Richtige Rasiermesserherstellung (nicht wie Galileo Quatsch!)

Begonnen von UbuRoy, 05. Februar 2010, 09:09:54

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JoeHonil

Danke für das Video - ist sehr gut gemacht und zeigt, wie komplex in Wirklichkeit die Herstellung einer guten Klinge ist und wieviel Arbeit da dahintersteckt.

quarx

Sehr interessant, habe das Video erstmal mit 5 Sternchen bedacht.  dh:
Aber wo sind die anderen Teile? Mir scheint, es handelt sich nur um den Ausschnitt eines größeren Videos, da es so abrupt beginnt und endet.
Viele Grüße, Thorsten

ron

Zitat von: quarx am 14. Februar 2010, 16:00:01
Sehr interessant, habe das Video erstmal mit 5 Sternchen bedacht.  dh:
Aber wo sind die anderen Teile? Mir scheint, es handelt sich nur um den Ausschnitt eines größeren Videos, da es so abrupt beginnt und endet.
Hab ich mich auch schon gefragt!
Wirklich sehr interessantes Video.
Hier wird nicht rumgeflext, sondern das ist richtiges Handwerk! :)
Auf die Menschen die sich an Grenzen stoßen, die sich zum Schmuggeln eignen und die das Zeug zum Eroberer in sich spüren.

urza

Wie issen das, man sagt doch immer, zu hohe temperatur killt die haerte sturktur die nach dem anlassen enstanden ist, dieser schleifer schleift aber teils mit trockenem geraet, das die funken fliegen, beides zusammen mueste doch ergeben das er die haertung killt, oder?
,,Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, daß sie allgemeines Gesetz werde."

    – Grundlegung zur Metaphysik der Sitten, S. 421 [Reclam S. 68]

Stoppelfeld

Nicht in Italien, das liegt weiter vom Erdpol entfernt, daher ist die magnetische Flussdichte geringer dadurch kann man den Stahl bei höherer Temperatur schleifen ohne ein absinken der Härte.
Quatsch.
Als ich mir den Beitrag angesehen habe, war das die erste Frage die ich mir gestellt habe als die Flex derart über die Klinge geführt wurde. Ich denke schon das es die Härte beeinflusst, und das nicht zum positiven. Aus meiner bescheiden Erfahrung mit Vikers-Härteprüfung (nicht Rockwell) an Stahlprüflingen kann ich das bestätigen, Stahl vor- und nach anlassen und erneuter Wärmebehandlung  eine unterschiedliche Härte messbar aufweist. Nur durften wir die Prüflinge im Muffelofen durchglühen lassen - das erzeugt weniger Dreck.

Onkel Hannes

#20
Zitat von: urza am 02. März 2010, 18:56:47
Wie issen das, man sagt doch immer, zu hohe temperatur killt die haerte sturktur die nach dem anlassen enstanden ist, dieser schleifer schleift aber teils mit trockenem geraet, das die funken fliegen, beides zusammen mueste doch ergeben das er die haertung killt, oder?

Wenn das Werkstück seine Eigenschaften behalten soll, darf man es nicht auf Temperaturen kommen lassen, bei denen es zu einer Gefügeveränderung kommt. Diese sind allerdings bei Stahl schon ziemlich hoch.
Im Video siehst Du, daß trocken immer nur recht kurz geschliffen wird; ist der Schleifvorgang länger, wird Kühlschmiermittel verwendet.
Der Funkenflug beim Schleifen hat nichts mit der Temperatur des Werkstücks zu tun.

Was der Italiener mit der Flex macht, könnte schon eher bedenklich sein. Oder zumindest schlecht kontrollierbar.

Ich könnte mir allerdings auch vorstellen, daß da ein Rasiermesser recht große Toleranzen erlaubt, da dessen Belastungen sich ja auch in engen Grenzen halten.
Anderswo (Flugzeugbau oder sowas) sähe das schon ganz anders aus...

Hannes
Hungrig vom schlafen und müde vom essen.

Doofo

Dieses Video meinte ich, als ich im "Galileo-Quatsch" vom Vergleich mit Solinger Qualität sprach. Für mich eben auch die professionellere Methode der Messerherstellung. Trotzdem würde ich die Arbeit / Herzblut eines Handwerkers nicht als Quatsch bezeichnen.

