Bundubeard Robbenriemen

Begonnen von EasyRider, 15. März 2024, 13:32:47

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EasyRider

Voilà, der im Quercur-Thread versprochene Testbericht für den

Bundubeard Robbenriemen

mit der Originalbezeichnung

BUNDUBEARD EXTRA LENGTH SEALSKIN STROP-NAMIBIAN ORIGIN

ist da.


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Der Riemen mit einer Gesamtlänge von 97 cm und einer Breite von 7,5 cm weist eine stattliche  Arbeitsfläche von gut 63 cm auf.  Das Leder ist sehr weich und runzelig wie das Gesicht eines alten Indianers . Erstaunlicherweise beeinträchtigt dies die Abzugsqualität aber in keiner Weise. Als Besonderheit ist die Canvas-Seite mit einem Schnappverschluss versehen, mit dem sie an der Lederseite des Riemens befestigt werden kann, sodass sie nicht herunterbaumelt, wenn nur die Lederseite verwendet wird. Der Riemen ist handwerklich sehr gut verarbeitet und kostet rund 122 Euro. Zuzüglich der Versandkosten habe ich rund 140 Euro dafür bezahlt. Mittlerweile ist der Riemen restlos ausverkauft. Er wird aber nachproduziert und schon bald wieder zu haben sein. Und zwar nicht nur in Überlänge, sondern auch in der Normalgröße von 50 cm. Vorbestellungen sind möglich. Das zum Allgemeinen.

Nun zum Besonderen, der Überlänge, die vom Verkäufer mit dem Argument, dadurch könne man schon mit 25 DZ das Ergebnis von 50 DZ erzielen, als besonders positiv hervorgehoben wird. Dies ist meiner Meinung nach ein reiner Marketinggag, denn im Test erwies sich diese Überlänge als klarer Nachteil. Wer kein Riese ist oder Arme so lang wie ein Orang-Utan hat, wird von dieser gewaltigen Länge nichts haben, außer schlimmstenfalls eine stumpfgelederte Klinge. Denn will man diesen Riemen in voller Länge nutzen, beugt sich automatisch der Rücken, sobald man das Messer ganz nach oben ziehen will, wodurch unwillkürlich Druck auf die Klinge ausgeübt wird, was dieser bekanntlich nicht gerade guttut. Mit härteren Worten: Der angebliche Vorteil ist ein klarer Nachteil und die Überlänge somit reiner Unfug. Zumal bei diesem Riemen, auf dem die Zahl der Züge auf ein Minimum reduziert werden kann, weil die Klingen geradezu rasant auf  Rasurschärfe gebracht werden können. Ich habe immer nur im unteren bis mittleren Bereich und somit auf einer Länge von etwa 40 cm geledert und kam im Schnitt mit 10 bis maximal 15 DZ auf ein optimales Ergebnis. Womit wir bei der ganz großen Stärke dieses Riemens angelangt wären: Er ist ein ,,Blitz-Schärfer", auf dem mit einem Minimum an Zügen ein Maximum an Rasurschärfe produziert werden kann. Das ist ein wirkliches Alleinstellungsmerkmal, denn darin unterscheidet er sich von allen meinen anderen Riemen. So schnell – und so leicht (!) – wie auf dem Robbenriemen, ist das Abziehen auf keinem mir sonst noch bekannten Leder  möglich. Und ich kenne viele. Dafür gibt es ein ganz großes Plus! Zudem ist der Südafrikaner perfekt für Anfänger oder noch wenige erfahrene Lederer, denn auf ihm kann man einfach nichts falsch machen. Einfach Klinge auflegen und ab geht die Post. Das weiche Leder  schmiegt sich an die Klinge, umschmeichelt die Facette geradezu, und stellt damit sicher, dass die Schneide durchgehend erreicht wird und garantiert somit fast schon ein idiotensicher zu erzielendes Optimalergebnis. Auch dafür gibt es ein ganz großes Plus!

