India Steel

Begonnen von titanus, 23. April 2013, 18:03:12

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Bengall Reynolds

Ihr lasst dabei völlig außer acht, dass die Waren aus den Kolonien damals nicht den Stellenwert der heutigen Importware aus Fernost hatten.
Das indische und afrikanische Elfenbein war schon damals sehr viel beliebter als der germanische Keilerzahn und eigentlich schon immer den besser Situierten vorbehalten.
Genau wie Ebenholz begehrter war als die heimische Kiefer oder Eiche.
Oder war etwa damals der Schreibtisch oder die Wandtäfelung aus Ebenholz etwas gewöhnliches???
Auch mit Kautschuk ist man damals sehr schnell, sehr reich geworden, eben weil das was besonderes war. Will heute kaum mehr jemand haben, da man besseres erfunden hat. Wenn aber damals eine Kolonialmacht die Kontrolle über die in den Kolonien gewonnenen Rohstoffe verloren hat, war ganz schön Bamboule im Heimatland der Kolonialherren.
In Europa waren auch vor 200 Jahren schon die Edelstein- und andere Minen sehr spärlich, weshalb die Edelsteine und Rohstoffe aus den Kolonien schon immer ihre Käufer gefunden haben.
Fragt mal eure Großeltern wie außergewöhnlich "Südfrüchte", Kaffee, Kakao, oder "echter Übersee-Rum" für sie noch waren.

Weshalb soll indischer Stahl, sofern er denn gut war, was er ja Eurer werten Meinung nach tatsächlich ist, einen schlechten Ruf oder den Ruf von etwas "nicht besonderem" gehabt haben?
On a long enough timeline, the survival rate for everyone drops to zero.

Rockabillyhelge

Ähm wenn sie der "schlechte Ruf" bzw. das "nicht besondere" auf meine Aussage das es "den" Stahl nicht gibt/gab unter der Begründung das jeder Stahl seine individuellen Vor- und Nachteile aufweist und bestimmte Stähle auch bestimmten Modeerscheinungen unterworfen waren so sollte das nicht bedeuten das ich damit den India Steel abwerten wollte sondern, ganz im Gegenteil, ich wollte lediglich versuchen ihn im Lichte seiner Zeit darzustellen.

Auch mit Bart immer gut rasiert :)

titanus

Aus den Kolonien wurden Rohstoffe und Luxusgüter geraubt.
Und zu den Luxusgütern würde ich auch best oder finest India steel zählen.
Das muss aber einen Grund gehabt haben.
Es kann sich nicht beliebig vermehren lassen, dann ist es ja kein Luxusgut mehr.
Kautschuk ist übrigens verarbeitet auch sehr teuer.
Schau mal unter le Chameau Stiefel (das sind "Gummi"stiefel für > 200.-).
Aber sie tragen sich auch besser und meine sind nach ca. 15 Jahren erst brüchig geworden.

Viele Grüße

titanus

PS: lieber Bengall. ich habe den Eindruck, dass wir ein wenig aneinander vorbei reden.
Es ist sinnlos, von den Göttern zu fordern, was man selber zu leisten vermag.

Epikur

BastlWastl

@Rockabillyhelge: Wootz Stahl würde sich recht leicht erkennen, koche dir einen starken Kaffee und tauche die entfettete Klinge ein, bildet sich das typische Wootz Muster (Dentrite) auf der Klinge ist es Wootz, sonst nicht. (Dauert etwa ein bis zwei Stunden)

Wootz ist eigentlich ein Stahl der hauptsächlich für den Zugschnitt taugt, im Druckschnitt aber keine überragenden Fähigkeiten besitzt.

Die Bezeichnung India Steel weißt nur auf die produzierende Land hin. Evtl. wollte man dem ganzen ein bisschen orientalischen Flair einhauchen(bzw. den legendären Ruf der Wootz Schwerter ausnutzen, ähnliches macht man heutzutage doch auch mit dem Ausdruck Japanischer Tamahaghane Stahl, der so auch nicht mehr zumindest in der Masse produziert wird, auf Küchenmessern), mehr nicht. Die Stahlproduktion wurde erst um die Jahrhunderwende entscheident vergrößert, was im 18ten Jahrhundert ganz einfach dazu führte mehr Stahl zu Importieren, da die eigenen Kapazitäten für den Eisenbahn/Brückenbau verwendet wurden. Meine Annahme ist nun dass die Werke die in Indien zur Stahlerzeugung errichtet wurden, ganz einfach etwas moderner waren und so auch die Qualität des Stahles eventuell einen ticken besser war.
Eine Funkenprobe (Erl am Bandschleifer angeschliffen) ergab bei zwei Testkandidaten (Best Sheffield Steel und India Steel) so ziemlich das gleiche Bild, was mir sagt dass zumindest der Kohlenstoffanteil ziemlich gleich ist/war..........
Auch einige Schärfdurchgänge mit India Steel Messern, im Vergleich zu Sheffield Steel ergaben keine Unterschiede. Ist auf jeden Fall ein sehr guter Stahl, ebenso wie der "Englische".
Genauso verhält es sich auch bei meinen geliebten Flic Messern, die sind nämlich aus Best Flic Silver Steel, wohl auch nur ein Reklame Gag, oder doch eine spezielle Stahl Charge?????

