Rasiercreme und Wassermenge im praktischen Versuch: 5:1-Formel

Begonnen von Onkel Hannes, 05. März 2015, 23:32:18

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Onkel Hannes

Offensichtlich hat man sich bisher relativ wenig mit der konkreten Bemessung der zur Schaumherstellung benötigten Wassermenge beschäftigt. Zumindest habe ich im Forum trotz längerer Suche kaum konkrete Angaben dazu gefunden.

Wie man weiß, bin ich ein großer Fan der großen Omega-Professional-Sauborsten: Omega 48, 49, 83, 98, Proraso usw. Bei diesen ist das Patentrezept zur Herstellung eines guten Schaumes einfach: den Pinsel gut vorwässern, dann zweimal locker aus dem Handgelenk ausschwenken (aber nicht feste schütteln), und im Pinsel verbleibt eine Menge an Wasser, die mit fast jeder Rasiercreme oder -seife bei weichem, mittlerem und hartem Wasser die Erzeugung eines recht guten Schaums ermöglicht, ohne daß man noch Wasser später hinzufügen müßte.
Mit kleineren Pinseln wie zum Beispiel dem 80056 oder dem 10275 funktioniert das fast genauso gut. Warum? Je kleiner der Borstenpinsel ist, umso weniger Wasser sollte er doch speichern können, und umso mehr sollte man im Verlauf des Rührens hinzugeben müssen.

Mit Dachsen habe ich mich nie so richtig anfreunden können, und daher auch kein passendes Rezept gefunden.

Nun haben in letzter Zeit Synthetikpinsel in Form von 2x 23mm Mühle Silvertip Fibre, seit kurzem ein Balea Professional, ein 21mm Mühle Black Fibre, und seit heute ein weiterer 21mm Black Fibre und ein 21mm Silvertip Fibre Reisepinsel meine geliebten Omega Borsten nahezu aus der Rotation verdrängt. Nicht daß letztere schlecht wären, aber momentan gefällt mir Handling und Feeling der synthetischen Pinsel besser.
Sie sind nach kräftigem Ausschütteln nahezu trocken, weil sie kein Wasser speichern (näheres dazu später), und aus diesem Grunde ist auch Vorwässern im wahrsten Sinne überflüssig, denn das Wasser läuft dann einfach zwischen den Fasern heraus, anstatt wie bei einem Naturhaarpinsel teilweise aufgesogen zu werden.

In der Konsequenz bedeutet das, daß diejenige Menge Wasser, die für guten Schaum notwendig ist, vollständig und unabhängig vom Pinsel der Rasiercreme oder -seife hinzugefügt werden muß. Das bedeutet aber auch, daß die Wassermenge damit einer objektiven Messung zugänglich gemacht werden kann.

Bis vor einigen wenigen Wochen habe ich aus Gewohnheit auch meine STF gewässert, dann etwas Wasser herauslaufen lassen, teilweise in den zum Schäumen verwendeten Edelstahl-Tiegel. Weiteres Wasser habe ich mit den Fingern unter dem Wasserhahn aufgenommen und tröpfchenweise nach Gefühl in den Tiegel befördert.
Erst mit Ankunft des Balea Professional habe ich begonnen, einfach mit trockenem Pinsel aufzuschäumen, und dabei kam die Idee auf, daß es eigentlich genauso funktionieren müßte, wenn man bereits vor dem Schäumen die korrekte Wassermenge abmißt und und in den Tiegel schüttet. Ein paar Versuche bestätigten das.

Und so habe ich nun einmal ein paar Messungen durchgeführt, nachdem ich durch Zufall eine Spritze in die Hand bekommen habe, deren Innendurchmesser bis auf ca. einen halben Millimeter dem Innendurchmesser des Auslasses einer Rasiercreme-Tube entspricht. So kann man anhand der Milliliter-Skala auf der Spritze das Volumen der in den Tiegel gepreßten Rasiercreme anhand der Länge des Strangs einigermaßen genau abschätzen.

Verwendet habe ich die italienische rote Palmolive-Rasiercreme, meine Referenz, die aber bis auf eine kleine Änderung in der Menge der Inhaltsstoffe im wesentlichen der deutschen Palmolive entspricht. Die kleine Änderung in der Rezeptur erkläre ich mir mit der Vermutung, daß die italienische Version in ihren Schaumeigenschaften so auf das im Mittel härtere italienische Wasser hin optimiert werden soll.
Die Gesamthärte des verwendeten Wassers hier in Nürnberg betrug laut Angaben des Versorgers bei der letzten veröffentlichten Analyse 2,18 mmol/l, und liegt damit im oberen mittleren Bereich.

