Rasierpinsel aus Pferdehaaren

Begonnen von kimeter, 19. Oktober 2008, 00:22:55

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Sapone da Barba

brijatsch,

wie macht sich denn der Pferdehaar-Pinsel aus dem türkischem Supermarkt so? Besonders würde mich interessieren, wie es sich damit aufschäumen läßt.

brijatsch

Also ehrlich gesagt, glaube ich nicht dass es sich um Pferdehaar handelt. Verwendet habe ich ihn noch nicht u. werde ich auch wahrscheinlich nicht. Die Verarbeitung ist miserabel. Genauer gesagt ist irgendeine "Klebmasse" am Ansatz sichtbar u. der Griff ist scheinbar ordentlich in "Klarlack" getunkt worden, da ne dicke durchsichtige Schicht drauf ist.

Sapone da Barba

Danke für die Info. Soweit ich weiß, werden solche Pinsel von moslemischen Männern benutzt, weil Schweineborste nicht verwendet werden soll, die sind dann mit Pferdehaar bestückt. Diese Info kann aber auch Falsch sein. Falls es aber doch stimmt, könnte es sich tatsächlich um Pferdehaar handeln. Ich habe in einem türkischen Supermarkt solche Pinsel entdeckt, allerdings mit Plastikgriff. Ich denke, daß ich für EUR 1,50 da mal zuschlagen werde.

brijatsch

#63
Ja, Schwein soll aus religiöser Sicht so ein Tabuthema sein. Zumindest beim Fleisch, wie ich mitbekommen habe. Würde Sinn ergeben, dass die dann auch Schweinsborsten ausweichen. Der Händler sagte mir es wäre Pferdehaar. Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich echt nicht weiß, wie ich das sicherstellen kann. Wie gesagt auf dem Pinsel war ein Aufkleber wo draufstand:

Temizel Lüx Firca

Vielleicht ist Temizel der Hersteller oder jemand weiß da Näheres ob der Hersteller wirklich nur Pferdehaar verarbeitet.


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Edit:

Im amerikanischen Forum wird auch über Temizel diskutiert. Dort soll es angeblich sogar Kamelhaar sein :) Am Ende kommt man zum Schluss dass keiner weiß um was für Haar es sich handelt, die Meisten aber denken es sei Borste.

Sapone da Barba

#64
Temizel Lüx Firca scheint ein Pinselhersteller zu sein:

http://www.sahibinden.com/temizel_70_-_lux_tras_fircasi-75WQQaXQQ18627457WQQpXQQdisplayitem

Aber sicher bin ich mir nicht.

Ich habe mir heute einen Pinsel mit vermeindlichem Pferdehaar beim Türken gekauft. Der Griff ist aus Kunststoff und der Pinsel hat EUR 1,50 gekostet.

Der stinkt ganz schön beim Einschäumen und hat einige Haare verloren. Das soll oft bei diesen Pinseln so sein, der Geruch und der Haarausfall sollen nachlassen. Mal sehen...

Ich habe mein Gesicht mir Arko RS eingerieben und dann mit dem Pinsel im Gesicht aufgeschäumt. Das hat sehr gut geklappt, abgesehen von dem Geruch bin ich super zufrieden für den Preis.

brijatsch

Zitat von: Sapone da Barba am 30. April 2010, 20:06:36
.. abgesehen von dem Geruch bin ich super zufrieden.

Na das ist doch das Wichtigste.

Bilde mir ein, dass meiner beim ersten "Waschen" den typischen Borstenduft entfaltet hatte. Wie gesagt getestet habe ich ihn noch nicht, solange ich nicht klarstelle um was für Haar es sich handelt. Außerdem bin ich mir nicht sicher wie es um die Hygiene steht bzw. ob denn die Haare sterilisiert wurden.

Frank OZ

Vor einigen Wochen habe ich mir zwei günstige Rosshaarpinsel besorgt: einen braunen Profipinsel Nr. 2 von Vie Long und den weißblonden ultrabilligen Nr. 6 aus der Türkei. Der Grund ist einfach: Dachse sind nicht mehr zeitgemäß und meine Mühle Plastikpinsel sind zwar prima, aber sie sind eben auch ein wie auch immer geartetes Abfallprodukt der petrochemischen Industrie. Schweine sind mir nichts (Verweis: Samuel Jackson in Pulp Fiction im Gespräch mit John Travolta über Schweine, ungefähr: ,,they root and eat in shit") und dann habe ich mich gefragt, wie Männer in unterentwickelten muslimischen Ländern sich für günstig einschäumen: Pferdepinsel, klar, wofür kein Pferd in die Wurst traben muss. Und dann sind zumindest die spanischen Pferdepinsel recht raffiniert, denn sie bestehen aus einer Mischung aus Mähne und Schweif (beim türkischen Pinsel weiß ich das nicht).