Entgültige Gewissheit würden wohl nur mehrfache Material Analysen geben, die sind aber recht teuer.


Im übrigen wurden früher andere Stahlsorten als Silberstahl bezeichnet als Heute, damals war es der 1.2516 heute der 1.2210.


Rockabillyhelge

@BastlWastl:
OK, das Wootz auch sein spezifisches Muster auch im unbearbeiteten Zustand annimmt das wusste ich nicht, hatte eher vermutet das er erst im geschmiedeten Zustand bzw. durchs Schmieden sein charakteristisches Muster erhält.
Auch mit Bart immer gut rasiert :)

Senser

Wer dem "Fine Indiasteel" auch Heute noch eine besondere Qualität andichten möchte, oder an eine besondere Qualität glauben möchte, der fällt eben genau auf den von Bengall erwähnten Marketing Trick rein.
Für die Leute war damals der Sheffield Stahl eben was ganz Normales, also der Standard. Fine Indian Steel aber das Besondere. Genau wie Heute wieder in Bezug auf Küchenmesser. Die wirklich Guten Messer müssen natürlich aus Japan kommen, und die Solinger Klingen guckt Keiner mehr mit dem A...h an.
Die Fine India Steel Klingen, die ich habe/hatte, sind jedenfalls kein bischen anders als die restlichen Sheffielder Klingen.
Und glaubt etwa jemand, dass Böker (das Messer aus dem Eingangspost, welches ich übrigens auch für ein Böker halte) den Stahl aus Indien bezogen hat? Die Prägung "Fine India Steel" aber, machte Damals aber richtig was her.
Marketing halt, sonst nichts.
Gruß Senser

Iltis

#21
Zitat von: Senser am 07. Mai 2013, 17:46:42
Marketing halt, sonst nichts.
Gruß Senser

Um Sensers Aussage (das ich für richtig halte) etwas faktisches zu geben, siehe http://pib.nic.in/feature/feyr2000/fmar2000/f060320002.html . Da steht drin, das die erste ernsthafte moderne Versuch, Stahl industriell herzustellen fand 1874 statt, und produzierte roheisen. Wenn man "India Steel Razor" googelt, kann man einige Rasiermesser von Sheffielder Manufakturen die diesen Datum deutlich vordatieren in Fotos sehen. Da diesen Messer offensichtlich nicht aus wiederverwendeten antiken Wootz sind, handelt es sich vermutlich um was anderes. India Steel ist und war keine eingetragene Markenname, soweit ich feststellen kann, also stand frei für Marketingzwecke - wie man sieht, nicht nur die Fünfklingensystemrasiererhersteller von Heute sind Erfindungsreich was Männerwellnessmarketinghype angeht - die Sache hat Tradition!
Auf die positive Seite, kann man mirgends lesen "Ich habe ein Finest India Steel Rasiermesser erworben und es lässt sich nich schärfen, und rasiert sch****", wenn man so liest, sind sie alle exzellente Rasierer, sowie W&B, Filarmonica, 14er Klingen, DublDuck undundund...
Die Tradition geht weiter.

Gruß

Iltis
de gustibus, aut bene aut nihil

titanus

Ich meine mich zu erinnern, dass im Nachbarformum
ein Herr namens Bartisto große Schwierigkeiten hatte,
ein spezielle India Steel Messer zu schärfen.
Etwas Praxis kann man bei ihm allerdings voraussetzen...
Hier fehlt so ein Ironie Button.

Grüße

titanus
Es ist sinnlos, von den Göttern zu fordern, was man selber zu leisten vermag.

Epikur

titanus

Zitat von: UbuRoy am 04. Mai 2013, 17:08:03
Großes Kino!
Böker vom feinsten für den Amimarkt gemacht.

Das ist wirklich die Lösung gewesen.
Hier kommt das Bild eines sehr ähnlichen Messers mit dem Boker Schriftzug.
Die Klingenbeschriftung ist absolut identisch, die Erlverkleidung ist leider bei meinem Messer nicht mehr vollständig
lesbar. Auch ist die Schrift ein klein wenig anders.