Verwendet habe ich jeweils ca. 1ml der Palmolive, geschäumt mit einem 23mm STF, dem Balea Professional, einem 21mm Black Fibre und später einen Omega Proraso sowie einen 80056 zur Überprüfung meiner Theorie.

Die synthetischen Pinsel machten im wesentlichen keinen Unterschied, weder in der Menge, noch in der Qualität des resultierenden Schaumes, noch in der erforderlichen Zeit. Der 23mm STF-Knoten zeigt keinen Vorteil, weder im Vergleich zum 20mm Balea Professional oder dem 21mm Black Fibre, noch zum 21mm STF. Bei Verwendung von Rasierseife mag das im Hinblick auf den Materialabtrag anders aussehen.

Übereinstimmend stellte ich mit allen synthetischen Pinseln fest, daß die Palmolive-Rasiercreme eine Wassermenge von im Idealfall etwa 5:1 benötigt für einen optimalen, sahnigen, feinstporigen und dauerstabilen Schaum. Zwischen 4:1 und etwa 7:1 ist die Erzeugung eines für die Rasur gerade noch brauchbaren Schaums möglich.

Darunter (also weniger als 4ml Wasser auf 1ml RC) entsteht kaum Schaum, die RC verschwindet im Pinsel. Nachträgliche Korrektur des Verhältnisses durch Aufträufeln der fehlenden Wassermenge auf den Pinsel behebt das Problem.

Über etwa 6:1 wird der entstehende Schaum flüssiger und instabiler und ist ab etwa 7:1 für eine Rasur nur noch schlecht brauchbar. Ab etwa 9:1 wird die Schaumerzeugung schwierig, der Schaum wird immer grobporiger und erinnert schließlich eher an Badeschaum. Hinzufügen von Rasiercreme ist möglich, aber unpraktisch, da eine komplette Durchmischung des bereits vorhandenen wässrigen Schaums mit frischer RC recht mühselig und zeitaufwändig ist.

Rechnerisch müßte die 100ml-Tube Palmolive übrigens etwa 100 Rasuren ermöglichen. Ich habe das nie gezählt. Außerdem brauchte ich mit den großen Omega-Pinseln und meinem oben genannten Patentrezept mehr Rasiercreme für einen guten Schaum, allerdings blieb am Ende auch meist recht viel Schaum übrig. So verbietet sich ein direkter Vergleich, andererseits liegt eine Erforschung der Ursachen nahe.

Für meine verschiedenen Omega-Schweineborsten habe ich jahrelang etwa 1,5ml der Palmolive verwendet - also etwa eineinhalb Mal so viel wie mit den synthetischen Pinseln. Wurde der Strang länger, mußte ich auch bei den großen Omegas Wasser hinzufügen, wurde er deutlich kürzer, so war der Schaum wässrig, grobporig und schlecht herzustellen.
Wenn man nun unterstellt, daß der ideale Pinsel letztendlich nur Wasser und Rasiercreme feinstmöglich verquirlen soll und daher auf das Verhältnis zwischen Wasser- und Rasiercrememenge keinen Einfluß hat, dann wäre mein Mehrverbrauch an Rasiercreme nur so zu erklären, daß der Omega-Pinsel mehr Wasser enthält.

Zur Überprüfung dieser Theorie habe ich zwei verschieden große Omegas mit gereinigten, saugfähigen Fasern in verschiedenen Stadien gewogen und kam zu folgenden Ergebissen:












  trocken    naß, ausgeschwenkt  naß, kräftig ausgeschüttelt
Omega Proraso
66g
79g
71g
Omega 80056   
41g
52g
44g
Mühle Black Fibre   
53g
nicht ermittelt
53g

Diese Tabelle zeigt, daß der Mühle Black Fibre tatsächlich kein Wasser speichert. Der Omega hingegen nimmt hingegen beim Einweichen Wasser auf. Schwenke ich ihn danach, meinem Patentrezept folgend, zweimal locker aus dem Handgelenk aus, wiegt er 79g und hat somit rund 13g Wasser über sein Trockengewicht von 66g hinaus gespeichert. Durch mehrfaches kräftiges Ausschütteln kann man sein Gewicht auf 71g reduzieren, man hat also etwa 8g an "freiem" Wasser herausgeschüttelt, die ansonsten für die Schaumerzeugung zur Verfügung stehen würden. Weitere (71g - 66g =) 5g Wasser verbleiben in den Borsten aufgesogen und können nicht herausgeschüttelt werden.

