Fast verzeifelt an japanisches Rasiermesser

Begonnen von Paysbas, 23. März 2009, 23:09:22

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Paysbas

Hallo Freunde der gepflegte Rasur,

vor eine Weile habe ich schon berichtet von mein japanisches Rasiermesser "Kiku Hiro". Gekauft auf einem Flohmarkt. Es war schön, aber wirklich nicht scharf. Also, ran an die Arbeit. Bartisto hat mir seine Anleitung geschickt, kann also nur gut gehen.

Das Schleifen mache ich immer wenn ich mal etwas Zeit habe, es sind insgesamt einige Stunden.

Die Schneide musste komplett neu aufgebaut werden, deshalb fing ich an mit dem Soft Arkansas von MST Müller. Soweit so gut, es gab eine Schneide.

Gefolgt von Apex SAL, feine Seite. Deutliche Verfeinerung, Rasur von Unterarmharen möglich.

Die grobe Steine waren schnell und gingen gut zur Sache. Bei den feineren Steinen passierte etwas merkwürdiges: die Schneide wurde feiner, aber schien wohl nicht wesentlich schärfer zu werden. Dann war sie sehr plötzlich überschärft. Wieder den Rücken anheben und Neuanfang mit dem gleichen Stein. Das feine Gefühl trainieren.

Tja, welcher Stein ist richtig für ein Japaner? Leider nicht so einfach. BBB, mach ein guter Anfang, poliert fein, aber das Messer rasiert nicht einmal mehr die Haaren vom Unterarm.

Weitere Versuchsreihe mit dem Thüringer vom bessermesser.eu. Sonst ein Superstein. Wirkung mit dem Japaner null.

Nächster Stein: BM Schiefer. Ein meiner Lieblingssteine, ich hatte hiermit schon gute Erfolge. War gut für die grobe Feinarbeit. Haartest noch nicht möglich.

GBB. Schneide wurde deutlich mattiert, Rasurtest ziept.

Also nochmal den BM Schiefer. Gefolgt vom Vorkriegsthüringer. Fehl am Platz! Stumpfer anstatt schärfer.

Hier war ich mit meinem Rat fast am Ende. Es fiel mir aber noch mein Balsaholz mit Eisenoxidpaste ein. Nochmal plangeschliffen auf ein Stück Schleifpapier (600'er körnung) auf einer Glasplatte. Neu eingerieben mit Eisenoxidpaste und schön poliert. Eine sehr glatte Oberfläche.

Es war meine letzte Hoffnung. Ca. 20 Dopperlzüge: ein zögernder Haartest war möglich. Guter Hoffnung. Nochmal 50 Doppelzüge: Haartest einwandfrei.

Chromoxidspannriemen musste ran. Ca. 50 Doppelzüge: Haartest superfein. Weiter 100 Doppelzüge auf unbehandelter Spannriemen: super!

Nach dieser "Kraftakt" gab es Grund zum feiern. Ein Rasierfertiges japanisches Rasiermesser.

Heute Morgen die erste Rasur. Messer fühlt sich gut und sanft an auf die Haut. Das hantieren vom Messer ist aber sehr gewöhnungsbedürftig, ich gönne mir noch einige Übungszeit.
Herzliche Grüße aus Oberschwaben, 
Paysbas

UbuRoy

#1
Glückwunsch!

Die Japaner sind in der Regel sehr hart. Bis zu 62 HRC oder gar drüber, wenn sie aus Katana Stahl (also Tamahagane) geschmiedet sind.
Meine Erfahrung dabei war, das ein paar Züge zuviel bereits den Grat überschärfen können. Sofern man bei diesen Klingen überhaupt davon reden kann, einen Grat zu erzeugen. Ich habe eher den Eindruck, die Schneiden werden so scharf OHNE das ein Grat entsteht.

Ich bin kein Freund, nach Mikroskopbildern zu schärfen, aber bei meinen alten chinesischen und japanischen Messern war es durchaus hilfreich, alle paar Züge nachzuschauen und zu sehen, was mit dem Stahl passiert.
Es baute sich (wenn überhaupt) nur ein sehr sehr schmaler Grat auf. Einen Tacken zu fest gedrückt oder zu oft abgezogen oder falscher Winkel und die Schneide war wieder schartig oder überschärft.

Du musst hier sehr gefühlvoll zu Gange sein. Mal eben, wenn etwas Zeit ist, kannst hier wohl vergessen. Nimm Dir stattdessen mal 2 Stunden in aller Ruhe und beschaulichkeit. Und SEHR sauber arbeiten.

