Thema Schärfen: Schneidfacette, zweite Schneidfacette und Balligkeit.

Begonnen von harrykoeln, 20. Mai 2008, 08:11:11

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El Topo

@pepe
Zitat von: Pepe am 25. November 2009, 15:30:22

Frage: verstehe ich das richtig?
1)Du klebst den Rücken mit einer Schicht Tape ab und schärfst es durch über alle Steine (zwischenzeitiges Erneuern des Tapes ist eh klar)
2) Dann klebst Du eine 2. Lage Tape auf den Messerrücken und machst auf dem letzten Stein zusätzlich rund 30 Schübe? pro Seite unterstelle ich mal ?!
3) Wenn Du auf Chromoxid wechselst, entfernst Du dann das Tape oder lässt Du es auf dem Pastenriemen noch drauf?
4) Beim Ledern auf dem Naturleder ist dann aber kein Tape  drauf ?! oder??


1) genauso mach ich es (Naniwa 1k/3k, BBB, BM Schiefer)
2) Ich mach standardmäßig 100 Züge pro Seite auf dem BM Schiefer mit einer Lage Band
   Nach den 100 Zügen kleb ich noch ein bis zwei Lagen Band zusätzlich auf den Rücken und dann so etwa 30 Züge pro Seite auf dem Schiefer
3) Band kommt auf dem Pastenriemen weg, dafür etwas Durchhang
4) geledert wird auch normal, ich empfehle auch hier einen gewissen Durchhang.
   Ein Stoßholz/Leder auf Holzblock wäre vermutlich ungeeignet, da man aufgrund des 2. Winkels nicht mehr die Spitze (ohne Tape) erreichen
   würde. Beim täglichen Abledern wär auch das ewige Abkleben nervig. Deshalb: Besser Spann- oder Hängerieme

Entsprechend feiner/guter Stein vorausgesetzt, kannst du dir Schritt 3, das Pasten auch sparen und gleich nach dem Stein ledern.
Mit dem BM Schiefer hat es ganz gut geklappt, hab aber bisher auch nur ein Messer so behandelt und befinde es für gut.

Nachtrag:
Ich hab das auch mal mit dem chinesische 12.000er probiert und das ist in die Hose gegangen. Die Messer waren dann brutal scharf, aber eine angenehme
Rasur haben sie mir nicht geliefert. Nach dem Neuschärfen mit dem BM Schiefer war alles wieder ok. Es klappt halt evtl. nicht mit jedem Stein (Vielleicht lag es aber auch nur an meinem speziellen Exemplar des 12k, der mich insgesamt nur wenig überzeugt hat.)
Schöne Grüße aus dem Maulwurfshügel!


Iltis

Zitat von: Tim_gs am 25. November 2009, 16:50:00
Ich hab da eben mal etwas Dokumentiert. Ob es nützlich, hilfreich oder nicht zu gebrauchen ist, könnt ihr ja entscheiden.

Habe ich - das ist Toll - danke!!

Eine Frage - du schreibst, du benutzst Polierrot als Paste, wo hast du es her?

Gruß
Iltis
de gustibus, aut bene aut nihil

Tim_gs

Das Polierrot habe ich hier erworben.
http://www.goldschmiedebedarf.de/

Das Pulver habe ich mit Lederfett vermischt welches ich auf einen Riemen aufgetragen habe. Das Fett zieht sehr schnell in das Leder ein und was übrig bleibt ist eine schöne schicht Polierrot. Wenn man das Gemisch mal zu dick aufgetragen hat, dann hilft wärme dabei das es noch schneller einzieht.

