Rockwell-Härte

Begonnen von MelrosePlant, 01. Oktober 2013, 11:19:24

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MelrosePlant

Hallihallo Messerschwinger,
wie hart sind denn eigentlich die typischen Rasiermesser?
Ich frage deshalb, weil ich beim Thema Schleifsteine immer wieder über Angaben wie "...geeignet bis zu 61/64/67 Rockwell blablabla" stolpere.
Bei Küchenmessern kenne ich mich diesbezüglich ganz gut aus, bei Rasiermessern gar nicht.
Die TIs sollen ja sehr hart sein, wie schauts denn aus mit den Solingern, Japanern, Schweden, den Engländern usw?
Kann man da Tendenzen nennen?
Gibt es überhaupt Carbonstahl unter 60RW?

Ich weiß, dass meine Frage nur ein Detail anspricht und nichts über die Qualität eines Messers aussagt: Trotzdem möchte ich es gerne wissen...
Wer weiß da Bescheid?

Fynn1177

Die Härte reicht von 56-65
Einige Sheffieldklingen und auch die Friodur sind am unteren Ende und TI liegen mit 62-65 tatsälich am oberen Ende.
Das ist allerdings nur eine Pauschalaussage.
Meiner Erfahrung nach tummeln sich die meisten Klingen bei einer Härte von 60 +/- 2
Das ist halt der optimale Punkt zwischen Schnitthaltigkeit und Schärfbarkeit.
Es grüßt der kleine Nils

Zick Zack da war er ab :-)


jollo74

Zitat von: MelrosePlant am 01. Oktober 2013, 11:19:24
Die TIs sollen ja sehr hart sein, wie schauts denn aus mit den Solingern, Japanern, Schweden, den Engländern usw?
Kann man da Tendenzen nennen?
Für alle Schneidwaren die das "Solingen" Zeichen tragen gilt die sogenannte Solingenverordnung und auch "Mindestveoraussetzungen der Solingenfähigkeit" ;D:

http://www.wuppertal.ihk24.de/recht_und_steuern/schutz_solingen/895878/Mindestvoraussetzungen_Solingen_Faehigkeit.html;jsessionid=364D488FA1BE15880A9228EC07536947.repl1

Dort gibt es auch Bestimmungen für Rasiermesser: Mindesthärte für Rasiermesser aus "nichtrostendem Stahl" ist 58 HRC bzw. 60 HRC bei "unlegierten Qualitätsstählen".


Zitat von: MelrosePlant am 01. Oktober 2013, 11:19:24
Gibt es überhaupt Carbonstahl unter 60RW?
Na klar, je nach Härteprozess und anschließendem Anlassen kann auch die Härte eines Carbonstahls deutlich unter 60HRC liegen. Bei "normalen" Messern liegt die Härte oft deutlich darunter. Im oben genannten Link wird die Mindesthärte mit 50 HRC angegeben.

LG
Jörg

jollo74

Ach ja, bei Japanischen Rasiermessern habe ich für die Iwasaki-Kamisoris eine Härteangabe von 64 HRC gefunden (bei rasurpur).

MelrosePlant

Bei so weichen Stählen muss man dann wohl schneller bzw. mehr ledern: Ähnlich wie bei typisch europäischen Gebrauchsmessern (Güde, Zwilling, Dick, Wüsthoff, Sabatier...) mit RW 52-56, die öfter mal den Grad mit dem Wetzstab aufgerichtet bekommen und einen U- anstatt eines V-Schliffs haben.
Kann man sagen:
- weicher Rasiermesserstahl ist pflegeintensiver? (man muss öfter, aber weniger?)
- harter Stahl ist schwerer auf dem Stein zu schleifen? (bei Kochmessern gibt es 67er RW rostfreien Stahl von Hitachi, der sich sogar annehmbar schleifen lassen soll...aber harter Carbonstahl?)
Ich merke schon, dass es bei Rasiermessern etwas anders läuft als bei Kochmessern und wohl auch andere Stähle eingesetzt werden...