Als wahres Wunderding erwies sich der Sealskin allerdings bei seinem Einsatz nach dem Schärfen. Ich habe den ultimativen Härtetest gemacht und mein 8/8 Revisor auf dem Shapton Glass Stone 30k gefinisht. Wie bei diesem Stein nicht anders zu erwarten, wurde eine grenzwertige Schärfe produziert, die ob ihrer Aggressivität aber jede Rasur zur Tortur gemacht hätte. Deshalb muss ich nach diesem Stein immer eine umständliche Prozedur starten, verschiedene Pasten, Leinen- und Lederriemen in der richtigen Abstufung einsetzen, um der Klinge die Giftzähne zu ziehen, ohne dabei jedoch die hohe Schärfe zu ruinieren, um solcherart ein megascharfes und dennoch sehr sanftes Messer zu erhalten. Umständlich, langwierig und dennoch nicht in allen Fällen zum gewünschten Ergebnis führend. Das ist auch der Grund, weshalb ich nur in ganz wenigen Fällen zum 30k als Finisher greife.
Das wird sich jetzt ändern!  Denn ich habe das Revisor vom Stein weg auf dem Robbenriemen abgezogen und kam aus dem Staunen nicht mehr raus: Nach 80 DZ war das Messer so sanft wie ein Lämmchen, dabei aber immer noch so scharf wie die schärfste Chilischote. Ich hätte so etwas schlichtweg nicht für möglich gehalten....
Dafür bekommt die Robbe 100 von 100 Punkten! Einfach fantastisch!
Zum Schluss noch ein Vergleich mit dem kürzlich hier vorgestellten Quercur Cordovan. Eigentlich lassen sich diese Riemen nicht miteinander vergleichen, denn der Bundubeard ist das exakte Gegenteil vom Quercur. Wo der Spanier (extrem) hart und spiegelglatt ist, zeigt sich der Südafrikaner auffallend weich und runzelig; während man auf dem Pferd mit einem Affenzahn abziehen kann, bremst die Robbe das Tempo, weil sie der Klinge einen gewissen Widerstand entgegensetzt. Für mich sind beide Riemen jedoch gleichwertig, weil sie in ihrer Klasse jeweils an der Spitze stehen, der Robbenriemen beim Einsatz nach dem Schärfen jedoch eine Höhe erklimmt, die der spanische Cordovan (wie überhaupt keiner meiner anderen Riemen) auch nur annähernd zu erreichen vermag. Aber das sind schon Feinheiten, die nur noch für (erfahrene) Schärfer von Interesse sind. Beim Normaleinsatz in der täglichen Routine ist der Sealskin die optimale Wahl für all jene, die weiches Leder bevorzugen. Wer beispielsweise mit Latigo am besten klar kommt, für den wird sich dieser Robbenriemen als Non plus ultra erweisen.

Schlussbemerkung: Nach den Messern scheint jetzt auch bei den Riemen die Gigantomanie Einzug gehalten zu haben. Wann kommt der zum 16/8-Messer passende 2-Meter-Riemen?! Der Bundubeard-Riemen mit seinem Metermaß gibt hier einen Vorgeschmack, der mir persönlich gar nicht schmeckt. Denn wie bei allen Übertreibungen, ist auch hier der Schritt ins Lächerliche ein sehr kurzer. Die Reaktion eines Freundes bestätigte dies. Er meinte: ,,Schau, schau, jetzt ziehst also schon auf einem Elefantenrüssel ab."  ;D

Nicht zuletzt deshalb überlege ich ernsthaft, den Longinus in einen Normalo zu verwandeln, indem ich ihn auf handliche 50 cm kürze. Aus dem Reststück lässt sich ein schöner Stoßriemen bauen, oder ich kann es in meinen Strop-it Tensio Wechselschraubspannriemen spannen. Im Idealfall komme ich auf diese Art und Weise sogar zu drei Robbenriemen. Da die wirklich gut sind, kann man eigentlich ja gar nicht genug davon haben... :D

Bezugsquelle:

https://www.bundubeard.co.za/products/extra-length-sealskin-strop-namibian-origin

Sorry, trotz mehrmaliger Versuche ist es mir nicht gelungen, hier ein Bild hochzuladen.


DailyDriver

@EasyRider,

herzlichen Dank für die tolle Vorstellung. Da knüpft der Riemen mit seinen Eigenschaften
ja an die Polierscheiben (?) aus Walroßleder, wie sie wohl früher bei der Herstellung von
Rasiermessern genutzt wurden. Mit diesen Eigenschaften und die, von dir beschriebenen 
Ergebnissen weckt es schon eine gewisse Neugier in Richtung Südafrika...👍

Gruß
Gregor
LIEBER HABEN OHNE ZU BRAUCHEN ALS GAR KEIN SPASs! 😎

EasyRider

Zitat von: DailyDriver am 15. März 2024, 14:11:19@EasyRider,

Da knüpft der Riemen mit seinen Eigenschaften
ja an die Polierscheiben (?) aus Walroßleder, wie sie wohl früher bei der Herstellung von
Rasiermessern genutzt wurden. 