Iltis

de gustibus, aut bene aut nihil

Pepe

@El Topo @Dullblade   ...habe gestern meinen Neuzugang, ein 5/8" Tennis-10 von Fritz Bracht, mit einem Tape auf dem Rücken (natürlich zwischenzeitlich immer wieder erneuert) über den 1k, 3k, 5k, 8k und 10k geschoben. Anschließend ein weiteres Tape auf dem Rücken angebracht und dann nochmals 30 Schübe auf dem 10k gemacht. Dann 15 x pro Seite auf Chromoxid und anschließend auf Leder abgezogen. Der Haartest funktionierte mit den feineren Haaren meiner Frau locker 3 cm über dem Haltepunkt. Ich musste die Klinge nur gegen das Haar drücken und schon machte es "PLINNNG"
Toll, das man immer wieder was dazulernen kann.
Heute war die Rasurpremiere mit dem Messer. Ich hatte selten eine so sanfte Messerrasur. Das sie trotzdem äußerst gründlich (Babypopoglatt) war, spricht natürlich für die Theorie des doppelten Abklebens  dh:
Jetzt werde ich meine übrigen Messer so nach und nach der gleichen Behandlung unterziehen. Außerdem wird das ab sofort Standard beim Messerschärfen.
Meine bisherigen Schärfergebnisse haben mich ja schon sehr zufriedengestellt...die Rasuren waren immer sanft und gründlich und die Messer haben schon immer drei Durchgänge locker mitgemacht von der Standzeit...
...aber jetzt...na-ja jetzt ist es eben noch einen großen Tick sanfter geworden. Ich gehe mal davon aus, dass sich das bei meinen anderen Messern genauso zeigen wird.

@harrykoeln  ...der Hinweis mit dem Anreiben von Schärfsteinen der unterschiedlichen Körnungen ist sehr gut dh: Auf sowas muss man ja auch erstmal kommen. Das werde ich auch als Standard in meinen Schärfablauf aufnehmen.

harrykoeln

Ich will nicht der Spielverderber sein, aber Vorsicht Vorsicht.

Auch hier gilt: mehr schafft nicht unbedingt mehr. Im Frühjahr dJ hab ich angefangen, mehr über diese 2. Facette nachzudenken. Ich hab mir überlegt, das der Chromriemen die aber eher nach einem Zufallsprinzip erzeugt, nicht jeder hat jeden Tag eine identische Spannung auf dem Riemen, heute was mehr Druck auf der Klinge als morgen. Und so stellte ich mir die Frage: wie kann ich mit einfachen Mitteln die Arbeit des Chromleders vorbereitend unterstützen. Das war quasi mein Einstiegsgedanke.

Der Einstiegspunkt musste ganz klar sein, Messer sind komplett fertig auf den Steinen, bestehen den Haartest rudimentär vom Stein runter, ohne groß zipzap in der Nähe des Haltepunktes (Show beiseite, da gehts wirklich nur um die Frage, hab ich auf allen Stellen der Schneide bis ganz vorne durchgeschärft) und würden jetzt normalerweise geledert.

Erste Versuche eine Lage dünnes Klebeband, 10 Züge.... bis drei Lagen und 50-100 Züge nebst einigen Permutationen dazwischen. Das ging so weit, das ich ne echte dicke 2. Facette rangeschliffen hab.
Im Sommer hab ich mich dann einige Male mit El Topo ausgetauscht und wundervoll gefachsimpelt, war super konstruktiv und hat mächtig viel Spaß gemacht. Er hat seine Ideen mit eingebracht und sozusagen rezeptfertig weitergeführt. Congratulations my Friend, you've done a good job!

Ich für meinen Teil habe die besten Ergebnisse erzielt, und hier meine ich etwa das PLV, also mit dem geringsten Aufwand den größten Nutzen rauszukitzeln, wenn ich zwei Lagen dünnes oder eine Lage mittelprächtiges Klebeband auf den Rücken bringe und nochmal etwa 20 Züge pro Seite fast ohne Druck auf dem Finisher mache. Hört sich nach fast nix oder sehr wenig an, aber probierts aus, less is more...
Anmerkung: Da ich so nicht wirklich "durch"schärfe, muss der Steinhaartest danach nicht mehr zwangsläufig gelingen, wird es aber sicher in 60-70% der Fälle. Dann das Chromleder keinesfalls zu straff halten, und darauf dann die "normale" Lederäktschn.
Seit der Aktion arbeite ich generell mit sehr, sehr viel mehr Durchhang beim Ledern. Bestes Beispiel ist da das Forumsmesser 2009! Die habens Leder mit 2,5-3cm Durchhang bekommen. Wie sagt Johannes B. Kerner noch so schön? Weils funktioniert...
Ausserdem sehe ich einige Dinge völlig anders:
1) bekomme ich Stehhaare wenn ich höre, Anfänger und CrxOx Riemen.
2) hab ich lieber 70 richtig geile Rasuren mit nem Messer als 150 Solalalene
3) kann ich mit nem CrxOx Hängeriemen ein müdes Messer überhaupt nicht aufpimpen


"The two most common things in the universe are hydrogen and stupidity.
There is more stupidity around than hydrogen, and it has a longer shelf life."
Frank Zappa (1940-1993)

Tim_gs

Ich verwende zum abkleben der Messer Teflontape, ich weiß nicht wo man das drausen in der freien Natur kaufen kann aber wir verwenden das Tape um angescheuerte Kabel temprär zu reparieren bzw. um Zugentlastungen herzustellen.

