neues Härteverfahren bei TI?

Begonnen von lesslemming, 28. August 2009, 18:47:44

Vorheriges Thema - Nächstes Thema

0 Mitglieder und 1 Gast betrachten dieses Thema.

lesslemming

Bei Rasurpur wird ja schon das neue TI Limited Edition mit Ramshorn und french nose beworben.
Sieht prima aus, die french nose gefällt mir (leider bin ich kein Ramshorn-fan)

Da kommt mir doch bei der Beschreibung folgendes entgegen:
ZitatDurch ein neues Härtungsverfahren wurde der Rücken etwas "weicher" gehalten als die Schneide. Dies gibt dem Rasiermesser mehr Elastizität und eine hohe Standzeit.
Die durchschnittliche Härte liegt hier bei erstaunlichen 65 Rockwell.

Differentialhärung bei Rasiermessern ?! Weiß einer was damit gemeint ist?
Würde mich, als echten TI-Fan, wirklich interessieren
..:: Wer mit beiden Beinen fest auf dem Boden steht ::..
..:: bekommt nie eine frische Unterhose ::..

Lord Vader

dieses verfahren sollte (oder ist) ja schon beim silverwing I zum tragen kommen. die vorteile leuchten mir so spontan nicht ein.schließlich kommt die elastizität ja durch den hohlschliff zustande und nicht durch unterschiedliche rücken/schneide-härtegrade. das einzige, was mir dazu einfällt, ist, dass der rücken beim schärfen durch die weichheit schnelle abgetragen werden dürfte als das eigentlich wünschenswert wäre, oder bin ich da jetzt auf dem glatteis??

ich persönlich kann mir jedenfalls nicht vorstellen, dass dat viel bring. ist wohl eher ein marketing-gag. allerdings ist die härte schon sehr beeindruckend! bin jedenfalls sehr auf die ersten erfahrungsberichte gespannt! leider gibt es diese wunderbaren sondereditionen bei TI immer nur in 5/8, das ist mir persönlich etwas klein, weshalb ich  von einem kauf abgehalten werde. vielleicht ist ja das nächste messer etwas größer.

lg

lord vader

Drei

Wenn der Preis nicht so jenseits von gut und böse wäre, sicher einen Versuch wert. Bis auf die partielle Härtung von fragwürdigem Wert, eigentlich genau die Art von Messer die ich mag. 5/8 Breite, langer Erl, blanke Klinge... ich glaub, ich komme gerade ins Schwärmen.
Sagt mal, die Härtegrade nach Rockwell habe ich nur bei Jagdnickern parat, 65 HRC durchschnittlich ... ist das nicht sehr viel? Oder gar zu viel des Guten? Hart heißt doch auch spröde. Steigt da nicht die Gefahr, dass der Grat abbricht?

UbuRoy

Rockwell 65 ????

Das ist aber sehr extrem hart... Mehr ist physikalisch bei Stahl nicht drin.  Die einzigen Klingen, die teils solche härten erreichen sind alte japanische Katanas/Wakizashis. Normalerweise ist mit gerade noch praktikablen 62 Rockwell Ende im Gelände bei Einsatzfähigen Klingen.
65 liegt welten höher.
Und wieso ein weicherer Rücken die Standzeit der Schneide erhöht, ist wohl auch eher deren Geheimnis.

Gibt es da mehr überprüfbare seriöse Infos oder nur diesen Werbetext?
U.a. bzg. Kristallisationsgitter, Korngrößen, Homogenität, Härteverfahren, Kohlenstoffgehalt, Legierungsbestandteile, Schmiedeverfahren usw. usw.?

Allein, wie sie den Hohlschliff bei diesem Härtegrad hinzukriegen gedenken würde mich sehr interessieren. Und mit welchen Steinen man das noch in halbwegs endlicher Zeit schärfen soll wäre auch interessant.

lesslemming

65° Rockwell, mal sehen

das Equivalent von Silver Steel wäre wohl 1.2210, wie ich gehört habe.
Zwar hat jeder Hersteller wahrsch. seine eigene Mischung aber wir nehmens einfach mal als Mittelwert

Der Stahlschlüssel sagt dazu folgendes:
115CrV3
1,1-1,25% C, 0,5-0,8Cr, 0,07-0,12V
Härtetemp 760-840°C, Ansprungshärte 65°HRC, bei 100°C angelassen 64°HRC, bei 200°C 61°HRC

Also sind 64°HRC durchaus im Bereich des Möglichen, und obs jetzt 63, 64 oder 65 sind ist schnurz.
Da spielen dann Sachen wie carbidbildung und verteilung eine größere Rolle,
die mit garantierter Sicherheit zu dem beitragen, was wir spüren wenn wir die TIs Schärfen,
nämlich dass sie länger brauchen als manch andere Messer.
Was da jetzt mit "weichem Rücken" gemeint ist wundert mich natürlich immernoch.

