Eine Schärfanleitung für japanische Natursteine (Ohzuku)

Begonnen von Rokediet, 30. Juni 2011, 09:53:01

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Rokediet


Heute habe ich mir mal Zeit nehmen können um einige Fotos zu machen.

Kandidaten :

Messer:

- KARLOS 24 6/8

Steine:

- Naniwa SS 1000er
- GBB Bankstein
- Naniwa SS 10'000er
- Ohira
- Nagura Botan auf Nakayama grau
- Nagura Mejiro auf Nakayama grau
- Nagura Tenjou auf Nakayama grau
- Nakayama grau als Finisher mit Tomo
- Nakayama beige als Finisher mit Tomo
- Ohzuku LV 5+ als Finisher mit Tomo

Die Bilder habe ich mit einem USB Microskop aufgenommen mit 200x Vergrösserung!

Ablauf der Testreihe:

Zuerst habe ich das dem RM auf dem 1000er eine Grundfacette verpasst. (ohne abkleben und ohne Anreiben)




Danach auf dem GBB die Facette verfeinert. (ohne abkleben und ohne Anreiben)




Auf dem 10'000er ein Finish verpasst um einen Anhaltspunkt für die nächsten Versuche zu haben. (ohne Abkleben und ohne Anreiben)




Referenzbild nach dem Ohira. (ohne Abkleben und ohne Anreiben)




Referenzbild nach dem Botan. (ohne Abkleben)




Referenzbild nach dem Mejiro. (ohne Abkleben)




Referenzbild nach dem Tenjou. (ohne Abkleben)




Das Finish mit dem grauen Nakayama (ziemlich Harter Stein) der mit einem Tomo-Nagura angerieben wurde. Nach Dilucote-Methode ohne Abkleben.




Das Finish mit dem beigen Nakayama (etwas weicherer Stein) der mit einem Tomo-Nagura angerieben wurde. Nach Dilucote-Methode ohne Abkleben.



Das Finish mit dem Ohzuku LV 5+ (extrem hartet Stein) der mit einem Tomo-Nagura angerieben wurde. Nach Dilucote-Methode ohne Abkleben.




Nach dem Leder (Leinen-> Filz Diamant -> Latigo -> Juchte unbehandelt) sieht die Facette so aus:




Der Haartest ist nun auf jede erdenkliche Weise möglich.

Fazit nach dieser Testreihe:

Theoretisch ist jeder der drei Finisher als solcher zu gebrauchen, nach meiner Leder-Behandlung ist für mich kein Unterschied zwischen den verschiedenen Steinen fühlbar und die Eigenschaften des Messers sind optimal für eine sehr gründliche und angenehme Rasur.

Was dieser Test zeigen sollte, ist die Bestätigung des Sprichworts, je härter der Stein desto feiner das Schleifbild.

Auch wen die Bilder nicht optimal sind und die Facette verkratzt aussieht, ist mit einer normalen Lupe (10x - 60x) kein einziger Kratzer zu erkennen. (perfekter Spiegel)

Gruss Rolf






BlueDun


... interessant ist aber schon, dass der SS 10k ganz offensichtlich die beste Politur hinbekommt.
Das habe ich selber auch schon festgestellt und bin deshalb der Meinung, dass der SS 10k MASSIV unterbewertet ist und nur aufgrund der Tatsache ein künstlicher Stein zu sein nicht die ihm zustehende Beachtung findet. Man stelle sich vor, was da noch an Potential vorhanden sein kann, wenn sich die Leute damit mal plötzlich so intensiv auseinandersetzen, wie sie dies mit den diversen Natursteinen tun    o) o)


Rokediet


Da gebe ich dir Recht, jedoch denke ich, dass der 10'000er eine ungleichmässige Schneidekante produziert. Sägezahnung.

Bei den Japanern scheint die Schneidekante absolut gerade und Makellos, leider fehlt mir die dazu nötige Vergrösserung um diese Vermutung zu bestätigen. Zudem empfinde ich die Messer nach den Japanern um einiges schärfer und angenehmer als nach dem Finish mit dem Naniwa, denke nicht das dies nur subjektiv ist.

