Definition von Sanftheit oder wie erreiche ich diese

Begonnen von Mufflon, 25. November 2015, 20:22:09

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Mufflon

Hallo, Leute

Ich bin ja jetzt seit ca 3 Wochen auch am schärfen und da will ich mal provokativ fragen: Was ist Sanftheit, wie erreicht man diese? Ich habe jetzt mein 6/8 Revisor schon mehrmals geschärft (immer wieder 2-3mal über den 2500er gezogen und ganz neu angefangen), einmal war es ruppig, 3mal richtig schön scharf aber nur einmal wirklich sanft dabei.
War das jetzt vielleicht nur Einbildung, war das einemal meine Haut etwas anders drauf? Oder ist Sanftheit noch schärfer als scharf? Wie misst man Sanftheit? Nur als Gefühl der Messerführung im Gesicht oder kann man das sehen unterm Mikroskop?
Nur mal zur Ansage, fühlen, wie die Steine so arbeiten, kann ich immer noch nicht. Nochmal meine Vorgehensweise: Erst der 1000 Cerax, dann die 3000er Seite des Cerax (beides mal mit dem Nagura angerieben), dann den BM Schiefer 6000 angerieben, dann den BM Schiefer nicht angerieben. Danach 10 Züge Chromoxyd und danach 100 Züge auf dem Leder.
Also, gibt es eine Errklärung für Sanftheit? Danke euch schon mal im voraus für eure Antworten.

Bye, Klaus

doorsch

Lieber Klaus, hier bist Du in einer idealen Runde um das Thema ausgiebig zu diskutieren...

Gleich vorneweg, meine persönliche Meinung ist das ws sowohl für Sanftheit als auch für Schärfe zum einen keine Definition zum anderen auch keine Messbaren Größen bzw. Verfahren gibt.

Sanftheit (ein Gefühl ?!?) definiert jeder selbst und ist sicherlich der eigenen Interpretation und dem Zustand/Schliff der Klinge und auch den Haaren (Vorbereitung, Haartyp) geschuldet.

Schärfe wiederrum könnte man eventuell Messbar machen, die Frage ist welche Kriterien hier greifen (ich bin gespannt was noch von anderen ergänzt wird).

Ist schärfe der Zustand der Klinge bzw. Schneide wenn der Winkel einen idealen Zustand hat und das V der Facette so dünn wie möglich geschliffen wurde ohne zerstört zu werden ?

So wie es sich anhört bist Du sicherlich noch ganz am Anfang deine "Sanftheit" zu finden...ich habe wie viele andere hier im Forum (zb. Wastl, Kimeter) einiges an Steinen testen können und letztendlich bewegen wir uns irgendwann in geringfügigen Grenzen....oft ist es im voraus klar das Steine die teilweise sehr viel Geld kosten (zb. 100-500€) vielleicht wirklich toll und Einzigartig sein mögen, doch muss man sich selbst immer die Frage stellen ob das erzielte Ergebniss diesen"Mehrwert" zu anderen Steinen rechtfertigt...

Meine persönliche Sanftheit, besser gesagt die Ausgewogenheit zwischen Sanft und Schnittig erreiche ich mit folgenden Steinen:

1. Thüringer
2. feine Franzosen (La Lune, Special Stone)
3. ausgewählte Japaner (Ozuku, Ozuku Miso Asagi, Nakayama Tomae, Nakayama Green Nashiji)

Das sind alles Steine die unterschiedliche Ergebnisse abliefern, die jedoch meinen "idealen" Zustand einer Klinge generieren können mit dem ich zufrieden bin....

Standlinie

Ich kenne zwei Arten von Sanftheit, die des rasurscharfen Messers beim ersten Test auf dem Arm und dann die zweite Art bei mir im Gesicht.

