runter hat, dass der Schneidenwinkel mit Tape am Rücken fürs Rasieren nicht mehr ok ist, ist das Messer denke ich bereits im Nirvana. Da müssten ja beim 6/8 Messer ja ein paar mm fehlen o.O ? Ein Messer mit sagen wir 6/8" und 5mm breitem Rücken hat einen Schneidwinkel von 14,95°; nach 1 mm runter  :o hats 15,77°; noch ein mm runter hat 16,68°; noch ein mm runter (also bereits 3mm weg) hat 17,71°

Als vergleich, 0,1mm Tape am rücken macht aus 14,95° dann 15,54°, 0,2mm macht 16,13°

Liebe Grüße
Borsif

Auch hier vermute ich das früher alles schnell wieder funktionieren musste. Ein Barbier vor Jahrzehnten hatte wohl nicht die Zeit um den Messerrücken und Klingenbreite auszumessen, diese Daten in eine Tabelle zu übertragen um den optimalen Schärfwinkel zu errechnen um dann wiederum die erforderlichen Lagen Klebeband... usw. usf.

Mein bereits erwähntes Testmesser (Revisor) habe ich immer ohne den Rücken abzukleben geschärft! Das Rasiermesser ist eigentlich fertig und hat den Ruhestand verdient. Das erstaunliche ist, der Schärfwinkel ist auch nach den ganzen Schärforgien immer noch bei ca. 16,5 Grad. (3,9 x 13,6mm)

Ich habe hier ein 6/8tel Carl Lobbenberg mit zur Zeit 17,1 Grad Schärfwinkel. (Nicht die gesamte Klingenbreite berechnet, sondern ab Auflagepunkt bis Schneide...!) Wenn ich hier mit abgeklebten Messerrücken nur 1mm runterschleife habe ich einen Winkel von ca. 18,1 Grad.
Damit verlasse ich meinen meistens hergestellten Bereich, der liegt zwischen ca. 16,5 und 17,5 Grad. Bei 2mm bin ich schon über 20 Grad.
Ab wann sich jetzt ein zu steiler Winkel negativ auswirkt weiß ich ehrlich gesagt auch nicht. Ich werde das aber mal beobachten.
Ich hatte mal ein 8/8tel Wacker Rasiermesser, das musste ich mehrfach abkleben. Der Schärfwinkel war ohne abgeklebten Rücken bei ca. 12 Grad.  :o  ;D

-Andreas



Borsif

Zitat von: kimeter am 31. Oktober 2017, 00:36:37

Auch hier vermute ich das früher alles schnell wieder funktionieren musste. Ein Barbier vor Jahrzehnten hatte wohl nicht die Zeit um den Messerrücken und Klingenbreite auszumessen, diese Daten in eine Tabelle zu übertragen um den optimalen Schärfwinkel zu errechnen um dann wiederum die erforderlichen Lagen Klebeband... usw. usf.

Ob es schnell gehen musste oder nicht, ich gehe schwerstens davon aus, dass kein Barbier irgendwie irgendwas nachgemessen und rausgerechnet hat, habe ich übrigens selbst auch noch nie gemacht. Auch Klebeband hat ein Barbier von damals nicht verwendet.

Zitat von: kimeter am 31. Oktober 2017, 00:36:37

Ich habe hier ein 6/8tel Carl Lobbenberg mit zur Zeit 17,1 Grad Schärfwinkel. (Nicht die gesamte Klingenbreite berechnet, sondern ab Auflagepunkt bis Schneide...!) Wenn ich hier mit abgeklebten Messerrücken nur 1mm runterschleife habe ich einen Winkel von ca. 18,1 Grad.
Damit verlasse ich meinen meistens hergestellten Bereich, der liegt zwischen ca. 16,5 und 17,5 Grad. Bei 2mm bin ich schon über 20 Grad.

"Wenn ich (...) nur 1mm runterschleife" ... um 1mm runterzuschleifen muss ich entweder sehr grob, oder sehr sehr sehr sehr sehr oft ran

Zitat von: kimeter am 31. Oktober 2017, 00:36:37

Ich hatte mal ein 8/8tel Wacker Rasiermesser, das musste ich mehrfach abkleben. Der Schärfwinkel war ohne abgeklebten Rücken bei ca. 12 Grad.  :o  ;D

Ich finde das untermauert meine vorherige These: Wenn es einem Herrn Wacker* passiert, dass ein Rasiermesser noch nichtmal eine ordnungsgemäße Erstschärfung ohne Modifikation ermöglicht, wie kann ich davon ausgehen, dass sogar exzessives Naschärfen in der Konstruktion berücksichtigt sein soll? Im übrigen hätte ich mir so einen Schnitzer von Wacker nicht erwartet.

