Warum passt die Klinge zu dem Hobel, die andere aber nicht?

Begonnen von hattu, 18. Dezember 2014, 18:38:28

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hattu

Moin Zusammen,

Überall in den Freds liest man, das die und die Klinge zu dem Hobel passt, aber zu dem anderen Hobel nicht.
Sprich, in der einen Kombination kann man sich gut rasieren, in der anderen nicht.

Warum isst das so?
Subjektiv? Gibt es physikalische Gründe?

Ich frage nur, um das "Problem" zu verstehen.

Thx.

perteges

Sehr subjektiv.   O0

Ich würde höchstens sagen, es gibt gewisse Trends. Aber auch da, es muss halt nicht für einen persönlich passen.

Man(n)muss jeder selber herausfinden, welche Kombination am besten zu ihm passt. Dafür gibt es ja Probierpäckchen bei dem einen oder anderen Hersteller.

Bei mir ist es im 37C der Lord Super Stainless, im Progress  die Astra Superior Platinum,  im Fasan Bakelit wiederum die Lord..... also im Hobel der "zupackt" die eher als
sanfter eingestuften Lord und im eher "gezähmt" eingestuften Progress die "schärfere" Astra.
Aber das ist halt bei mir so - andere haben eine ganz andere Meinung.

Also probieren geht über studieren. 



Sync-Frank

alles eine frage des Geschmacks.

Der eine mag es heftiger - der andere sanfter.
Kommt halt immer auf den eigenen Geschmack an.

hattu

Tschuldige, das ich jetzt noch mal nachhake.
Mir ist schon klar, das man nur über ausprobieren, die richtige Kombination findet.

Meine Frage ging aber in die Richtung, warum es diese Unterschiede gibt.
Du schreibst, das es Hobel gibt die "zupacken" und einige "gezähmt" sind.
Das wiederum wirft für mich die Frage auf, warum das so ist.

Alles nur Warum Fragen, ich möchte es nur verstehen. ??? Vielleicht gibt es auch keine passende Antwort.  :-\

titanus

Na ja, Geschmack würde ich es nicht nennen.
Die Rasur muss halt eine stimmige Aktion von Hobel, Klinge sowie der Rasurvorbereitungorbereitung
und der eigenen Haut sein.

meine 2 Cents

titanus
Es ist sinnlos, von den Göttern zu fordern, was man selber zu leisten vermag.

Epikur

Robinson

Wie schon gesagt, alles eine Frage des persönlichen Geschmacks.
Das geht schon bei den Hobeln und Klingen los, wenn man sie separat betrachtet.
Einige mögen die Klingen von Derby, für mich sind sie der größte Schrott.
Ich mag den R41 von Mühle, für andere ist das Ding untragbar.
Und so gestalten sich dann auch die Vorlieben für die verschiedenen Hobel/Klingen-Kombis.

Barnie

Ich denke, hattu sucht eine mehr technische Erklärung. Na gut, ich versuchs mal so einfach wie möglich.

Zuerst die Klinge: jeder Hersteller hat da so sein eigenes "Geheimnis". Fängt an bei der Stahlsorte (legiert oder relativ einfacher Kohlenstoffstahl). Das allein bewirkt schon ein unterschiedliches Verhalten der Klinge: ist sie elastischer, federt sie mehr oder ist sie mehr starr. Selbst der Härtegrad ist unterschiedlich (Materialabhängig sowie auch der Härteprozess selber). Dann kommt die Schneide: Ist sie eher (mal übertrieben gesehen) mehr spitz oder mehr flach geschliffen. Ist sie relativ grob geschliffen oder ist die Oberfläche aufs feinste Nachbearbeitet worden. Dann kommen noch diverse spezielle Beschichtungen der Oberfläche (z.B. Platin) oder eben nicht. Sinngemäß vergleichbar wie z.B. eine Teflonbeschichtung bei Pfannen.

Du siehst also, schon wenn man nur die Klingen für sich allein betrachtet, haben sie schon eine extreme Bandbreite in ihren Eigenschaften - je nachdem, welche Kombination der Hersteller wählt.