Gruss Rolf




Johannes

Ich als Nichtschärfer hab mir mal die Frage gestellt, ist es sinnvoll ein Rasiermesser so scharf wie möglich zu machen?
Der Hintergedanke ist, das es dann schneller zu Ausbrüchen kommst, je feiner die Schneide. So ist das Messer anfangs sehr scharf, wird aber schnell ruppig.

Grob gesagt sind trockene Barthaare etwa so hart wie Kupfer. Ich weiß nicht wieviel die Haare im nassen Zustand an Härte verlieren, aber sollte man nicht praxisbezogen schärfen, dem Anwendungszweck entsprechend.
Verglichen mit einem Schwert das man (sofern möglich) auf Rasurschärfe brächte, wäre es ja in kürzester Zeit für seinen Zweck unbrauchbar. Die Kräfteverhältnisse sind im Vergleich zum Rasieren natürlich völlig übertrieben, aber ich hoffe der Sinn wird klar.

Oder wenn ich an eine Schlagschere denke, so sind diese überhaupt nicht scharf, sondern das weichere Material gibt unter massiven Scherkräften, dem Druck des  härteren Materials nach. Dasselbe Verfahren findet ja auch in der Nassrasur statt - das Haar wird gekappt.
Es muss doch einen Punkt geben, an dem Schärfe und Langlebigkeit optimal zusammenspielen.

Edit: falls zu OT für "Schärfanleitung", kann gerne verschoben werden!

lesslemming

#49
Der Naniwa Superstone 10.000 ist in deutschen Foren keineswegs unterbewertet. Eigentlich haben bis vor Kurzem noch alle darauf geschworen (und tun dies auch immernoch).
Der Naniwa Superstone 10.000 ist der beste Allroundfinisher den es giebt. Er produziert keine Sägezahnung, bzw. wihirklich wenig.

Naniwa Super 10.000 + polierpaste = as good as it gets.

Alles andere ist spielerei  ;D
Der Shoubudani, oder der Nakayama nach dem SS10k bringt das letzte Bisschen, das die Rasur einfach geil macht, und zwar ohne Pasten.
Da bleibt kein Zähnchen übrig


@Johannes:
Da gibt es so viele Diskussionen drüber...
ich sage: mach das Ding so scharf wie du kannst, alles andere ist quatsch.
Dein Rasiermesser oder Hobel ist keine Schlagschere, der Vergleich hinkt gewaltig.
Industrielle Rasierklingen ala Feather, Gilette, Personna etc. sind so dermaßen fein ausgeschliffen,
das selbst der Hobbyschleifer an seine Grenzen gelangen kann. Wichtig sind eine feine, gerade Schneide,
ohne Ausbrüche und Fransen. Jeder Schärfer wird dir bestätigen,
dass die Rasureigenschaften graduell mit der Feinheit des Finishes steigen:

3.000 => Urghs
8.000 => Hm, Ok!
10.000 => Och, warum nicht?
Superfinisher, oder Polierpaste (~500nm) => *froi*

Ansonsten gebe ich dir völlig recht, Schärfe muss zweckgebunden sein.
Aber kannst du dir eine delikatere Aufgabe als die Rasur deiner Gesichtshaut vorstellen?
Ergo suche ich die delikateste Schneide die ich finden kann


@Rolf: Sehr schöne Bilder. Einen schnellen GBB hast du da! Mein (Ex) ultra harter LPB hätte das nicht hingekriegt.
Mein Shoubudani macht schon eine sehr feine Politur, aber dein Ohzuku scheint ihn zu schlagen. Ich befürchte, so einen brauch ich auch noch
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Rokediet


@ Johannes,

mit dem Ledern wird ein Grat erzeugt mit dem die Haare gekappt werden. Um bei diesem ein Optimum zu erreichen, sollte dieser möglichst schmal und stabil sein. Meines Erachtens ist es notwendig das dieser absolut gleichmässig und ohne Unterbrüche ist. Die oben erwähnte Zahnung verhindert dieses, der Rest ist nur Politur der Facette.  :D

@ Leselemming,

erstmals vielen Dank für die Blumen, und ja, du brauchst unbedingt einen solchen Ohzuku!  >D  ;D

@ all,

meine Tests sind als "Nörgeln auf höchstem Niveau" zu betrachten!
Für eine gründliche Rasur reicht sicher ein 8000er als Finisher in Kombination mit den richtigen Pasten und Leder. Was wir hier betreiben ist absoluter Irrsinn! Einige Perfektionisten die versuchen das absolute Maximum aus ihren Messern raus zu kitzeln... (Kostspieliger Wahnsinn)  ;D

Für mich ist das höchste der Gefühle wen ich das Messer ansetze und meine Borsten keinen Widerstand bei der Rasur aufweisen. Natürlich darf bei solchen Waffen die Verletzungsgefahr nicht unterschätzt werden, einmal zu steil angesetzt und das Messer hinterlässt durch sein Eigengewicht lustige rote Striche im Gesicht.