Ich mag die Dinger, den Spanier lieber als den Türken. Da rasierte Gäule nicht so viel Wasser aufschlabbern wie ein hingerichteter Dachs oder strähniger Ölschlamm muss der Rosshaar-Pinselputz dichter und/oder länger sein, als üblich. Der Spanier ist lang und eher dünn, der Türke kurz und etwas dicker als der Spanier: Don Quichote und Öblöng Fütz Öblöng.

Ich mag sie, die Pferdepinsel. Wenn sie ihren Stallgeruch nach einiger, vergleichsweise zäher Zeit abgelegt haben sind Sie angenehm in der Visage; ich würde die öfter zu lesenden Aussagen über die Massagewirkung unterschreiben. Soweit OK.

Der Türke ist allerdings für meinen Geschmack zu kurz geschoren und springt auch zu kurz: Er schäumt ordentlich auf, hat aber nicht genug Substanz, um die Seife zu halten. So schleudert er Batzen Schaums in die Tiefe des Raumes und hat gleichzeitig nicht genügend gesoffen, als dass er den Rest vollsahnig ins Gelände transferieren könnte. Das hat hauptsächlich mit der Verarbeitung zu tun, denn der Putz ist bei meinem Pinsel noch einen halben Zentimeter über dem Griff grob verkleistert, was das sowieso zu kurze Gebrauchsvolumen weiter reduziert. Fazit: Prinzipiell prima, Ausführung mangelhaft, also Tonne (ohne Reue, denn es ist nur schlechtes Handwerk).

Der Spanier funktioniert besser und ist darüber hinaus wegen seines speziellen Griffs aus Metall und Holz interessant. Er bleibt vorerst, weil ich den morgendlichen Ausritt mit einem Pferdepinsel schätzen gelernt habe. Vermutlich werde ich mir irgendwann den Vie Long kommen lassen, den der Weltmarktführer des elektronischen Handels anbietet. Der scheint mir vom Preis-Leistungsverhältnis konsequent zu sein.

Lord Vader

Interessanter Beitrag, aber im Gegensatz zu dir bin ich mit dem "Türken" sehr zufrieden, auch wenn ich mir immer noch nicht sicher bin, ob der pinsel nicht doch einen besatz aus schweineborsten hat :D

Heresy

Hallo,

Einen #6 und einen Vie-Long nenne ich auch mein Eigen. Beide sind null miteinander vergleichbar. Der #6 ist eigentlich eine Schuhbürste an einem RP-Griff und der Vie-Long benimmt sich wenigstens wie ein Rein-Dachs, nur an bessere Dachse kommen beide nicht ran. Sie sind interessant anders, aber halt eine andere Liga. Nicht falsch verstehen, ich verwende beide gerne und häufig und beide sind mir lieber als jede Seife-fressende Sau mit Punkfrisur und kaltem Schaum.
Gruss, Rainer

Frank OZ

#69
Zitat von: Lord Vader am 15. Juni 2012, 22:18:28
Interessanter Beitrag, aber im Gegensatz zu dir bin ich mit dem "Türken" sehr zufrieden, auch wenn ich mir immer noch nicht sicher bin, ob der pinsel nicht doch einen besatz aus schweineborsten hat :D

Mylord: Ob der Türke die Sau `rausläßt? Ich habe keinen Grund daran zu zweifeln, dass wo Pferd `draufsteht auch Pferd `drin ist. Aber ich bin kein Gerichtsmediziner und muss das dem jüngsten Gerücht überlassen.

Dass Dein Türke sehr gut funktioniert, glaube ich sofort, denn ich habe den Eindruck, dass die handwerkliche Ausführung bei diesem Pinsel sehr wechselhaft sein kann. In meinem Fall scheint Sultan Süleymans Sachbearbeiter das Gebinde zu tief in den Kleister gestippt zu haben, was dazu führt, dass der Wedel von dem getrockneten Kleber über dem Gehäuse quasi auseinandergepresst wird. Wenn er dann noch ein Bad nimmt und sich mit Wasser füllt, blüht er auf wie ein Gänseblümchen in der Sonne und so wie ein strubbeliger Flathead fühlt er sich dann auch an. Das macht dieses besondere Exemplar für mich unbrauchbar. (Ich habe versucht, den Kleb mit einer Flachzange zu zerbröseln, was aber nicht funktioniert hat. Jetzt werde ich da noch mit einer Nähnadel `reinpieksen, um den Klebquaddel zu erweichen ...)

