Ein uraltes Bengall

Begonnen von Iltis, 23. Mai 2008, 19:27:05

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Iltis

Hallo Zusammen,
Hier ein Bengall Cast Steel Messer aus der Bucht, habe es aus Amerika gekauft. Es kam relativ verdreckt und patiniert an:


                                                                                                                                                 



Nach einiges Putzen und Polieren sieht es etwas annehmbarer aus:


                                                                                                                     



                                                                                                 

Leider war es irgendwann in seine Vergangenheit bei die Scherenschleifer, und statt eine Hochglanzoberfläche weist es die Spuren eine große runde Schleifrad, auch der ca. Viertelhohlschliff schätze ich nicht als die ursprungliche Form. Der keilförmige Klinge dagegen ist nicht so Verschlissen, sondern scheint ursprunglich gewollt zu sein. Das merkt man beim Schleifen, verschliffene Messer benötigen mehr Geschick auf die Steine; dieses dagegen ging wirklich leicht. Auf der Erl ist gestempelt nur "Bengall Cast Steel", keine Erwähnung von Cadman oder Cadman & Sons wie es eigentlich üblich ist. Laut Uniclectica war Bengall ein Markenzeichen (Trademark) der Fa. Cadman, der zwischen 1748 und 1906 aktiv war, also, es sei es handelt sich um ein "Raubkopie", muß das Messer von der Schmiede stammen. Sowas schliesse ich aber nicht aus - ich habe auch ein derbes Wostenholm Messer mit der Prägung "A real Tally Ho", obwohl "Tally Ho" (eigentlich der Schrei das man von sich gibt bei der Fuchsjagt in England, wenn ein Fuchs in Sicht ist) der Markenzeichen die Firma Fenney war, was ich mir gar nicht erklären kann. Der Verkäufer schätzte das Messer um der 1850, was meine Meinung nach zu spät ist - ich wurde das Messer zwischen 1810 und 1830.
Beim Schleifen hatte ich erstmal Bammel - Cast Steel hat den Ruf, schwierig zu sein, mit Schlackeneinschlusse und was weis ich alles. Ich war erstmal angenehm überrascht wie leicht es ging, und dann stützig - ich habe selten bei so ein altes Messer so schnell und so leicht eine Facette hingekriegt - ob der Scherenschleifer die Härte des Stahls mir verhunzt hat? Auf Haartestschärfe ging es auch sehr einfach, aber überzeugt war ich nicht, bis ich mich Heute früh damit rasiert habe, wirklich eine schöne Rasur ie der "Alte derbe Schule" (wie gesagt, ich halte der leichten Hohlschliff für nicht ursprunglich). Nur ein Paar nachteile hat diese Stahl, erst, beim rasieren riecht es komisch nach Eisen, zweitens, es läuft unheimlich schnell an; man kann es schön polieren, eine Stunde später ist der Oberfläche matt. Ich glaube, das ichh es ausnahmsweise eingeölt aufbewahren werde.

Grüß

Iltis
de gustibus, aut bene aut nihil

UbuRoy

Hallo,

das Messer dürfte gar nicht so uralt sein. Hat schon einen ausgeprägten Erl und eine facettierte Angel sowie eine abgesetzte Schneide. Ich denke, es ist ein sehr spätes Cast Steel. Irgendwo um 1845 herum denke ich.
Aber in wirklich schönem Zustand.
Ich habe ein etwas älteres Improved Cast Steel. Noch fast ohne Erl und keilförmiger Klinge ohne Spiegel oder facettierter Angel. Dürfte so um 1820 herum entstanden sein.
Ich fürchte, ich brauche auch etwa 150 Jahre, bis ich es endlich rasurscharf habe. Es gelingt mir einfach nicht.
Ein Tip: der GBB ist offenbar kontraproduktiv. Immer nach dem tausender, wo es ziemlich scharf wird, macht es der gelbe belgische Brocken wieder total stumpf.
Muss irgendwie am Gefüge liegen. Es ist recht grob mit einschlüssen und lunkern und Blasen gefertigt.
Ich bin gespannt, auf Deine Schärferfahrungen damit!

