Tipps und Tricks für ein neues Messer

Begonnen von Tim_gs, 06. August 2009, 20:14:47

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Tim_gs

Ich habe bei Ebay ein paar ältere Messer erstanden und ein schön rostiges ist da auch dabei.
Die Klinge ist nicht mehr gerade, auch hat die Klinge keinen Hohlschliff.
Die "Keilform" der Klinge ist wohl durch einseitiges schleifen auch nicht mehr mittig, wenn man das so ausdrücken kann.

Auf dem Messer steht wohl        "John Pittis"
                                 "CE(RTIFIC)ATED RAZOR"
                                               "****ETTIELD"

Da dies mein erstes Messer ist, das ich ein wenig aufarbeiten möchte, bin ich für jeden Tipp dankbar.
Mit welchen schritten soll ich beginnen?








Iltis

#1
Hallo Tim_gs,
Da Hast du aber viel Arbeit für ein "Erstlingswerk"!, lass dich aber nicht abschrecken, daraus kann mann schon was machen, glaube ich.
Du schreibst das die Klinge nicht mehr gerade ist; wenn das wirklich zutrifft, dann ist das Messer Schrott, aber ich siehe nichts in dein Fotos, das nach "verzogen" aussieht. Was mehr zu denken gibt ist die "Hone Wear" - am Schulter des Messers ist ziemlich viel Material weggeschliffen, was sich negativ an die Schneidegeometrie auswirkt. Falls du wirklich den Verdacht hast, das Messer ist krumm, würde ich in deine Stelle als erstes, bevor du Zeit mit unnutze Polierarbeit vergeudest, das Messer vermessen und der Rücken abkleben, das an das Messer eine Facette von ca. 18° schleifen lässt. Dann wurde ich mit ein 1000er oder noch gröbere Stein versuchen, eine Facette anzuschleifen. Es muss nicht perfekt sein, und du brauchst nicht ganz durch bis vorne an der Schneide schleifen; du sollst dir nur vergewissern ob es überhaupt möglich ist eine Facette anzuschleifen. Ist das Messer sehr verzogen, ist es unmöglich Schulter und Schneide vernunftig gleichzeitig auf der Stein zu legen. Ist das Messer leicht assymetrisch (und das trifft bei viele alte Messer zu) resultiert es  nur in ein unregelmässige Facette, was nicht weiter schlimm ist.
Dann fängt der richtige Arbeit an, aber in deinem Fall, wurde ich wirklich erstmal diese "Tauglichkeitsüberprüfung" durchziehen.
Gruß
Iltis
de gustibus, aut bene aut nihil

beeblebrox

Iltis, ich glaube er meint mit "nicht mehr gerade" die Facette - also quasi ein "Smile". Ist aber nur eine Vermutung.

Geier0815

Ich vermute jetzt mal das er die geschwungene Klinge meint. Aber das wird uns Tim_gs sicherlich noch mal mit anderen Worten erklären...

@Tim_gs,

im Allgemeinen würde ich mal behaupten, das Du dir da echt eine Menge vorgenommen hast. Mit einem Dremel und den Papierrollen wirst Du bei der Klinge den Rost wohl weg bekommen. Daran denken immer nur kurz mit dem Dremel ans Messer zu gehen damit sich keine Temperatur darin aufbauen kann. Am besten immer mal wieder ins Wasser halten. Ganz wichtig: Trage bei solchen Arbeiten immer Schutzkleidung incl. Schutzbrille! Du weißt nie ob nicht irgendwo schon Haarrisse drin sind und dir die Klinge schlagartig um die Ohren fliegt!
Da Du nichts darüber geschrieben hast wieviele Messer Du schon geschärft hast, gehe ich davon aus das deine Erfahrungen, speziell mit Smilies gegen Null tendieren. Und dann beginnen die Probleme für den Einsteiger: Es ist schon nicht ganz einfach eine gerade Klinge wirklich scharf zu bekommen aber diese geschwungenen Klingen sind noch mal eine echte Steigerung. Hinzu kommt noch das die ganzen Steine, die Du für einen kompletten Neuaufbau der Schneide brauchst, auch nicht vom Himmel fallen sondern 'ne Menge Geld kosten. Oder tue ich dir gerade unrecht und Du kannst schon vernünftig schärfen und besitzt auch die entsprechenden Steine?
Nun zum Heft: Willst Du dafür ein neues bauen oder willst Du versuchen das alte wieder auf Vordermann zu bringen? Neue Nieten wirst Du auf jeden Fall brauchen denn in dem Berich zwischen Heft und Klinge wird nicht weniger Rost sitzen als auf dem Rest der Klinge.