Diese 8g bzw. Milliliter "freies" Wasser sind also etwa 3ml mehr, als ich vorher für die synthetischen Pinsel ermittelt hatte. Wenn ich ein Verhältnis von 5 Teilen Wasser auf 1 Teil Rasiercreme als "Konstante" unterstelle, dann benötige ich bei den 8ml an freiem Wasser des Omega etwa (8/5=) 1,6ml Rasiercreme, genau wie bereits in jahrelanger Nutzung des Pinsels in Erfahrung gebracht, und heute im Versuch nochmals bestätigt, mit einem 1,5ml "langem" Strang (man erinnere sich an die Skala der Spritze).

Überraschend die Ergebnisse der kleineren Omega Sauborste: Sie speichert im schmaleren und kürzeren Knoten nur (44g - 41g =) 3g Wasser statt der 5g des großen Bruders, hält aber nach dem leichten Ausschwenken mit (52g - 44g =) 8g genau so viel "freies" Wasser wie der deutlich wuchtigere Proraso! Und daher benötigt auch der kleinere Pinsel trotzdem seine rund 1,5ml Palmolive statt 1ml wie die synthetischen Pinsel - immerhin fast 1cm Rasiercreme-Strang mehr im Tiegel.

So ist also der "Mehrverbrauch" der Omega-Pinsel gegenüber den kleineren synthetischen Pinseln zunächst einmal erklärt. Im Gegenzug habe ich dann noch mit den beiden Omegas eine 5ml Wasser zu 1ml Palmolive-Miscung aufgeschäumt, nachdem die Omegas eingeweicht, aber kräftig ausgeschüttelt waren. Das zur Schaumerzeugung nötige Wasser mußte also komplett zugeführt werden, wie bei Synthetikfasern auch.
1ml Palmolive wären für meine Ausschwenk-Technik zu wenig gewesen, am nur feuchten Omega hingegen mit nach der 5:1-Formel hinzugefügtem Wasser gab es perfekten Schaum für 3 Durchgänge, diesmal ohne allzu großen Überschuß. Allerdings mußten die Omegas per Hand sorgfältig ausgequetscht werden, sollte der Schaum nach einem dritten Durchgang noch zum nachputzen reichen.
Letztendlich verbrauchen also bei korrekter Mischung die großen Omegas nicht mehr Creme oder Seife als die kleinen Synthetikpinsel - und ich stelle nun einfach einmal die These auf, daß das wohl für alle Pinsel gilt.

--

Was hat das ganze für einen Sinn? Weiß ich auch nicht so genau. Aber irgendwelche neuen Gebiete muß man ja suchen, sonst ist zur Rasur irgendwann alles gesagt, und das wollen wir doch hoffentlich nicht.

Man könnte beispielsweise Versuche in folgende Richtungen anstellen:

- Prüfen der 5:1-Formel mit anderen Rasiercremes, bzw.
- Ermitteln des optimalen Verhältnisses für die jeweilige Rasiercreme
- evtl. unter Einbeziehung verschiedener Wasserhärten
- Übertragung der Versuche auf Rasierseife (Mengenbemessung schwierig)
- Vergleich verschiedener Pinsel bei optimal voreingestelltem RC/Wasserverhältnis
- Vergleich verschiedener Behältnisse unter ansonsten gleichen Bedingungen (bringt rauhe Oberfläche/eingeklebte Münze wirklich was)

Ich bin gespannt, ob es jemand aufgreifen, fortführen, selber prüfen, in ganz andere Richtungen ermitteln oder gar alles in Frage stellen mag.


Hungrig vom schlafen und müde vom essen.

Barnie

Ich finde es toll, daß Du Dir da so viele Gedanken machst. Aber ein paar Einwände habe ich doch ...

Wenn man die Sache streng "wissenschaftlich" betreibt, ist es sicher gut möglich, daß man reproduzierbare Ergebnisse bei der Schaumherstellung bekommt. Nun gut, man müßte sich dazu eine riesige Tabelle ins Bad hängen oder ein wasserfestes Touch-Display / Tablett mit einer entsprechenden Datenbank darin benutzen, wenn man alle erdenklichen Kombinationen der vorhanden(!!!) RS / RC mit allen möglichen, ebenfalls vorhandenen Pinseln erfassen will. Zudem brauchte man eine Spritze, um genau die benötigte Wassermenge zugeben zu können. Erschwerend kommt hinzu, daß mancher weniger Schaum braucht / will, weil er nur 2 Durchgänge macht, andere wieder 3 Durchgänge plus Ausputzen - wieder jemand möchte jedesmal einen Weihnachtsmann-Schaumbart haben wie unser Onkel Hannes auf seinem Avatar. Also zusätzlich zu den vorhandenen Daten noch jede Menge Umrechnungen.