moviemaniac

@Iltis: Sehr schönes Messer. So eins hab' ich auch, aber noch etwa 20-30 Jahre jünger. Deines schätze ich auch auf etwa 1815-1825, nicht viel später, denn da kam dann schon sehr schnell der SilverSteel auf den Markt und das Messer zeigt noch sehr schön die Übergangsphase von der Keilklinge her.
Meine Erfahrungen decken sich mit deinen: Lässt sich rasant schnell schärfen, hält einen tollen Grat und ist super bei der Rasur (ja, meins riecht auch nach Eisen...). Halte es in Ehren!

@UbuRoy: Da hast du wohl einen schlechten Stahl erwischt. Meins hab' ich übrigens mit 1000er/4000er/6000er/Thüringer geschärft, damals hatte ich noch keinen BBB oder GBB...

Iltis

#3
@ Uburoy,
Ich stimme dir zu, was GBB betrifft, mein Schleifvorgang ist immer 1000er-6000er (Suntiger Kombistein), dann GBB, Zahnpaste zum polieren dann Pastenriemen und Ledern, wenn das nicht klappt, gehe ich zurück auf ein Thüringer (MST), wobei ich mit Rückwartsschübe irgendwelche Gratresten entferne, dann nochmal schärfen, polieren und Paste/ledern. Ich bekam der Bengal erst mit der Thüringer scharf.
Dein Datierung möchte ich aber bezweifeln. Meines wissens (Standard Guide to Razors), gibt es schon ab 1800-1810 Rasiermesser mit facettierten Angel, die länge der Erle spricht für eine spätere Datierung, aber die assymetrische Klingenform lässt mich das Messer wiederum früher datieren wollen - normalerweise wurde ich erwarten von ein Messer das zu der Mitte des 19Jh. tendiert, das Schneide und Rücken parallel zueinander laufen, die Keilförmige Messer sind eher früher. Wäre es ein "No Name" Messer, würde ich dir zustimmen mit eine spätere Datierung, aber bei ein Bengall, würde ich erwarten, das der Produktion sich schon an die Mode der Zeit hält. Oder vielleicht ist es ein "Raubkopie", wie ich vorher erwähnt habe. Dann könntest du recht haben. In allgemeinen würde ich es schön finden, wenn man über die datierung von alte Messern sich austauscht; ist ein Thema was mich sehr interessiert.

@ Moviemaniac: Freut mich, das deine Erfahrungen sich mit meinen deckte - gell, das ist komisch, das mit der Geruch, rostet dein Messer auch so schnell?

Grüß
Iltis  
de gustibus, aut bene aut nihil

moviemaniac

Nein, mein Messer rostet eigentlich gar nicht. Mein Elliott Cast Steel auch nicht. Liegt aber vielleicht daran, dass meine Messer sehr trocken im Arbeitszimmer lagern.

Iltis

@ Moviemaniac: Mit "rosten" habe ich mich schlecht ausgedrückt, ich meinte damit, das die Oberfläche schnell "anläuft" und man könnte es immer wieder nachpolieren - ich lagere meine Messer auch in eine trockene Umgebung, aber dieses mattwerden habe ich bei kein anderen Messer beobachtet. Ich habe eine andere "Cast steel" (No Name), der auf fertigstellung wartet, aber es behält eine schöne Oberfläche, in Gegensatz zu dieses Messer. Vielleicht liegt es an der Vergewaltigung durch der "Scherenschleifer".
Grüß
Iltis
de gustibus, aut bene aut nihil

moviemaniac

Achso, also anaufe tut meins auch, das ist die normale Oxidation. Aber es scheint verschiedene Cast steels zu geben, ich habe noch ein jüngeres Bengall Cast Steel, das bleibt blitzblank.  ???

redmatze

Hallo zusammen,
hab mich hier angemeldet und hänge mich einfach mal dran. Bin 38,verh. und rasiere mich seit ca. 3 Monaten mit Begeisterung mit dem Messer. Ich bin logischerweise schon länger heimlicher, begeisterter Leser und finde es erfreulich, dass es so ein Forum gibt. Ich komme mit der Rasur mittlerweile ganz gut klar (Dank dem Forum) und habe doch gleich ein anderes  Anliegen:
Ich habe beim angeln ebenfalls ein Bengall erwischt.


