Olympic, Solingen (von Pierre Thiers)

Begonnen von Standlinie, 12. Februar 2014, 12:47:29

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Standlinie

11/16 Olympic, Solingen


Anlässlich der in diesem Jahr in Sotschi am Schwarzen Meer in Russland stattfindenden olympischen Winterspiele möchte ich ein allgemein zu allen olympischen Ereignissen passendes Rasiermesser der Marke Olympic vorstellen. Bei diesem Rasiermesser wurde die Klinge nicht in Solingen hergestellt, sondern sie nur der Rohling aus Solingen importiert und in Thiers endbearbeitet. Der Klingenhersteller war Pierre Thiers.

Die technischen Daten zu diesem Rasiermesser lauten:

Herstellung:                  Pierre Thiers, dort bearbeitet, hohl geschliffen und eingeschalt
Klingenhersteller:        Solingen unbek.
Herstelljahr:               Laut franz Markenregister wurde die Marke ab 1938 geschützt
Klingenwerkstoff:        Stahl, aufgrund der sehr großen Härte wahrscheinlich Silberstahl
Klingengröße:             11/16
Hohlung:                   vollhohl
Kopfform:                  Rundkopf
Gesamtgewicht:         39 gr.
Heftschalen:              weißlichgelber Kunststoff
Besonderheiten:         auf der rechten Erlseite ist geschlagen und gehärtet in Solingen Germany eingeschlagen
Rasureigenschaften:    ein gut in der Hand liegendes und führiges Rasiermesser, das nach richtigem Abzug sehr sanft rasieren kann









Die Nachhaltigkeit einer gründlichen Nassrasur zeigt sich 24 Stunden später an nur gering und gleichmäßig nachgewachsenen Bartstoppeln.

Siegfried Sodbrenner

Zitat von: Standlinie am 12. Februar 2014, 12:47:29
Anlässlich der in diesem Jahr in Sotschi, Ukraine, stattfindenden olympischen Winterspiele

Ich interessiere mich zwar für so etwas nicht, aber im Radio sagen sie immer, die Spiele wären in Russland...
???
Spalten statt versöhnen:
Pro Bono - Contra Malum

Lu-Ku

Ja, aber sie erzählen im Radio auch viel von der Ukraine. :D
Das schönste aller Geheimnisse: ein Genie zu sein und es als einziger zu wissen. (Mark Twain)

Lu-Ku

Zitat von: Standlinie am 12. Februar 2014, 12:47:29
11/16 Olympic, Solingen

Rasureigenschaften:    ein gut in der Hand liegendes und führiges Rasiermesser, das nach richtigem Abzug sehr sanft rasieren kann


wie ist der richtige Abzug??
Ich frage deshalb, weil ich meine Franzosen nie richtig sanft bekomme, ganz im Gegenteil...
Das schönste aller Geheimnisse: ein Genie zu sein und es als einziger zu wissen. (Mark Twain)

Standlinie

Vielen Dank für Eure Hinweise, dass Sotschi nicht in der Ukraine sondern am Schwarzen Meer in Russland liegt. Ich habe den Text entsprechend verbessert. Danke.
Die Nachhaltigkeit einer gründlichen Nassrasur zeigt sich 24 Stunden später an nur gering und gleichmäßig nachgewachsenen Bartstoppeln.

Standlinie

Zitat von: Lu-Ku am 12. Februar 2014, 13:07:37
Zitat von: Standlinie am 12. Februar 2014, 12:47:29
11/16 Olympic, Solingen
Rasureigenschaften:    ein gut in der Hand liegendes und führiges Rasiermesser, das nach richtigem Abzug sehr sanft rasieren kann

wie ist der richtige Abzug??
Ich frage deshalb, weil ich meine Franzosen nie richtig sanft bekomme, ganz im Gegenteil...

Ich habe das Olympic-Rasiermesser mehrmals abziehen müssen, bevor ich es so hinbekommen habe, dass es mich jetzt sanft und zufriedenstellend rasiert. Den Werdegang des Abzugs schreibe ich einmal hier auf.