Frage ganz konkret:
Wie hart ist der Stahl von Wacker? Eher hart oder weich?
Wie hart ist von Dovo der 'Bergische Löwe'?
Silberstahl? (was auch immer das genau ist)
TI weiß ich nun schon...das wars dann mit meinen vier Messern.

Danke für eure Mühe!

kpi1402

Mein Thiers Issard Silverwing I wurde noch mit " around 65 " beworben

The hardness is around 65 Rockwell (The "older" new blanks are around 60-62 Rockwell.)

Beim Silverwing II und Oakwing wurde nur noch above 60 Rockwell genannt.

Man kann aber schon den Unterschied der Thiers Messer beim Gang über die Steine erspüren.

Mein Dov Grenadille braucht da im gleichem Maße weniger Züge.
Die Friodurs und das Meister Mertens aus Inox liegen hier noch mal n Tick darunter. Der Abtrag im Schleifschlamm, zeigts deutlich, sowie auch das Erfühlen des Grates beim Schärfen.

Die Thiers, speziell die Sonderserien aus ihrem 135 Carbonstahl brauchen halt mehr Zuwendung, oder auch Aufwand.

Wacker kann ich nichts dazu sagen, da ich keines besitze.
Ein Böker Damast habe ich noch, was auber auch nicht an die Härte der Thiers Sondereditionen kommt, gefühlsmässig auf den Steinen.

Gruss Konrad
#Einige ganz Neue, einige ganz Alte Rasiermesser
#Tradere OC, Feather AS DS 2, Pils 118 NL

MelrosePlant

Das ist interessant: Bisher dachte ich, dass alle neueren TIs (vielleicht bis auf die Damastteile) aus dem gleichen Stahl sind?!
Meine Messer sind ja bisher noch nicht über Steine gegangen: noch nicht mal richtig über mein Gesicht, hihi...daher mag ich mich ja schlau machen, welche Steine Sinn machen.

Koraat

Ich glaube hier werden gerade ein paar Sachen verwechselt. Um das kurz zu erklären:

Eine Stahlsorte hat keine bestimmt Härte, zu fragen wie hart der Stahl von Wacker,Dovo, Ti etc ist macht also nur bedingt Sinn.
Jeder härtbare Stahl kann je nach Gefügezustand eine gewisse Härte aufweisen. Das geht vom weichgeglühten Zustand (20-30hrc) bis hin zum Zustand unangelassenen Martensits (also direkt nach dem Härten) wo Härtewerte von 65-70hrc erreicht werden.
Je nach dem wie hoch man die Anlasstemperatur wählt, sinkt diese Härte wieder. Bei neidriglegierten Werkzeugstählen ist die optimale Anlasstemperatur meist um 200 Grad und ergibt Härtewerte um die 59-64 hrc je nach Stahlsorte. Höher anzulassen macht in der regel keinen Sinn, da zwischen 200 und 300 Grad zwar die Härte fällt aber auch die Sprödigkeit paradoxerweise zunimmt. Das heißt man hat dann ein weicheres UND spröderes Messer. Erst ab 300 Grad kehrt sich dieser Prozess wieder um, allerdings sind die Härtewerte dann schon so niedrig, dass sie für Rasiermesser nicht zu gebrauchen sind.

Was die konkreten Fragen betrifft ist das also schwer zu sagen. Bei alten Rohlingen von Wacker wird wohl niemand mehr genau wissen wie hart sie sind, da das Härten ja viele Jahrzehnte früher passiert ist, als das Schleifen der Klinge. Es sei denn sie werden neu gehärtet, ob das geschieht weiß ich allerdings nicht.

Bei neuen Rohlingen wird wohl meist Silberstahl Verwendung finden (zumindest wurde mir für meine Rohlinge nur Silberstahl oder ein rostfreier angeboten). Dieser erreicht bei 200 Grad angelassen ca. 61-62hrc.