Gruss Rolf





Johannes

@lesslemming

Mit den industriellen Rasierklingen hast du sicher recht, diese halten aber auch nur ca. 6 Rasuren, was bei einem Messer schade wäre. Deshalb schrieb ich von Schärfe und Langlebigkeit.

Ich merke aber auch, das ich als Nichtschärfer mit "nur" 4 Messern ganz andere Prioritäten setze.
Wenn man 20+ Messer in der Rotation benutzt, macht man sich keine Gedanken um Abnutzung und sollte man schärfen können, ists ohnehin belanglos, da man einfach nachschärft.
Somit bleibt nur noch das Optimum, eine möglichst sanfte Rasur zu erreichen, zugegebenermaßen mit der schärfsten Klinge.

@ Rokediet
Hab ich das richtig verstanden?
Das die Facette in Extremvergrößerung praktisch so aussieht

Facette vom Stein --- >    \
                             --- >     \
                             --- >      \
                             --- >       \ _     < --- Grat vom Ledern ??

lesslemming

Eine industrielle Klinge wird auch nicht auf einem Leder scharfgehalten ;)
Sonst wäre auch dein Messer nach 6 Rasuren zickig.

Es gibt übermäßige Schärfe, aber prinzipiell sinkt die Standzeit absolut nicht mit dem Verwenden feinerer Steine.

Ob ein Leder einen Grat erzeugt, das sei hier an der Stelle bezweifelt.
Diese Behauptung ist massiv umstritten  8)

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1marc

@lesslemming
Würde mich mal interessieren welche Polierpaste Du auf dem 10000er Naniwa benutzt... dh:

Rokediet


Da ich kein Experte für Stahl und Klingen bin, basieren meine Aussagen auf "glauben zu wissen" und Vermutungen. Ob ein Grat nach dem Ledern existiert oder nicht, weiss ich nicht.  :-\

Beim schärfen bildet sich aber ein solcher, kann man am besten auf weissen Steinen beobachten (z.B. auf Spyderco UF).
Das nach einem 8000er Stein ein Haartest möglich ist, schliesse ich auf die Tatsache, dass ein Grat vorhanden ist, der sehr fein und stabil genug ist, um ein Haar abzuschlagen. Würde aber nicht behaupten das dieses ein sauberer Schnitt ist. Kann mir auch nicht vorstellen das direkt von einem 8000er eine durchgehende Rasur möglich ist.  :-\

Denke aber das ein sehr feiner Stein eine Facette erzeugen kann, wie Sie nach dem Pasten oder Diamantriemen möglich ist, mit dem Unterschied das der Stein nicht nachgibt und somit die Facette bis zur Schneidekante absolut plan und sauber ist. Gemäss Siknote ist nach einem feinen Stein eine Rasur möglich.

Wie es genau auf der Schneidekante aussieht, weiss ich nicht. Weiss nur das ich mit den Japanern die schärfsten und angenehmsten Messer erzeugen kann, die ich bis jetzt benutzt habe.

Gruss Rolf



frankyle

@1marc
Nicht auf den Stein die Polierpaste sondern 10k und danach auf Pastenriemen oder ähnliches

1marc

@frankyle
Ich nehme an  Du hast Recht und Lesslemming hat es so gemeint

Allerdings funktioniert z.B. feines Aluminiumoxidpulver  sehr gut auf meinen 8000 u.12000er Naniwas.... 

Sicknote

#57
Nette Fotos Rolf. Nach meinen beiden superharten oozukus sieht die facette sehr ähnlich aus. Ich verzichte aber komplett auf paste, da ich finde, dass es das Ergebnis sehr stark verfälscht. Rolf: mitlerweile mal ohne pasten und ledern direkt vom Stein rasiert?