Ja, das scheint in der Tat so zu sein. Beim Einsatz nach dem Schärfen kamen mir sofort diese Walrossleder-Polierscheiben vergangener Tage in den Sinn. Altbewährtes neu entdeckt, würde ich sagen.

Dein Lob freut mich.  :) Danke!


Tammy_0105

Ein sehr schöner und gut geschriebener Bericht über den Robbenriemen  dh: , lieber @EasyRider .
Die beschriebenen Vor- und Nachteile sind sehr gut nachvollziehbar. Vielen Dank dafür.

Da tut es mir fast leid, daß ich (wie ich unserem Kollegen Bergdoktor über PM geschrieben habe) den Riemen in der vorherigen Woche schon im virtuellen Einkaufskorb hatte und mich dann doch entschieden habe, stattdessen ein weiteres Messer zu kaufen.
Aber da die Riemen nachproduziert werden, ist der Kauf nur aufgeschoben  ;) .

MRetro

Ein sehr spannender Bericht, @EasyRider.
Vielen Dank.  dh:

Lochbart

Danke für den Bericht @EasyRider ! ich habe die vorgestern mal angemailt, wie es mit den kürzeren Riemen aussieht (mehr bezahlen zum Abschneiden fände ich irgendwie doof) aber bisher noch keine Antwort erhalten. Wahrscheinlich haben die plötzlich eine Flut an E-Mails aus Deutschland zu bearbeiten und wundern sich, wo die herkommt. ;D

EasyRider

@Tammy_0105 , @MRetro & @Lochbart

Vielen lieben Dank, Euch allen. :) Mit Eurem Lob treibt Ihr mir die Schamesröte ins Gesicht.  :D Und das will bei meinem olivbraunen Südländer-Teint was heißen... ;D

Zitat von: Lochbart am 15. März 2024, 18:09:19Wahrscheinlich haben die plötzlich eine Flut an E-Mails aus Deutschland zu bearbeiten und wundern sich, wo die herkommt. ;D

 ;D  ;D  ;D

Wahrscheinlich nicht nur. Denn auch die Italiener haben plötzlich die Freuden der Robbenjagd entdeckt... ;D
Woher das wohl kommen mag?  ???  ;D


alvaro

Zitat von: EasyRider am 15. März 2024, 18:38:00Woher das wohl kommen mag?   
DAS können wir uns auch nicht erklären ;D  ;D  ;D

Paula

@EasyRider Respekt, wieder mal eine tolle Entdeckung von Dir und ein äußerst interessanter und ausführlicher Beitrag zum Robbenriemen.

Zitat von: EasyRider am 15. März 2024, 13:32:47der Südafrikaner perfekt für Anfänger oder noch wenige erfahrene Lederer,... Das weiche Leder schmiegt sich an die Klinge, umschmeichelt die Facette geradezu, und stellt damit sicher, dass die Schneide durchgehend erreicht wird.... zeigt sich der Südafrikaner auffallend weich und runzelig; während man auf dem Pferd mit einem Affenzahn abziehen kann, bremst die Robbe das Tempo, weil sie der Klinge einen gewissen Widerstand entgegensetzt.
Ohne die Bundu-Robbe zu kennen, klingt das für mich ähnlich dem Verhalten der Yaklederriemen. Wie würdest Du die Robbe im Vergleich zum Yak einschätzen?


Zitat von: EasyRider am 15. März 2024, 13:32:47Bezugsquelle: https://www.bundubeard.co.za/products/extra-length-sealskin-strop-namibian-origin

Die Seite ist ja mal richtig cool, die haben auch Zulu Grey im Angebot und RM von Trevor Woolfson :o, den ich bis dato gar nicht kannte. Da wird auch klar, warum die Riemen so groß sind.

EasyRider

Zitat von: Paula am 16. März 2024, 16:44:35Wie würdest Du die Robbe im Vergleich zum Yak einschätzen?

Sehr, sehr ähnlich! Im Abzugsverhalten sind die Beiden so gut wie ident. Bei einem Blindtest würde man den Robbenriemen vom Yakriemen nicht unterscheiden können. Der - eigentlich einzige - Unterschied: Auf der Robbe nimmt die Klinge unglaublich schnell Schärfe an. Hab so etwas noch bei keinem anderen Riemen erlebt. Mein japanisches Frameback, das heute Dienst versah, war beispielsweise bereits nach nur 5 (!) DZ rattenscharf und hat mich dennoch supersanft rasiert. Das geht mit dem Yak nicht, der braucht mindestens das Drei- bis Vierfache. Aber dann liefert er auch "Robben-Qualität" ab, womit sich der Kreis wieder schließt.