Die erste Art von Sanftheit prüfe ich direkt nach dem Steinabzug (1000er, GBB, Thüringer, Koraat, Lederriemen). Hierbei lasse ich die abgezogene Klinge ohne Druck über meinen nach unten geneigten linken Unterarm gleiten. Schabt die Klinge die dort vorhandenen Haare weg, ohne dass ich das spüre (kein Ziepen, kein Rupfen), habe ich aus meiner Sicht eine Rasurschärfe erreicht, die ich mir für eine spätere sanfte Rasur wünsche. Einen Tag später kommt dann der eigentliche Rasurtest. Wird diese Rasur von mir als sanft und angenehm empfunden, bin ich zufrieden. Das ist dann bei mir die zweite Art von Sanftheit. Natürlich müssen hierzu die Ausgangsbedingungen stimmen, also eine gute Rasurvorbereitung mit gutem Rasierschaum und ausreichender Schaumeinwirkungszeit. Bei zu dünnem oder zu trockenem Schaum kann die Klinge sonst bei mir nicht so sanft über die Gesichtshaut gleiten.
Die Nachhaltigkeit einer gründlichen Nassrasur zeigt sich 24 Stunden später an nur gering und gleichmäßig nachgewachsenen Bartstoppeln.

doorsch

Hier kann ich noch folgendes Ergänzen...bei mir ist es so das die Armhaare recht dünn sind im Vergleich zu den Barthaaren....

Sollte es am Arm auch nur minimal ziepen oder unangenehm sein weiss ich in der Regel schon das die Rasur dann eher durchschnittlich bis schlecht ist....

Rockabillyhelge

Sanftheit ist eine schwer individuelle Sache, im Grund mache ich es wie Standlinie, das ist für mich bzw. in aller Regel für meine Empfindungen vollkommen ausreichend, ich will mal vermuten das bei rund 90% aller Messer mit denen ich mich rasiere ich nach dem sehr guten Empfinden auf dem Arm auch eine sanfte Rasur habe.
Es gibt allerdings auch immer solche Spezis unter den Messern die eine andere Art der Hingabe brauchen, hier sind u.U. mehr Arbeit auf dem Riemen, ein anderer Riemen, ein anderer Finisher nötig um den gewünschten Eeffekt zu erreichen, auch Pasten können was bringen, habe aber auch schon Messer gehabt bei denen ich das Gefühl hatte das sie ausschließlich nach mehreren Rasuren sanfter geworden sind (schwer subjektive Einschätzung).
Was die Finisher angeht kann ich Doorsch nur beipflichten, mit den Japanern hab ich mich zwar noch nicht beschäftigt aber Schiefer und Franzosen, damit erreicht man eigentlich schon fast alles was man erreichen kann (PS. wenn ich Schiefer sage beziehe ich mich auf einen blaugrauen Thüringer sowie einen grüngrauen sehr feinen Schiefer im Bereich 9-10k den ich besitzte, sowie den meines Erachtens hervorragenden Koraat Schiefer und den Dragons Tongue, wie es sich mit dem BM oder einem Müller/MST verhält weis ich nicht)
Auch mit Bart immer gut rasiert :)

Grosser

Auch ich bin ein Fan der Naturfinisher. Ob LaLune oder alte Thüringer oder mein Ohzuku. Alle liefern eine sehr scharfe Schneide, die trotzdem sanft zur Haut ist.
Mit auf einem Pastenriemen "gefinishten" Messern habe ich mich bestimmt ein Jahr lang nicht mehr rasiert. Habe diese Schärfe aber als sehr bissig in Erinnerung.
Auch mein Naniwa Superstone liegt meinem Empfinden nach bzgl. einer "Sanfteit" hinter Escher und Co.
Viele Grüße, Christoph

Mufflon

Danke euch allen für die Antworten. Also geht Sanftheit auf jeden Fall einher mit Schärfe, ist also auch davon abhängig, denke ich mal. Wie gesagt, ich bin noch am Anfang und werde noch einige Dinge austesten, erst mal mit meinem Equipment und wenn ich da etwas weiter bin, werde ich wohl noch einen Finisher dazu kaufen, also wohl einen Schiefer um die 10000 oder so. Und ich werde wohl auch mal Versuche machen mit dem Pastenriemen, wie es ist, wenn man das Pasten ganz weglässt.