Das Tape ist sehr dick und hält einen kompletten durchgang auf den Steinen bestens durch und durch die dicke muß man nicht mehrere lacken kleben, eine zusätzliche schicht Tape reicht da aus.

Ich denke ich werde demnächst mal einen erfahrenen Messerschleifer eine kleinigkeit von dem Tape zukommen lassen.

Adler1

@harrykoeln
Meine Erfahrungen zum "Einrasieren":  
Ich zitiere mich selbst:
Zitat...er rasiert von Mal zu Mal besser... Es zippt nichts. Entweder habe ich den Messer "einrasiert" oder habe mich abgehärtet.

@Pepe
Zitat von: Pepe am 26. November 2009, 07:26:24
@harrykoeln  ...der Hinweis mit dem Anreiben von Schärfsteinen der unterschiedlichen Körnungen ist sehr gut dh: Auf sowas muss man ja auch erstmal kommen. Das werde ich auch als Standard in meinen Schärfablauf aufnehmen.
Habe ich was verpasst? oder war es in anderem Beitrag? Was meinst du mit "Hinweis mit dem Anreiben von Schärfsteinen der unterschiedlichen Körnungen"?
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Gruß, ^^(°v°)^^ Adler1


Dullblade

Mal wieder angeregt durch diesen Thread bin ich mit meinem Japaner nochmal über meinen Abschlußstein. Erst eine Zeitlang im Verhältnis 3-5/1, um die erwünschte einseitig geschliffene Klinge zu erhalten. Eigentlich ist die japanische Klingenform ähnlich der einseitig geschliffener, japanischer Küchenmesser! Die glatte Seite (die nur einen sehr flachen Hohlschliff zeigt, die Omote Seite) hab ich also öfters malträtiert als die Ura Seite, die uns Europäer eigentlich als die wichtigere vorkommt. Rasiert wird angeblich eigentlich nur mit der Omote-Seite, was aber bei der Selbstrasur ja gar nicht funkioniert!
So und jetzt kommt die Neuerung, ich habe eine Lage Klebeband ausschließlich auf die hohle (Ura) Seite geklebt und dann meine letzten Zuge, vielleicht 20 damit durchgeführt, eben um den 2.ten Abschlußwinkel nur auf einer Seite hinzukriegen! Stein war natürlich mein Low-Cost Nakayama. Dann gings auf kurz auf Eisenoxid, Omote Seite stark gespannt, Ura Seite durchhängend, dito auf meinem 1. Lederriemen und auf meinem 2ten. Ja, ich habe zwei, der erste ist aus Leder vom Sattler, keine Ahnung welches, aber er ist eigentlich absolut hervorragend, es ergibt beim Abziehen einen gewissen Zug. Der zweite ist eine prima Rindleder, der sehr sehr fein agiert.
Heute früh die Rasur. Der Japaner wurde noch einen Tacken sanfter. Mittlerweile macht er richtig Spaß. Wenn ich an die erste Rasur denke, wird mir im Nachhinein noch schlecht, was ich damals in der Euphorie gar nicht so erkannte. Harry kennt das Teil auch, auch bei ihm war die Erstrasur merh als enttäuschend.
Kurzum auch bei Japanern ist die Methode empfehlenswert, wenn Sie auch der Klingenform adaptiert werden sollte.
Zusammengefasst kann ich sagen, dass ich bis dato bei keinem Messer negative Erfahrungen mit dieser Methode erlebt habe. Im Extremfall blieb ein Messer auf seinem Niveau, fast alle wurden besser und hielten noch länger durch und das gerade bei meinen Sauborsten am Kinn!

harrykoeln

Zitat von: Dullblade am 27. November 2009, 08:33:43
...Zusammengefasst kann ich sagen, dass ich bis dato bei keinem Messer negative Erfahrungen mit dieser Methode erlebt habe. Im Extremfall blieb ein Messer auf seinem Niveau, fast alle wurden besser und hielten noch länger durch und das gerade bei meinen Sauborsten am Kinn!