Ansonsten bin ich von dem Ding wirklich angetan: Größe und Gewicht sind handlich, die Borste kommt mir sehr entgegen. Wenn's nicht so weit wäre, würde ich gerne einen Besuch beim Sultan machen und mir einen guten 6er aussuchen.

Frank OZ

Seit heute nenne ich einen Vie Long 12705 mein Eigen. Ein schönes Stück, dicht behaart und handlich, trotz des sicher etwas gewöhnungsbedürftigen Griffs. Soweit ich das überblicke ist dieser Pinsel S-Klasse, auch wenn andere Rösser von Vie Long farblich ein bisschen aufgehübscht sind oder über schickere Handschmeichler verfügen (der Edelste ist wahrscheinlich die Spezialanfertigung für BullGoose mit dem attraktiven Bienenstockgriff, dessen Wuschel aber derselbe ist, wie bei meinem). Alles unnötige Rosstäuscherei, das. Der 12705 ist meines Wissens der Dickste von der Finca und die Länge des Schweifs wird nur von den dafür dünneren und windigeren Profi-Pinseln überboten. ... Ja, mir gefällt der Gedanke, so günstig (für rund 25 €uro inklusive Porto aus England) an den Topgaul aus der Zucht gekommen zu sein. :D

Ich habe ihn gut gewässert und mit Kernseife und anschließend einem Streifen Speick RC ausgewaschen, natürlich ohne ihm seinen Stallduft wirklich nehmen zu können. Ein einzelnes Haar hat er verloren, nach dem Ausschütteln stand der Putz ohne Löcher und in aller Dichte wieder 1A da.

Kann es sein, dass ich einen Volltreffer gelandet habe? Morgen weiß ich mehr.

Frank OZ

#71
Jetzt weiß ich mehr, denn heute habe ich meinen Vie Long 12705 gesattelt. Gewässert, leicht ausgeschlagen und dann hat er die Valobra mit wenigen Wischern durch den Tiegel satt aufgenommen und feinstgeschäumt ins Gesicht gepinselt. Dabei hat mich erstaunt, wie sanft und dennoch konzentriert der 12705 zur Sache geht; für mich ist das eine sehr angenehme Abstimmung (Silberdachssanft ist mir zu matschig, während – ganz am anderen Ende der Skala – der türkische 6er, den ich neulich mal hatte, wegen seines vergleichsweise spärlichen und in meinem Fall dazu hochverklebten Besatzes eine Kratzbürste war).

Normalerweise benutze ich seit Monaten einen 23er Silvertip, an dessen Gleichmütigkeit ich mich schon nach kurzer Zeit gewöhnt hatte. Im Vergleich dazu hat das spanische Ross Charakter. Diesen Pinsel spüre ich und ich spüre ihn gern.

Jedenfalls meine ich verstanden zu haben, dass Mann unbedingt einmal einen (unbehandelten!) Rosshaarpinsel ausprobiert haben muss. Der 12705 ist eine Bereicherung, die ich hier ohne Wenn und Aber empfehlen möchte. Es würde mich freuen, von Euch etwas dazu zu hören.

P.S.: Ich vergaß: Der Griff vom 12705 ist gar nicht übel, er fasst sich gut an und die farbliche Abstimmung mit dem braunen Putz ist trefflich.

baknip

Zitat von: Frank OZ am 23. Juni 2012, 20:27:15
der Edelste ist wahrscheinlich die Spezialanfertigung für BullGoose mit dem attraktiven Bienenstockgriff


Beim Vie-Long-Beehive-Pferdehaarrasierpinsel von Bullgoose Shaving bin ich nicht ganz glücklich über die Griffverarbeitung. Mit meinen anderen Beehive-Pinselgriffen aus England kann das Modell von Vie-Long hinsichtlich der Verarbeitung nicht mithalten. Die einzelnen Rillen bei meinem Exemplar aus falschem Elfenbein sind nicht wirklich gleichmäßig gezogen. Das scheint normal zu sein, jedenfalls interpretiere ich die Fotos anderer Besitzer dieses Pinsels entsprechend. Vor allem aber wirkt der opak erscheinende Griff in meiner Hand ein wenig klebrig. Das Handgefühl ist mir nicht so lieb wie ich es von anderen Beehives her kenne.