Das Kristallisationsgitter wird Martensit mit besonders wenig Restaustenit sein, oder meinst du etwas anderes?
Das Härteverfahren wird bei TI wie bei Dovo im heißen Bleibad gemacht und in warmen Öl abgeschreckt.


p.s: @lord Vader:
Hast du schonmal ein 5/8 TI in der Hand gehabt? Die sind echt groß!
Mein Bijou de france ist fast genauso groß wie mein Wacker 6/8
mich würden die neuen 6/8 french nose daher abschrecken, die müssen voll riesig sein (für meine Verhältnisse) ^^
..:: Wer mit beiden Beinen fest auf dem Boden steht ::..
..:: bekommt nie eine frische Unterhose ::..

H. Herdick

#5
So wie ich vorher aus andere Foren verstanden habe, werden die neuen TI's immer mit diesem Stahl hergestellt. Es handelt sich also nicht nur um den Silverwing (die erste, als auch die zweite Ausführung). Es gibt allerdings auch ein 'Prototype' von Silverwing:

http://badgerandblade.com/vb/showthread.php?t=49454&highlight=silverwing

Hier gibt es mal etwas zu lesen (am Ende diesen Thread wird auch erwähnt, das die neuen Messer das gleiche Stahl haben):

http://badgerandblade.com/vb/showthread.php?t=92683&highlight=silverwing

Ich besitze selber den Silverwing, und kann die Rasureigenschaften in den Thread von Badgerandblade unterstreichen. Die Klinge ist sehr steif und die Rasur ist einzigartig - also nicht wie die andere Messer, die ich ausprobiert habe. Das Messer erzeugt ein sehr angenehmer Rasur. Aber viele andere Messer auch.  ;D

Da hat einer mal das hier herstellen lassen (spezieller Wünsch, wie ich verstanden habe): http://www.thiers-issard.co.uk/7dayset.html. Das ist erst mal ein Vermögen wert.  :P  :P  :P
Schönen Gruss,
Hermann

--------O rijkdom van het onvoltooide.--------

lesslemming

wow der prototyp sieht klasse aus. Ich überlege sowieso mir ein TI mit hellen hornschalen zu besorgen  :o

Dass der verwendete Stahl bei allen TI der gleiche ist, ist verständlich.
Aber es geht um das Vergütungsverfahren, bei dem der Stahl gehärtet wird.
Der neue Silverwing soll an unterschiedlichen Stellen unterschiedlich hart sein

Dass die Messer bombe rasieren weiß ich aus Erfahrung *schmacht*
..:: Wer mit beiden Beinen fest auf dem Boden steht ::..
..:: bekommt nie eine frische Unterhose ::..

Lord Vader

Zitat von: lesslemming am 29. August 2009, 12:36:05

@lord Vader:
Hast du schonmal ein 5/8 TI in der Hand gehabt? Die sind echt groß!
Mein Bijou de france ist fast genauso groß wie mein Wacker 6/8
mich würden die neuen 6/8 french nose daher abschrecken, die müssen voll riesig sein (für meine Verhältnisse) ^^

es ist schon richtig, dass die TIs oft mind. im mttleren bereich der spanne zwischen den 8teln liegen, für mich liegen die 5/8 dennoch immer hart an der grenze. bin irgendwie ein grobmotoriker und brauche klingen, die mind. 19 besser 20 mm groß sind. eine der wenigen ausnahmen stellt zufällig eines meiner TIs dar, das mit 18 mm klingenbreite bei mir ebenfalls sehr gute ergebnisse liefert. ich finde es daher immer etwas schade, dass die sondereditionen so "klein" sind. auf der anderen seite spart das natürlich wieder einige euros...

lg

lord vader

lesslemming

Ich hab mal bei dem netten Herrn Nienberg nachgefragt,
zum einen die neuen 6/8 Messer sind ziemlich genau 20mm breit
zum anderen gilt das neue Härteverfahren für alle diese neuschmiedungen!

Auf die Rasur soll das wenig Einfluss haben, aber die Bruchgefahr durch Fehlbehandlung ist gemindert!
Ob das nun etwas hilft oder nicht, das sei wie immer jedem selbst überlassen zu entscheiden.

Ich überlege jedenfalls schwer mir ein TI mit blondem Horn zu Weihnachten zu besorgen  O0
..:: Wer mit beiden Beinen fest auf dem Boden steht ::..
..:: bekommt nie eine frische Unterhose ::..

BlueDun


Ich grab den hier mal wieder aus ....

Also wenn ich nicht total falsch gewickelt bin, dann würde ich unterschiedlichen Härten zwischen Rücken und Schneide beim RM eher sogar erwarten und nicht als Ausnahme sehen.

Begründung: Die Endhärte von Stahl wird wesentlich durch den Temperaturgradienten bestimmt. Das kann man auch als Abkühlgeschwindigkeit bezeichnen. Je steiler dieser Gardient, also je schneller die Abkühlung, desto höher die Endhärte - natürlich bei gleichbleibenden anderweitigen Bedingungen.