1.) Bis vor einem Vierteljahr habe ich eine recht konventionelle Abzugsmethode favorisiert, die mir zufriedenstellende Ergebnisse garantierte:
- Abkleben der Klinge mit 2 Lagen Tape (die unterste schwarze Lage diente als optischer Hinweis, wenn die obere weiße Lage durchgerieben war)
  die obere weiße Lage Tape wurde während des jeweiligen Steinabzuges von Zeit zu Zeit ausgetauscht; Austausch bei jedem Steinwechsel
- Beginn des Steinabzuges mit dem 1000er Naniwa,
- 3000er Naniwa,
- 6000er Naniwa,
- 8000er Naniwa,
- GBB,
- Chromoxydriemen, 10 Züge,
- Lederriemen, 20 Züge.

Mit dieser konventionellen Methode kam ich weitestgehend zurecht. Der Haartest klappte immer! Meine Rasiermesser waren danach nach 3 bis 4 Rasuren "einrasiert" und rasierten mich relativ sanft. Aber: Die französischen Rasiermesser ließen sich so nicht abziehen, da sich beim 1000er Stein nur sehr selten eine brauchbare Facette bildete. Ich habe einmal fast 3 Stunden nur mit dem 1000er gearbeitet, bis die Facette stand. Und da ich ein ungeduldiger Mensch bin, habe ich meine Franzosen danach anfangs nur noch über einen 800er Naniwa geschickt. Das klappte recht gut.

2.) Durch Rockabillyhelge bin ich auf eine wohl HarryKöln zuzuschreibende Abzugsmethode gestossen. Mit dieser Methode bekomme ich sehr gute Ergebnisse hin, das heißt, die Rasiermesser rasieren danach sehr sanft und sehr gründlich. Aber der Haartest ist danach nahezu unmöglich. Da der Haartest aber nicht das einzige Kriterium zur Beurteilung der erreichten Rasur- oder Liebhaberschärfe ist, schiebe ich die Klinge ohne Druck über meinen linken Unterarm. Ist die Klinge fertig, spritzen die abgeschabten Haare nahezu widerstandalos weg. Ich muss dazu nicht drücken. Im Gegensatz zu der unter 1.) beschriebenen Abzugsmethode rasieren mich alle so vorbereiteten Rasiermesser von Anfang an sanft. Und hier kommt die Abzugsmethode.
- Abkleben der Klinge mit nur einer Lage Tape,
- Abzug auf dem 800er Naniwa mit 1 Lage Tape,
- 800er Naniwa, ohne Tape,
- GBB, ohne Tape,
- Thüringer, ohne Tape,
- Lederriemen, 20 bis 50 Züge.

Hier möchte ich erwähnen, dass bei mir nicht jedes französische Rasiermesser mit jedem Lederriemen zurecht gekommen ist. Ich verwende im Normalfall einen relativ weichen Riemen von Ingenieur. Der scheint allerdings manchmal zu weich gewesen zu sein. Wenn es mit ihm nicht klappte, habe ich einen steiferen anderen Lederriemen eingesetzt. Damit klappte der Lederabzug dann. Ich habe keine Erklärung hierfür, außer, dass bestimmte "harte" Stähle wohl einen steiferen Lederriemen brauchen.

Für das Olympic-Rasiermesser habe ich also die eben beschriebene HarryKöln-Abzugsmethode gewählt, bekam aber kein mich befriedigendes Ergebnis hin! Die Facette wollte und wollte sich nicht vollständig bilden. Daraufhin habe ich eine wohl äußerst radikale Methode angewendet, die euch vielleicht das Gesicht verziehen läßt. Aber es stellten sich damit erste Erfolge ein.
- 1000er Naniwa, 3 Lagen Tape,
- 3000er Naniwa, 3 Lagen Tape,
- 8000er Naniwa, 3 Lagen Tape,
- 8000er Naniwa, jetzt nur mit 2 Lagen Tape,
- GBB, 2 Lagen Tape,
- Thüringer, 2 Lagen Tape,
- Lederriemen, 50 Züge ohne Tape.