Und habe leider mit dem guten Stück einem Problem: das Heft/Schale. Es sieht einfach versüfft aus und na ja, seht mal selber.
Vorderseite:

von hinten:


Ich hoffe, dass das mit den Bildern klappt!
Vorallem die Vorderseite ist wesentlich dunkler als die Rückseite (unterschiedliches Material ?). Einerseits, wenn ich hier lese, wie alt das gute Stück sein könnte, wird mir ganz anders und möcht`s so lassen wie es ist (wenn bloß nicht diese doofen Flecken wären`!?).  Die Rasur war spitzenmäßig!
Was würdet Ihr machen?
Hat schonmal jemand  sowas sauber bekommen, geht das überhaupt?
Für Kommentare,Tips, Anregungen und Links wäre ich dankbar!
Viele Grüße aus dem sonnigen Baden
Der Mund des Menschen, ist oft gefährlicher
als der Rachen eines Tigers.

harrykoeln

Auf meine Bengalls freue ich mich auch. Sind aber auch einfach nur schnuckelige Dinger.

Die Sache mit dem GBB hab ich auch schon einige Male beobachten können. Scheinbar wurden die Messer erst schlechter, signifikant schlechter als vorher. Allerdings gehe ich auch oft andersherum an die Sache. Erst den GBB und dann den BBB. Da haben schon einige Kinken, die nach dem GBB zunächst die Flügel haben hängen lassen, erst so richtig durchgestartet. Der Fairness halber muss ich allerdings auch dazu sagen, das auch das bei einigen anderen gar nix genutzt hat.

@redmatze
das zweite und dritte Bild zeigen deutlich die erlmarkierte Seite und ich muss sagen, die Schleifspuren sehen richtig übel aus. Nun muss ich mich auf die Bilder verlassen und würde bei dem Messer erst mal entweder
a) gar nix machen und die guten Rasuren geniessen (ist ja allgemein bekannt, das ich mir lieber von Messern ihre Geschichte anhand ihres Aussehens erzählen lasse, als das ich da einen renovierten und restaurierten, nahezu 200 Jahre alten aufpolierten Spiegel vor mir liegen hab, bei dem das Gesamtbild nicht stimmig ist [aber bitte - das ist mein ureigenstes Empfinden])
oder
b) alles komplett sauber dremeln, alle Riefen rausschleifen und die gesamte Klinge Hochglanz polieren
oder
c) nur die groben Schleifspuren beischleifen und ein bissel überpolieren

Das Hornheft scheint am Keilende nach links verzogen zu sein (wenn Du von der Angel über den Rücken zum Kopf schaust ist links die Seite, auf der der Erl "normalerweise" markiert wird), kann aber bestimmt gut sauber gemacht werden, ne Nacht in nem Ballistolbad und anschließendem polieren mit "000" Stahlwolle oder feiner kann dem auch nicht schaden. 


@UbuRoy
Wenn du magst, kann ich mich Deinem Improved ja annehmen - oder besser, mich ihm stellen. So hartnäckige Brüder hatte ich auch schon einige...