Ohne jetzt in die detaillierten Theorien von Wärmeleitung und Wärmeübergang einzutauchen kann man auch grob generalisieren: Je dicker ein Werkstück, desto langsamer kühlt es aus - wiederum bei festhalten der restlichen Parameter.

Link zum RM: Der Rücken ist im Verhältnis wesentlich dicker als die Schneide. Dies gilt bereits beim Rohling. Somit kühlt die Schneide schneller herunter und hat tendenziell eine höhere Endhärte.
(Klammer auf für die Metallurgen: Der höhere Umformungsgrad im Schneidenberich dürfte durch die entprechende Gefügeänderung ebenfalls positiv auf die Martensitbildung und somit auf höhere Härte hinwirken)

Beim Anlassen dürften diese Differenzen dann wohl etwas nivelliert werden, sie bleiben aber tendenziell erhalten.


Gruss
BlueDun

Buddel

Gute Ausführung, gehe ich konform. Andererseits muss auch jedem klar sein, dass man die Härte im Schneidbereich, wegen der Dünne der Klinge nicht messen kann, ohne die Klinge zu zerstören. Meine Messer wurden immer in der nähe der Erllochs geprüft und sind dort auf ca. 62 HRC gekommen. Im Schneidbereich ist daher noch etwas mehr an Härte zu erwarten.
Wo TI prüft weiß ich nicht. Vielleicht haben die ja auch mal eine Klinge geopfert - ich konnte mich dazu bisher nicht durchringen  ;)
Mit dem Messer, rasiert sichs besser.

Xizor

Zitat von: UbuRoy am 29. August 2009, 11:56:37
Rockwell 65 ????

Das ist aber sehr extrem hart... Mehr ist physikalisch bei Stahl nicht drin.  

Aha? Dann würde mich aber interessieren, wie die Firma Rockstead bei einigen ihrer Messer auf ~67 HRC kommt, z.B. http://www.rockstead.jp/collection/item_nehan01.html. Marketinggewäsch?  ???

BlueDun


Ganz simpel, das sind pulvermetallurgische Stähle. Da liegt bei der Härte noch etwas mehr drin.
Bei regulär aus der Schmelze erzeugten Stählen sind die 65 Rockwell (vor dem Anlassen) wirklich langsam das Ende der Fahnenstange.

Gruss
BlueDun

Senser

Zitat von: lesslemming am 28. August 2009, 18:47:44
ZitatDurch ein neues Härtungsverfahren wurde der Rücken etwas "weicher" gehalten als die Schneide. Dies gibt dem Rasiermesser mehr Elastizität und eine hohe Standzeit.
Is klar ne!
So schmiegt sich der Rücken, der zwar 4 mm breit, dafür aber nicht so hart ist, wunderbar an die Gesichtskonturen und die starre, weil extrem harte Schneide sorgt dann für einzigartige Sanftheit und äußerst gründliche Kontoleerung.
Sorry, aber bei solch schwachsinnigen Qualitätsbeschreibungen überlege ich ernsthaft ob ich weiterhin TI Fan bleibe.
Gruß Senser

Lord Vader

hehe, bei dieser passage hats bei mir auch aufgeört. vielleicht hat die marketingabteilung nicht so viel ahnung vom kerngeschäft?!? der sinn erschließt sich mir auch nicht. zumindest nicht in diesem zusammenhang.

evtl. ist beim schärfen der abtrag an der harten aber dünnen schneide nun gleich dem abtrag am nun etwas weicheren aber dickeren rücken. dadurch bleibt der optimale winkel, der vom werk aus festgelegt wurde, auch nach mehrmaligem nachschärfen erhalten. glaub ich zwar auch nicht, aber wer weiß.

oder das messer schwingt beim schneiden der barthaare nun anders, wodurch der schnitt noch optimaler und schonender verläuft.

allerdings muss der fairness halber gesagt werden, dass zumindest bei rasurpur das statement etwas abgeändert wurde:

"Durch ein neues Härtungsverfahren wurde der Rücken etwas "weicher" gehalten als die Schneide. Dies gibt dem Rücken mehr Elastizität und vermindert die Gefahr eines Bruches, sollte das Rasiermesser mal fallengelassen werden.
Die durchschnittliche Härte liegt hier bei erstaunlichen 65 Rockwell."

ich kann mich jedoch noch daran erinnern, dass man die härte beim Silver Wing 2 ursprünglich durch ein neues härteverfahren auf erstaunliche 67 HRC hochschrauben wollte. in dieser art habe ich - so ich mich recht erinnere - mal irgendwo eine ankündigung gelesen. kann aber auch sein, dass es da 65 HRC hieß, so genau weiß ich das jetzt auch nicht mehr. jedenfalls kam die unterschiedliche härte der schneidbereiche dann urplötzlich mit dazu und wurde als etwas ungemein besonderes angepriesen.