*Herr Wacker hat das Handwerk gelernt (und zwar tatsächlich als Lehre) und produziert nun sein ganzes (langes) Leben lang Rasiermesser, das kann glaube ich sonst niemand behaupten

Ich glaube eher, dass sich die Proportionen einfach irgendwann ergeben und bewährt haben. Auch schon früher haben sehr viele Kotten die Rohlinge von nur wenigen Herstellern bezogen und diese dann weiterverarbeitet (geschliffen, wärmebehandelt). Gab es mal Rohlinge mit schlechter Geometrie, hat man es bestimmt schnell gemerkt, spätestens wenn die Messer keine dauerhafte Schärfe annehmen konnten. Vor solchen Messern wird im übrigen in sehr vielen alten Büchern gewarnt, es wird also schon immer auch viele schrottige Messer gegeben haben, die Hersteller haben sich dann wohl nicht besonders lange gehalten.

kimeter

Zitat von: Senser am 28. Oktober 2017, 12:40:33
Ich denke, dass man keine nennenswerte Verjüngung vornehemen sollte, schon gar keine richtige Stufe, weil man ansonsten nämlich Probleme beim Schliesen des Messers bekommt. Denn die dünnste Stelle am Erl, da wo die Schalen genietet sind, bestimmt ja den maximalen Öffnungsspalt der Schalen.

Eine minimale Verjüngung macht da nichts aus. Nehmen wir mal mein 467er Kabrand Rasiermesser als Beispiel. Das hat am Messerrücken, kurz vor der Verjüngung, vor dem Doppelansatz ca. 6,2mm Stärke. Direkt über dem Doppelansatz >Erl ca. 5,9mm und hinten an der Angel -- noch an der Serrierung gemessen -- ca. 4,9mm.
Also ist die dünnste Stelle am Erl etwas mehr wie 2mm dünner wie am eigentlichen Messerrücken!  Das macht dem wunderbaren Kabrand nichts aus.

ZitatWenn ich ein neues Messer schärfe, ist die Facette trotz Abkleben nach dem Schärfen breiter als vorher.
Das kann ich teilweise bei "alten" aber bisher unbenutzten Rasiermessern bestätigen. Das ist auch eine interessante Beobachtung!

-Andreas

kimeter

Zitat
Ich habe hier ein 6/8tel Carl Lobbenberg mit zur Zeit 17,1 Grad Schärfwinkel. (Nicht die gesamte Klingenbreite berechnet, sondern ab Auflagepunkt bis Schneide...!) Wenn ich hier mit abgeklebten Messerrücken nur 1mm runterschleife habe ich einen Winkel von ca. 18,1 Grad.
Damit verlasse ich meinen meistens hergestellten Bereich, der liegt zwischen ca. 16,5 und 17,5 Grad. Bei 2mm bin ich schon über 20 Grad.
Ab wann sich jetzt ein zu steiler Winkel negativ auswirkt weiß ich ehrlich gesagt auch nicht. Ich werde das aber mal beobachten.
Ich hatte mal ein 8/8tel Wacker Rasiermesser, das musste ich mehrfach abkleben. Der Schärfwinkel war ohne abgeklebten Rücken bei ca. 12 Grad.

Jetzt muss ich mich selbst zitieren und korrigieren: Der berechnete Schärfwinkel mit abgeklebten Messerrücken ist falsch! Ich habe vergessen das Klebeband zu berücksichtigen. Wenn ich das Lobbenberg abklebe komme ich auf ca. 5,8mm Stärke, anstatt 5,2mm. Alleine durch das zusätzliche Klebeband erhöht sich der Schärfwinkel auf 19,1 Grad, anstatt 17,1 Grad. Wenn jetzt zum Beispiel ein kleiner Ausbruch an der Facette entfernt werden muss, sagen wir mal ca. 1mm muss an der Schneide weg, erhalte ich bei abgeklebten Rücken einen Winkel von über 20 Grad...

-Andreas

kimeter

Zum Thema Schärfwinkel habe ich soeben eine Umfrage gestartet. Ich bin sehr gespannt...

-Andreas

kimeter

Zitat von: alvaro am 28. Oktober 2017, 13:04:21
Mir hat ein alter Schärfer (Profi mit über 40 Jahren Erfahrung) einmal erklärt, dass die Messer auch mit minimal angehobenem Rücken von Ihm nachgeschärft werden.
Deshalb glaube ich nicht, dass von Seiten der Hersteller, der Rücken bewusst für ein Nachschärfen mit aufgelegtem Rücken (durch Amateure?) gestaltet wird.

Das ist natürlich ein gutes Argument gegen meine Vermutung. Aber, war der Profi-Schärfer auch ein Rasiermesser-Hersteller?

-Andreas