Die Facette stand nun und glänzte schön. Soweit so gut. Erst bei der Rasur zeigte sich, dass das Olympic zwar irgendwie rasierte, aber in keiner Weise mit meinen gern verwendeten derberen Rasiermessern mithalten konnte. Sanftheit ja, aber keine mich zufriedenstellende Schärfe! Da die Facette stand, habe ich mich für einen Neuabzug entschieden. Und zwar wieder nach der HarryKöln-Methode.
- 1000er Naniwa, 1 Lage Tape,
- 1000er Naniwa, ohne Tape,
- GBB, ohne Tape,
- Thüringer, ohne Tape,
- Lederriemen (der steife Riemen), 80 Züge.

Nun rasierte mich das Olympic so, wie ich es mir vorgestellt habe. Sanft und gründlich. Der Weg dahin mag für den ein oder anderen vielleicht kompliziert aussehen und möglicherweise gibt es auch einfachere Wege, um zum Erfolg zu kommen. Ich kann aber keine jahrelangen Erfahrungen vorweisen, um sofort zu wissen, wie ich genau vorzugehen habe. Es ist für mich also immer noch ein ständiger Versuch, sich langsam zum ERfolg durchzudrängen. Aber: Versuch macht klug.
Die Nachhaltigkeit einer gründlichen Nassrasur zeigt sich 24 Stunden später an nur gering und gleichmäßig nachgewachsenen Bartstoppeln.

Lu-Ku

oh Mann, jetzt bin ich aber baff!! :o
Dank dir ganz herzlich für deine Mühe!!! dh: dh: dh:
Super!! :D :D :D
Das schönste aller Geheimnisse: ein Genie zu sein und es als einziger zu wissen. (Mark Twain)

Tim Buktu

Tranquilo - In der Ruhe liegt die Kraft...

PS: Alles nur meine persönliche Meinung, die sich durchaus beeinflussen lässt und sich deshalb gelegentlich auch ändert!

StCyrien

Ich füge mal die Bilder von meinem Olympic aus dem von Tim Buktu erwähnten Thread ein:









Es war mal ein recht großes Messer, hatte allerdings ziemliche Scharten. Nun ist es schmaler, aber rasiert allerliebst  :) (aber nur bei den olympischen Spielen  ;) )

Rockabillyhelge

Kleiner Nachtrag, die Klinge stammt aus Solingen (Geschlagen & Gehärtet) und wurde in Thiers Endgeschliffen und gereidet,
daher das Solingen (nach 1938 durch Solingenverordnung gecshützt) legitim auf der Klinge, Schliff und Messer im ganzen
(bezogen auf den Endzustand) aber aus Frankreich (daher auch Ätzung: Auf Maschinen Solinger Art(!)).

Es ist eines dieser auffälligen französischen Messer mit deutschen, oder deutsch anmutenden Bezeichnungen (Bechtal, Brücke,
Olympic, Tadellos, Widerstrahl) wie es sie unmittelbar vor dem Krieg und bis in die 70er (laut Thiers Markenbuch) wohl häufig
gab. Mir sind die wirtschaftlichen Umstände nicht bekannt, aber es scheint als wären ggf. kriegsbedingt (Klingenanalogien zwischen
Puma und Le Grelot in den 30er/40er Jahren) und später Reparationsbedingt erhebliche Posten an Rohlingen zwischen den Ländern
hin und her gewandert, für die Theorie der Kreigseinwirkung würde zumindest die strategische Bedeutung der französischen
Klingen- und Stahlschmieden um Thiers und St. Etienne sprechen.

Eine zweite Theorie könnte der "Wert" der Marke Solingen sein, das wäre zwar ein erhebliches Understatement der französischen
Hersteller (z.B. sind von Grelot, 69 TI und Fontenille hauchdünne Klingen welche sich von Solinger Qualität nicht unterscheiden
bekannt) aber ggf. auch eine Marketingstrategie mit welcher sich der Name Solingen hätte ausnutzen lassen können.
Auch mit Bart immer gut rasiert :)