Ubu   dh:

Grüße

titanus

Es ist sinnlos, von den Göttern zu fordern, was man selber zu leisten vermag.

Epikur

Oldshaver

Zitat von: Iltis am 07. Mai 2013, 19:08:41
Zitat von: Senser am 07. Mai 2013, 17:46:42
Marketing halt, sonst nichts.
Gruß Senser

Um Sensers Aussage (das ich für richtig halte) etwas faktisches zu geben, siehe http://pib.nic.in/feature/feyr2000/fmar2000/f060320002.html . Da steht drin, das die erste ernsthafte moderne Versuch, Stahl industriell herzustellen fand 1874 statt, und produzierte roheisen. Wenn man "India Steel Razor" googelt, kann man einige Rasiermesser von Sheffielder Manufakturen die diesen Datum deutlich vordatieren in Fotos sehen. Da diesen Messer offensichtlich nicht aus wiederverwendeten antiken Wootz sind, handelt es sich vermutlich um was anderes. India Steel ist und war keine eingetragene Markenname, soweit ich feststellen kann, also stand frei für Marketingzwecke - wie man sieht, nicht nur die Fünfklingensystemrasiererhersteller von Heute sind Erfindungsreich was Männerwellnessmarketinghype angeht - die Sache hat Tradition!
Auf die positive Seite, kann man mirgends lesen "Ich habe ein Finest India Steel Rasiermesser erworben und es lässt sich nich schärfen, und rasiert sch****", wenn man so liest, sind sie alle exzellente Rasierer, sowie W&B, Filarmonica, 14er Klingen, DublDuck undundund...
Die Tradition geht weiter.

Gruß

Iltis

harrykoeln

@Oldshaver

Sorry, ich verstehe Deinen Post nicht.
Ich hab Iltis' Post gelesen und schon im Mai verstanden, warum zitierst Du ihn nochmal?
"The two most common things in the universe are hydrogen and stupidity.
There is more stupidity around than hydrogen, and it has a longer shelf life."
Frank Zappa (1940-1993)

harrykoeln

Ich denke, das ist von allem ein wenig.

Früher wie heute musste das eine zum anderen gekarrt werden, also Erz zur Kohle oder andersrum. Erz zur Kohle war billiger und das ist genau der Grund dafür, warum sich die Stahlindustrie, Kokereien etc an den Orten ansiedelte, wo große Mengen an Steinkohle gefördert wurde, siehe Saarland, siehe Ruhrgebiet.
Das war in Kolonien keinen Deut anders, aber schon damals konnte dort billiger produziert werden.
Also, was hat man gemacht? Man konnte ja schlecht in Bombay produzierten Stahl als Sheffield Stahl anpreisen. Aber die Waren mussten natürlich auch auf dem heimischen Markt verkauft werden. So wurde aus dem profanen Indischen Stahl eben die Marke Finest India Steel und, den Flair des Fremden marktetingtechnisch gnadenlos ausgenutzend, das ganze mit Superlativen überhäuft und schöngeredet angepriesen. Heute würde man sagen: gehypt. Das mussten die machen, denn sonst wären sie auf dem Zeug sitzen geblieben.
Schlecht ist der Stahl nicht, das behauptet niemand, aber etwas aus der Masse herausstechendes eben auch nicht.
"The two most common things in the universe are hydrogen and stupidity.
There is more stupidity around than hydrogen, and it has a longer shelf life."
Frank Zappa (1940-1993)

Oldshaver

Ja, Harryköln, das ist auch nicht verständlich, denn da ist was schief gegangen.



Nun ja, zum indischen Stahl: Wenn ich India Steel Klingen von Rodgers habe, dann kann ich davon ausgehen, daß dieser Stahl etwas Besonderes ist. Und die Klingen, die ich benutze ( India Steel von Rodgers...) sind etwas Besonderes. Sie rasieren äußerst sanft und gründlich. Was will man mehr...?

Fynn1177

Schlechte India Steel Rasiermesser hatte ich noch nicht, schlechte Solinger schon.
(Vom Stahl her)
Das erklärt sich dadurch, das über das Alter der Indiasteel Rasiermesser die schlechten wahrscheinlich schon lange aussortiert wurden.
Es grüßt der kleine Nils

Zick Zack da war er ab :-)


Oldshaver

Zitat von: Fynn1177 am 08. November 2013, 10:15:27
Schlechte India Steel Rasiermesser hatte ich noch nicht, schlechte Solinger schon.
(Vom Stahl her)
Das erklärt sich dadurch, das über das Alter der Indiasteel Rasiermesser die schlechten wahrscheinlich schon lange aussortiert wurden.

Kann sein, kann aber auch nicht sein ;D