Die TI Messer aus dem c135 werden bei 200 Grad wohl etwa 63-64 hrc erreichen, was daran liegt, dass der höhere Eisenkarbid Anteil in diesem Stahl den Härteverlust hin zu höheren temperaturen verschiebt.

Was mich zum nächsten Punkt führt:

Die Härte alleine hat weniger Einfluss auf das Schärfverhalten als man denkt. Die TI Messer aus c135 sind weniger wegen ihrer Härte, als wegen dem höheren Eisenkarbidanteil schwieriger zu schärfen.
Würde man sie jetzt mit dem 1.2562 vergleichen, einem Wolframlegierten Stahl der bei 200 grad angelassen ebenfalls um die 63-64hrc hat würde man aber sein blaues Wunder erleben. Dieser Stahl ist bei gleicher Härte nochmal um Potenzen schwieriger zu Schärfen. Und das hängt nur von der Beimengung von ca 3%Wolfram ab, welches extrem harte Karbide bildet.

Insofern sind Angaben auf Schleifsteinen die sich auf die Härte der zu schärfenden Messer beziehen recht unsinnig. Wobei es hier stark auf die Zusammensetzung des Steins ankommt. Steine auf Quarzbasis könnten tatsächlich einen niedrig gehärteten Stahl Schleifen während ein hoch gehärteter Stahl einfach daran abgleitet.
In der Regel verwendet man aber Korund oder Siliziumkarbid und diese sind um ein Vielfaches härter als jeder Stahl, somit merkt man da kaum einen Unterschied wegen wenigen Rockwell Differenz.
Bei Natursteinen kann die Sache anderes aussehen, allerdings verwendet man die eher selten für den groben Abtrag, insofern ist auch hier der Einfluss der Härte nicht wirklich groß.

Ich hoffe ich konnte etwas zur allgemeinen Verwirrung beitragen  >D

beste Grüße,
Ulrik

jollo74

So viele Fragen... ;) ;D

Zitat von: MelrosePlant am 01. Oktober 2013, 14:14:40
- weicher Rasiermesserstahl ist pflegeintensiver? (man muss öfter, aber weniger?)
- harter Stahl ist schwerer auf dem Stein zu schleifen? (bei Kochmessern gibt es 67er RW rostfreien Stahl von Hitachi, der sich sogar annehmbar schleifen lassen soll...aber harter Carbonstahl?)
- ich würde sagen, dass es keinen "weichen" Rasiermesserstahl gibt, sondern nur "harten" und "sehr harten"  ;) (v.a. im Vergleich zu Küchenmessern)
- prinzipiell bedeutet eine höhere Härte auch mehr Aufwand beim Schärfen. Die reine Härte ist aber auch nicht alles... Auch die Zähigkeit (http://de.wikipedia.org/wiki/Z%C3%A4higkeit) spielt eine wichtige Rolle beim Schärfen. Gerade hochlegierte Stähle sind oft sehr zäh und können mehr Probleme beim Schärfen machen. Harte Kohlenstoffstähle sind oft besser zu schärfen als weichere Edelstähle...

Zitat von: MelrosePlant am 01. Oktober 2013, 14:14:40
Wie hart ist der Stahl von Wacker? Eher hart oder weich?
Normale Solinger Härte (s.o.)

Zitat von: MelrosePlant am 01. Oktober 2013, 14:14:40
Wie hart ist von Dovo der 'Bergische Löwe'?
S.o. (basierend auf einigen Dovos, die ich geschärft habe).

Zitat von: MelrosePlant am 01. Oktober 2013, 14:14:40
Silberstahl? (was auch immer das genau ist)
Werkstoffnummer 1.2210 (http://de.wikipedia.org/wiki/Silberstahl). Ein gängiger Kohlenstoffstahl (nicht rostfrei).


Ganz allgemein ist mein Rat: mach' Dir keinen Kopp! Solange man keinen Billigschrott kauft (Messer und Steine!) kriegt man noch jedes Messer scharf. Und, wie gesagt, ich stehe Dir gerne mit Rat und Tat zur Seite ;D.