Genau das ist doch springende Punkt...
"The two most common things in the universe are hydrogen and stupidity.
There is more stupidity around than hydrogen, and it has a longer shelf life."
Frank Zappa (1940-1993)

UbuRoy

Na, nu muß ich auch noch mal... Auch wenn ich anderer Meinung bin.

Das mit dem zweiten Winkel hört sich ja eigentlich recht logisch an, nur gebe ich zu bedenken, wenn Ihr danach sowieso noch auf den ChroMo Riemen geht, egalisiert Ihr genau diesen winkel wieder auf die übliche (und notwändige) Balligkeit. Der entstehende Grat unterscheidet sich laut meiner Erfahrung nach nicht von Graten, die mit zweitem Winkel geschärft wurden.

Der Winkel ist dann nach dem Pasten sowieso wech. Ihr spart nur ein paar Züge auf den Riemen, um an das Ziel zu gelangen, weil die Klinge von vorherein schon einen passenderen Winkel hat.
Und das Ergebnis brachten mir auch die Mikroskop Bilder. Vorher zweiter Winkel, nach dem Pasten kein zweiter Winkel mehr, sondern die übliche (gute) Schneide und Grat.
Was Sanftheit angeht, halten ich die meisten Eindrücke diesbezüglich eher für abhängig von der Tagesform und größtenteils für rein Subjektiv.

Ich hab ziemlich lange damit 'rumexperimentiert und mikroskopiert. Und für mich befunden, das es nix brachte, außer das ich auf dem Chrom Riemen einige Züge weniger machen mußte, um endgültige Haartestschärfe zu erreichen wenn ich vorher einen 2. Winkel anbrachte.

Adler1

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Gruß, ^^(°v°)^^ Adler1

Dullblade

Zitat von: UbuRoy am 27. November 2009, 09:03:20

Ich hab ziemlich lange damit 'rumexperimentiert und mikroskopiert. Und für mich befunden, das es nix brachte, außer das ich auf dem Chrom Riemen einige Züge weniger machen mußte, um endgültige Haartestschärfe zu erreichen wenn ich vorher einen 2. Winkel anbrachte.


Das ist aber ein Unterschied, meist brauch man Chromoxid gar nicht mehr und Pasten mit Chromoxid ist
eine Erfahrungssache. Hier muss der Durchhang letztlich absgeschätzt werden, um das Ziel zu erreichen. Der 2. Winkel mit Klebeband abzuschleifen ist eine Sache, die auch einem Ungeübten leicht gelingt. Das Klebenband ist einfach definierter als ein Riemen. Letzlich wir damit ja ein sog. Multi-Bevel Schliff erzeugt, und mit dem feineren Pastenriemen (ich geh meist nur noch auf  Eisenoxid, der 2te Winkel wird dabei vielleicht noch ergänzt zu einem 3. Winkel. Zusätzlich kann man viel sicherer einen eventuell vorhandenen Restbart entfernen. Der Aufwand ist echt begrenzt und eine 2 Minuten Sache, was die Zeit für Chromoxid mehr oder weniger ersetzt. Letzlich ist die Sache viel mehr foolproofed.

Iltis

Zitat von: UbuRoy am 27. November 2009, 09:03:20

Der Winkel ist dann nach dem Pasten sowieso wech. Ihr spart nur ein paar Züge auf den Riemen, um an das Ziel zu gelangen, weil die Klinge von vorherein schon einen passenderen Winkel hat.
Und das Ergebnis brachten mir auch die Mikroskop Bilder. Vorher zweiter Winkel, nach dem Pasten kein zweiter Winkel mehr, sondern die übliche (gute) Schneide und Grat.


Bei die Bilder von Tim_gs ist die 2. Winkel nach Paste und Leder sehr klar zu erkennen. Vielleicht ist deine 2. Facette zu klein geschliffen?

Gruß
Iltis
de gustibus, aut bene aut nihil