Die Verdrängung klassischer Hobel durch Systemies

Begonnen von buzzer, 18. November 2008, 10:19:53

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buzzer

Ein Prozess, den ich ab Anfang der 90er beobachten konnte:

Es wurde immer schwieriger, Klingen zu bekommen, so nach und nach verschwanden die Klingen aus den Supermärkten, zumindest im Osten. Dafür kamen massenweise Systemies und Einwegrasierer in den Handel. Meinen Hobel hatte ich bis dahin noch, den LM 68.

Ende der 90er hatte ich es auch satt, auf die Suche nach Klingen zu gehen und kaufte Einwegrasierer. Und die Beschaffung von RS wurde auch immer schwieriger, so kaufte ich Dosenschaum.

Ende der 90er sah die Rasur bei mir so aus: Einwegrasierer und Dosenschaum. Hauptsache kein Mehrklingensystem, die hab ich schon immer mit Argwohn betrachtet.

Mein Wiedereinstieg in die Hobelrasur erfolgte Ende letzten Jahres. Die Beschaffung des Werkzeugs: Internet.

Rolf
Eine scharfe Klinge ist nicht zu spüren. Eine stumpfe Klinge schon.

So-ein-Bart

Ich glaube, Anfang der 90er müsste auch der Zeitraum gewesen sein, in dem mein Vater den Adjustable weggepackt und sich einen Sensor gekauft hat. Ab da hat er dann auch Dosenschaum benutzt (statt Palmolive Seife).
Ich rasiere mich wohl seit ca. 1997 oder 98, und genauso hab ichs dann auch von ihm gelernt. Er blieb bis heute dabei, ich nicht  ;)
Schöne Grüße,
Stefan

buzzer

hi,

wie es im neuen MesserFred zu lesen ist, ist es mit Hobel und Klinge nicht anders: Dank Internet werden heute wieder sowohl die klassischen Werkzeuge verbreitet als auch das Wissen (Forum's nicht nur in D, auch in France, USA...)

Der klassische Verkauf über den Ladentisch ist nur noch auf wenige Spezialgeschäfte beschränkt.

Btw., meinen ersten Internetzugang baute ich 1997, da standen jedoch noch andere Interessen meinerseits im Vordergrund (Programmieren).

Rolf

Eine scharfe Klinge ist nicht zu spüren. Eine stumpfe Klinge schon.

rubberduck

Hallo Rolf,

das ging mir ganz ähnlich. Ich hatte ursprünglich mit Systemrasierern begonnen, die Barthaare in meinem Gesicht - damals noch sehr spärlich - zu rasieren. Und hatte immer Dosenschaum. Alle meine Bekannten und Freunde, auch mein Vater, verwendeten Dosenschaum. Lediglich mein Großvater war schon eit ich mich erinnern kann ein überzeugter Verwender von Elida Gibbs Rasierseife, und ich erinnere mich noch gut daran, wie er sich die immer ins Gesicht rieb und mit einem kleinen, harten Sauborstenpinsel im Gesicht aufschäumte. Er wäre nie auf den Gedanken gekommen, jemals etwas anderes zu nehmen als seine geliebte Elida Gibbs.
Das Problem der Klingenbeschaffung wurde damals auch ziemlich im gleichen von dir genannten Zeitraum ein Problem und so verwendeter er ganz billige Bic Einklingen - Einwegrasierer (allerdings öfter als einmal).
Auf einem Flohmarkt entdeckte ich dann zur selben Zeit einen mir bis dahin unbekannten Rasierhobel, es war ein Gillette super Speed aus 1955 in ganz manierlichem Zustand und ich kaufte ihn für kleines Geld. Ich hab ihn heute noch. Allerdings waren Rasierklingn selbst nur sehr sehr schwer zu bekommen und ich hatte von Rasierseife überhaupt keine Ahnung, ich kannte lediglich Opa's Elida Gibbs. Es war mir jedoch zu mühsam, mit enem Pinsel langwierig und mir damals mühselig vorkommend, Schaum zu machen, wenn es ihn doch auf Knopfdruck aus der Dose gab (Schande über mich!!). Ich fand dann Rasierklingen in Ungarn, sogar ganz brauchbare, nämlich Gillette Platinum, und damals zu einem hervorragenden Preis, Ungarn war damals für uns Ösis ein echtes Einkaufs- und Schnäppchenparadies...
Irgendwann dann war ich es leid, die mühselige Beschaffung weiter zu betreiben und stieg auf Systemie um, bei denen ich bis vor ca. einem halben Jahr auch blieb. Mein letzter Systemie war ein Mach 3 Turbo, davor Sensor Excel.
Beim Umräumen meiner alten Sachen im Keller fiel mir dann wieder mein alter Super Speed in die Hände und sofort war ich wieder verliebt in ihn. Klingen hatte ich keine mehr und ich kaufte mir im DM die Wilkinson. Ging ganz gut, aber ich wollte natürlich wissen, was es sonst noch so gibt....und kam auf dieses und das NR Forum...... Tja....was soll ich sagen.... dank Internet, dank eurer guten Ratschläge, Tipps und Anregungen habe ich heute wieder ein recht ansehnliches Arsenal an klassischen Rasierhobeln, Rasierseifen und -cremes, etc. etc....