Achja bevor ichs vergesse: zu hart darf der Stein auch nicht sein. Ich habe einen lv5+ oozuku, ähnlich dem von Rolf und der ist für mich das Optimum. Er ist angerieben genau richtig schnell und hinterlässt eine perfekte schneide. Dann habe ich einen anderen oozuku, der ist nochmal deutlich härter. Problem war das anreiben, der Schlamm kam bei dem Stein vom tomo nagura da dieser auch weicher ist. Ich habe deswegen ein kleines Stück aus dem oozuku rausgeschnitten, nun bekomme ich wirklich Schlamm vom oozuku selbst. Das Ergebnis ist minimal besser als beim lv5+, allerdings lohnt es sich deswegen meiner Meinung nach nicht dafür nochmal mehr kostet. Ich hatte bei diesem Stein wohl extremes Glück.

lesslemming

Hallo Rolf,

die Amerikaner schwören teilweise auf die Rasur direkt vom Norton 8.000.
Ich selbst bin davon nicht überzeugt, das heißt ich denke da ist noch einiges mehr möglich.
Selbstverständlich ist die Rasur ohne Pasten möglich.
Ich benutze seit einem Jahr keine Pasten mehr für mich selbst. Allerdings verwende ich auch Steine
die ein Vielfaches des Naniwa Super 10k gekostet haben. Dabei liefert er fast identische Ergebnisse,
wenn man eine (ebenfalls günstige) Polierpaste anschließt.

Natürlich kommt die Paste nicht auf den Stein (auch wenn das möglich ist),
sondern auf Filz oder ein Leder! Ich verwende meist die Diamantsprays von Klaus.

Um die Sache mit dem Grat nochmal aufzunehmen. Per Definition ist ein grat etwas unerwünschtes.
Dabei handelt es sich um Metall das über die Dehnungsgrenze hinaus in Richtung der Schneide gezogen wird.
Das hängt dann dort rum wie ein Fähnchen und lässt den Haartest prima bestehen.
Im Fachjargon fürs Schärfen nennt man das einen Bart, da der vermeindlich gute Grat unter starker Vergrößerung aussieht wie ein fransiger Bart.
Der Grat hält allerdings keinerlei Belastung stand und verabschiedet sich schnell.

Eine ideale Schneide ist homogen und durchgängig. Sie besitzt kaum Welligkeit.
Das kann per Definition nicht als Grat bezeichnet werden, auch wenn du höchstwahrscheinlich genau das selbe meinst.
Auf den Begriff heiliger Grat kann ich mich sogar noch einlassen, da eine feine Polierpaste unter 200x Vergrößerung manchmal aussieht,
als sei ein kleiner Heiligenschein direkt auf der Schneide. Aber dabei handelt es sich höchstwahrscheinlich nicht um einen echten Grat,
sondern lediglich um feine Reflektionen. Vielleicht liest du dir mal den Verhoeven durch, da sind einige extrem hochauflösende Bilder von Schneiden zu sehen
..:: Wer mit beiden Beinen fest auf dem Boden steht ::..
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Rigeback

Ein Grat an einer Messerschneide ist nirgends erwünscht,der wir immer am Stahl und in einem Stück weichen Holz,Filz oder Lederscheiben abgezogen. Bleibt der dran und man schneidet Papier damit ,so zerreißt es nur und schneidet nicht das Papier zum Schärfe testen durch. Kann man auch mit der Nagelprobe fühlen ,in dem man vorsichtig die Schneide über den Daumennagel zieht,es hoppelt dann ein wenig ,wenn der Grat noch dran ist.Es ist ja quasi eine Mikrosäge ,wir wollen aber schneiden.. Ebenso bei einem Schlachtemesser zum stechen der Schweine muss der Grat ab sein,sonst klappt die durchstochene Schlagader sofort wieder zu und es blutet nicht aus.Beim Rasiermesser wird das genauso sein,die Schneide ist nur von den feinen Steinen sehr,sehr dünn ausgeschliffen ,was wir dann immer fälschlich  als Grat bezeichnen. Beim Schärfen auf dem 1000er kann man das ja sehen, wenn sich auf der anderen Seite der Klinge ein Grat gebildet hat, nur wird der ja hinterher durch immer feinere Steine dann wieder abgezogen . Stehen bleibt nur die feine dünne,stabilere Schneide .