Seifen aus der Provinz

Begonnen von Frank OZ, 15. Mai 2013, 21:04:25

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Frank OZ

Meine Herren, hier etwas hoffentlich Neues: Seifen aus der Provinz.

Es gibt ja inzwischen viele unter uns, die längst in der Zweiten Liga der Seifenhersteller jenseits der bekannten Engländer, Italiener oder Spanier einkaufen gehen: Calani, Jabonman, Kell's, Mama Bear, Mike's, Nanny's oder The Natural Soap Company fallen mir ein. Alle diese Seifen bekommen hier und in den anderen Foren so gute Beurteilungen, wie die besten Biere in den USA, die aus Microbreweries stammen. Bei denen gilt, dass sie nur eine bestimme Menge verzapfen dürfen, bevor der elitäre Status flöten geht. Wie ist das bei Rasierseifen?

Bei Rasierseifen der ersten Liga gilt als Kriterium wohl eher die Gemengelage aus Dauerhaftigkeit (wie lange gibt es die Seife schon), Bekanntheitsgrad (z.B. Palmolive, Tabac, Taylor) und natürlich die Größe des Herstellers.
Für die zweite Liga spielt aber unbedingt der Anspruch eine Rolle, eine besondere und besonders nachhaltige Seife anzubieten, die sich von der "Industrieware" durch spezielle Ingredienzien abhebt.

Es geht aber auch noch eine Nummer kleiner: Auf Wochenmärkten oder zu anderen besonderen Markttagen gibt es immer öfter (finde ich) Seifenhersteller aus dem Umland, die auch eigene Rasierseifen anbieten. Diese Kreisliga verdient einen eigenen Faden, finde ich.

Auf dem Frühlingsmarkt in Waiblingen habe ich die Eulenhofer "Wilson Rasierseife" gefunden. Hier geht's zum Eulenhof: http://dereulenhof.de/ und einen Codecheck gibt es auch schon:  http://www.codecheck.info/kosmetik_gesundheit/rasur_enthaarung/rasierschaum_gel_cremen/ean_20110406/id_13549325/Eulenhofer_Wilson_Rasierseife.pro

So sieht sie aus.

Die Farbe entspricht der des Kumpelstick, allerdings ist die Eulenhofer Wilson ländlich grob gerührt; die Ingredienzien sind zum Teil noch blöckchenweise eingemengt, was beim Abtrag aber keinen Unterschied ausmacht.

Die Seife kommt in einem Glasbecher, den ich aber aus praktischen Erwägungen - nasse Finger + Glas gegen Kachel = Klirr - gleich entsorgt habe. Auch der Durchmesser war mir, war meinem Pinsel zu gering, deswegen habe ich die Seife in den Napf gestürzt.

So ist es: Die Eulenhofer Wilson ist eine harte Hartseife. Sie lässt sich ohne Vorwässern aufschäumen und im Gesicht verteilen. Es dauert ein wenig, bis der Schaum eine halbwegs feinporige Konsistenz erreicht und dann, beim Ansetzen des Hobels, hörte ich das Platzen kleiner Schaumbläschen, so wie bei Pustefix oder wenn im Watt beim ablaufenden Wasser die kleine Schaumkrone der letzten Welle im Sand verknistert. Aber: Die Gleiteigenschaften sind prima, die Seife grundiert wie Schmierseife und der Hobel flutscht genehm durchs Stoppelfeld, selbst wenn der Schaumteppich eher als Auslegeware daherkommt. Und: Die Eulenhofer Wilson hat hervorragende Pflegeeigenschaften – beim Abspülen nach der Hinrunde fühlte sich mein Gesicht wie eingecremt an.

Rückrunde: Der im Pinsel verbliebene Schaum wirkt zuerst ein wenig missmutig, gibt aber auf meinem nachgewässerten Gesicht sofort Gas wie dereinst Rudolf Caracciola bei Regen, produziert noch mal ordentliche Auslegeware und der Hobel geht auch gegen den Strich wie auf Butter.

Ich bin beeindruckt. Was mich etwas irritiert, ist die der Eulenhofer Wilson mitgegebene Beduftung, die ich nur schwer beschreiben kann. Seifig, waldig, wie ich es mir bei Rumpelstilzchen am ausgebrannten Lagerfeuer im feuchten Moos hinten links hinter der Eiche vorstelle. Aber Hauptsache seifig, damit kann ich umgehen.
Bleibt die Frage, warum die Seife "Wilson" heißt? Wegen des Präsidenten?, wegen des Tennisschlägers?, oder weil die Hocks gerne ins Theater gehen?