Bye, Klaus

BastlWastl

In Punkto Sanfte Rasur, wie auch immer diese Empfunden wird kann ich nur ganz klar sagen, das geht nur mit Natursteinen (zunindest ohne das Messer einzurasieren).

Meine Sanfte Rasur Highlight Steine sind: Rasur mit dem Wuchs:
1. Thüringer Forelle (Fragt mal Senser  ;D)
1. Jeder aber auch wirklich jeder Belgier.
2. Franke (nicht der aus dem nicht zu nennenden Shop).
3. Arkansas
4. Nakayama/Ohzuku/Ohtaniyama
5. Thüringer (Escher etc.)

Gegen den Strich

1. Franke
2. Arkansas
3. Thüringer Forelle
4. Thüringer (also Escher etc.)
5. Belgier
6. Japaner

La Lune und Special Stone machen mir die Messer in der Regel zu scharf, also für mein empfinden zu unangenehm, wobei noch viel besser als meinetwegen Naniwa und Co.

Grüße Wastl.


Rockabillyhelge

@Wastl: Du meinst einen eingearbeiteten schwarzen Arkansas bei Benutzung mit Öl?
Auch mit Bart immer gut rasiert :)

BastlWastl

Zitat von: Rockabillyhelge am 26. November 2015, 19:57:40
@Wastl: Du meinst einen eingearbeiteten schwarzen Arkansas bei Benutzung mit Öl?

Ja aber auch einen Transluent mit Öl, wobei meine Empfindung nicht unbedingt dafür spricht die dinger arg einzuarbeiten (zumindest die schwarzen nicht).
Vielleicht habe ich aber auch extrem feine Steine, wer weiß...... Mein Transluent Brocken ist ca. 1.2kg Schwer handgehauen aus alten Müller Schleifmittel Herstellungs Beständen, mein schwarzer ist ein "Vintage" von einem Sammler aus Hot Springs Arkansas, von dem her kann ich jetzt nicht zu 100% beurteilen ob das auch auf die heutzutage erwerblichen übertragbar ist.

Zumindest sind beide feiner, sowohl von der optik her als auch vom Ergebniss als ziemlich alle Steine die ich besitze, und machen eine wirklich geile Schneide. Aber Belgier und Franken mag ich dennoch lieber. Wobei ich erst vor kurzem einen extrem feinen vermeindlich Französischen Stein bekommen habe, der irgendwie optisch an die La Lunes errinnert aber fette Quarz Einschlüsse besitzt, und noch feiner zu sein scheint, vorallem mit Wasser.
Desweitern habe ich noch zwei vermutliche extrem harte Belgier die mit schwarzen Flecken daherkommen, die mit Öl von der Feinheit her ebenfalls in der absoluten Oberklasse spielen, allerdings rasiere ich mich derzeit nicht...... Insofern kann ich gar nicht mitreden.... o) (da ist übrigens LeutnatBrown schuld!) Seit ich ihm mein W%B zum neu beschalen geschickt habe bin ich ein Waldschrat, weil ich mich erst damit wieder rasieren wollte...... Ich seh aus wie ein Taliban, und werde ständig gefragt wo denn die Moschee ist O0...


Grüße Wastl.

Mufflon

Zitat von: BastlWastl am 26. November 2015, 19:45:31

La Lune und Special Stone machen mir die Messer in der Regel zu scharf, also für mein empfinden zu unangenehm, wobei noch viel besser als meinetwegen Naniwa und Co.

Grüße Wastl.



Moment mal: Ich denke, es ist doch in erster Linie Sinn der Sache, das Messer so scharf wie möglich zu bekommen? Wenn jetzt zu scharf auch nicht gut ist, was bringt es mir denn dann, einen 15000er, 20000er oder sogar 30000er Stein zu nehmen? Ich dachte, je feiner, desto schärfer? Habe ich da irgendwo einen Denkfehler?

