Rasurkultur

Begonnen von Drei, 31. Juli 2012, 05:28:10

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Drei

Früher galt es als ein besonders gutes Beherrschen des Jagdhandwerks, wenn man das Wild mit geschlossenen Manschetten aufbrechen konnte, ohne diese zu beschmutzen. Heute ist das nicht mehr von  großer Wichtigkeit, erstens wird nicht mehr in Manschetten gejagt und zweitens ist Können zwar schön, aber Üben eher unbequem. Dennoch ist es wenn einer so etwas beherrscht ein faszinierender und ästhetischer Anblick. Es sitzt nämlich jeder Handgriff, es gibt keine überflüssige Bewegung, das Resultat entsteht wie durch Zauberhand.

Daran denke ich, wenn ich mir so manches Rasurvideos im Netz ansehe. Dabei sind auch ziemlich renommierte Zeitgenossen, die sich den freien Oberkörper und ihre Umgebung sorglos mit Schaum und Wasser einsauen um dann mit selbstverliebtem Blick verkünden: best shave ever. Worin liegt die Kunst: maximale Glattheit, die man bei Anschauen des Videos natürlich nicht überprüfen kann? In der scheinbar virtousen Führung des Rasierers? In der Benutzung der  "richtigen" Hilfsmitteln?

Wie sähe es aus, wenn sich dieses selbsternannten Fachleute mit hochgeschlossenem Kragen rasieren müssten? Wäre das nicht ein besserer Indikator für das Beherrschen, was sie vorgeben zu beherrschen?

franz

Zitat von: Drei am 31. Juli 2012, 05:28:10
Wie sähe es aus, wenn sich dieses selbsternannten Fachleute mit hochgeschlossenem Kragen rasieren müssten? Wäre das nicht ein besserer Indikator für das Beherrschen, was sie vorgeben zu beherrschen?

Wäre das denn immer noch die "männlich korrekte Etiquette" für das morgendliche / abendliche Ritual der Nassrasur?  ;D

>> Niveau ist keine Creme & Stil nicht das Ende vom Besen!

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Stoppelfeld

Zitat von: Drei am 31. Juli 2012, 05:28:10
Wie sähe es aus, wenn sich dieses selbsternannten Fachleute mit hochgeschlossenem Kragen rasieren müssten? Wäre das nicht ein besserer Indikator für das Beherrschen, was sie vorgeben zu beherrschen?

Da wäre ich nur zu 90% rasiert.

Ich persönlich habe es aufgegeben mir Videos anzusehen, da es mich weder grossartig weiter bringt, noch meine Probleme löst - da hilft nur eines, selbst probieren und üben. Zu "best shave ever" fällt mir nur eines ein: Irgendwie habe ich oft das Gefühl, man muss sich zwanghaft die nahezu nicht vorhandene Amortisation der entstandenen Kosten schönreden. Kann man aber meiner Meinung nach nicht, da es ein Hobby ist und daher irrationalen Begehrlichkeiten unterliegt.

Man kann es aus der virtuellen Ferne nicht prüfen wie die Definition für "best shave ever" ist. Rasur ist ja zum Glück noch nicht Normiert wurden.

kretzsche

#3
Wer sich mit hoch geschlossenem Hemdkragen rasieren kann, meinen Glückwunsch!!!

Ich ziehe einen freien Oberkörper vor, da bin ich gern hinterwäldlerisch ;)

cu Uwe

PS: Rasiervideos schau ich mir auch nie an.

UbuRoy

'Ne gute und perfekte Rasur ist die, über die man sich keinerlei Gedanken mehr macht und sie vor allem auch schon lange nicht mehr kommentieren muß.
Sie sollte auch in drei Durchgängen und Vollprogramm nicht länger als 20 Minuten dauern und auf Schnickschnack wie Pre und Post und Cremes und Püderchen und Alaun und Papierfetzchen etc. verzichten können, weil sie eben perfekt ist.

Hab' auch bisher noch keinen gesehen, der sich mit Hemdkragen oder Vatermörder rasiert. Macht sowieso eher nur bei Milchbart Sinn...

herzi

Zitat von: Drei am 31. Juli 2012, 05:28:10
Wie sähe es aus, wenn sich dieses selbsternannten Fachleute mit hochgeschlossenem Kragen rasieren müssten?

Mir stellt sich auch die Frage wie sähe es aus wenn sie dieses Hemd danach auszögen. Glattes Gesicht Wolle am Hals. Das wär quasi das Negativ zur Natobräune.
Gruß,
Stefan

Heresy

Zitat von: Drei am 31. Juli 2012, 05:28:10
... das Resultat entsteht wie durch Zauberhand ...

Das ist, denke ich, die Kunst. Etwas wie Kunsthandwerk zu praktizieren, ohne es wie eine Nachmittags-Vorstellung im Kinder-Zirkus zu veranstalten (ohne jemandem zu nahe treten zu wollen).
Gruss, Rainer

Frank OZ

Eine ,,perfekte Rasur" kommt immer wieder mal vor, ist aber weder plan- noch vorhersehbar. Wenn's klappt, ist's grinseglatt, kein Blut, nichts spannt: rundum erfrischtes Wohlbefinden. In welchem zeitlichen Rahmen das abläuft und wie, ist – dann – egal.

UbuRoy

Hm.

Also zumindest die meinigen Rasuren sind eigentlich immer nahezu vergleichbar und meist auch optimal. Bis auf manchmal einen Blutpunkt, was aber inzwischen äußerst selten vorkommt. Oder gar ein Cut.


Schon seit längerem klappt das sehr zuverlässig und es ist auch egal mit welchem Messer. Es muss nur scharf genug sein.