Bezieht man den Kaufpreis für den Beehive von Vie-Long ein, ergibt sich ein hervorragendes Preis-Leistungsverhältnis. Da ich den Anschaffungspreis jedoch nicht vor Augen habe, wenn ich einen Rasierpinsel verwende, wohl aber die haptische und optische Gestalt, verschiebt sich mein Gesamteindruck dadurch kaum.

Das Beehive-Sondermodell von Bullgoose gab es mit gebleichtem und ungebleichtem Haar. Da mir ungebleichtes Haar dicker und fester erscheint und auch das von Vie-Long angegebene Haarmischverhältnis beim ungebleichten Pinsel auf mehr Kratzen schließen lässt, habe ich wie beim Modell 13061 das gebleichte Haar gewählt.

Der im vorhergehenden Beitrag erwähnte Rasierpinsel 12705 ist übrigens wie der 13061 mit 23 Millimetern Knotendurchmesser angegeben, Bullgoose weist für die Pferdehaarpinsel (gebleicht wie ungebleicht) einen Knotendurchmesser von 25 Millimetern aus.

Das folgende Bild zeigt links den Bullgoose Beehive von Vie-Long (25 Millimeter, noch unbenutzt), rechts einen Beehive in Dreibandbindung mit 26 Millimetern von Morris & Frondran (benutzt).



Freies Ausspucken verboten

Frank OZ

#73
 dh: Prima Überblick! Laut Gifts&Care hat der 12705 ein Ringmaß von 24mm, was ich bestätigen kann, während BullGoose sich noch einen mm dazu binden lässt. Die ungebleichten Pinsel mit einem Mix aus 35% Mähne und 65% Schwanzhaaren scheinen bisher einen um einige Millimeter längeren Schweif gehabt zu haben, als die 50:50 Gebleichten. Bei den neuen Modellen gibt es diesen Unterschied in der Quastlänge wohl nicht mehr (siehe G&C).

Bleibt also, dass gebleichte Pinsel einen anderen Mix benötigen, als Ungebleichte, um ... was? – genügend Wasser aufnehmen zu können oder für die Haltungsnote?

Danke auch für den Hinweis auf die klebrige Haptik. Das kenne ich, auch wenn ich mich gerade nicht daran erinnern kann, bei welchem Gegenstand ich das mal gespürt habe. Die Klebrigkeit wird jedenfalls etwas mit dem verwendeten Material zu tun haben, und nicht mit dem Honig, der zum "Bienenstockgriff" passen würde. Sagt mir aber, dass ich mit dem 12705 ganz gut gewickelt bin (auch wenn ich den Griff des 13061 durchaus attraktiv finde) und mir den BullGoose aus dem Kopf schlagen kann.  ;)

Der Griff des 12705 lag mir heute Morgen wieder gut in der Hand. Er ist leicht und ,,beschwingt" den Pinsel, auch wenn ich über die Produktionsqualität nichts lobhudeln möchte - den Luftblasen zufolge habe ich den Eindruck, dass das Material eher beiläufig in die Form gekippt wurde.

Und dann hatte ich auch eine erste Wahrnehmung von dem, was die wortreiche englische Sprache ,,scritch" nennt, einen kleinen ,,Massagekratzer" der überraschend kam und den ich auch trotz Drehens und Wendens des Pinsels im Gesicht nicht wiederholen konnte. Das scheint eine für Rasierpinsel aus Rosshaar spezielle Eigenschaft zu sein. Nun, da weiß Mann, mit wem Mann es zu tun hat ...

Ich bin gespannt, wie der Pinsel sich über die Zeit entwickelt. Jedenfalls macht er mir Spaß und zusammen mit dem 11 C, den ich zurzeit sehr gerne verwende, ergibt sich eine gute Kombination.

Frank OZ

 ??? Scritch? Den Scritch, den ich gestern wahrgenommen hatte, habe ich mit einem unbotmäßigen Minipiekser eines ungezähmten Rosshaares verwechselt. Heute Morgen ist mir endlich aufgefallen, was mit Scritch gemeint ist: nämlich ein feines Prickeln, dass der 12705 unter dem Schaum im Hintergrund erzeugt, wie ein auf Medium perlendes Mineralwasser. Das finde ich jetzt wirklich nett und bin ich gespannt, ob dieser Effekt mit der Zeit nachlässt und der Pinsel dann schal wird.