Mulcuto-Schrägschnitt, Reparatur eines alten Schätzchens

[Standlinie]

Hallo edle Ritter der Nassrasiererrunde und Freunde des Mulcuto-Schrägschnitthobels,

hier habe ich für Euch einen Bericht erstellt, wie ich einen alten und waidwunden Mulcuto wiederbelebt habe, damit er mir auch zukünftig wieder viel Freude an der täglichen Nassrasur bereiten kann.

Der Mulcuto ist ja ein recht bekannter alter und gründlich rasierender Schrägschnitthobel. Am 13.01.2010 wurde dieser Hobel von Eugen Neter unter dem Thema ,,Kleine Hobelkunde" vorgestellt. Eugen Neter schrieb dazu folgenden Text:

  Ein klassischer Schrägschnitthobel aus Solingen. Stammt aus den 1930er Jahren. Nicht zu verwechseln mit
  einem Torsionshobel (z.B. Merkur 37c oder Liese), wo die Klinge praktisch verdreht wird. Ein Liebhaberstück.
  Selten.
  Bezug: Nur noch antiquarisch, über Internet oder Privathandel.
  Preis: Ab ca. 15,– Euro aufwärts.
  Eigenschaften: Überaus präziser und zugleich sanfter Hobel, dessen Handhabung allerdings einiger Übung
  bedarf.
  Klingenempfehlung: Eher sanfte Klingen wie rote Personna, Lord oder Streamline.
  Prädikat: Sehr empfehlenswert.

Vor kurzem bekam ich von einem Freund einen ähnlich alten Mucuto-Schrägschnitthobel mit Transportbox geschenkt, den er für nur 2 Euro auf einem Flohmarkt erstanden hatte. Bei diesem Dreiteiler bestehen der Griff und die Hobelkopfdeckelplatte mit Gewindestange und Klingenführungszapfen aus Metall und die eigentliche Hobelkopfplatte aus dem Kunststoff Plaskon. Die folgenden Bilder zeigen den Hobel nach erfolgter umfangreicher Reinigung mit Corega Tabs und Ultraschall.





Die Untersuchung des Zustandes des Mulcuto-Hobels führte zu dem Ergebnis, dass dieser Hobel seine besten Tage bereits weit hinter sich gelassen hatte und eigentlich nur noch ein Leben in einer Vitrine fristen dürfte.
Das Gewinde des Hobelgriffes war fast vollständig mit Ablagerungen aus Kalk und Seife zugesetzt; ein festes Zuschrauben war damit in diesem Zustand nicht mehr zufrieden stellend möglich. Weiterhin war die Hobelkopfplatte wohl über den jahrzehntelangen Gebrauch versprödet und an mehreren Stellen gebrochen, was bei dem Kunststoff Plaskon keine Seltenheit darstellt. Mehrere feine Risse durchzogen den Kunststoffkörper. Auf dem nachfolgenden Bild habe ich die schlecht erkennbaren vorhandenen Risse mit einem blauen Filzstift gekennzeichnet. Kurz, dieser Hobel ist für weitere Nassrasuren nicht mehr verwendbar.



Der auf diesem Bild dargestellte erbarmungswürdige Zustand ist sicherlich auch bei vielen anderen Hobeln in ähnlicher Weise anzutreffen, bei denen der jahrzehntelange Gebrauch entsprechende Spuren hinterlassen hat. Jedenfalls entschloss ich mich dazu, diesem Mulcuto-Hobel ein erneutes Rasiererdasein zu verschaffen. Die für die Reparatur von mir verwendeten Hilfsmittel habe ich auf dem folgenden Bild dargestellt.



Für die Instandsetzung habe ich zwei Metallanker verwendet, die mit Sekundenkleber in die Hobelkopfplatte eingeklebt wurden. Dafür mussten zuvor zwei Bohrungen gebohrt werden.





Die Bohrungen habe ich anschließend mit Sekundenkleber gefüllt und dann die grob zurechtgeschnittenen Ankerstangen eingeschoben.



Weiterhin habe ich alle Risse mit Sekundenkleber verklebt und einige Stellen zusätzlich mit weißem Füllpulver verstärkt. Im Anschluss daran waren nur einige wenige Schleifarbeiten erforderlich, bevor der gesamte Hobel wieder in Betrieb genommen wurde. Hier noch ein Bild von der fertigen Hobelkopfplatte.



Insgesamt gesehen ist der Mulcuto-Hobel durch die ausgeführten Überholungsarbeiten nicht schöner geworden. Das habe ich aber auch gar nicht bezwecken wollen, denn sonst hätte die Hobelkopfplatte von mir oder einem entsprechenden Fachbetrieb vollständig neu angefertigt werden müssen. Aber immerhin konnte ich so ein Hobeloriginal mit langem Rasurhintergrund in seinem Originalzustand belassen und ihm seine verloren gegangene Funktionsfähigkeit zurückgeben. Dieser über die Jahre gealterte Hobel darf nun seine Altersspuren ruhig wie Narben im Gesicht tragen und kann zukünftig als restaurierter ,,Oldtimer" weiterhin für viele schöne und gründliche Rasurerlebnisse sorgen.

Und wie rasiert es sich nun mit diesem restaurierten Mulcuto-Schrägschnitthobel? Auf jeden Fall gründlich, hier sogar absolut gründlich, so wie man(n) es von einem Mulcuto erwarten kann. Der Hobel erlaubt sich keinerlei Schwächen. Vorhandene Bartstoppeln haben während der Rasur keine Überlebenschancen; die Rasur führt zu einem sehr nachhaltigen Ergebnis. Den Rasurvorgang kann man im übrigen akkustisch bestens verfolgen. Allerdings darf dieser Hobel nicht einmal leicht auf die Haut gedrückt sondern nur am Griff über die Haut gezogen werden. Denn dieser Mulcuto-Hobel verzeiht ein Andrücken nicht und quittiert den Fehler sofort mit einem ultramikrotomhaften Ergebnis. Das Aftershave beißt dann entsprechend und belehrt, dass die Oberhaut dünner geworden ist. Die richtige Griffstellung stellt sich daher schon fast automatisch ein.

Es hat sich wieder einmal gelohnt, einen alten fast nicht mehr verwendbaren Hobel instand zu setzen, damit er auch zukünftig wieder einen Beitrag zum täglichen Rasurspaß leisten kann.

[Saubaer]

Schöner Bericht! Tolle sowie wertvolle Tipps zur Restauration, genau nach sowas halte ich immer Ausschau. Gute Arbeit & Danke Standlinie! 

[Lord Vader]

schließe mich an, sehr schöner bericht. genieße jede rasur, die dir der wiedergeborene mulcuto schenkt.

[Tim Buktu]

Diese Mühe muss ja mit guten Rasuren belohnt werden!

[Honka]

Und wie rasiert es sich nun mit diesem restaurierten Mulcuto-Schrägschnitthobel? Auf jeden Fall gründlich, hier sogar absolut gründlich,

Ja, deshalb ist er auch mein Alarmstartrasierer, weil ein einziger Durchgang bereits eine tageslichttaugliche Rasur beschert - von 3 Durchgängen ganz zu schweigen.

Und, ja: Klasse Bericht