Was die Steine angeht, benutz ich hier einen 1000der Wasserstein, einen 6000der Japanaer und zum Abschluß einen (geschätzten) 12-14tausender Nakayama.
Pastenriemen lasse ich weg, gehe gleich auf gebrauchten Canvas und dann aufs Leder. Klappte bislang sehr gut und Du entwickelst für den Stahl auch recht schnell ein Gefühl, wenn Du zwischendurch immer mal auf Mikroskop Bilder zurückgreifen kannst und den jeweiligen Stand der Schneide dabei dann erfühlst. Inzwischen komme ich gut ohne Bilder mit diesen Messern klar. Das Schärfen ist einfach nur etwas anders als gewohnt.
Ich hab recht lange rumexperimentiert. Bei einem Messer bin ich sogar zum Ziel gekommen, als ich nicht gegen die Schneide, sondern über die gesamte Klingenlänge abgezogen habe, also rechtwinklig zur Schneide, so wie teils Schwerter poliert werden.  Ich geb zu, eher ungewöhnlich, aber hat bei einem Messer gut funktioniert.

Die rasieren Klasse!

Paysbas

Hallo UbuRoy,

danke für deine ausführliche Beschreibung und die ermutigende Worte.

Zitat von: UbuRoy am 24. März 2009, 10:44:53
Die Japaner sind in der Regel sehr hart. Bis zu 62 HRC oder gar drüber, wenn sie aus Katana Stahl (also Tamahagane) geschmiedet sind.
Meine Erfahrung dabei war, das ein paar Züge zuviel bereits den Grat überschärfen können. Sofern man bei diesen Klingen überhaupt davon reden kann, einen Grat zu erzeugen. Ich habe eher den Eindruck, die Schneiden werden so scharf OHNE das ein Grat entsteht.

dann lag ich wohl nicht so falsch. Es entstand wirklich kein Grat, ausser mit dem GBB.  Ich habe meine 20 Fach Lupe zur Kontrolle genommen. Habe sehr oft wieder kontroliert, da ich wusste dass ich sehr gefühlvoll vorgehen sollte.

Zitat von: UbuRoy am 24. März 2009, 10:44:53
Es baute sich (wenn überhaupt) nur ein sehr sehr schmaler Grat auf. Einen Tacken zu fest gedrückt oder zu oft abgezogen oder falscher Winkel und die Schneide war wieder schartig oder überschärft.

Wie schon gesagt, es klappte erst richtig mit dem Balsaholz mich Eisenoxidpaste, plötzlich entstand ein sehr schöner 2. er Winkel und zwar deutlich über die gesamte Schneidenlänge

Zitat von: UbuRoy am 24. März 2009, 10:44:53
Du musst hier sehr gefühlvoll zu Gange sein. Mal eben, wenn etwas Zeit ist, kannst hier wohl vergessen. Nimm Dir stattdessen mal 2 Stunden in aller Ruhe und beschaulichkeit. Und SEHR sauber arbeiten.

Also, UbuRoy, es waren manchmal auch mehr als 2 Stunden. Und wie Du schon schrieb, plötzlich überschärft oder schartig. Auf jedem Fall habe ich mein Gefühl sehr gut geübt.

Zitat von: UbuRoy am 24. März 2009, 10:44:53
Was die Steine angeht, benutz ich hier einen 1000der Wasserstein, einen 6000der Japanaer und zum Abschluß einen (geschätzten) 12-14tausender Nakayama.
Pastenriemen lasse ich weg, gehe gleich auf gebrauchten Canvas und dann aufs Leder. Klappte bislang sehr gut und Du entwickelst für den Stahl auch recht schnell ein Gefühl, wenn Du zwischendurch immer mal auf Mikroskop Bilder zurückgreifen kannst und den jeweiligen Stand der Schneide dabei dann erfühlst. Inzwischen komme ich gut ohne Bilder mit diesen Messern klar. Das Schärfen ist einfach nur etwas anders als gewohnt.
Ich hab recht lange rumexperimentiert. Bei einem Messer bin ich sogar zum Ziel gekommen, als ich nicht gegen die Schneide, sondern über die gesamte Klingenlänge abgezogen habe, also rechtwinklig zur Schneide, so wie teils Schwerter poliert werden.  Ich geb zu, eher ungewöhnlich, aber hat bei einem Messer gut funktioniert.

Die rasieren Klasse!

es wird auch bedeuten dass der Stein zum Messer passen muss. Ich meinte doch ich hätte genug Steine. Bei mir war das interessante dass ich das Messer schräg über den Stein geführt habe.

Ich gehe davon aus das die weitere Rasuren und das Abziehen auf dem Riemen die Scheide weiter verfeinern.
Herzliche Grüße aus Oberschwaben, 
Paysbas