Zusammenhang zw. Haartest und Rasurschärfe

Begonnen von Waldi, 15. März 2016, 15:51:16

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Siegburger

Hast du einen sehr harten Bart?

Ich habe einen und werde mit meinem Aust (1/1 Hohl) auch nicht warm. Die Klinge ist einfach zu flexibel für meinen Bart. Mit dem Strich, kein Problem, aber gegen den Strich, nicht zu vergleichen mit einem Wedge oder 1/2 hohlen Klinge. Die derben Klingen, sind für meinen Bart einfach gründlicher. Wo ich mit dem Aust noch 2-3 mal ausputzen muß, ist mit den anderen bei einem Zug alles erledigt.

Gruß
Siegburger
Ne schöne Jrooß ahn all die, die unfehlbar sinn.

Waldi

Ich habe keinen besonders dichten Bartwuchs und bin irgendwie immer davon ausgegangen, daß die Haare auch nicht besonders drahtig sind. Aber mir fehlt da letztlich einfach der Vergleich. Habe deshalb meine Frau gefragt und die meint, daß meine Barthaare doch recht kräftig seien.

Da Phänomen, das Du beschreibst, kenne ich auch: mit dem Strich erscheint mir das Aust sogar als das gründlichste Messer. Aber gegen den Strich hat es auch bei sorgsamster Vorbereitung zu kämpfen.

Heute habe ich es nochmal ausprobiert, ganz in Ruhe, sehr konzentriert. Das Ergebnis war völlig in Ordnung. Man liest ja häufiger, daß sich ein Messer auch erst einrasieren muss. Die Rasur mit dem selbstgeschärften Regilo war aber trotzdem noch einen Tick gründlicher und v.a. deutlich unkomplizierter. Aber auch da spielt sicher Übung die Hauptrolle.

Ich werde einfach geduldig weitermachen und gleichwohl mal schauen, ob ich irgendwo ein richtig derbes Messer auftreiben kann, vielleicht eines, das ich aufarbeiten kann. Würde ich zumindest gern mal ausprobieren.

Waldi

Siegburger hatte recht.

Ein sehr nettes Forumsmitglied hat mir angeboten, mir ein Wedge für eine Testrasur zur Verfügung zu stellen. Gestern kam bei mir ein wunderschönes, altes, top geschärftes Sheffielder Haumesser an. Gewicht: gefühlt eine Tonne ;D. Haartest auf dem Nieveau des vollhohlen Aust. Heute morgen habe ich mich damit rasiert.

Wie ich in diversen Beschreibungen hier im Forum gelesen habe, läuft es mit dem Strich zunächst tatsächlich einen Tick weniger glatt, als das Vollhohle, ohne das ich den Eindruck habe, daß es weniger wegnimmt. Quer lassen sich im Ergebnis keine Unterschiede feststellen. Aber während das vollhohle Messer sich v.a. in der Region um das Kinn herum fast festfrisst, was die Rasur etwas unangenehm macht und auch die Verletzungsgefahr erhöht, weil man instinktiv den Druck oder besser gesagt: den Vorschub verstärkt, hat man mit dem derben Messer fast die Illusion, nur Schaum von der bereits glatten Haut zu streichen.

Ergebnis: eine der sanftesten und glattesten Rasuren bisher, selbst meine Problemregion am Hals ist zumindest rechts fast babyglatt, links fühlt und hört man noch leichte Stoppeln - aber dafür, daß das meine ersten Rasur mit dem Messer war, bin ich schlicht begeistert. Hätte ich niemals erwartet!

So 'n Mist! ;D

Siegburger

@ Waldi

Schön, dass du so ein gutes Erlebniss mit dem Wedge hattest.

Als ich mit der Messerrasur begann und in einigen Beiträgen las, dass die Klinge wie Butter durch die Bartstoppeln glitt, war ich der Verzweiflung nah, da mein Aust (mein erstes RM) zwar den HHT problemlos bestand, aber bei der Rasur gegen den Strich, sich die Rasur wie eingefrorene Butter an gefühlt hat. Wenn du wirklich nur relativ kleine Züge machst, geht es ganz gut, aber von Butter ist es immer noch weit weg.

Gruß
Siegburger
Ne schöne Jrooß ahn all die, die unfehlbar sinn.

