Lateinamerikanische Rasiermesser

Begonnen von alvaro, 19. Dezember 2019, 21:56:27

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alvaro

Hallo Freunde der gepflegten Nassrasur.
Ich habe den Titel dieses Stranges bewusst weit gefasst da es sich bei Messern aus dieser Region der Welt wohl eher um Exoten handelt.
Ich hoffe aber es kommt noch etwas dazu.

Mir ist vor kurzem ein kubanisches Rasiermesser der Marke "A. Ribis Hno y Cia Habana" mit der Bezeichnung No. 130 in der Bucht ins Netz gegangen.
Da ich bis jetzt nichts von Rasiermessern aus dieser Ecke der Welt gehört hatte war ich natürlich neugierig.
Über den Hersteller konnte ich nichts in Erfahrung bringen, habe aber im Netz ein paar Bilder von Dolchen des Herstellers gefunden.
Das Messer zeigt natürlich Gebrauchs spuren, ist aber in einem recht ordentlichen Zustand.
Vor allem die Klinge zeigt keine wirklichen Schäden auf, lediglich kleine, man könnte sagen winzige, Ausbrüche, die mit dem Auge quasi nicht zu sehen sind.
Die Klinge ist gerade, und sehr fein vollhohl ausgeschliffen.
Die Schalen sind scheinbar Kunststoff, und haben einen Metallkeil.
Mit wenigen Zügen ( 100 - 150) auf einem Cerax 1k war der letzte Ausbruch weg.
Mit etwa 100 Zügen auf dem Cerax 3k verfeinert, und dann mit meinem Wüsthof 8k und zum Schluss dem Naniwa 12k gefinisht.
Der HHT gelang problemlos ohne Leder oder Paste.
Nur schade, dass ich mich heute schon rasiert habe, morgen wird es spannend.

Jetzt aber genug geschrieben, hier ein paar Bilder.
(Bitte entschuldigt die Qualität)












DeSchulz

Ich könnte mir gut vorstellen, dass der Rohling für diese Klinge aus einer bekannten Stadt in Deutschland stammt. Mein Otto Busch Weltmeister hat fast die selbe Verzierung am Erl.
Gruß aus der Pfalz

alvaro

Das könnte sein.
Leider lässt sich aber nichts, oder besser gesagt nicht viel, über A.Ribis finden, schon gar nicht ob man dort selbst hergestellt hat, oder nur Importeur war.
(Aber eine interessante Frage: Wer hat damals den mittel und südamerikanischen Markt bedient? Ist ja wirklich ein weißer Fleck auf der Rasur Weltkarte)

Ich war auf alle Fälle sehr überrascht wie sauber die Klinge gearbeitet ist.

DeSchulz

Gruß aus der Pfalz

MRetro

In einer (abgelaufenen) eBay-Auktion habe ich folgende weitere Informationen über A. Ribis Habana gefunden, die darauf schließen lassen, dass die Klingen importiert wurden:

,,On offer is a rare old A. RIBIS HABANA cut throat straight razor.
The blade is engraved .... 50 .... MARS ..... SOLINGEN ..... BEST SILVER STREET ..... EXTRA HOLLOW GROUND .... GERMANY"

https://www.ebay.ie/itm/RARE-ANTIQUE-GERMAN-STRAIGHT-CUT-THROAT-RAZOR-A-RIBIS-HABANA-MARS-SOLINGEN-/361970192789
(Sieht weiter unten ,,see full item description")

MRetro

Übrigens, diese Erlverzierung schien damals in Solingen wohl weit verbreitet zu sein. Auch mein ERN Crown & Sword, das ich heute morgen in der Hand hatte, trägt die gleiche Verzierung.

Paula

Im Stadtarchiv Solingen befindet sich unter den Unterlagen der Fa. Friedrich Herder eine Kundenakte der Fa. A. Ribis y CA mit kleineren Beträgen. Zumindest ist das ein Beleg, daß A.Ribis bei Herder was gekauft hat. Aber, um herauszukriegen was, dafür müsste man schon selbst im Stadtarchiv nachsehen.

https://www.archive.nrw.de/LAV_NRW/jsp/findbuch.jsp?archivNr=147&id=098&tektId=364&klassId=28&expandId=0&bestexpandId=342&suche=1&verzId=478

@alvaro Schönes Messer, auch wegen seiner Geschichte und weil es zu Deinem Nick passt. Am Ende stellt es sich noch heraus, daß es der geehrte Don Alvaro Ribis war, der in Kuba Rasierwaren aus Solingen importierte.

alvaro

@Paula
Das sind ja wirklich interessante Neuigkeiten dh:

Don Alvaro Ribis hat was  ;D ;D ;D ;D ;D ;D

Rockabillyhelge

Das Messer hatte ich auch auf Beobachten, da ich bereits ein Messer aus Havanna habe, habe ich dann doch nicht geschlagen,es ist toll, dass es hier verewigt zu sehen ist  :D
Auch mit Bart immer gut rasiert :)

Tammy_0105

Ich bin gerade bei der Suche nach ,,Otto Busch" auf diesen Beitrag gestoßen, der mich neugierig gemacht hat.