Der Trend der Verdrängung klassischer Hobel ist ja beinahe schon völlig vollzogen, lediglich eine kleine, eingeschworene Gemeinschaft im Herzen Europas hält den Verlockungen der vollmundigen Werbeversprechungen von Procter & Gamble stand und probt aus rasurtechnischer Sicht den Aufstand :) :) :).

Und irgendwie kommt es mir vor, als würde die klassische Nassrasur zurzeit wieder fester ins Bewusstsein der Männerwelt gerückt und eine Art zaghaftes revival erfahren...

henning

Im Westen ging das wohl in den späten 70'ern los. Ich kann mich speziell an die 80'er erinnern, in denen ich selber den Gll schwang und sogar billiges aus Aldi und Co. verwendete.
Hierbei darf man aber auch nicht den Anteil außer acht lasen, den Elektrorasierer am "Untergang" der Hobel haben. Es wird oft und mit Recht über Systemies gesprochen, aber lange vor denen, wurde der Hobel schon vom Elektrorasierer verdrängt. Elektrorasierer galten gerade in den 50'ern als hypermodern und dem Raketenzeitalter zugehörig. Es enstanden überkandidelte Modelle, ähnlich den Straßenkreuzern. War halt die Zeit damals.
Ciao

Lord Vader

ich denke auch, dass die elektrorasierer ihren beitrag geleistet haben werden am untergang der klassischen rasur. das "wissen" um hobel, seife und co. ging durch die zeit der exzessiven elektromäher wohl verloren oder trat in den hintergrund. so nach einigen jahren die rückbesinnung erfolgte, griff man besser zu den modernen und einfacheren systemis zurück. die neue generation hatte dann erst garnicht die chance, etwas anderes kennen zu lernen und blieb auch bei einen der dinger hängen.

ich kanns den leuten auch nicht üben nehmen. wenn man vor dem regal der systemrasierer steht und man sich die bunten oder gut gemachten systemgriffe anschaut und die einzige alternative ist ein WC aus vollplastik in der 0815 verpackung und ein spartanisch bedruckter klingenspender mit DE-klingen, da ist ja klar, dass man zu den von Backham und co verwendeten dingern greift und sich darüber freut, dass man noch eins der "sparpacks" mit einer extraklinge und einer dose schaum ergattern konnte.


buzzer

Interessante Thema. Was im Westen ging, weiß ich ja nicht. Bei uns kam 90 die Währungsreform und neue Handlerketten in die Supermärkte. Und schon ging das Gesuche los....

Zu DDR Zeiten, zumindest zu meiner NVA Zeit und der Zeit danach, überwiegte die Nassrasur bei Kumpels und Kollegen.

Rolf
Eine scharfe Klinge ist nicht zu spüren. Eine stumpfe Klinge schon.

Blues

Zitat von: rubberduck am 18. November 2008, 10:44:19
...Und irgendwie kommt es mir vor, als würde die klassische Nassrasur zurzeit wieder fester ins Bewusstsein der Männerwelt gerückt und eine Art zaghaftes revival erfahren...

Sieht ganz so aus.
Neulich zippe und zappe ich da so rum und bin plötzlich in einer Sendung, in der es um guten Stil für gepflegte Männer ging, und diesmal: die Messerrasur. Da wurde dann gezeigt, wie er (sehr schick angezogen, modisch und dennoch klassisch) sich beim Barbier zur Messerrasur hinlegt. Dazu der übliche TV-Schnick-Schnack, ok, aber immerhin. Hinterher strich er sich mit der Hand über die rasierten Flächen und begann zu schwärmen... (die nächste Sendung sollte über´s Schuhwerk gehen, natürlich auf Rahmen handgenähte und maßgearbeitete Schuhe!).

buzzer

Zitat von: Blues am 18. November 2008, 20:02:45
Hinterher strich er sich mit der Hand über die rasierten Flächen und begann zu schwärmen...

