Die ultimative Schärfe...

Begonnen von moviemaniac, 18. Juni 2008, 14:19:26

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moviemaniac

5.) Der goldene Abschluss



Hat man auf den vorhergehenden Steinen sauber gearbeitet, kommt der König der japanischen Natursteine (zumindest für unsere Anwendungen) zum Einsatz: Ein Nakayama Maruichi Maruka mit Nihon Kamisori-Stempel sowie Nashiji-Aussehen. Klartext: Er kommt aus der Mine, die die härtesten und feinsten Natursteine produziert hat - wenn ich mich recht erinnere, wird seit 1967 nicht mehr abgebaut. Der "Nihon Kamisori"-Stempel bedeutet, dass er für japanische Rasiermesser geeignet ist - diese Stempel bekommen nur die besten Steine ihrer Art, die für den Stahl von Rasiermessern geeignet sind. "Nashiji" bedeutet "Birnenhaut" - der Stein ist mit Sprinklern übersät (wie Birnen eben) und sieht nass absolut wunderhübsch aus. Die Körnung wird normalerweise in Regionen von 20000-40000 angesetzt, kann aber auch noch feiner sein...

Dieser Stein ist extrem hart. Je nach Messer 100-150 Schübe darauf unter höchster Achtsamkeit sind Pflicht. Danach der Haartest, der offenbart, ob man auf den vorhergehenden Steinen sauber gearbeitet hat. War man auf dem 2. Narutaki nachlässig, haut er nicht so recht hin. War man aber sorgfältig, so funktioniert der Haartest ohne wenn und aber in 1cm Höhe vom Stein weg.

moviemaniac

#16
6.) Der Abschluss

jetzt kommt der Bruch mit der Tradition und dem, was alle Schärfprofis immer predigen. Auf Chromoxid müsse ein 2. Schneidenwinkel erzeugt werden, heißt es immer (und ja, auch ich bin ein Verfechter dieser Technik, wenn gröbere Steine zum Einsatz kommen).
Nach dem Tanz auf diesen drei Steinen ist die Facette allerdings hochglanzpoliert, es fehlen jegliche Mikrozähnchen, selbst bei Mikroskopbetrachtung. Der feinste Stein ist zudem so fein, dass Chromoxid fast gröber erscheint unter der Lupe.
Also, back to the roots, zurück zu Zeiten, in denen es nur Steine und Leder gab: 50-100 Züge auf dem feinen Juchtenriemen. Bei einem guten Messer ist der Haartest danach auf über 1cm möglich.

Der Ansatz bei der Rasur ist butterweich, das Messer fährt durch die Stoppeln wie das Messer durch warme Butter, eine grandiose Rasur ist das Ergebnis. Mit den Messern, die ich auf diesen Steinen schärfte, hatte ich in den letzten Tagen die besten und gründlichsten Rasuren seit ich mich mit dem Messer rasiere. Ich habe sogar zwei Messer, die sich mit anderen Methoden nicht zufriedenstellend schärfen ließen, perfekt rasurfertig gebracht und auch in den US-Foren berichten die wenigen Besitzer dieser Steine von ähnlichen Erlebnissen, dass Messer, die richtig zickig waren, erst richtig gut wurden.

7.) Fazit
Mit dieser Methode werden zwei Dinge grundlegend anders gemacht als beim "normalen" Schärfen:
- es wird in extreme Feinheitsregionen der Steine vorgedrungen
- auf Pasten zum Erzeugen der Endschärfe wird verzichtet

Manche mögen dies belächeln, ich aber sage: Für mich sprechen die Ergebnisse Bände. Außerdem: es macht unheimlichen Spaß, auf diesen Steinen zu schärfen. Die Steine geben sofort Feedback, wann ein Messer fertig ist. Am Anfang spürt man einen Widerstand, sobald das Messer fertig ist gleitet es nur so über die Steine, als hätte man diese eingeölt.

Nun denn, das ist also mein Weg zur "ultimativen Schärfe". Anregungen, Kommentare, Fragen sind ausdrücklich erwünscht  ;D

Phobos

Klaus, du machst mir Angst.  :o

Als ich vor nicht allzu langer Zeit mein Filarmonica frisch geschärft von dir zurück bekam, dachte ich, es wäre scharf. War es auch. Und wie.
Und jetzt kommst du mir mit so etwas, und behauptet, du würdest ein Messer damit erst so richtig scharf bekommen.
Ich fürchte mich schon vor dem Moment, meiner ersten Rasur mit einem erneut von dir geschärften Messer...






Ach was, Blödsinn, ich freu mich für dich, dass du endlich zufrieden bist, und ich freu mich auch für mich, denn hoffentlich darf ich davon profitieren  8)

Guilty


Freut mich für Dich das Du Deinen "Schärf"Weg gefunden hast Klaus!

Bengall Reynolds

#19
The perfect blossom is a very rare thing!
You could spend an entire live looking for it and it would not be a wasted live!
On a long enough timeline, the survival rate for everyone drops to zero.

moviemaniac

Danke, Leute!

Einen Vorteil hat das Ganze auch noch: Die ganze Probiererei beim Pasten entfällt. Man kann nicht zu wenig oder zu viel pasten, weil es gar nicht sein muss und das halte ich schon für einen großen Vorteil.

