Probleme mit neuem Thiers Issard

Begonnen von Gestriger, 19. Januar 2011, 08:37:17

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Gestriger

Hallo zusammen, da dies mein erster Beitrag ist kurz zu mir: Ich heiße Dirk, bin "um die 40" und rasiere mich seit ca. 5 Jahren mit Hobeln (Favorit ist der Merkur Progress mit Feather Klinge). Da ich seit ca. 2 Jahren schon mit der Messerrasur liebäugle, und auch mit der besten Ehefrau der Welt darüber gesprochen habe, kam es wie es kommen musste.

Seit Weihnachten nenne ich ein Thiers Issard Messer mein eigen.

Und hier gehen die Probleme los. Ein bisschen mehr zu meinem Hintergrund: Ich komme aus dem Metallurgie-Bereich, habe also ein gewisses Maß an Hintergrundwissen was Stähle, Eigenschaften, Wärmebehandlung, Verformungsbehandlung usw. angeht. Auch schärfe (und teilweise schleife) ich meine Küchenmesser schon seit ca. 10 Jahren. Aber ich fange am Besten von vorne an:

Nun hatte ich dieses wunderschöne TI Messer (ein Dos Festonne, Aigle, Schlangenholzschalen) in meinen Händen und es war soweit weg von rasurfertig, wie ein Messer nur sein kann. (Ich würde mich lieber mit meinem Lieblingskochmesser rasieren, als mit dem TI im Auslieferungszustand).

Nachdem ich mich hier eingelesen habe, soweit wohl nichts ungewöhnliches. Problem erkannt, das Messer muss erst mal geschärft werden. Wie ich schon sagte, meine Erfahrungen liegen bei Kochmessern, mein "feinster" Stein war ein 3000 Naniwa Workstone in, ich sage mal "Kochmesserschleifstein"-Zustand.

Lange Rede kurzer Sinn, neue Steine müssen her. Also, (aufgrund der eigenen guten Erfahrung mit den Workstones) auf Naniwa SS gegangen, von 220-12.000 (220, 1000, 2000, 3000, 5000, 8000, 10.000, 12.000 plus grobe und feine Abrichtplatte) durch diverse Kombisteine alles abgedeckt. Aber Bestellungen dauern und die Neugier ist groß.

Also zunächst mal das TI unter meinem Metallux angeschaut: Hm, die Facette war ballig, der Schnittwinkel ca. 30-40°. Fande ich für ein Messer jenseits der 200€ schon etwas seltsam.

Wie auch immer, ich war (bin) mir mehr als bewusst, dass Kochmesser und Rasiermesser so was wie "Bolzplatz" und "Championsleague" sind.

Nie im Leben wäre ich mit dem TI auf die Workstones gegangen. Aber es gibt ja noch die Bucht. Ein Messer für 8,99 gekauft (habe inzwischen einiges über "Best Brand" gelesen, das meiste stimmt ;) ) und erst mal mit den Workstones gespielt.

In diesem Zusammenhang ein Rat von einem Rasiermesseranfänger an andere Anfänger: Die Messer für 8,99 sind Schrott, aber eine hervorragende Möglichkeit mit etwas "rasiermesserähnlichem" am Stein zu üben. Aber erwartet nicht die Dinger auf wirkliche Rasurschärfe zu bringen. Wenn irgendjemand dieses Best Brand auf echte Rasurschärfe bringt ohne ein 2/8 daraus zu machen, den werde ich Zeit meines Lebens mit "allmächtiger Meister" ansprechen. Wenn man sich die Klinge anschaut und den Rücken als Referenz nimmt, ist die Schneide ca. 2-3 mm von der Mitte versetzt. Und damit nicht genug, wenn man über den Rücken vom Kopf in Richtung Erl peilt ist die Klinge/Schneide auch noch tordiert. Wie auch immer, zum üben der Bewegungen gut und aus meiner Sicht definitiv zu empfehlen.

Zurück zum Thema, mein Thiers Issard. Nun waren die Steine da, aber irgendwo konnte ich mich nicht durchringen mit dem neuen TI anzufangen. Immerhin kam es von der besten Ehefrau der Welt. Also in der Bucht ein älteres (ca. 15 Jahre) gebrauchtes TI ersteigert (leider nicht für 8,99 :( ). Nach kurzer Wartezeit kam es an, ebenfalls Schlangenholzschalen, etwas andere Klinge, aber schön und schön stumpf.

Betrachtung unter Metallux, einige Ausbrüche (größter war 0,3-0,35mm), Breite der Facette einigermaßen gleichmäßig. Da mein erstes echtes Rasiermesser auf dem Stein: Rücken abgeklebt, 1000er Stein, schönen Schlamm gemacht (mit Nagura), und erst mal 40 Schübe (20 pro Seite). Wieder unters Metallux, und siehe da, aus den 0,3-0,35 sind 0,29-0,34mm geworden. Dazu muss ich gestehen, dass ich wahrscheinlich in einem Jahr bei so einem Messer mit 40 Schüben deutlich mehr abtragen werde, aber ich lerne ja. Im Moment erfolgt der Andruck des Messers am Stein an der Schneide/Facette nur durch das Eigengewicht. Ich stabilisiere/führe nur vom Rücken aus, ohne irgendwelchen Druck. (Wichtig für das eigentliche TI um das es geht, dazu später). Naja, nach ca. 2h, 1,5m Isolierband, und ca. 800-1000 Schüben war der letzte Ausbruch weg, nur noch eine feingezahnte Facette. Danach ca. 100 Schübe ohne Schlamm auf dem 1000er, Zahnung wurde feiner, dann kam der 3000er (erst mit dann ohne Schlamm), dann der 5000er (mit und ohne Schlamm), dann der 8000er (ohne Schlamm), der 10.000er und am Schluss der 12.000er(wobei das mehr ein drüberstreicheln war, der 12.000er fühlt sich (wie hier schon berichtet) viel härter an als der 10.000er).