Nach drei Tagen: Alles OK, die Gleiteigenschaften sind gut, die Pflege ist sehr gut, so dass Mann auf ein AS verzichten könnte. Aber ich kann mich nicht an die Auslegeware gewöhnen.

Hat einer Lust an auf ein Stück Seife aus der Provinz? Dann PN, 1st come 1st serve.

Ansonsten: Gibt es bei Euch auch Seifen aus der Provinz?

KO_BE

Zitat von: Frank OZ am 15. Mai 2013, 21:04:25
t die der Eulenhofer Wilson mitgegebene Beduftung, die ich nur schwer beschreiben kann. Seifig, waldig, wie ich es mir bei Rumpelstilzchen am ausgebrannten Lagerfeuer im feuchten Moos hinten links hinter der Eiche vorstelle. Aber Hauptsache seifig,

Guter Thread; bin gespannt, wie es weiter geht. Also alleine auf Grund der Duftbeschreibung, die unglaauublich neugierig macht (seit ich das gelesen hatte, will ich plötzlich zu gerne wissen, wie es bei Rumpelstilzchen am ausgebrannten Lagerfeuer im feuchten Moos hinten links hinter der Eiche riecht), ringe ich mit mir KEINE PN zu schreiben, weil ich unschaumige was auch immer Teppiche hasse; egal ob von Rumpelstilzen oder aus Berlin.
Aber der Duft......also interessant klingt's schon, oder?
Der Mensch ist gut; nur die Leut´ sind schlecht (Nestroy)

Frank OZ

Zitat von: KO_BE am 15. Mai 2013, 22:51:35
....also interessant klingt's schon, oder?

JA!, die Seife ist interessant. Auch wenn der Schaumteppich verknistert sind die Gleit- und insbesondere die Pflegeeigenschaften bemerkenswert. Die Eulenhofer müssten an der Balance der Seife noch etwas justieren finde ich. Andererseits ist es vielleicht ein Merkmal von Seifen aus der Provinz, sich mit einer oder zwei Spitzen bemerkbar zu machen, um überhaupt wahrgenommen zu werden.

Das Rumpelstilzchen gilt es auszuprobieren, soviel Zeit sollte Mann sich nehmen...  ;)

lotse

Lesenswertes Buch, was du da als Unterlage hernimmst Frank! ;)
Die Idee kleine Seifenkochereien hier zu würdigen, ist ja ganz nett. Aber so nett es ist, so müßig ist es auch. Viele der Seifen sind nur sehr begrenzt regional verfügbar und was nutzt das Wissen in Idar-Oberstein von einer Seife, die es nur um Ribnitz-Damgarten gibt?
Seifenkochereien gibt es ja inzwischen wie Filzmacher auf halbwegs jedem traditionellen Markt. Ich denke, das bleibt dann immer ein Glücksspiel. Eine Rasierseife zu machen, ist eben mehr als Fett verseifen und Parfum dranmischen. Da fehlt den Seifenköchen und Köchen/innen oft die Erfahrung. Wahrscheinlich mangels Nassrasierer im familiär-betrieblichen Umfeld....

Aber das ist nur meine Nörgelei. Bitte postet hier viele Seifenfunde aus eurer Umgebung! Neugierig bin ich ja doch.

LG Lotse

Frank OZ

#4
Lieber Lotse: Stimmt, ich hatte mir auch überlegt, dass Seifen aus der Provinz wegen ihrer schmalbrüstigen Verfügbarkeit eher als Beifang ins Netz der Fäden dieses Forums gelangen werden. Aber da die kleinen Sieder sich ja irgendwelche Gedanken machen müssen, wie sie die Regalbarrieren der Drogeriemärkte umschiffen und ihre Produkte an unser Kinn bringen können, finde ich sie einer kleinen Würdigung wert.

Im Fall meiner Eulenhofer Wilson allemal, denn die Leut' haben sich ja wirklich um eine besondere Qualität bemüht.

Und dann: Auch die kleinen Sieder sind über das Internet erreichbar! Nur muss Mann erst einmal wissen, was da draußen hinter den sieben Bergen bei den sieben Zwergen so kreucht und fleucht, wofür dieses Forum doch geradezu das perfekte Tablett ist.

Lustige Sache also und ich fände es prima, wenn viele hier im Forum auf die Pirsch gingen und Nachrichten aus der verseiften Provinz posten würden! :D

Beste Grüße,

Frank

P.S.: Oh, ja, das ist ein schönes Buch! Wenn ich mich raffe, schreib' ich was dazu.

herzi

Ich habe noch eine handgemachte Seife aus der sibirischen Provinz. Ich konnte mich nie durchringen sie zu testen. Wenn jemand sie möchte bitte ich um eine PM.
Gruß,
Stefan