Dullblade

Die Steine machen ja schon was her. Stellt sich für alle hier die Frage, was man für diese 3 Steine investieren muss, sofern man überhaupt die Möglichkeit hat, so etwas noch zu bekommen.

moviemaniac

Da die Frage nun schon öfters kam, hier die öffentliche Antwort:

Der weichere Narutaki hat mich Waren und Porto im Gegenwert von 60€ gekostet. Den habe ich über einen Kontakt aus einem kleinen australischen Laden, wo sie die Steine zu einem Fünftel abverkauft haben. Den härteren Narutaki habe ich von Lee-Valley.com Hat inkl. Versand so um die 50€ gekostet. Die haben sogar noch ein paar, aber, da jeder Stein anders ist, kann ich dafür keine Garantie abgeben. Am Teuersten war der Nakayama. Die hab' ich kleiner schon für 2000€ gesehen. Meiner in ~20x6,5cm hat 380 USD inkl. Versand gekostet. Handselektiert von einem Geschäft in Japan über einen Mittelsmann: http://shouhonyama.topcities.com/. Einen hat er derzeit noch, der kostet aber wesentlich mehr, weil er größer ist. Diese Steine werden nach Gramm bezahlt.
Wer sie günstiger sucht, sollte den Inhaber von http://www.japan-tool.com/ befragen. Der ist Steinsammler mit Leib und Seele und sucht nach Mailkontakt, in dem er Wünsche des Käufers und Einsatzgebiete aufnimmt, das ideale Steinchen für jede Person heraus. Da sind dann Fehlkäufe ausgeschlossen.

Lord Vader

das sind ja mal viele schöne tipps. meinen glückwunsch zu deinem glücksgriff mit dem high-end-japaner. interessant ist diese variante ja schon, allerdings sind die investitionen auch nicht gerade gering. wünsche dir jedenfalls viel spass mit den steinen und viele, viele angenehme rasuren damit.

ich werde dich eines tages mal anbetteln, dass du mal eines meiner messer an diese steine lässt, bin aber im moment noch standhaft :D

lg lord

Iltis

Hallo Movie,
Erstmal gratuliere ich dir zu dein Japanisches Inventar, es geht also doch ohne Paste.
Eine Frage zu Aufklärung; mit Begriffe wie 1000er, 4000er usw. bin ich durch Erfahrung vertraut, aber 20000 bis 40000 kann ich mir nicht vorstellen - weisst du ob es irgendwo eine Tabelle oder ähnliches wo man japanische Korngröße mit Korngröße in Mikron angegeben wird, bzw. eine Definition was die japanische Korngröße bedeutet? eine schnelle Googlesuche hat nicht geholfen.
Grüß
Iltis


de gustibus, aut bene aut nihil

abc123

Eine Vergleichstabelle gibt es hier:
http://www.vds-bonn.de/download/Vergleich_FEPA_JIS_5-2004.pdf

Die Definitionen der Standards stehen hier:
http://www.uama.org/Abrasives101/101Standards.html

Der japanische Norm JIS R 6001 von 1998 endet bei Körnung J 8000.
Die 10000 und 12000 Steine sind wohl aufgerechnet, den Bezeichnungen würde ich gerade noch trauen, darüber aber nicht mehr.
Auf Natursteine sind die Definitionen nicht anwendbar, höchstens als grob vergleichender Richtwert.

moviemaniac

Sehr richtig, ab 8000 hört die japanische Norm auf. Shapton gibt (wohl der jap. Definition folgend) für den synthetischen 16000er 0,92 Mikron an, für den 30000er 0,49 Mikron. Das heißt, ein 30000er wäre in etwa so fein wie Chromoxid. Da bei meinem Stein die Schärfspuren feiner sind als bei CrOx gehe ich davon aus, dass er in der 30k+ Kategorie liegt, aber da sind die Unterschiede wirklich nur mehr minimalst.

Bengall Reynolds

Oh Mann, reizen tun mich solche Steine auch seit langem...
Aber mir ist es ehrlich gesagt zu teuer und zu riskant sowas zu besorgen  o)
Ich bin vor Jahren schon daran gescheitert mir diese Poliersteine für Schwerter zu kaufen.
Die werden auch nach Gramm bezahlt und weder Form noch Größe kann man dabei aussuchen.
On a long enough timeline, the survival rate for everyone drops to zero.

onkel-thor

Das hört sich tiemlich interessant an.

Und macht mich neugierig

abc123

Wie man hier sieht, http://www.tzknives.com/razorbevels.html, läßt die Körnung bei Poliersteinen nicht unbedingt auf die letztendlich erzielbare Schleifqualität schließen.

Bei Shapton wird es dubios.
Die Mikron-Angaben auf den "Glass Stones" entsprechen eigentlich nicht der JIS Definition.
Die Steine der "Professional Series" von Shapton USA und Shapton Japan sehen zwar gleich aus und sind auch gleich verpackt, sind es aber angeblich nicht. Auffällig ist die Abweichung beim Stein "cream", in Japan 12.000 Körnung, in den USA 15.000. Die amerikanischen Steine sollen für "andere Klimabedingungen" und auf das "breitere Anwendungsspektrum des Westens" hin optimiert worden sein - was auch immer das heißen mag.