japanisches Rasiermesser für 180,-$

Begonnen von Senser, 21. November 2009, 18:28:57

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Senser

Es konnte doch nicht angehen, dass ich kein einziges japanisches Rasiermesser besitze. Ich schätze japanische Werkzeuge sehr, möchte mich aber auch nicht so sehr auf den Voodoo einlassen, der teilweise um diese Dinge gemacht wird, und hatte bisher entsprechende Zurückhaltung geübt, zumal die Preise ja nicht gerade zum testen einladen.
Die geschätzten Herren Kollegen aus unserem Forum sangen aber immer wieder Lobeshymnen zu diesem Thema und dann hatte ich schließlich mal in der Bucht zugeschlagen.
Und zwar bei diesem Messer:



Es wurde und wird gelegentlich zum Sofortkauf Preis von 180,- $ in der amerikanischen Bucht angeboten, kommt aber direkt aus Japan von einem Online Händler. Der Preis schien mir nicht billig genug, um das Messer sofort als Ramsch erscheinen zu lassen, aber auch nicht zu teuer, um es, falls es mir nicht liegt mit ein paar Abstrichen wieder verkaufen zu können Laut Beschreibung handelt es sich um NOS Ware von Meister Wasweißich (Hab ich vergessen)
Das Geschäft ging problemlos über die Bühne.
Verpackt war das Messer  in einer sehr schönen Holzbox mit Schiebedeckel auf dem sich ein Etikett  mit japanischen Schriftzeichen befindet, und die Klinge selbst war auch noch mal in Seidenpapier eingewickelt. Ich war sehr erstaunt, wie winzig es ist. Die Klingenbreite beträgt da wo ich die Breite messe, also ab Beginn der Hohlung, etwa 13 mm.
Es war schon sofort erkennbar, dass es nicht rasierfertig war, was mir ein versuchter Haartest und ein Zug über den Unterarm  auch gleich bestätigten, so dass ich mich erst mal in meine Schärfgruft zurückzog.
Vorsichtshalber hatte ich erst mal den Rücken abgeklebt und wollte nur einige wenige Schübe auf dem 1000er durchführen, um mich erst mal zu orientieren. Das hatte sofort fatale Folgen, denn auf der weniger hohlen Seite war die Klinge am Kopf und zum Erl hin sofort plan, während die Mitte der Schneide noch gar nicht den Stein berührt hatte. Klarer Fall von gebogener Klinge. Also stellte ich den Stein hochkant, wie ich es in solchen Fällen immer mache, aber alles wurde nur noch viel schlimmer und kurze Zeit später war die Klinge auf der eine Seite fast völlig plan.
Frustriert habe ich das Ding erst mal beiseite gelegt, weil ich das Gefühl hatte, dass jede weitere Aktion nur blinder Aktionismus gewesen wäre.
In den nächsten Tagen habe ich das Problem erst mal konkret analysiert.

                                                                                       -2-

Senser

#1
                                                                              -2-

Also, die Klinge war rund, was mir sowieso klar war. Die aufrecht stehenden Steine brachten keine nennenswerte Verbesserung, weil die Klinge so kurz und so krumm  war, dass sie auf einer 20 mm breiten Schleiffläche immer noch nur an den beiden Außenpunkten aufliegt, und das was ich erreichen wollte, nämlich dass der Stein nur an einem Punkt arbeitet , eben nicht eintraf. Dass die Klinge aber so extrem schnell abgetragen wurde, ließ mich Schlimmes befürchten.
In meiner  Werkstatt habe ich auf der TORMEK Schleifmaschine zunächst mal eine neue Hohlung angeschliffen. Der Durchmesser des Steins passte zufällig einwandfrei. Schon wieder wunderte ich mich über das schnelle Abtragen. Später habe ich dann die Steine, die ich mir zum erneuten Schärfen ausgeguckt hatte jeweils einer Kante leicht ballig geschliffen, so dass ich mir sicher sein konnte, beim Schärfen der einen hohlen Seite nur  eine Punktauflage zu haben. Ich habe dann nach gewohnter Manier mit abgeklebtem Rücken das Messer neu geschärft, immer darauf bedacht, bei jedem Schub die gesamte Schneidenlänge zu bearbeiten, und die weniger hohle Seite doppelt so oft über den Stein zu schieben wie die hohle Seite.
Das optische Ergebnis war recht zufrieden stellend, wenn auch sie Klingenseite wieder am Anfang und Ende ziemlich flach geworden ist (siehe Foto)