Nun zum Hobel: Wenn alle Hobel eine absolut identische Klingeneinspannung hätten, wären die Eigenschaften der Hobel - jeweils bezogen auf eine bestimmte Klingensorte - weitestgehend identisch. Weitestgehen, aber nicht vollständig, deswegen, weil ja noch Gewicht des Hobels, Griffstück usw. eine gewisse Rolle spielen, die dem individuellen Verhalten des Benutzer geschuldet sind.
Aber lassen wir das mal außen vor: Die Köpfe der Hobel haben z.B. eine unterschiedliche Rundung. Sie haben weiterhin unterschiedliche Klingenüberstände, also der Teil der Klinge, der herausragt. Aber nicht nur das: Wenn man sich die Auflageplatte genau anschaut, sieht man, daß bei manchen Hobeln die Klinge nicht über die volle Auflagefläche gespannt wird, sondern "nur" über 2 durchlaufende Stege, die aber weiter innen liegen als der eigentliche Klingenüberstand.

Das alles führt z.B. dazu, daß eine bereits von Hause aus mehr federnde Klinge noch mehr federt, weil sie weiter innen gespannt ist, was dann eine eher ruppige Rasur gibt. Oder eine mehr starre Klinge wird wirklich bis an die Kante des Oberteiles gespannt usw.

Es gibt somit also unzählige Kombinationen der verschiedenen Eigenschaften der jeweiligen Klinge mit denen des jeweiligen Hobels. Nicht jede Kombination paßt daher zusammen, andere wiederum harmonieren dagegen sehr gut.

Bei dieser Betrachtung lassen wir jetzt mal die ganz spezielle Bauformen der Hobel außen vor, weil das dann noch mehr Kombinationen geben würde.

Ich hoffe, damit etwas helfen zu können?

Daia

So habe ich das noch nicht gesehen, klingt aber sehr einleuchtend, Barnie. Danke für die Erläuterungen.

harrahalmes

Barnie, sehr schön erklärt! Danke!
(Die Klingenstärke/-dicke trägt auch noch zum Verhalten bei)
Hab ich einen Durscht... Ich könnt a halbe Sau ess, so müd bin ich.

Standlinie

Zu der sogenannten Rasierklingenverträglichkeit möchte ich vorab einmal aus dem so genannten Nähkästchen plaudern und euch einen Vorabbericht zeigen. Für den Standzeitentest der Shark-Rasierklinge schreibe ich zur Zeit den abschließenden Testbericht. Die darin aufgeführten Ergebnisse können hattu da vielleicht ein wenig weiterhelfen.

In der folgenden Hobelaufzählung gehe ich darauf ein, ob die Sharkklinge mit einem bestimmten Hobel während meiner Testrasuren harmonierte [(+), (++)] oder aber weniger gut zurecht kam [(-), (+/-)]. Danach kommen die daraus zu ziehenden Schlussfolgerungen.
Als Endergebnis kann ich auf der Grundlage der bisher von mir getesteten Rasierklingen schon jetzt sagen, dass eine Rasierklinge in einem bestimmten Hobel besser und in einem anderen Hobel schlechter rasiert. Die Empfindung während der Rasur (angenehm, weniger angenehm, unangenehm) kann ich durch die Wahl meiner Rasierseife beeinflussen, das ändert aber nichts an der Tatsache, dass die Kombination "Rasierklinge + Hobel" über den eigentlichen Rasurerfolg entscheidet. Natürlich sind das alles subjektive Eindrücke, die vom individuellen Hauttyp, der Dichte, Dicke und Härte der Bartstoppeln und von einer sorgfältigen Rasurvorbereitung abhängen, aber so kann jeder für sich dann gezielter prüfen, welche Klinge in welchem Hobel gerade zu ihm passt.