Senser

Wir sollten aber mal erwähnen, dass die besagten "Aust" Messer hier nur stellvertretend für die Gattung der vollhohl geschliffenen Messer steht, damit nicht aus Versehen der Eindruck entsteht, dass die Aust Messer nichts taugen.
Mich würde interessieren, wie sich die Rasur mit dem Wedge nach mehrmaliger Anwendung hintereinander anfühlt. Ich hab da meine eigenen Erfahrungen, möchte da aber nicht irgendwas suggerieren.
Gruß Senser

Grosser

Ich habe mit großem Interesse den Faden hier verfolgt und möchte nun auch kurz meine Erfahrungen kundtun, da sie sich doch von anderen unterscheiden:
Mit meinen Wedges habe ich bei der Rasur mit dem Strich trotz bestehenden Haartests ein nicht soo gutes Rasurgefühl, wie mit meinen Vollhohlen. Gegen den Strich sieht's dann wieder anders aus - da geben sich beide nicht viel. Evtl. hat nun das derbe Messer die Nase vorn.
Mit meinem derben Messer passiert es aber eher mal, dass ich, wenn ich über Hautunebenheiten rasiere, diese anschließend bluten. Beim Hohlen habe ich das Gefühl, dass es darüber hinweg rasiert.
Welche Rasur gründlicher ist, kann ich nicht sagen, da  die Tagesform doch noch mehr Einfluss hat :D
Viele Grüße, Christoph

Waldi

Zitat von: Senser am 24. März 2016, 16:38:32
Wir sollten aber mal erwähnen, dass die besagten "Aust" Messer hier nur stellvertretend für die Gattung der vollhohl geschliffenen Messer steht, damit nicht aus Versehen der Eindruck entsteht, dass die Aust Messer nichts taugen.

Den Eindruck möchte ich nicht erweckt haben!

Es handelt sich um mein erstes vollhohles Messer, ich habe es erst vier oder fünfmal benutzt, erfreulicher Weise mit besser werdenden Ergebnissen. Und es ist ganz sicher ein hervorragendes Messer. Es steht hier als pars pro toto für die Gattung, die bei meinem Bart scheinbar nicht die beste Wahl ist.

Was Grosser beschreibt, ist bei mir recht ausgeprägt. Die erste Rasur mit dem Wedge war allerdings eine der sanftesten, die ich bisher mit einem Messer hatte: keinerlei Irritationen, Aftershave lammfromm. Genaueres werde ich nach den Osterfeiertagen wissen, während derer ich das derbe Messer ausprobieren darf. Danach bin ich schlauer: liegt es daran, daß ein Wedge schlicht fehlerverzeihender ist und meinen begrenzten Fertigkeiten entgegen kommt oder liegt es ausschließlich an meinem Barthaar und mein Weg wird Richtung derberer Messer gehen.

Das Aust würde ich übrigens gleichwohl behalten. So eines habe ich mir lange gewünscht - und mit der Zeit werde ich vielleicht auch noch besser damit zurecht kommen.

Ich bin gespannt - und sehr dankbar, daß ich diese tolle Möglichkeit zu vergleichen bekommen habe.

Siegburger

@ Grosser

Da kann man sehen,wie unterschiedlich die Rasur bei jedem ist. Links am Hals, habe ich eine 10 cm lange wulstige Narbe (nein, kein Rasurunfall  ;D) von eine OP an der Halsschlagader. Je hohler die RM werden, desto vorsichtiger muß ich über die Narbe rasieren, da sie sich an der Wulst sehr schnell einhaken. Bei 1/2 hohlen oder vollderben Klingen, ist das bei mir wiederum kein Problem. Die Klinge gleitet über die Narbe als wäre sie nicht vorhanden. Versuch es einfach mal mit weniger Druck.

Gruß
Siegburger
Ne schöne Jrooß ahn all die, die unfehlbar sinn.

Waldi

#23
Cooool, ein Narbenvergleich! Als ich mir vor einigen Wochen den Kinnbart abgenommen habe, kam darunter auch eine alte Narbe zum Vorschein. Ich erinnere dunkel, daß ich nach einem Flug über den Fahrradlenker mit dem Kinn gebremst habe. Stört etwas, geht aber. ;)

Aber ich schweife ab: es scheint so, als läge es tatsächlich an meinem Bart. Letztlich ist es mir inzwischen aber gleich. Ich habe so einem Spaß an dem derben, alten Teil und scheine es so gut zu vertragen, daß ich zumindest mittelfristig etwas in der Richtung anschaffen werde.

Im Einzelnen: ich habe mich seit dessen Ankunft täglich mit dem Wedge rasiert. Ich habe immer dieselbe Seife und immer denselben Pinsel verwendet. Nach der ersten Rasur, die ich sanft und gründlich wie nie fand, folgte tags darauf zunächst Ernüchterung. Wie hier von erfahrenen Mitgliedern bereits angedeutet, reagierte meine Haut gestresst. Einige Blutpünktchen und ziemlich scharfer Abbrand des (auch immer gleichen) AS. Ich hatte mich während dieser Rasur aber auch dabei erwischt, daß ich mit leichtem Druck rasiert habe, ähnlich wie bei meinen deutlich leichteren Halbhohlen. Das scheint bei der Verwendung eines derben Messers eine ziemlich dumme Idee zu sein. Das Messerchen war also nicht allein schuld.

Am Sonntag habe ich mich also sehr darauf konzentriert, wirklich nur mit dem Eigenggewicht des (ja schon recht schweren) Messers zu arbeiten. Aus zeitlichen Gründen (Schwiegermama wartete mit dem Osteressen) habe ich es bei zwei Durchgängen (m/q) belassen, auch um der Haut etwas Erhohlung zu gönnen. Ergebnis natürlich erheblich weniger gründlich, aber für die Haut nahezu stressfrei.