Iltis

Ich wollte mich noch nicht so schnell einmischen, möchte aber zu Geier0815s Beitrag was hinzufügen: Es ist nicht notwendig, das Messer zu zerlegen wegen Entrostung - es stimmt schon, das in dem Bereich das immer von die Schalen bedeckt sind, der Erl rostig sein wird, aber mit in Öl getränkte Papier und Wiener Kalk o.ä. kann man das ganz gut putzern und stabilisieren - danach rostet es nicht weiter. Das Messer hat, schätze ich, ca. 160 Jahren auf der Buckel und ist och in Originalzustand. Die historische Integrität unnötig zu zerstören wäre, meines Erachtens, zumindest schade, um das nicht stärker auszudrücken.
Was Schärfen angeht - auch die meisten Historischen Messer lassen sich mit ein 1000/6000 Kombistein, Paste und Leder schärfen. Es muss nicht "`ne Menge Geld" sein. Wenn Tim_gs noch keine Erfahrung mit geschwungene Klingenförme hat, ist es vielleicht ratsam, das Messer von ein erfahrener Schärfer bearbeiten zu lassen.
Ich persönlich wurde von Schleifpapier, Dremel und der Gleichen abraten. Es geht so sicher schneller, aber danach ist die Oberfläche des Messers weg; das ist auch eine Frage die "Historische Integrität", und nicht die Funktionalität des Messers - RedMatze hat neulich in der Restaurationsthread 2 Messer vorgestellt, die zwar ziemlich "narbig" sind, aber wunderschön...
Gruß
Iltis
de gustibus, aut bene aut nihil

harrykoeln

Zitat von: Tim_gs am 06. August 2009, 20:14:47
...
Auf dem Messer steht wohl        "John Pittis"
                                 "CE(RTIFIC)ATED RAZOR"
                                               "****ETTIELD"
...

Tja, für die ersten Schritte, was das Aufarbeiten angeht, ist ja schon so gut wie alles gesagt.
Ich kann für die Arbeit mit dem Dremel auch nur drauf hinweisen, die Temperatur im Auge zu halten. Solange Du die Klinge ohne Probleme anfassen kannst, sollte es da kein Problem geben. Wasser zur Kühlung sollte immer bereit stehen.
Die Körnung der "handelsüblichen" Schleiftrömmelchen halte ich persönlich für viel zu grob. Ich gehe an solch eine Rostentfernung mittlerweile nur noch mit P240 und feiner ran. Ich hab hier irgendwo ne Anleitung, wie Du Dir die Schleiftrömmelchen ganz leicht selbst mit Schleifpapier ausstatten kannst. Ich mach mir da immer so 5-6 Stück von einer Körnung fertig, dann geht das zügig von der Hand. Ich kann nur empfehlen, nicht zu tief zu raspeln und nicht aus jeder Klinge nen Spiegel zu machen, lass die Messer ihre Geschichte erzählen. Verfahre nach dem Grundsatz: so viel wie nötig, so wenig wie möglich.

Die Klingenbeschriftung wird wohl eher CELEBRATED heissen und das Letzte wohl SHEFFIELD. Glückwunsch, das ist also ein altes englisches Schätzchen. Mach was draus.  
"The two most common things in the universe are hydrogen and stupidity.
There is more stupidity around than hydrogen, and it has a longer shelf life."
Frank Zappa (1940-1993)

Tim_gs

Also um wohl falsch verstandene Äuserungen gerade zu biegen...

Was ich mit krum gemeint habe, war die Smily Form der Klinge, die ich eigentlich begradigen wollte.

Symetrie der Klinge

Wenn ich die Klinge auf die Schulter stelle, und mir den Kopf ansehe, dann fällt das A in eine Richtung, desweiteren werde ich versuchen heute nacht die Geometrie zu erfassen um weitere Aussagen dazu zu treffen.

Mit dem Dremel möchte ich ungern ran, wir haben Scotchbrite, ein Schleifflies mit dem man in Handarbeit sehr wenig Material abträgt.

Das Heft wollte ich nur polieren, damit es wieder schön aussieht, ein neues ist nicht nötig. Aber zur Niete, das Heft wollte ich von der Klinge trennen....

TO BE CONTINUED; MUSS RAUS; BIN GLEICH WIEDER DA:::


UbuRoy

Bei der Klinge gibt es nichts zu begradigen.
Die ist so geschwungen geschliffen. War in der Zeit aus der diese Klinge stammt oft so üblich.

Wenn Du die begradigst, kannst du sie gleich entsorgen, fürchte ich.