Bye, Klaus

Rockabillyhelge

Nein, da ist kein Denkfehler dahinter, je feiner desto schärfer (in vielen Fällen), allerdings ist die subjektiv empfundene Santmut der Rasur noch eine Dimension die neben der Schärfe liegt,
abhängig vom Messer (unterschiedliche Stähle, Schliff, Härtungen bedingen unterschiedliche Schärfe) und von den verwendeten Steinen besteht genau in einer richtigen Kombination zwischen Schärfe & Sanftmut die Herausforderung beim Schleifen, sicherlich bekommt man jede gute Klinge scharf, es ist halt nur die Frage ob sie dann auch angenehm rasiert.
Auch mit Bart immer gut rasiert :)

Iltis

Ich würde es doch als Denkfehler ansehen, dass Sinn des Schärfens, "das Messer so scharf wie möglich zu bekommen" ist. Ähnliche Diskussionen kann man über Rasierklingen lesen - für viele ist die zweifellos extrem scharfe Feather Klinge unangenehm, was m.E. an die extreme Schärfe liegt. "Sanft" ist eigentlich ein Unsinniges Wort, um etwas was per se gemeingefährlich scharf ist zu beschreiben, aber es hat sich eingebürgert. Ich würde "Sanftheit" definieren als der Bereich zwischen zu stumpf (das Messer rasiert schlecht bis gar nicht) und zu scharf (man bekommt Hautirritation durch ungewollte Epillation, braucht nur eine Moment unkonzentriert sein, um sich zu schneiden etc.) Wo diesen Bereich liegt, ist eine Frage von Rasier- (und Schärf-) Technik, Hauttyp und individuelle Geschmack. Das muss man selber für sich herauskriegen, bzw. wie man das reproduzierbar erzeugt. Viele schwören auf das Verzicht auf Pasten (im Moment ;)), eine Zeitlang fand man, das wenn man zum Schluss noch eine Schicht Klebeband am Rücken klebte und eine "2 Fase" erzeugt, das die Schärfe und Sanftheit unübertroffen war, um nur 2 Variationen zu nennen. Ich schärfe mit Natursteine (weil es mir Spass macht), und Paste auf Eisenoxid (weil es weniger "scharf" ist als Chromoxid, geschweige Diamantenspray, deren Sinn mir absolut entgeht). Somit kann ich, meist ohne Hilfe von Lupe, ein Messer relativ rasch auf Rasierschärfe (für mich) bringen. Andern machen es anders, und das ist gut so.

Gruß

Iltis
de gustibus, aut bene aut nihil

makingthingssharp

Zitat von: Iltis am 27. November 2015, 11:23:37
... eine Zeitlang fand man, dass wenn man zum Schluss noch eine Schicht Klebeband am Rücken klebte und eine "2 Fase" erzeugt, dass die Schärfe und Sanftheit unübertroffen war...
Gruß

Iltis
Das ist meine Arbeitsweise und ich bin überzeugt von ihr. Es besteht für mich kein Grund daran wieder etwas zu ändern.
Aber jeder, wie er mag.  ;)
Das Denken ist eine zu schwierige Sache, als dass jedermann darin herumdilettieren dürfte.

Mufflon

Also eine subjektive Sache, denn wenn man jetzt unterschiedliche Stähle, Schliff, Härtungen, die ganzen verschiedenen Steine plus die Schärfer mit ihren unterschiedlichen Methoden nimmt, kommt man auf unzählige Dinge, die anders sind und jeder muß wohl für sich sein "Ding" finden. Ich denke, ich werde das in einem Jahr oder so noch einmal Aufnehmen, wenn ich ein Gefühl (oder mein Ding) dafür gefunden habe. Also werde ich erst mal meine Messer machen, bis ich damit zufrieden bin und dann vielleicht doch noch einige andere Messer anschaffen  ;D.
Danke für eure Meinungen.

Bye, Klaus