Ansonsten war das Ergebnis recht niederschmetternd. Einen Rasurversuch habe ich nach wenigen Zügen wieder aufgegeben und das Thema ,,Kamisori" erst mal wieder in die Ecke gestellt.
Ich denke, dass dieses eine Messer vielleicht ein minderwertiges Exemplar aus einer Serie ist, und deshalb als 2. Wahl in irgendwelchen Schubladen gegammelt hat, aber selbst wenn die Klinge nicht krumm wäre, möchte ich bezweifeln dass man auch diesem weichen Stahl (Gummivanadium) ein brauchbares Rasiermesser machen kann.
Als Fenriswolf  vor ein paar Tagen 2 seiner Kamisoris verkaufte, habe ich schliesslich den
2. Versuch gestartet.
Da ich aber schon eine herbe Enttäuschung hinter mir hatte, bot ich Ihm einen Kauf unter Vorbehalt an. Dh. ich wollte das Messer erst in Händen haben, bevor ich es endgültig kaufte und bezahlte. Das war für Fenriswolf kein Problem, und ich möchte mich hier auch noch mal für sein Vertrauen bedanken, und er schickte mir das Messer zur Ansicht.
Ich habe es ausgepackt, in die Hand genommen und sofort den Kauf bestätigt.
Dazu aber mehr an anderer Stelle.
Gruß Senser

Lord Vader

mmh, das hört sich ja nicht so gut an. optisch machen die teile ja echt was her. vielleicht gelingt dir ja mittels paypal deine euronen zu retten.

viel glück bei dieser aktion!

lg

lord vader

Senser

Ich möchte hier lediglich einen Testbericht abgeben.
Bitte jetzt keine Rechtsbelehrungen oder Abhandlungen über die Schlechtigkeit der Welt. Bin erwachsen genug.
Nix für Ungut

fenriswolf

Senser, danke für diesen Bericht.

Ich bin selbst zwar von einer ähnlichen herben Enttäuschung verschont geblieben doch auch eines meiner Tosuke wollte partout nicht jene Schärfe bekommen, die ich ihr zugedacht habe.

Auch ein von einem Forumskollegen falsch geschärftes Iwasaki stellte eine Herausforderung dar. Der erforderliche Materialabtrag war zwar nicht unerheblich, dafür steht dieses Messer inzwischen weder in Schärfe noch in der Standzeit meinen anderen Schwedenstahl Iwasaki`s nach.

Möglich war dies nur, da der Grundschliff und die Wärmebehandlung gepasst haben.

Außreißer wird es wohl immer geben. Aber wenn gar nichts passt, ich glaube Du hast in diesem Zusammenhang das Wort "Dosenblech" gebraucht, ist es bitter und schade um jede damit vergeudete Stunde.

In diesem Sinne, viel Freude mit dem Iwasaki.





Dullblade

#5
Das Messer ist das Gleiche wie meines, zumindest sieht es so aus. (Ich habe meines noch für unter 150 Euro inklusive Zoll erstanden, allerdings ohne Griffwicklung). Meines Wissens heisst es auf deutsch Harima Fujii. Die Kiste ist angeblich mit "der beste Stahl im ganzen Empire" beschriftet, was auf ein Messer vor dem 2.ten Weltkrieg schließen lässt. (Ich habe irgendwo auch einen Thread dazu eingestellt, also entweder hier oder im Parallelforum http://forum.nassrasur.com/showtopic.php?threadid=11681&highlight=japanisch )
Das Messer kam bei mir ebenfalls stumpf an und ich versuchte micht daran. Der Haartest wurde bestanden, aber die Rasur war mehr als grauenhaft. Da ich nicht weiterkam ging es zu Harry, der sich zuerst damit rasieren wollte und die Rasur ebenfalls abbrach. Danach hat er es auf seinen Steinen durchgeschliffen und es wurde ein passabler Rasierer, mehr aber auch nicht, keine Spitzenklasse.
Dann legte ich mir einen "Günstig" Nakayama zu, (auch hier beschrieben, kann ich definitiv nur empfehlen https://www.gut-rasiert.de/forum/index.php/topic,7430.0.html) und wagte mich noch mal daran. Das Messer wurde noch einen Tick besser und jetzt rasiere ich mich eigentlich schon ganz gerne damit. Es spielt aber definitiv noch nicht im meiner Oberliga.  Ich schätze den Stahl aber nicht als weich, sondern als extrem hart und spröde ein.
Am Wochenende habe ich mit dem Nakayama übrigens mein ebenfalls extrem hartes Solinger "New Generation" geschliffen; dieses ist zumindest bei der ersten folgenden Rasur top geworden. Ich bin mal gespannt, wie lange es die Schärfe jetzt hält. Der Günstig Nakayama scheint mir für harte Stähle wirklich gut geeignet.

Dullblade

@senser
Schau mal mein letztes Post in diesem Thread: https://www.gut-rasiert.de/forum/index.php/topic,1578.15.html
Ich bin jetzt mehr als zufrieden mit diesem Messer. So glatt wie eben bin ich nicht immer und gegen den Strich ist es mittlerweile eines meiner besten Messer, vielleicht liegts ja an der Arbeit, die ich mir mittlerweile damit machte.

Senser

@ Dullblase
Momentan beschäftige ich mich erstmal mit einem Iwasaki von Fenriswolf. Bevor ich das andere Messer nochmal anpacke, muß noch eine Weile vergehen. Außerdem ist mir zu dem Umgang mit der starken Verrundung noch nichts eingefallen.
Gruß Senser