Hmmmm ... wollen wir das? Wolllen wir uns streng "wissenschaftlich" Rasieren und als Folge davon - weil mit großer Sicherheit der Spaß und Genuß dabei auf der Strecke bleibt - wieder in unsere Vor-Forums-Rasier-Gewohnheiten zurückfallen? Einfach deswegen, weil diese "alte" Art, sich zu rasieren, zwar auch kein Spaß gemacht hat, aber zumindest deutlich einfacher zu praktizieren ist?

Oder wollen wir - hurra, es lebe die Intuition, der Spaß, die Unvollkommenheit - wie bei echter Handarbeit jedesmal eine Rasur, die auf ihre Art ein Unikum darstellt, sozusagen ein "Einzelstück"?

Zumal diese ganze Geschichte auch nur bei Rasiercremes aus der Tube fünktionieren dürfte - denn nur dort läßt sich eine genaue Menge entnehmen. Bei RC in Tiegeln müßte man einen Spatel zu Hilfe nehmen (aber ob das hinreichend genau ist?), bei RS sogar raspeln, um eine definierte Menge hinzubekommen.

Und dann das ausschütteln der Pinsel - sind wir nicht alle individuell, haben eine verschiedene Tagesform oder gar manchmal gute und nicht so gute Tage, die sich ja doch auf die verbleibende Wassermenge im Pinsel auswirken?

Onkel Hannes - Bitte nicht böse sein, aber ich kann mich mit damit nicht anfreunden; eher gehe ich auf einen Elekromäher zurück ...

Aber - genug "gemeckert" - es wäre jetzt von mir unfair, nich t meine Methode zu verraten.

Ich habe mich ja auch vor den Forumszeiten schon naß rasiert (manchmal auch elektrisch), je nachdem, auf was ich noch weniger Bock hatte. Und wenn naß, habe ich auch früher schon den guten alten Palmo-Stick verwendet (niemals Dosenschaum!). Und auch damals, zumindest in der Anfangszeit, ist mir der Schaum auch nicht immer so recht gelungen. Mit der "Übung" wurde es aber immer besser.
Und dann ist mir irgendwann mal beim Schaumschlagen das "Geräusch" aufgefallen. Nein, nicht bewußt, zumindest damals nicht. Wirklich bewußt aufgefallen ist es mir erst jetzt, als wir in dem Thread mit der Trumper Rose so heftig getestet haben und ich nie wußte, was ich anders mache, wieso bei mir der Schaum stabil wird. Eigentlich erst, nachdem Helge mit seinem zweiten Schaumversuch einen zwar schon besseren, aber immer noch nicht optimalen schaum hinbekommen hat. Es hat noch etwas Wasser und etwas rphren gefehlt ...

Aber gut, ich schweife ab. Trockenen Schaum - ich weiß nicht, wie ich es besser beschreiben soll - gibt ein schmatzendes, klebriges Geräusch. Wenn man Wasser zugibt, verschindet langsam das "klebrige" im Geräusch und das "Schmatzen" wird weicher, leiser. Wenn die Seife das Wasser "wegsäuft" (wie bei der Rose), verändert sich das Geräusch wieder zu "klebrig" hin. Ich gebe einfach so lange Wasser zu, bis das Geräusch (ohne das "Schmatzen" darin) beim aufrühren etwa konstant bleibt und ich optisch die gewünschte Schaumkonsistenz habe.

Hört sich verrückt an - ich weiß ...  ;D Habe auch lange gezögert, ob ich hier antworte oder nicht. Aber egal - probiert es einfach mal aus ...

AndreasTV

Guten Morgen :).
Sehr interessant, Hannes. Vielleicht etwas Akribisch - aber mal wirklich etwas Anderes dh:.
Da ich z. Zeit "Voll auf Seife" bin kann ich Da momentan leider Nichts beisteuern - außer das ich Deine Beobachtung (Aber auf Rasierseife übertragen) bezüglich kleinerer Sauborsten bestätigen kann; die kl. "80280"er ist mir z. Zeit sogar etwas Lieber als die "Proraso" Sau  :o).

Ich bin gespannt und harre der Dinge ...