[....
Hobel mit gerader Schaumkante
Gibbs No. 12   (++),
Gillette Parat TTO   ++),
Lux-Edelstahlhobel   (–),
Weber-Edelstahlhobel   (–), (+) und (++)

Hobel mit Verstellvorrichtung
Gibbs Reglable   (++)
Gillette Fatboy (Stufe 4)   (++)
Merkur Futur (Stufe 4)   (++)
Merkur Progress 500   (++)

Torsionshobel
Apollo   (++)
Ikon Edelstahl Slant   (+/–)

Zahnkammhobel
Merkur 11c   (+/–)
Le Coq ZK   (–)
Timor ZK   (+/–)

Mit der von mir gewählten Skalierung kann ich recht gut darstellen, dass bei der von mir gewählten Kombination ,,Sharkklinge + Hobelmodell" Unterschiede auftreten, die für eine bestehende Klingenverträglichkeit sprechen. Die Sharkklinge rasierte mich zum Beispiel in Hobeln mit gerader Schaumkante besonders gut, was in besonderer Weise für alle von mir eingesetzten verstellbaren Hobel zutrifft. Nicht so gute oder weniger angenehme Rasuren waren mit den eingesetzten Zahnkammhobeln von Merkur, Le Coq und Giesen & Forsthoff möglich.

Auf die Rasuren mit dem Weber-Edelstahlhobel möchte ich an dieser Stelle besonders eingehen, da sie mir eine ganz neue Sicht bezüglich meiner bisherigen Rasuren und zum Standzeitverhalten einer Rasierklinge vermittelten. Ich habe mich mit dem Weberhobel für diesen Rasierklingentest insgesamt dreimal rasiert und für jede dieser Rasuren eine andere Rasierseife verwendet. In Abhängigkeit von der jeweiligen Rasierseife fielen dies Rasuren für mich weniger angenehm bis hin zu sehr angenehm aus.
              5. Rasur:   Weberhobel + Fortis RS   (–),
              6. Rasur:   Weberhobel + Tabac RS   (++),
              7. Rasur:   Weberhobel + Monsavon RS   (+).

Hätte ich mich nun allein auf das während der 5. Rasur mit der Sharkklinge als irgendwie unangenehm und zickig empfundene Gefühl verlassen, hätte ich die eingesetzte Rasierklinge unweigerlich gewechselt!

Im Vergleich mit dem Weberhobel wurde die Rasurkombination ,,Gibbs No. 12 + Monsavon RS" von mir als noch angenehmer empfunden (++). Die Hobelkopfkonstruktion dieses französischen Hobels scheint im direkten Vergleich zum Weberhobel also noch eine bisschen durchdachter ausgefallen zu sein.

Einen besonders großen Abstand zu dem mit dem Gibbs No. 12 erzielten Rasurergebnis ergab sich dann bei meiner 12. Rasur mit dem Lux-Edelstahlhobel. Für die Rasur mit diesem Hobel hatte ich die Sandelholz RS von Mühle ausgewählt. Trotz dieser sehr guten Rasierseife (siehe meine obige Bewertung) erlebte ich nur eine eher mäßig ausgefallene Rasur. Eine Klingenseite rasierte noch recht zupackend, wogegen die gegenüberliegende Seite nur noch sanft und kaum noch zupackend rasierte. Das anschließende Rasurergebnis fiel dann auch recht ungründlich aus, wie ich vierundzwanzig Stunden später feststellen konnte. Die Hobelkopfkonstruktion dieses Hobels lässt irgendwie zu wünschen übrig. Sie reicht nicht an die guten Konstruktionen von Mühle, Merkur oder Gibbs heran.

Hätte ich meine Empfindungen bei der Rasur mit dem Lux-Edelstahlhobel zum Entscheidungsmaßstab für einen anstehenden Klingenwechsel gemacht, hätte ein Rasierklingenwechsel auch hier unweigerlich angestanden. Tatsächlich habe ich dann aber am nächsten Morgen die Sharkklinge in den Apollo-Torsionshobel eingesetzt und mit der Mühle Sandelhoz RS eine erstklassige und angenehme 13. Rasur erlebt. Soviel zum eingesetzten Hobel und zur ausgewählten Rasierseife.

