8/8 Rasiermesser aus Pakistan

Begonnen von lotse, 19. Februar 2013, 17:30:05

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lotse

Liebe Messerfreunde!

Noch nie bin ich Rasiermessern derart skeptisch begegnet, wie diesen hier:







Die Messer sind in einer Hülle aus PVC und Papier verpackt und ordentlich gefettet.
Ich weiß nichts über ihre Herkunft, nichts über ihren Hersteller. Messer aus Pakistan sind ja hier schon vorgestellt worden, dabei handelte es sich aber um die Damastklingen, die zu unglaublichen Niedrigpreisen über Ebay zu bekommen sind.
Diese Messer hier haben die unglaubliche Breite von 8/8 Inch.
Ich habe eines dieser Messer wahllos herausgegriffen und geschärft.



Der dunkle Streifen über der Facette rührt daher, daß offenbar der Messerhersteller mit einem Sensenstein die Klinge "vorgeschärft" hat. Das Schärfen gestaltete sich problemlos. Der Rücken ist zur Schneide minimal verzogen, so daß die Facette etwas wandert. Während des Schärfens war ein angenehmer Klang zu hören und das Verhalten auf den Steinen deutete auf eine recht hohe Härte hin. Ich habe das Messer zuerst mit dem Manufactum Thüringer beendet, bin dann aber doch noch auf den Naniwa 10.000er gegangen. Nach Chromoxyd und Leder sprühten die Haare am Unterarm ohne Zupfer.
Die Rasur fand unmittelbar im Anschluß statt und war sehr angenehm. Wie bei Klingen dieser Breite üblich, mit ordentlich Klang.
Die Klinge ist sehr dünn ausgeschliffen.



Auf dem Bild sieht man die mangelhafte Qualität des Heftes aus billigem Hartplastik. Aber die Klinge schließt so leidlich im Heft.



Der Erl ist nicht serriert und läßt auch jede Schmiedemarke vermissen. Über Herkunft und Stahlqualität läßt sich also bestens spekulieren....
Die Angel ist etwas kurz ausgefallen. Manipulation am Heft könnte da etwas Raumgewinn bringen.
Die Klingenätzung ist der einzige Hinweis auf die Herkunft. Die Ätzung steht klar auf der polierten Klinge und ist vergoldet ausgelegt.



Fazit: Dieses Messer überrascht durch seinen uneingeschränkten Gebrauchswert. Es hat Mängel, die ich aber mit Nachsicht bewerte. Schließlich stammt dieses Messer aus einem der ärmeren Länder dieser Erde. Dort könnte es in dieser Ausführung durchaus ein Luxusgut sein. Der Handwerker, der dieses Messer herstellte, versteht sein Fach. Die Klinge ist sehr dünn ausgeschliffen und drückt sich am Daumennagel gleichmäßig durch. Die Härte des Stahls scheint gut bis sehr gut zu sein, die Standzeit der Klinge kann ich noch nicht endgültig beurteilen.
Die grobe Behandlung der Schneidkante und die billige Verarbeitung des Heftes sind letztenendes die beiden Mängel, welche ich dem Messermacher vom Indus "vorwerfen" könnte. Mach ich aber nicht.

LG Lotse

PS: Falls Interesse an dem Messer besteht, bitte per PM melden.

PEOPLES

Messer finde ich so lala (aber wahrscheinlich hat es auch keine Unsummen gekostet), ABER die Fotos sind wirklich geil (sorry)  :D

RavenNevermore

Da bin ich ja mal auf die Standzeit gespannt.

lotse

Hallo!
Eine Zwischendurchmeldung:
Das Messer rasiert immernoch auf hohem Niveau. Ich hatte mich jetzt extra öfter mit japanischen Messern rasiert, einfach um frische Eindrücke von perfekten Rasuren zu haben.
Das Heft am Pakistani ist furchtbar, keine Frage. Aber die Rasurqualität ist sehr gut. Die Klinge ist sehr dünn ausgeschliffen und das Messer reagiert sehr gut auf das Ledern. Die Härte des Stahls ist also eher moderat. Die Klinge hält aber die Schärfe sehr gut.
Mein Eindruck: Auch aus Ländern wie Pakistan können gute Messer kommen. Wenn amerikanische Foren das anders sehen - so what? Da spielen offenbar eine Menge Vorurteile gegenüber dem Herkunftsland eine Rolle.

LG Lotse

PS: Die Messer sind alle weg. Bitte nicht mehr nachfragen.

wernerscc

Heute ergab sich die Gelegenheit, ein weiteres dieser 8/8 Pakistanmesser zu schärfen, daß lotse mir damals feundlicherweise zukommen gelassen hatte.

Das Breitschwert hab ich zuerst mit doppelt abgeklebtem Rücken von Grund auf von seiner verhunzten Auslieferungsfacette befreit, also 400er Diamant, 1000er Diamant, dann 1000er Chosera. Doppelt abgeklebt, weil der Rücken für die Klingenbreite doch recht schmal erscheint. Schließlich der 6000er Chinese bevor ein schmaler grünlicher Thüringer als Abschlußstein zum Einsatz kam, den mir jollo74 freundlicherweise testweise zur Verfügung gestellt hat. Mit diesem habe ich intensiv, nicht angerieben, erst mit doppelt, zum Schluß mit dreifach abgeklebtem Rücken immer in der Nähe des tropfenden Wasserhahns, frei Hand geschärft. Zum Schluß wie immer nach den Steinen 20x Leinen und Abzug auf dem Lederriemen.

Das Schärfen auf dem grünlichen Thüringer ging angenehm von der Hand. Da die pakistanischen Breitschwerter nicht besonders genau hohl-geschliffen sind, muß man beim Schärfen die Enden der Facette besonders betonen, sonst erreicht man bei aufgelegtem Rücken nicht alle Bereiche. Gerade dafür ist ein schmaler Stein echt von Vorteil (der grünliche Thüringer von jollo74 ist knapp 4 cm breit).



Der Haartest nach dem Leder war mäßig. Die Testrasur empfand ich zuerst mit dem Strich leicht kratzig, kenn ich aber so schon von meinen anderen Schiefersteinen; aber schon quer zum Strich wurde es angenehm und gegen den Strich war die Rasur wirklich gut. Wirklich überrascht hat mich, daß das Pitralon classic AS nach der Rasur heute noch nicht mal kurz gebrannt, was bei mir wirklich ungewöhnlich ist.

Das beweist mir erneut die gute Qualität des Stahl der pakistanischen Billigbreitschwerter. Schiefer kommen damit gut zurecht.
Was lange währt wird endlich gut!

frankt

Ich hab verstanden, daß Du keine davon mehr hast, lotse... aber gibt es denn deine damalige Quelle noch?

lotse

Freut mich Werner!
Ich nehme das Messer nicht allzu oft. Grund dafür ist aber nur mein vielleicht übertriebenes Ästhetikbedürfnis. Ich nehme das Messer nicht so gern in die Hand. Ab und an aber doch und ich bin jedesmal überrascht, wie ordentlich die Rasur ausfällt. Zwischenzeitlich wollte ich dann auch das Heft austauschen - aber ich habe genug gut aussehende Rasiermesser, da behalte ich das "hässliche Entlein" als Sammelstück.

Herzlichen Gruß!