Falls es noch von Interesse ist, die Cuchilleria A. Ribis y Hermanos gab es bereits 1901 in Havanna (Kuba), evtl. auch bereits früher. Es handelte sich um einen Schneidwarenhändler, der Bestecke und Rasiermesser und andere Waren verkaufte.
Die Geschäftsadresse war in der ,,Galiano" in Havanna (Nummer 128 und 130). Zwischenzeitlich (um 1920) hieß die Straße ,,Avenida de Italia". Hier ein Link zu Googlemaps: Galiano resp. Avenida de Italia

Das Warenzeichen (inklusive der Klingenätzung, Erlverzierung und der Nummer 130) auf Deinem Messer, @alvaro , wurde 1919 eingetragen. Das Warenzeichen Deines Messers ist links das zweite von oben auf dem folgenden Bild.



Parallel gab es ähnliche Messer mit der Nummer 170. Es gab noch eine Reihe weiterer Warenzeichen, ein paar davon sind auf dem Bild oben wiedergegeben.

Wie @Paula  schon angemerkt hat, gibt es im Solinger Stadtarchiv eine Akte, aus der hervorgeht, das es sich um einen Kunden von F. Herder Abr. Sohn handelte (Stand 1913). Nicht auszuschließen, daß A. Ribis y Hermano aber auch bei anderen Solinger Firmen gekauft hat.

Nicht allzuviel Neues und vieles schon weiter oben schon beschrieben.


PS: Übrigens, das Messer gefällt mir gut  dh: .

Paula

@Tammy_0105 Klasse Recherche, unglaublich, was sich nach so langer Zeit noch alles herrausfinden lässt. Wenn du jetzt noch rauskriegst, daß "A.Ribis" mit vollem Namen "Alvaro Ribis" hieß, hast Du den Vogel vollends abgeschossen. :D

Tammy_0105

Zitat von: Paula am 20. August 2024, 20:06:31@Tammy_0105 Klasse Recherche, unglaublich, was sich nach so langer Zeit noch alles herrausfinden lässt. Wenn du jetzt noch rauskriegst, daß "A.Ribis" mit vollem Namen "Alvaro Ribis" hieß, hast Du den Vogel vollends abgeschossen.

Das vergaß ich zu schreiben. Danke, daß Du mich erinnerst: Natürlich war der Vorname Alvaro  ;D  :angel: .

Paula


alvaro

Toll, das macht dieses Fachforum eben aus, toller Beitrag dh:

Ich wusste es doch "Alvaro Ribis" ;D  ;D

EasyRider

@Tammy_0105

Erstklassige Recherche, interessanter Bericht.  dh:
Weil es hierher passt, kurz meine Erfahrungen mit lateinamerikanischen Messern, nach denen ich eine Zeitlang ganz gezielt gesucht habe. Lokale Hersteller dürfte es dort kaum gegeben haben. Jedenfalls stieß ich auf solche nur in Kuba und in Mexiko. In Südamerika fand ich nur ein einziges Messer, das lokal hergestellt wurde, und zwar von einem gewissen Carlos Schuhmann in der chilenischen Stadt Valdivia, die - wie mir Dr. Google verriet - das Zentrum der Deutsch-Chilenen war bzw. ist. Vielleicht war der Mann ein Solinger, der dorthin ausgewandert ist. Wie auch immer, ich habe das Messer nicht gekauft, weil es total runtergerockt war.

Ansonsten fand ich dort nur Händlermesser, die allesamt aus Solingen kamen. Am öftesten stieß ich dabei auf Messer von Mann & Federlein, die - meinen Erfahrungen nach - auf den lateinamerikanischen Märkten so etwas wie eine Marktführerschaft eingenommen haben dürften. Gefolgt von Berco Solingen, einen Hersteller, auf den ich auch schon in Spanien gestoßen bin, über den ich bis dato aber überhaupt nichts herausfinden konnte. Weißt du etwas über diesen Hersteller? Falls ja, wäre ich dir sehr dankbar, wenn du Licht in mein Dunkel bringen könntest.  :)

Was mich sehr erstaunt hat, war, dass ich bei den Latinos kein einziges Messer fand, das in den USA produziert worden ist... Dürfte wohl der Abneigung der Lateinamerikaner gegen die Gringos geschuldet sein...