Buddel

Ich sehen beim Trennschleifer gar kein Problem. Das feine Teil kommt ausschließlich vor dem Härten zum Einsatz und hat damit keinerlei Einfluss auf die endgültige Härte des Stahls. Auch das ausformen der Klinge mit der Flex ist eher eine Fehlinterpretation dass TV-Teams. Ein bisschen was nimmt Livi damit schon weg, aber dass ist eher die Schmiedehaut, die sonst ziemlich böse zu den Schleifbändern ist. Entweder man löst die über Nach durch einlegen in Zitronensäure oder eben mit der Schruppscheibe und der Flex, wenn es schnell gehen soll.
Außerdem hat das noch einen Vorteil, Livi kann den Rohling anätzen und sich so beim schleifen einfach an der nun gut sichtbaren Mittelage orientieren. So spart man es sich die Mittelage des Messers anreißen zu müssen.

Viel interessanter ist da schon das härten der Klinge. Wie man gut sieht, taucht Livi zuerst nur die Schneide ein und holt das Messer dann wieder aus dem Öl. Dann brennt er das Öl auf der Klinge ab, bevor er den Vorgang wiederholt. Hier wird durch das Öl abbrennen gleichzeitig ein Anlassen der Klinge erreicht. Daher genügt es in der Folge, die Klinge neben das Feuer zu legen. Für diese Prozedur braucht man sehr viel Gefühl und Erfahrung. Sonst kann man weder Temperatur noch die Zeiten richtig einschätzen. Dieses Vorgehen kann man Anfägern und Laien nicht empfehlen. Ich gehe aber davon aus, dass Livi genau weiß, was er da tut.

Das anschließende Schleifen geschieht zur Begradigung des Rückens und der ersten Ausbildung der Schneide, soweit man das sehen kann, trocken. Allerdings mit kurzer Schleifdauer. Da das Messer in dem Stadium noch recht derb ist, wird es nicht so schnell zu Überhitzungen kommen. Danach der Hohlschliff wird mit Wasserkühlung gemacht. Also auch da Entwarnung. Bei den Bändern kommt es sehr auf Bandgeschwindigkeit und verwendete Bänder an. Das lässt sich nur anhand der Bilder nicht sicher beurteilen. Allerdings arbeite Livi auch da barhändig und daher gehe ich davon aus, dass er bei zu großer Hitze kühlt (oder die Klinge fallen lässt  ;D ). Sein Hohlschliff mit Wall ist übrigens für eine Arbeit ohne Hexe top. Da merkt man, dass er es wirklich drauf hat.

Die Schleifarbeiten am Rücken sind ungekühlt. Allerdings dürfte das keine Auswirkungen auf die Härte der Schneide haben. Nun allerdings wird es auch für mich schwierig. Livi lässt den Stahl noch mal bei 230 Grad für eine Stunde an. Das macht er, um eine bläuliche Verfärbung des Damast zu erreichen. Er ätzt also nicht. Allerdings muß nach meinem Verständnis bei dieser Behandlung die Härte der Klinge massiv leiden. Das Problem ist, dass ich natürlich nicht weiß, was für ein Stahl er als Schneidlage verwendet. Aber ich kann ja mal einige Beispiele von Kohlenstoffstahl bringen:

1.2210 --> Härte max. 64 HRC, nach Anlassen bei 230 Grad ca. 59 HRC
1.2842 --> Härte max. 64 HRC, nach Anlassen bei 230 Grad ca. 58 HRC
O1      --> Härte max. 64 HRC, nach Anlassen bei 230 Grad ca. 59 HRC

Will sagen, die Wahrscheinlichkeit, dass er mit dieser Behandlung die Härte der Schneidlage unter 60 HRC drückt ist ziemlich hoch. Für ein bisschen Farbe im Damast würde ich das nicht machen. Aber wer weiß, vielleicht hat auch hier der Meister Tricks und Kniffe parat, die mir noch nicht geläufig sind.
Mit dem Messer, rasiert sichs besser.