Heute morgen dann wieder drei Runden, sehr konzentriert. An den einfachen Stellen komme ich inzwischen recht gut zurecht, Gradmesser sind daher meine Problemzonen Kehle (qua Wuchsrichtung) und untere Kinnspitze (qua Barthaarstärke). Auf der rechten Seite hatte ich nach Abschlussritual (warm Abspülen, kalt abspülen, abtrocknen, AS) fast Babyglätte, links gerade noch fühlbare Stoppeln. So gut war das noch nie! Auftrag des Aftershave angenehm, keinerlei Irritationen. dh: dh: dh:

Ich werde die tolle Leihgabe Mittwoch wieder auf die Heimreise schicken (morgen möchte ich sie unbedingt noch ein letztes Mal bei der Rasur genießen :)).

Allen Beteiligten danke ich sehr herzlich für das tolle Feedback: das es am Schliff liegen könnte, darauf wäre ich ohne Euch sicher erst viel später gekommen.

Batou

Interessantes Thema! Jetzt wird mir klar warum ich mich mit meinem (höchstens halbhohlen) Gold Dollar viel besser rasieren kann als mit meinen vollhohlen Solinger Messern. Ich habe auch recht dicken, drahtigen Bartwuchs und empfinde diese papierdünnen flexiblen vollhohlen Klingen eher als hinderlich (um nicht sogar zu sagen, eher lästig).
Wenn die Kinder aus dem Haus sind und der Hund gestorben ist, fängt das Leben an.

Senser

Meine persöhnlichen Erfahrungen sind dahingehend, dass ich die Wedges als sehr eunfach in der handhabung, gründlich in der Rasur und auch scheinbar sanft empfinde. Allerdings nicht für den täglichen Gebrauch, denn in kurzen Abständen hintereinander bekomme ich doch Hautprobleme. Da ich aber einen Allerweltsbart habe, der mit jedem Messer klarkommt, kann ich nach Belieben wechseln.

Gruß Senser

Waldi

#26
So, der Vollständigkeit halber heute morgen die Gegenrechnung gemacht: Rasur mit dem vollhohlen Messer (setup und Ablauf sonst gleich!), nur m/q weil mir gegen den Strich nach den Erfahrungen der letzten Tage nicht sinnvoll schien (man muss es ja nicht herausfordern). Was soll ich sagen? Lassen wir meine (zugegebener Maßen inzwischen wohl doch etwas verwöhnte) Frau sprechen. Am Nachmittag fragte sie mich: "hast Du Dich heute morgen garnicht rasiert?". Das trifft es auf den Punkt. Das Schlimme ist: damit bin ich inzwischen selbst total unzufrieden. Gut, daß ich nun weiß, wie es weiter geht!

Das Vollhohle bekommt aber noch eine Chance: ich werde es nochmal zum Schärfen weggeben, vielleicht war auch in meinem Fall tasächlich die Auslieferungsschärfe nicht optimal.

Soviel, wie in den letzten Tagen habe ich lange nicht gelernt, ich danke allen Beteiligten sehr, sehr herzlich! dh:

Edit: die erwähnte sonst gleiche Rasur am Ostersonntag war erheblich gründlicher, als die heute - wenn auch nicht ganz so gründlich, wie drei Durchgänge mit dem Wedge; klar eigentlich. Die gestern war erneut hervorragend, obwohl ich mal eine andere Seife probiert habe).

Siegburger

@ Waldi

Hier noch mal ein Tipp 1/1 hohl. Schärfen: Laß es bis zum 12000 er hoch schärfen. Ledern vor der Rasur: 15-20 mal je Seite. Rasieren: Versuch den Winkel insbesonders gegen den Strich sehr flach zu halten. Dann noch mal gegen den Strich mit etwas mehr Winkel.

Gruß
Siegburger
Ne schöne Jrooß ahn all die, die unfehlbar sinn.

Waldi

Danke für die Hinweise! Ich ärgere mich gerade, daß ich das vollhohle Messer nicht einfach zur Begutachtung mit dem geliehenen Wedge mitgeschickt habe o). Der freundliche Leihgeber kann glaube ich ein bisschen was... . Egal, ergibt sich sicher auf die ein oder andere Weise.

Mit dem Messer dann statt drei sogar vier Touren zu machen finde ich für den Alltag dann allerdings etwas unpraktisch. Ich rasier mich ja gern, aber ich brauch mit allem zipp und zapp zur Zeit eine gute halbe Stunde, weshalb ich es wochentags jetzt erstmal bei zwei Touren belasse (am WE dann gern drei).

Insgesamt wird es also eher Richtung wedges gehen, denke ich.

Senser

Also 2 Durchgänge sollten genügen. Man will sich rasieren und nicht häuten.

Gruß Senser