MfG

Andreas

duensch

Moin,
na das ist harter Stoff am frühen Morgen  :o
Da hast Du ja wirklich eine aufwendige, wissenschaftliche Messreihe hinter Dir. Viele Dank für das Teilen  dh:
Wirklich Wissenschaftliches kann ich spontan nicht beisteuern.
Lediglich meine persönlichen Gewohnheiten bezogen auf die 3 unterschiedlichen Haartypen von Pinseln:
-Sauborste: Einweichen in warmen Wasser, mindestens 5 Minuten. Dann beim Entnehmen aus dem Wasser den Pinsel, mit den Haaren nach unten, mit einem kurzen sanften Ruck einen Teil des Wassers ausstoßen (nicht ausschütteln, es verbleibt genug Wasser im Pinsel, dass es wenige Momente danach raustropft) und dann direkt in den Mug mit einem ca. 1,5 - 2 cm langen Strang RC (nur bei RCs mit dicker Öffnung, z.b. Palmolice, bei RCs mit schmaler Öffnung, z.b. Phaemosan oder Don, deutlich längeren Strang ca. 4 - 5 cm. Dann kräftig rühren und schlagen für 1 - 2 Minuten. Fertig ist der Schaum. Zusätzliches Wasser wird selten zugegeben.
-Dachs: Einweichen in warmen Wasser, nicht zwingend so lange wie die Borste. Pinsel wird ein paar mal stark ausgeschlagen, danach ist fast kein freies Wasser mehr vorhanden (Pinsel tropft nicht). RC Menge gleich wie bei der Borste. Dann rühre und schlage ich einen Moment die trockene RC und gebe 2 - 3 mal eine Prise (drei Finger in Wasser eingetaucht und mit Schwung rein in den Mug) Wasser dazu.
-Synthetic: Einweichen nur wenige Sekunden, dann kräftig ausschlagen. RC wie beim Dachs trocken aufschlagen und auch 2 - 3 Prisen Wasser dazu. Jedoch bin ich beim künstlichen Haar deutlich zurückhaltender mit der Wassermenge, da hier mehr Gefahr besteht, dass der Schaum verwässert.
Aus dem Bauch heraus würde ich sagen, dass Deine Messungen gut zu meinen Erfahrungen passen und ich in gespannt, was für "messbare" Ergebnisse noch kommen.  dh:
Greetz
Merkur 25c, 33c, 34c, Progress 500, Futur
Mühle 41 V 2.1
Edwin Jagger E89
Mond Extra Nr. 15
Mühlkur 33c

Onkel Hannes

#4
Gar so wissenschaftlich, wie es klingt, habe ich es gar nicht betrieben. Keine Tabellen, keine elektronische Erfassung in zentral gespeicherten Datenbanken mit lokalen Terminals im Bad. Dazu bin ich viel zu faul und ungeduldig. Nur wenige Notizen auf Schmierzetteln habe ich mir gemacht. Ich habe versucht, ein paar Fotos zu machen, die sind aber alle aufgrund der Beleuchtungsbedingungen und meinem stark reflektierenden, polierten Tiegel nahezu unbrauchbar.
Manch anderer hat sich für Experimente deutlich mehr Arbeit gemacht und Logbücher und Tabellen geführt; ich erinnere zum Beispiel an Dreis legendäre Dauertests.

Natürlich muß das niemand machen, bloß um sich zu rasieren.

Mir ging es primär darum, aus Interesse einmal objektive Mengenwerte zu haben, wo sonst immer "Fingespitzen", "träufeln" oder "anstippen" genannt wird, zumal ja einer der Hauptbestandteile vor allem von Rasiercremes ohnehin bereits Wasser ist.

Trotzdem finde ich auch den Vergleich zwischen Synthetikpinseln, großen und kleinen Borsten sehr interessant. Letztendlich reduziert sich die Aufgabe eines Rasierpinsels doch auf zwei bis drei Faktoren:

- den Besitzer durch seinen Anschein erfreuen (und evtl. Nichtbesitzer in Rasurforen gamsig zu machen)
- möglichst effektiv und handgerecht Wasser und Luft unter eine feste oder pastenförmige Rasierseife bzw. -creme zu mischen
- das Ergebnis möglichst angenehm im Gesicht des noch immer erfreuten Besitzers zu verteilen

Ersteres kann hier vernachlässigt werden, letzteres ist Pinsel- und Technikfrage. Das Herstellen der Mischung müßte hingegen nach meiner These fast jeder Pinsel genausogut können, wenn ansonsten optimale Voraussetzungen vorliegen. Tut ein Pinsel das unter gegebenen optimalen Voraussetzungen nicht, so darf man wohl getrost von einem Qualitätsunterschied oder gar Untauglichkeit sprechen.