Und ja, der Shop ist ganz große Klasse! Ich bin dort schon seit Jahren Kunde, habe bei denen bereits zwei Messer, zwei Pinsel, vier Seifen und je ein AS und PS gekauft. Alles in absoluter Spitzenqualität.  dh:
Und das zu durchaus moderaten Preisen. Vor allem die Seifen, die schon für ein paar Kröten zu haben sind, aber zum Besten vom Besten zählen, was am Markt so zu haben ist.

   

Paula

Danke für Deine Einschätzung. In diesem Fall, laß ich mal die Robbe vorerst weiter leben und kann bei meinem Yak bleiben, ohne Angst zu haben, was zu versäumen.

Tim Buktu

Zitat von: EasyRider am 15. März 2024, 13:32:47...

Sorry, trotz mehrmaliger Versuche ist es mir nicht gelungen, hier ein Bild hochzuladen.


Zuerst herzlichen Dank für den ausführlichen Bericht!
Deine Ausführungen zu überlangen Riemen kann ich nur bestätigen!

Zum Einstellen von Bildern hier ist ein Bilderhoster notwendig. Ich verwenden den zuverlässigen Dienst:
https://picr.de
Tranquilo - In der Ruhe liegt die Kraft...

PS: Alles nur meine persönliche Meinung, die sich durchaus beeinflussen lässt und sich deshalb gelegentlich auch ändert!

EasyRider

@Tim Buktu

Vielen Dank!
Deine Bestätigung bestärkt mich in meiner Überzeugung, dass überlange Riemen ein Unfug sind.
Danke auch für den Hinweis auf den Bilderhoster. Zwischenzeitlich hat sich schon ein lieber Kollege hier meiner angenommen und mir erklärt, wie es geht. Auch er hat picr.de empfohlen. Auch ihm sei hiermit - öffentlich - gedankt.


alvaro

Jetzt aber mal eine Frage.

Der Yak ist gut und weich, der Robben ist ebenfalls gut und weich und der Cordovan aus Spanien ist gut und hart.
Macht eine Ergänzung des Cordovan durch einen Robben Sinn, oder ist es von Seiten der Schärfe egal, und sie unterscheiden sich "nur" durch die Anzahl der Züge?

EasyRider

#14
@alvaro

Für dich als Schärfer macht eine Ergänzung des spanischen Cordovan durch den Robbenriemen absolut Sinn, weil die Robbe meiner Erfahrung nach beim Einsatz direkt nach den Steinen für mich mirakulöse Ergebnisse erzielt. Heißt: Man kann sogar eine grenzwertige Schärfe in sanfte Schärfe transformieren, und zwar ohne Pasteneinsatz! Das geht mit dem Quercur nicht. Ganz im Gegenteil: Bei grenzwertiger Schärfe verstärkt der die Aggressivität sogar noch, erweist sich hier also als kontraproduktiv. Schwer zu erklären, aber ich bin mir sicher, dass du verstehst, was ich meine.  :)

Auch Yak kann nach den Steinen mit der Robbe bei weitem nicht mithalten, verlangt als Vorarbeit Paste und Leinen und kommt auch damit nicht an das Robben-Ergebnis ran.

Jedoch: Für die tägliche Routine muss sich m. M. n. keiner, der einen Yakriemen und/oder Quercur hat, auch noch einen Robbenriemen zulegen. Hier ist es, wie du richtig erkannt hast, von der Schärfe her egal, weil der Unterschied sich nur in der Anzahl der Züge zeigt. Yak und Robbe performen gleich, nur reduziert sich bei Letzterer die Anzahl der Züge beträchtlich. Auch der Quercur liefert viel schneller als Yak und produziert dazu noch (leicht) sanftere Klingen.

Zusammenfassend: Für einen (fortgeschrittenen) Schärfer führt der Robbenriemen in neue Dimensionen, die auszuloten sinnvoll ist und dazu noch großen Spaß macht. Für den Otto-Normal-Stropper macht der Kauf dieses Riemens jedoch nur dann Sinn, wenn er um Aufnahme in die ehrwürdige Bruderschaft der "Minimal-Stropper" bittet, deren Präsident bekanntlich der legendäre Willipeter ist... ;D