Das ist für mich die ultimative Qualitätskontrolle. Und: Solange da noch alles schön aufgeweicht ist, gleich mit dem Hobel hinterher, falls notwendig.

Rolf
Eine scharfe Klinge ist nicht zu spüren. Eine stumpfe Klinge schon.

Honka

Zitat von: buzzer am 18. November 2008, 20:11:38
Zitat von: Blues am 18. November 2008, 20:02:45
Hinterher strich er sich mit der Hand über die rasierten Flächen und begann zu schwärmen...

Das ist für mich die ultimative Qualitätskontrolle.

Das mache ich eher akustisch: Wenn Mann nix mehr hört beim rasieren, sind die Barthaare ab.

Dirk

Als ich anfang der 80er auf naß umstieg, wurde mit von "alten" Klingen dringend abgeraten, denn damit schneide man sich nur. Trotzdem mit Pinsel und Seife, weil es mir vorher immer Spaß gemacht hatte, daß mein Großvater sowas hatte. Bis letztes Jahr betrachtete ich auch klassische Rasierklingen als ein Relikt, was höchstens im Ceranschaber sein dasein fristen kann. Klassische Qualitätshobel hatte ich in einem Ladengeschäft nie bewußt gesehen. Bin dann in einer Phase, in der ich bei mehreren Produkten mich nach Alternativen umgeschaut hatte, auch auf dieses und ähnliche Foren gestoßen. Jetzt nicht nur auf Rasur bezogen: Dank Internet habe ich so einige klassische Produkte gefunden, die landläufig nicht mehr erhältlich sind. Oder, Produkte von kleinere Betrieben die kaum erhältlich sind, sich von der Masse abheben, und durch dieses Medium doch leichter zur Verfügung stehen. Versandkosten sind halt oft günstiger als Zeit und Parkgebühren für das spezielle, was man möchte, auszugeben ;-)

Zumindest was Rasur betrifft, könnte ich ohne Internet hier nicht das beziehen, was ich selbst inzwischen bevorzuge. Und.... bei den unbekannteren, kleineren Marken, habe ich die Erfahrung gemacht, daß man oft entweder zum gleichen Preis eine bessere, oder günstigeren Preis eine gleiche Qualität erhält.

Anekdote am Rande: Angefangen hatte es bei Biersorten: Bin sehr viel unterwegs und hatte mir dann zur Angwohnheit gemacht, jeweils dort wo ich war ein Bier zu trinken, von dem ich noch keine Werbung gesehen hatte, meist kamen dabei doch sehr gute, individuelle regionale Produkte bei raus, also Vielfalt ;-)

Dirk

kriklkrakl

#11
Zitat von: Honka am 19. November 2008, 10:04:46Das mache ich eher akustisch: Wenn Mann nix mehr hört beim rasieren, sind die Barthaare ab.

das mach ich auch so, allerdings ist die Geräuschkulisse sehr sehr unterschiedlich:

leichte Dreiteiler wie der Feather-Portable oder entsprechende Rasierer, die sehr "direkt" arbeiten,
da hört ein umfassendes Kratzgeräusch eigentlich niemals auf, es wird nur weniger/ leiser.

bei schweren/ massiven Hoblen wie dem Progress kann ich mich nur anfangs an der Akustik orientieren,
da hört man gegen Ende fast gar nix mehr..
"Gewöhnlich glaubt der Mensch, wenn er nur Worte hört,..
Es müsse sich dabei doch auch was denken lassen."
Faust I,Mephistopheles

Honka

Zitat von: kriklkrakl am 19. November 2008, 14:21:11

da hört ein umfassendes Kratzgeräusch eigentlich niemals auf, es wird nur weniger/ leiser.


es steht mir natürlich nicht zu Deine Rasur zu bewerten - noch dazu, wo ich noch nie dabei war, aaaaber:

Eigentlich sollte nach dem 3. Durchgang nichts mehr zu hören sein  :(

Pepe

Zitat von: Honka am 19. November 2008, 14:32:17
Zitat von: kriklkrakl am 19. November 2008, 14:21:11

da hört ein umfassendes Kratzgeräusch eigentlich niemals auf, es wird nur weniger/ leiser.


es steht mir natürlich nicht zu Deine Rasur zu bewerten - noch dazu, wo ich noch nie dabei war, aaaaber:

Eigentlich sollte nach dem 3. Durchgang nichts mehr zu hören sein  :(

nur noch Schreie, wenn Du so langsam die Haut abträgst... :'(

Pepe

zur Überschrift kann ich nur sagen:
ich weiß nicht was alles passieren müsste, damit in mein Bad wieder ein Systemie einzieht... ^-^