Natürlich handelt es sich nach wie vor um Schätzungen der Mengen, auch wenn Meßinstrumente wie Spritze und Briefwaage zu Hilfe genommen wurden. Die RC wurde nur anhand der Skala der Spritze geschätzt, 1,5cm Palmolive-"Wurst" entspricht rund 1ml auf meiner Spritze (die übrigens von einem Zahnbleaching-Gel stammt und etwas schlanker zu sein scheint als handelsübliche Injektionsspritzen). Und auch meine Briefwaage erhebt keinen Anspruch auf absolute Genauigkeit, nicht einmal der Meß- und Anzeigefehler ist mir bekannt.
Die Länge eines Strangs in cm hingegen kann man ganz gut frei schätzen. Man könnte also auch die RC-Menge anhand der einmal ermittelten Tubenöffnung und der Länge des Strangs ohne Milliliter-Skala dosieren, indem man nur einmal rechnerisch ermittelt, wie lang ein Strang von ca. 1ml Volumen eben sein muß (Merkhilfe: Volumen einer Pizza mit Radius z und Höhe a = pi * zz * a). ;)

Was ich noch vergessen habe und nachholen sollte, ist das Ermitteln der Menge eines Tee- und eines Eßlöffels, so daß man gegebenenfalls damit improvisieren kann, ohne von einer Tube mit bestimmten Durchmesser abhängig zu sein.
Vielleicht besorge ich mir auch einmal eine größere Spritze, 20-50ml, um so RC "blasenfrei" genau dosieren zu können, oder es zumindest zu versuchen. Natürlich würde ich das nicht gerade mit einer 10 Euro-Tube machen... die Billig-Produkte bieten sich für erste Versuche an.

Für Rasierseifen fällt mir im Moment keine wirklich praktikable Methode ein; raspeln oder spateln und ggf. abwiegen ist schon sehr viel Aufwand. Außerdem wird man dazu wohl eine Feinwaage benötigen, eine Briefwaage wird vermutlich zu grob sein.

An eventuellen praktischen Anwendungen außer einer Vereinheitlichungen der Bedingungen für z.B. Pinseltests kommt mir im Moment nur eine eventuelle Herstellung einer Fertiglösung aus RC und Wasser in den Sinn, um so beispielsweise mit einem Rasiermesser eine wasserfreie Rasur durchzuführen, auf Wander- oder Motorradtouren etwa, wo es nur begrenzte Wasservorräte gibt. Allerdings stellt sich dann die Frage, wie man hinterher den Pinsel reinigt.

1-2 Minuten habe ich übrigens nur sehr selten geschäumt, denn auch dazu bin ich viel zu faul. In der Regel erwarte ich mir von einer Pinsel-/RC/RS-Kombination die Herstellung eines nicht unbedingt schönen, aber zumindest gut rasurtauglichen Schaums in 30 bis höchstens 45 Sekunden. Schaffe ich das auf Dauer auch mit Übung nicht, dann haben die jeweiligen Probanden keine Zukunft bei mir, je nachdem, von was es im konkreten Fall gerade abhängt.

Hungrig vom schlafen und müde vom essen.

titanus

#5
Also Onkel Hannes:
Das ist große Klasse!  dh:
Gute Überlegungen und gut umgesetzt.
Von mir eben überprüft mit Castle Forbes Limes und dem L'Occitane Plastik Dachs mit kaltem Wasser.
Genau abgemessen (Präzisionswaage), 1,5 g RC + 7,5g Wasser.
Top Schaum in der richtigen Menge.
Ich dachte erst, dass die Menge RC zu wenig sei für ausreichend Schaum.
Das war aber ein falscher Eindruck.
Dieses Rezept müßten wir nun in möglichst vielen RC/Pinsel Kombinationen testen.
Dann könnte es für Einsteiger genau das sein, was sie brauchen um an der Front sicher zu sein.

Deshalb:  dh: dh: dh:
Drei Stück für die gute Idee und Umsetzung.

Grüße

titanus

PS: dass die alten Hasen ihre eigenen Methoden haben ist ja klar.
Aber Messbares hat eben große Vorteile für Anfänger.
Es ist sinnlos, von den Göttern zu fordern, was man selber zu leisten vermag.

Epikur

Drill Instructor

Sehr genial, vielen Dank für die praktischen Versuche!

So genau habe ich es nie betrieben, aber seit ich destilliertes Wasser für die erste Ladung Rasierschaum verwende habe ich eine genauso bocksimpel-pragmatische wie genaue Dosiermethode: Ich habe das destillierte Wasser in eine ehemalige Flüssigseife-Pumpflasche gefüllt. Wenn ich vier Pumpstöße Wasser auf die Seife kippe und dann mit dem komplett trockenen (!) SauPferDachs reingehe, wird es absolut perfektestens. Dadurch landet ca. 30sec nach dem Betreten des Badezimmers der perfekte Rasierschaum im Gesicht und weitere 30sec später landet die Klinge in selbigem.
Im Sommer 2015 habe ich kühlendes Aftershave verwendet. Alle fünf Tage.