"The two most common things in the universe are hydrogen and stupidity.
There is more stupidity around than hydrogen, and it has a longer shelf life."
Frank Zappa (1940-1993)

Senser

Hallo Redmatze
Das Messer ist doch gemessen an seinem Alter in einem hervorragenden Zustand. Das Heft lässt sich auch relativ einfach "tunen". Ich beginne bei der Aufarbeitung eines Messers sowieso immer mit dem Heft. Ich nehme einen schmalen "Kittspachtel" um den ich einen Stoffstreifen gespannt habe, benetze diesen mit Schleif/Polierpaste und bearbeite zunächst die Innenseiten der Schalen bis aller Grind verschwunden ist. Manchmal muß ich auch mechanich etwas nachelfen und mit einem Werkzeug schaben. Dafür eignen sich einige Teile aus dem "Platinen Besteck" sehr gut. Gibt es bei Konrad Elektronik für 5,-€.
Jetzt die Aussenseiten. Wenn unbedingt nötig, dann schleife ich zunächst mit feinem Schleifpapier 400/ 600er und danach arbeite ich wieder mit der Polierpaste. Lackpolierpaste (Autozubehör) ist dafür hervorragend geeignet.
Wieviel du sowohl an dem Heft als auch an der Klinge polierst solltest du dir aber gut überlegen, denn bei so einem alten Stück hat man auch schnell die Ihm eigene Geschichte wegpoliert.
Gruß Senser

Guilty

#10
Hervoragend zum aufarbeiten von Hornschalen eignen sich spezielle Fingernagelpolitur Feilen die es für kleines Geld gibt.Sie haben in der Regel 3-4 verschiedene Feinstufen die es einem ermöglichen die Schale auch ohne Pasten auf Hochglanz zu bringen.Klappt auch bestens für Holzschalen  ;)


henning

Außerdem begrüße ich Redmatze ganz herzlich im Forum und wünsche ihm schöne Aufenthalte und gutes Gelingen.
Ciao

redmatze

Tausend Dank für Eure Meinungen!!! Das ging ja rasend schnell. Werde  Eure Vorschläge beherzigen!
Gruß redmatze
Der Mund des Menschen, ist oft gefährlicher
als der Rachen eines Tigers.

Iltis

Hallo Redmatze,
Da hast du aber ein guter Fang gemacht! noch ein Bisschen älter als der von mir vorgestellter Bengall, und, wie Senser sagt, in sehr guter Zustand, sein Alter entsprechend. Es ist schwierig von die Fotos genau zu beurteilen, aber es sieht mir so aus, als ob der Oberfläche der Klinge nicht original ist, und das dein Messer, so wie meins, beim "Messerschleifer" zu Besuch war,  das sind die "übler Schleifspuren" der Harry erwähnt hat. Die würde ich persönlich lassen, das ist ein Teil der "Geschichte" des Messers. Sonst wurde ich dir empfehlen Klinge und Schalen zu reinigen - zu die Schalen sind genug gute Vorschläge gemacht worden, beim Klinge würde ich Schmutz und Rost mit feinem Stahlwolle (Malerladen) entfernen - Stahlwolle hat für meine Meinung nach der Vorteil über Schleifpapier, dass es härter als Dreck und Rost ist, weicher aber als Messerstahl, während man mit Schleifpapier der Stahl sehr leicht mitanschleift, sowas finde ich schade. Danach würde ich mit Elsterglanz oder eine andere feine Poliermittel polieren. Wieviel und wie gründlich ist, wie man schon in diesen Thread schon lesen kann, Geschmackssache.
Grüß
Iltis
de gustibus, aut bene aut nihil

UbuRoy

Zitat von: harrykoeln am 20. August 2008, 08:00:23
@UbuRoy
Wenn du magst, kann ich mich Deinem Improved ja annehmen - oder besser, mich ihm stellen. So hartnäckige Brüder hatte ich auch schon einige...
Moin Harry,

danke für das Angebot! Nehm ich doch glatt in Anspruch, darum mail mir bitte mal Deine Anschrift, vielleicht kommst du ja weiter damit. Eventuell muss tatsächlich mal kräftig getaped werden, um den Winkel zu verändern.
vorher werde ich es nochmal mit meinen Japanern versuchen und dann kannst du dich dran gütlich tun.

Bis dann.