Irgendwann geht es in Fleisch und Blut über.
Richard Sennett hat das u.a. sehr schön in seinem grandiosen "Handwerk" beschrieben.
So ab 10.000 Praxisstunden ist eine Tätigkeit halt i.d.R. perfektioniert.
Also gut 3000 Rasuren und der Drops ist gelutscht. ;-)

Kann ich m.E.n. bestätigen: Nach inzwischen vielen Jahren Messern ist der Punkt dann wohl erreicht.

henning

Rasurkultur bedeutet mir, mich bewußt zu rasieren. Und gewollt gut. Nicht eben mal so zack zack.... Wenn ich Zeit dafür habe. Und vor allem Lust darauf zu haben. Dann nehme ich oft das für mich beste, was ich in Schrank und Schublade habe. Und meistens nehme ich dann auch ein Messer. Aber danach auch einen Hobel oder Systemrasierer, um die Problemzonen auch soweit glatt zu bekommen, daß ich mich wohlfühle und nicht nur die Rasur, sondern auch das Ergebnis genießen kann.
Die allermeisten Rasurvideos finde ich peinlich. Vor allem die angesprochenen, diese Best shave ever, oder ähnlich. Ich habe selbst ja mal eines aus Langeweile gemacht, um zu zeigen, wie ich mich mit Messer rasiere. Auch, daß ich nach der Rasur mit dem Messer noch mit dem Hobel drübergehe, um wirklich gutes Ergebnis zu bekommen. Ich stehe dazu und habe auch Zuspruch bekommen, daß ich eben danach noch einen Hobel benutze. Es gibt wohl einige, die nicht ausschließlich Messer benutzen und im Gegenteil fiel öfter Hobel benutzen als ihre paar Messer.
Ich rasiere mich grundsätzlich mit freiem Oberkörper, weil ich Gesichtsaufschäumer bin und bei problematischeren Seifen schon mal die einen oder anderen Seifenflocken oder Spritzer umherfliegen. Dabei sauber zu bleiben, hat für mich eher keinen Wert, weil ich ja auch ebenfalls grundsätzlich vor der Dusche rasiere. Auch von daher macht es für mich keinen Sinn erst komplett angezogen zu bleiben, um sich dann nach der Rasur zu entkleiden.
Perfektion bei der Rasur äußert sich bei mir also im Gefühl dabei und im Ergebnis danach. Stimmt beides, bin ich sehr zufrieden. Zum Gefühl dabei, gehört auch die gelungene Handhabung, der ich aber nichts meditatives andeuten möchte. Es ist einfach nur befriedigend, wenn alles geklappt hat.

Ciao

Onkel Hannes

#10
Zum Thema Bekleidung bei der Rasur hatten wir glaube ich schon mal `ne Umfrage. Geschlossener Hemdkragen war nicht dabei  ;)

Rasurkultur? Für mich kommt sowas hier der Sache nahe.

Ich habe aber auch Verständnis für Leute, für die die Bartentfernung nichts weiter als eine lästige Prozedur ist, der sie sich am liebsten schnell, billig und ohne Firlefanz entledigen möchten.

Meine eigenes, zwischen beiden Extremen schwankendes Verfahren liegt irgendwo dazwischen.



Edit: Link zur Kleiderordnung hinzugefügt
Hungrig vom schlafen und müde vom essen.

Drei

Gut, geschlossen ist Unsinn, da ging mir die Provokationslust etwas durch ;). Höösch Männers!
Prinzipiell gehts ja auch nicht um die Höhe des Kragens, sondern um die Kontrolle des Prozesses. Dass der Schaum da und nur da hin kommt, wo er benötigt wird. Dass Überflüssiges weggelassen wird.

Für mich wäre die Rasur perfekt, wenn alle Stellen im Gesicht gleich glatt ohne Blutpunkte, Cuts, Hautrötungen rasiert sind. Das alles zusammen ist fast wie ein Sechser im Lotto.


UbuRoy

Sechser im Lotto? Ich weiß ja nicht, wie Du so rasierst, aber in der Regel wäre ich dann täglich Millionär...
Laß lieber mal den Hemdkragen weg und konzentrier Dich aufs wesentliche, dann bist auch bald Lotto-King-Karl.

Soviel Übertreibung muß nu ja nich sein.

Drei

#13
Vermutlich haben wir eine unterschiedliche Auffassung von perfekt.
Ohne Blutpunkte da sind wir uns wohl einig, das gehört dazu. An allen Stellen des Gesichtes mit der gleichen Glätte zu rasieren finde ich persönlich ziemlich schwierig. Unterschiedliche Wuchsrichtungen und konvexe Bereiche erfordern Geschick. Wenn das im zweiten Durchgang nicht eingesetzt wird und ein Nachrasieren nötig ist, steigt die Gefahr von Blutpunkten deutlich an.

Wenn ich dafür bezahlt würde, wäre ich sicher der Ansicht, dass Rasuren unter 2 Nadeln als unfallfrei gelten.  ;D

UbuRoy

Was die Gründlichkeit der Rasur angeht stimmen wir schon überein:

Kein Blut, überall Babypopo, selbst unter der Nase und Kinn (vielleicht mit winzigsten stoppeln die man bei intensiem Nachfühlen auch noch findet).

Und die gleiche Glätte bekomme ich eigentlich jedes Mal sehr gut hin, auch wenn natürlich an Problemstellen immer nochmal ein wenig nachgearbeitet wird.

Wo ist das Problem? Wenn das NICHT so wäre, hätte ich ja keinen Grund, mich immer nur mit dem Messer zurasieren. Könnte dann auch einen E-Mäher verwenden, wenn das Ergebnis nicht optimal wäre...