Iltis

@Tim_gs: Alles klar, was "krumm" bedeutet - da haben Beeblebrox und Uburoy recht, der Form stimmt, und "Begradigen" wäre ein "verschlimmbeserung", kann man gleich an die Aufarbeitung. Scotchbrite ist OK, aber ich wurde dir eher Stahlwolle empfehlen - ist etwas wiederstandsfähiger, aber immer noch weicher als dein Messerstahl. Was Schleifmittel angeht, ich benutze Scheuermilch (z.B. Viss), auch Wiener Kalk, und Feuerzeugbenzin als Lösungsmittel. Es gibt aber eine Menge andere gute Mittelchen, z.B. Nevrdull, Autosoll, Bindulin... einfach ausprobieren. Sich Zeit lassen. und irgendwann hast du ein schönes Messer. Aus was sind die Schalen? sieht wie Horn aus, aber der Form ist auffällig "eckig"
Gruß
Iltis
de gustibus, aut bene aut nihil

redmatze

So einen Klumpen hätte ich auch gern mal wieder ;D

Das sieht garnicht so schlecht aus. Die Schalen würden mich auch interessieren.
Bin mal gespannt was draus wird und halt uns auf dem Laufenden.
gruss
Der Mund des Menschen, ist oft gefährlicher
als der Rachen eines Tigers.

Tim_gs

Euch auf dem laufenden halten?

Wohl eher ständig nach Tipps fragen...

Die Schalen sind aus Horn, ich denke ich werde sie mit Hilfe von einer guten politur für Plexiglas polieren.

@Uburoy Danke für die Auskunft über die geschwungene Form der Klinge, das ist mir sogar lieber, man hat weniger Arbeit bei der man gerade als Anfänger etwas falsch machen kann.

Zu den Nieten, ist es Ratsam Messingnägel zu nehmen wie ich hier und da schon gelesen habe?
Da ich schon ein wenig spiel spüre (mal messen um wieviel sich die Klinge bewegt) habe ich überlegt eine art Buchse in die Klinge zu setzen.
Was könnt ihr mir da Raten?

harrykoeln

So alte Hornschalen kannste auch erst in ein ausgiebiges Ölbad (Ballistol oder ähnliches) legen. Das tut denen richtig gut und ausserdem kann das Öl überall reinkrabbeln...
Selbst wenns nix nutzt, schaden kanns auf keinen Fall.
Dann mit 000 Stahlwolle bei und das Teil erstrahlt in neuem Glanz. Selbst die Nieten wirst Du nicht mehr wieder erkennen.

Bevor Du das Heft aufmachst, besorg Dir am besten erstmal Nieten, damit Du es hinterher auch sicher wieder zu bekommst.
"The two most common things in the universe are hydrogen and stupidity.
There is more stupidity around than hydrogen, and it has a longer shelf life."
Frank Zappa (1940-1993)

Iltis

Das Ölbad ist gut, über Nacht oder noch länger. Von Auseinandernehmen wurde ich abraten - alte Hornhefte sind oft spröde, und können dabei brechen. Ausserdem ist es absolut unnötig, und wie gesagt, dein Messer ist in kompletten Originalzustand was Schalen, Nieten usw. angeht. Der Spiel ist völlig normal - viele alte Messer haben statt eine runde Bohrung ein eckiges Loch (ich bin mir nicht ganz sicher, wie sowas gemacht wurde, vielleicht kann jemand anderen da helfen), und da ist es klar das das Messer nicht wie ein Scharnier auf und zu klappt.
Gruß
Iltis
de gustibus, aut bene aut nihil

harrykoeln

Wenn Du nach der Maxime so viel wie nötig, so wenig wie möglich vorgehst, dann holst Du die Klinge nicht raus. Da hat Iltis vollkommen recht. Wenn ich mir das Heft an meiner Lady (ein 8/8 W&B in einem zerfledderten Hornheft mit wundervollen BullsEye Nieten, das aber nach einigen CA-Operationen noch/wieder sicher schließt) anschaue, da wirkt das hier geradezu nagelneu.

Probiere es aus, leg es ruhig ein oder zwei Tage in Ballistol (nicht Leinöl oder sowas), dann mit Stahlwolle dran und das Ding sieht schon ganz anders aus. Dann strahlen die Nieten schon wieder, das Heft sieht wieder schick aus... schon ne ganz andere Basis.

"The two most common things in the universe are hydrogen and stupidity.
There is more stupidity around than hydrogen, and it has a longer shelf life."
Frank Zappa (1940-1993)

soapopera

Reicht eine Wasser-Ballistol-Verdünnung aus oder muss es ein reines Ölbad sein?