Heresy

Tolle Arbeit, Onkel Hannes!

Ich sehe schon, dass wir uns auf Diskussionen über Qualitäten verschiedener Waagen unterhalten einstellen müssen.  ;D
Aber mal ernsthaft, wenn man weiß, wie lange eine RC-Wurst für welches Gewicht sein muss, dann reicht auch eine Einwegspritze mit Graduierung, um die richtige Wassermenge zuzugeben. Das ganze stelle ich mir aber arg unromantisch vor.

Prima Idee, Drill Instructor! dh:
Gruss, Rainer

titanus

Das genau Messen/Wägen braucht Mann ja nicht dauernd machen.
Es geht doch um das Einpegeln.
Es ist sinnlos, von den Göttern zu fordern, was man selber zu leisten vermag.

Epikur

Onkel Hannes

#9
Klar kann man das vereinfachen: RC-Volumen einmal berechnen, Länge dann schätzen. Wasser mit Teelöffel oder ähnlichem hinzugeben, oder Tiegel schräg halten und Wasserstand bei definierter Menge einmal ermitteln, später schätzen. Man könnte auch einen Tiegel entsprechend gravieren... (sowas wurde hier mal erwähnt!)

1 Teelöffel entspricht übrigens laut Wikipedia etwa 5ml.

Wasser mittels Pumpflasche in den Seifentiegel ist auch eine sehr gute Idee zur Dosierung. Wobei man da, wenn man es ganz genau nehmen wollte, zuallermindest noch die Oberfläche der Seife einbeziehen müßte, um das ganze zu "normen" bzw. für andere nachvollziehbar zu machen.

Aber wir sprachen ja grade von Vereinfachung... ;D

Ein weiterer Sinn dieser Versuche: ich habe erkannt, daß ich mit den Omega Sauborsten jahrelang RC verschwendet habe. 1,5ml, wo 1ml gereicht hätte. Bei der Palmolive nun sicher kein Beinbruch; was aber mit einer kaum wiederbeschaffbaren Kaloderma beispielsweise? Da wird man ganz bestimmt geneigt sein, möglichst viel herauszukitzeln. Und auch bei einer teuren englischen (siehe oben titanus) oder einer seltenen, aus Hintertschirgisistan via Vorderindien bestellten RC könnte sowas durchaus einen fühlbaren Unterschied ergeben, denn 50 oder 75 Rasuren aus einer 75ml-Tube sind ein Wort: rund 30% Unterschied; Schaum, der überflüssigerweise am Schluß weggekippt wird. Da leg ich mir gerne eine Spritze ins Bad. Für bescheuert hält uns unsere heimische Otto Normalverbraucherin doch so oder so.

Um in solchen Fällen möglichst sparsam die richtige Wassermenge zu ermitteln, wird man eine definierte Menge RC (beginnend mit 1ml) nehmen, und dann beim Aufschäumen mit der Spritze nur langsam Wasser hinzudosieren, bis man ein gutes Verhältnis gefunden hat.

Möglicherweise ist ja 5:1ml (oder 1,5ml, je nach Produkt und gewünschter Schaummenge) mit trockenem Synthetik- oder feuchtem, aber gut ausgeschütteltem Naturhaarpinsel (so daß er kein "freies" Wasser mehr absorbiert und so vielleicht die Schaumherstellung beeinträchtigt) ein guter Ausgangspunkt als Faustformel.
Das zu versuchen wäre eine Testreihe, die jeder ohne allzu großen Aufwand selbst machen kann.

Edit:
Für eine eigene künftige Versuchsreihe kommt mir die Weleda RC in den Sinn. Für Kurzreisen verwende ich zuweilen die kleine 10ml-Tube im Kulturbeutel, und nun kam ein synthetischer STF Reisepinsel dazu. Bei 10ml mitgeführter Menge kann eine Mengenoptimierung durchaus ein paar Tage Unterschied machen, wenn man nur eine winzige Tube mit 10 oder 30ml mitführt.
Eine weitere Variable bzw. Hürde könnte man hier durch das Aufschäumen in der hohlen Hand hinzufügen.