Jedenfalls zeigen mir diese Ausführungen schon recht deutlich, dass nicht jede Rasierklinge in jedem Rasierhobel zu einer als angenehm empfundenen Rasur führt, wobei die verwendete Rasierseife einen wesentlichen Einfluss darauf ausübt. Umgekehrt könnte ich auch schlussfolgern, dass nicht jeder Hobel mit jeder Rasierklinge gute und angenehme Rasuren liefern wird. Durch die Wahl einer anderen (und vielleicht besseren) Rasierseife mit höherem pH-Wert kann ich die anschließende Rasur allenfalls etwa angenehmer ablaufen lassen, was aber nichts an der bestehenden Tatsache ändern wird, dass der Hobel und die eingesetzte Rasierklingen nicht so gut miteinander harmonieren. Deshalb wird eine nicht ideale Kombination aus Hobel und Rasierklinge fast schon zwangsläufig zu einem verfrühten Rasierklingenwechsel führen, obschon dieselbe Rasierklinge in einem anderen Hobel eingesetzt durchaus noch weiter genutzt werden könnte.
....]
Die Nachhaltigkeit einer gründlichen Nassrasur zeigt sich 24 Stunden später an nur gering und gleichmäßig nachgewachsenen Bartstoppeln.

Löwenküsser

@Barnie:  dh:

Ich habe die gleiche Ansicht, es gibt ja sogar Klingen in unterschiedlicher Dicke....dazu noch bei verschiedenen Hobeln der unterschiedliche Klingenspalt, gepaart mit Tagesform und jeweilige Eigenschaften diverser Rasierseifen/Cremes!
Das ergibt dann je nach dem, ein ganz anderes Gefühl...bei jeder Rasur mit wechselnden Utensilien.


P.S. diese Aussage beruht auf mein Empfinden, und ist nicht allgemeingültig  ;D
Wer meine Rechtschreibung schon schrecklich findet, der sollte mich erstmal reden hören!


Gruß, Stefan

Barnie

Dankeschon @ all

Ich schrieb ja schon, daß ich stark vereinfacht habe. Ich wollte damit nur das technische Zusammenspiel Hobel / Klinge erklären. Ja, es gibt auch Klingen unterschiedlicher Dicke, wobei dieser Parameter sogar einen ziemlich starken Einfluß auf die Rasur-Eigenschaften hat.

Aber weiterhin hat uns Standline mit seinem tollen Bericht gezeigt, daß auch die weiteren Bedingungen erheblichen Einfluß auf die Rasur selbst haben - Danke dafür.

Eine ähnliche Beobachtung in dieser Richtung habe ich als Wiedereinsteiger selbst schon gemacht: Ich hatte von meinem Samplerpaket (70 Klingen + diesen Butterfly-Hobel) auch schon mal die "Supermax Stainless" drin. Ganze zwei Rasuren habe ich mit einer Klinge hinbekommen. Im Lord-Hobel, den ich kurz danach beim gleichen Versender bestellt hatte, schaffe ich 5 Rasuren. Als RS hatte ich einen simplen Palmo-Stick benutzt.

Hellas

Ich muss eingestehen, dass bei mir meine Lieblingsklingen zu jedem meiner Hobel passen. Aber das ist wahrscheinlich bei mir auch eine Voraussetzung, die eine Klinge erfüllen muss, um es in die Kategorie zu schaffen. Habe allerdings noch nicht erlebt, dass eine Klinge, die in einem meiner Hobel schlecht ging, in einem anderen Hobel plötzlich zu einer hervorragenden Klinge mutierte oder umgekehrt eine hervorragende Klinge zu einer Grottigen im anderen Hobel.

Einzige Ausnahme ist bei mir die Feather. Im EJ/R89 ist sie noch sanft und gründlich und für 3 Rasuren gut (aber auch dort noch lange nicht so angenehm wie z.B eine Sputnik, BIC, perma Sharp, Gillette bleue extra, ASP, Schark, oder Ladas) in allen anderen Hobeln mag ich sie überhaupt nicht mehr. Aber ich hab ja auch nur 9 Hobel zum Vergleichen ;D

hattu

@Barnie
Vielen Dank, in diese Richtung ging auch meine Frage.

@Standline
Auch vielen Dank für den Testbericht und die neu gewonnenen Erkenntnisse.

@all  dh: