C. W. Engels, Solingen Foche (Engelswerk u.a.)

Begonnen von kretzsche, 24. Februar 2009, 09:27:09

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EasyRider

Zitat von: Paula am 09. Januar 2023, 09:25:39Und zweitens in der Gebrauchsanweisung: "Um dem Rasirmesser einen vorzüglichen Schnitt zu geben, muss es sofort nach jedem Gebrauch auf einem Streichriemen abgezogen werden, weil nur dadurch die äusserste Schneide vor Rost geschützt wird."

Wenn ich das richtig interpretiere, würde es heissen, das Messer wurde nach jeder Rasur auf einem Pastenriemen abgezogen. Einen so häufigen Einsatz des Pastenriemens hätte ich nicht erwartet. Oder vielleicht höchstens bei einem Barbier, wo es ruckzuck gehen muss.

Das interpretierst du vollkommen richtig. Ich habe erst kürzlich antiquarisch ein Büchlein erworben, das 1903 vom Turiner Rasiermesser-Hersteller Caudano herausgegeben worden war und in dem sich die exakt gleiche Empfehlung fand. Caudano ging sogar noch einen Schritt weiter und schrieb: "...um die beim Schärfen auf Steinen erzielte Schnittfähigkeit der Schneide zu erhalten, ist es unabdingbar, diese schon ab dem ersten Gebrauch nach jeder Rasur über einen mit Schleifpaste versehenen Streichriemen zu ziehen. Anfangs reichen zwei bis drei Züge, mit zunehmenden Gebrauch müssen diese allerdings leicht angehoben werden. Mehr als zehn Züge sollten allerdings nicht gemacht werden, denn wenn die Schärfe der Schneide bereits so nachgelassen hat, ist die Zeit gekommen, das Messer auf Steinen aufzufrischen."

Und nicht weniger interessant die Empfehlung für das weitere Vorgehen. Ich übersetze und zitiere: "Das nach der letzten Rasur über Paste gezogene Messer muss vor der erneuten Verwendung unbedingt auf einem Leinenriemen abgezogen werden, bevor es seinen finalen Abzug auf unbehandeltem Leder erhält."

Geschrieben in der Goldenen Ära des Rasiermessers von einem namhaften (italienischen) RM-Hersteller. Gerichtet in erster Linie zwar an Barbiere, an die dieses Büchlein damals ging, es wurde am Schluss des Kapitels "Messerwartung" aber dezidiert die Empfehlung ausgesprochen, dass JEDERMANN es so halten solle,  wolle er "sich lange an einer scharfen Klinge erfreuen".

 

alvaro

Ich finde es immer wieder sehr interessant wie selbstverständlich die Verwendung von Paste vor 100 Jahren war, und wieviele es heute nicht wahr haben wollen.

 

Tammy_0105

@Paula, danke für das nette Feedback.
Zitat von: Paula am 09. Januar 2023, 09:25:39Tammy_0105 Hast Du darauf geachtet, ob der Karton auf der Innenseite sauber oder mit Pastenabrieb verschmiert ist. Ein Tipp, am besten den Riemen mit dünnem Papier (so wie es in der Anleitung steht) vor der Berührung mit dem Karton der Hülle schützen. So kann man auch vermeiden, daß sich auf Dauer die rote mit der schwarzen Paste vermischt.
Genau das habe ich gestern gemacht :) . Die Anleitung war dabei zum Erinnern sehr hilfreich.

@EasyRider, die Empfehlung aus dem Buch von Caudano ist ja fast identisch mit derjenigen von der Fa. Engels. Es ist schon interessant zu lesen, wie man es früher gehandhabt hat und damit hat @alvaro mit seinem Kommentar natürlich recht.   

alvaro

@Tammy_0105 Das interessanteste daran ist ja die Tatsache, dass das viele nicht wahrhaben wollen und so machen als seien nur Steine die wahre Lehre und Paste "neumodisches Teufelszeug".
Unser Freund Paula hat sogar einmal Buchstellen von 1835 zitiert, als fast 200 Jahre.
Ich glaube in den letzten Jahrzehnten ist da viel verlorengegangen und es wird noch einiges an zeit dauern bis das wieder aufgebaut ist.

UbuRoy

Meine Rasiermesersammlung von jetzt wieder 100 Messern verwende ich seit 20 Jahren im Turnus. ALLE Messer. Es war bisher nicht nötig, auch nur eines dieser RM mit Pastenriemen oder gar Steinen neu abzuziehen (bis auf eingie der gestohlenen Messer, die ich wieder bekam).

Ich verwende ausschließlich Leder. Und nicht eines dieser Messer hat bisher seine Schärfe verloren bei korrekter Pflege und Handhabung...

Ich ziehe eigene Erfahrung immer den Infos irgendwelcher fremder Gurus vor.  Funktioniert ausgezeichnet, spart Zeit, Geld und stärkt das Selbstbewußtsein :-)

Paula

Bei täglicher Rasur wären das also (20 Jahre x 365 Tage/Jahr x 1 Rasur/Tag) / 100 Messer = 73 Rasuren pro Messer.

Hr. Wacker nennt in einem Interview einen Richtwert von 50 Rasuren, nachdem es notwendig/sinnvoll sein kann, ein Messer mit dem Pastenriemen aufzufrischen. Da liegen 73 Rasuren wahrscheinlich noch ganz normal im Bereich dessen, was der eine als "noch nicht die Schärfe verloren" und ein anderer als "könnte mal ne' Auffrischung gebrauchen" bezeichnet.

alvaro

Eine gute Rechnung die man meist vergisst.

Man redet meist von der Zeit die ein Messer scharf bleibt und spricht sehr selten von der Anzahl der Rasuren.

Genau wie bei UbuRoy sieht es sicherlich bei einigen Nutzern aus.
Dazu kommt ja bei vielen auch noch die Nutzung von z.B. Hobeln.
Was hat es also zu sagen wenn ein "nur Wochenendmesserer" davon erzählt wie lange seine (oft in großer Zahl vorhandene) Messer scharf bleiben?

Paula

Hätte Uburoy geschrieben, daß er sich schon seit 100 Jahren mit 20 Messern täglich rasiert, wäre die Rechnung natürlich ganz anders ausgegangen.
 :D

alvaro


Standlinie

Es ist für mich eine wirkliche Bereicherung, von euren gemachten Erfahrungen zu hören. Zur Zeit rasiere ich mich kaum noch mit einem Rasiermesser. Stattdessen überwiegend mit verschiedenen Rasierhobeln, einer LDL-Shavette, einem LDL-Kamisori und einem Sicherheitsrasiermesser, das der italienischen Razorine nachempfunden ist. Eure Erfahrungsberichte wecken bei mir wieder die Lust, auch wieder einmal ein Rasiermesser zu benutzen. Ich danke euch.    ;D
Die Nachhaltigkeit einer gründlichen Nassrasur zeigt sich 24 Stunden später an nur gering und gleichmäßig nachgewachsenen Bartstoppeln.

Tammy_0105

Zitat von: Tammy_0105 am 08. Januar 2023, 15:25:38Ich besitze noch zwei weitere (etwas breitere) Messer von C. W. Engels und ein Engelswerk C. W. Engels, die ich bei Gelegenheit hier gerne zeigen würde.
Heute möchte ich das gerne nachholen und zeige zuerst mein Engelswerk mit der Rohlingsnummer 53 und 5/8" breiter Klinge.





Tammy_0105

Dieses C.W. Engels 58 hat eine Breite von 5/8" und einen schönen Kullenrücken. Es ist eines meiner ersten Messer und wie ich finde, ist es nach wie vor das schönste Rasiermesser in meiner Sammlung. Auf der Rückseite steht ein Name, vermutlich der des ersten Besitzers. Der Verkäufer, von dem ich es habe, konnte mir sagen, daß er es selber in Argentinien von einer Familie, die 1934 nach Argentinien ausgewandert ist, gekauft hat. Die Familie trug aber nicht den auf der Klinge angegebenen Nachnamen, d.h. es muß für eine andere Person hergestellt worden sein.




Tammy_0105

Und noch 5/8" C.W. Engels mit der Klingennummer 58, das aber außer dem Kullenrücken kaum Gemeinsamkeiten mit dem eben gezeigten hat.
Ich habe es vor wenigen Tagen zuletzt benutzt und es hat mir die beste Rasur in der letzten Zeit beschert.










MRetro

Sehr schöne Messer. Danke fürs Zeigen. dh:
Mein Favorit ist das zweite Messer.

Tim Buktu

Tranquilo - In der Ruhe liegt die Kraft...

PS: Alles nur meine persönliche Meinung, die sich durchaus beeinflussen lässt und sich deshalb gelegentlich auch ändert!