LG
Jörg


MelrosePlant

Ich kann nur sagen, dass ich im Internet öfter über Angaben bezüglich der Verwendung von Steinen gestolpert bin: hart, weich, viel Abtrag, wenig...
Dann gab es zum Teil auch Empfehlungen konkret zur Messerhärte: Komplett baff bin ich nun, dass es 6000/8000er Steine gibt, die sehr grobe Teilchen enthalten (warum ist das dann ein 6000er?)- siehe Rozsutec.
Das führt nun aber wieder weg vom Threadthema...noch ergibt das Puzzle in meinem Kopf kein stimmiges Bild- ich informiere mich weiter (besonders über die unterschiedlichen Stahlzusammensetzungen und deren Eigenschaften).
Danke für eure Antworten!

tintin1

Zitat von: Koraat am 01. Oktober 2013, 15:14:54


Ich hoffe ich konnte etwas zur allgemeinen Verwirrung beitragen  >D




... auf jeden Fall.  ;D

MelrosePlant

Zitat von: jollo74 am 01. Oktober 2013, 15:20:13

Zitat von: MelrosePlant am 01. Oktober 2013, 14:14:40
Silberstahl? (was auch immer das genau ist)
Werkstoffnummer 1.2210 (http://de.wikipedia.org/wiki/Silberstahl). Ein gängiger Kohlenstoffstahl (nicht rostfrei).


Unter Wiki 'Silberstahl' steht noch: "Auch Rasiermesser wurden früher aus Silberstahl hergestellt."
Jaja, als es noch Rasiermesser gab...
Wikipedia ist halt eher für 'Normalos'.

BastlWastl

Hallo ich will auch zur Verwirrung beitragen ;D!

Silberstahl ist ja seit annodazumal der Stahl für Rm`s schlechthin!
Diese bezeichnung wurde aber "früher" für Stähle benutzt die im polierten Zustand zum silbrigen glänzen neigen.
1.2516 war früher auch unter der bezeichnung erhältlich.

Zum schärfen von richtig harten Messern kann ich mich nur Koorats Meinung anschließen, dass hat kaum etwas mit der Härte zu tun.
Je mehr härtere Karbide im Stahl vorhanden sind desto schwieriger wird das schärfen.

z.B. ist es viel einfacher ein Japanisches Kochmesser mit HRC 63 /Shirogamistahl zu schärfen als eines aus VG10 mit HRC60...........


Grüße Wastl.

MelrosePlant

Zitat von: BastlWastl am 02. Oktober 2013, 16:40:31

z.B. ist es viel einfacher ein Japanisches Kochmesser mit HRC 63 /Shirogamistahl zu schärfen als eines aus VG10 mit HRC60...........


Grüße Wastl.

Also das kann ich auch unterschreiben!

, dachte aber, dass 'Rostende' generell besser zu schärfen sind als 'Rostfreie', zumal VG10 ja zu den etwas härteren Inox-Stählen zählt.

BastlWastl

@MelrosePlant: Rostende Stähle wie z.B. 1.2519, Aogami oder ganz extrem 1.2562 sind erheblich schwerer wieder scharf zu bekommen als beispielsweise der Ottonormal Küchenmesser ( auch Rostfreier Rasiermesserstahl) CromOx Stahl 1.4112 den die Solinger gerne verwenden.

Generell gesagt geht es mit einem passenden Steinsetup aber trotzdem sehr fix. DMT 325/guter 1000`er/Belgier oder Kunststeinsetup....... Wichtig ist nur dass man halt mit einer niedrigen Körnung startet.

Ich habe aber noch kein Messer erlebt dass mit einem Belgier nicht scharf werden würde, genauso wie mit jedem anderen Schärfstein, passende Feinheit vorrausgesetzt. Auch Hartmetallmesser sind mit Belgiern und auch den meisten Synthetischen noch zu bearbeiten.

mfg.Wastl.