Hungrig vom schlafen und müde vom essen.

shavior

Ohne alles gelesen zu haben: Man sollte auch die Variante des Aufschlagens beachten.
Es gibt 2:
1) Von vorneherein viel Wasser im Pinsel (Hannes Borstenmethode), sprich: man bildet beim Aufnehmen schon viel Schaum und Sauerei
2) Relativ trockenen Pinsel nehmen, eher eine pastenartige Konsistenz aufnehmen und dann beim Schäumen im Mug/Gesicht Wasser hinzufügen und den eigentlichen Schaum bilden (Hannes Synthiemethode, ich nutz die bei allen Pinseln, auch Borsten)

Michael Freedberg erklärt das hier ganz gut. Das Ergebnis, sprich das Verhältnis Wasser+Rasiercreme/seife sollte aber bei beiden Methoden das gleiche sein.

Onkel Hannes

#11
Noch eine Idee: einen trockenen, Wasser absorbierenden Naturhaarpinsel verwendend, von dem man im gereinigten Zustand die absorbierte Wassermenge kennt, könnte man möglicherweise einen vermuteten Imprägnierungseffekt durch silikonhaltige RCs nachweisbar machen.

These: Wird ein Naturhaarpinsel durch die Verwendung einer silikonhaltigen RC "imprägniert", so daß er weniger Wasser aufnimmt als zuvor, so müßte die notwendige Wassermenge zur Erzeugung optimalen Schaums mit der Zeit abnehmen, weil durch geringere Absorption des Pinsels mehr "freies" Wasser für die Schaumerzeugung verbleibt.
Hungrig vom schlafen und müde vom essen.

titanus

Zitat von: shavior am 06. März 2015, 12:13:49
Ohne alles gelesen zu haben: Man sollte auch die Variante des Aufschlagens beachten.
Es gibt 2:
1) Von vorneherein viel Wasser im Pinsel (Hannes Borstenmethode), sprich: man bildet beim Aufnehmen schon viel Schaum und Sauerei
2) Relativ trockenen Pinsel nehmen, eher eine pastenartige Konsistenz aufnehmen und dann beim Schäumen im Mug/Gesicht Wasser hinzufügen und den eigentlichen Schaum bilden (Hannes Synthiemethode, ich nutz die bei allen Pinseln, auch Borsten)

Michael Freedberg erklärt das hier ganz gut. Das Ergebnis, sprich das Verhältnis Wasser+Rasiercreme/seife sollte aber bei beiden Methoden das gleiche sein.
Sorry, aber vielleicht ist es doch besser ein wenig zu lesen.
Die Variante: "klekse die abgewogene RC in das abgewogene Wasser und schlage Schaum" wird ja beschrieben.

Wie willst du denn bei den von dir vorgestellen Methoden die genaue Menge rausbekommen?
Es geht hier ja gerade nicht um nach Gusto hinzugefügtes Wasser.

Grüße

titanus
Es ist sinnlos, von den Göttern zu fordern, was man selber zu leisten vermag.

Epikur

AndreasTV

Zitat von: Onkel Hannes am 06. März 2015, 11:11:46
Klar kann man das vereinfachen: RC-Volumen einmal berechnen, Länge dann schätzen. Wasser mit Teelöffel oder ähnlichem hinzugeben, ...
1 Teelöffel entspricht übrigens laut Wikipedia etwa 5ml.

Da fängt schon ein "Problem" an: Am gebräuchlisten in heutigen Haushalten sind eher die flacheren Kaffeelöffel - Die haben keine 5 ml

...

Aber wir sprachen ja grade von Vereinfachung... ;D

Ein weiterer Sinn dieser Versuche: ich habe erkannt, daß ich mit den Omega Sauborsten jahrelang RC verschwendet habe. 1,5ml, wo 1ml gereicht hätte. ...
Die Öffnung einer "Palmolive RC" hat 0,9 cm Durchmesser - Da brauchts für knapp 1 ml schon eher 1,2 cm an Würstechendenn
...50 oder 75 Rasuren aus einer 75ml-Tube sind ein Wort: rund 30% Unterschied; ...
Da hats Dich jetzt "Erwischt" - Es sind nämlich sogar 50 %, nicht nur 25, auch wenn insgesamt 2/3 der ursprünglichen Anzahl entstehen  :o :angel:
...

Edit:
...
Eine weitere Variable bzw. Hürde könnte man hier durch das Aufschäumen in der hohlen Hand hinzufügen.

Das wäre keine "Hürde" sondern Was für "Uns" mit großen Händen :D

MfG

Andreas

AndreasTV

Zitat von: AndreasTV am 06. März 2015, 15:42:14
...


...50 oder 75 Rasuren aus einer 75ml-Tube sind ein Wort: rund 30% Unterschied; ...
Da hats Dich jetzt "Erwischt" - Es sind nämlich sogar 50 %, nicht nur 25, ... :o :angel:
...

Edit: Der letzte Teil dieses Satzes war natürlich Kappes  o) von mir.


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