Haartest ging einigermaßen, 50 mal von jeder Seite über das Leder, Haartest machte "Pling" bei der leichtesten Berührung. Ich könnte jetzt auf meine erste Rasur eingehen, aber falscher Bereich im Forum. (Kurz und knapp, bei weitem nicht der "Babypopo" den ich von der Feather gewohnt bin, aber ähnlich wie mit einem Systemrasierer, abgesehen von einem derben Schnitzer. Insgesamt viel sanfter. Fürs erste Mal gar nicht schlecht, und man ist ja lernfähig ;).

Jetzt habe ich ziemlich weit ausgeholt, komme aber zu meiner eigentlichen Frage:

Beim schärfen des neuen TI der besten Ehefrau der Welt habe ich grosse Probleme: Meine Schleiftechniken habe ich oben beschrieben, zusätzlich schließe ich jeden Stein mit Kreuzschliff ab, um am nächsten Stein zu sehen, dass die gesamte Facette wieder feinere gerade Riefen aufweist. Und ich schiebe ohne jeden Druck im Bereich der Facette.

Jetzt zeigt sich aber bei dem neuen TI, dass sich im mittleren Bereich der Klinge (also Mitte zwischen Kopf und Erl) auf der einen Seite die Facette mit einer Breite von ca. 0,2mm entwickelt, auf der anderen Seite ca. 0,6-0,8mm (was der Facettenbreite auf beiden Seiten im Kopf- und Erl-Bereich entspricht. Obendrein ist die Oberflächenstruktur der Facette auf der Seite, wo sie sich ca. 0,2mm entwickelt, seltsam. Ohne zu ätzen kann ich es nicht mit Bestimmtheit sagen, aber vom Schleifbild würde ich auf eine einseitige extreme Ansammlung von Karbidausscheidungen tippen, was das Schleifverhalten erklären würde.

Meine Frage ist nun, soll man so was bei einem so teuren Messer hinnehmen? Ich bin mir sicher, das ich in langen Schleiforgien die Facette durch entsprechenden Druck hinbekomme, aber ist das Sinn der Sache? Vielleicht liege ich ja auch völlig falsch, vielleicht sind diese (nach meiner Meinung Karbidansammlungen) normal und man muss beim Schärfen, je nachdem wie sich die Facette ausbildet, gezielt Druck auf die entsprechenden Bereiche ausüben.

Versteht mich nicht falsch, Kochmesser schärfen hatte für mich schon was beruhigendes, fast meditatives. Und bei den Rasiermessern ist es noch entspannender den Stahl auf dem Stein zu fühlen, zu hören, zu sehen in welchem Bereich der Facette der Schlamm/das Wasser sich "komisch" verhält. Danach unter das Metallux, die Enttäuschung, dass der Ausbruch immer noch nicht weg ist, oder auch die Freude den ursprünglichen Ausbruch nicht mehr zu finden. Dann der nächste Stein, zu hören zu fühlen wie alles sanfter wird. Unter dem Mikroskop die Entwicklung der Facette zu verfolgen. Einfach nur entspannend.

Da ich meine Geld nie mit (Rasier)Messer schärfen verdienen werde und einfach die Entspannung beim Schärfen genieße, habe ich kein Problem damit mich an einem Samstag Nachmittag/Abend 5h mit einem Messer zu beschäftigen.

Ich bin nur etwas ratlos, ob solche unterschiedlichen Gefüge Grund für eine Reklamation (bei einem TI für 250 €) sind, oder ob es einfach die Norm ist und ich versuchen soll die eine Facettenseite durch leichten, gezielten Druck in Form zu bringen.

Sorry das es so lang geworden ist, aber vielleicht kommt ja der eine oder andere Hinweis der mir weiter hilft.

P.S. Ich weiß das die meistens von Euch denken 800-1000 Schübe auf dem 1000er sind overkill, aber noch mal, ich taste mich langsam ran. Im Moment ist der einzige Andruck im Bereich der Facette das Eigengewicht. Ich habe einfach zuviel Ehrfurcht vor diesen so fein ausgearbeiteten Klingen. Ein völlig runtergerittenes Kochmesser schärfe ich in 10-15 Minuten auf Rasierschärfe (nicht Haartest, aber am Unterarm fliegen die Haare nur so weg). Ich bin blutiger (im wahrsten Sinne des Wortes wenn ich an meine erste Messerrasur und den oben erwähnten Schnitzer denke) Anfänger, was das schärfen von Rasiermessern angeht.


Viele Grüße,

Dirk

Anbei 2 Bilder zur Verdeutlichung, beide im Auflicht bei 200-facher Vergrößerung (zum Vergrößern bitte anklicken):

1. Die "gute" Facettenseite:


2. Die "Problem" Facettenseite:


Lu-Ku

Hallo EphraimDirk,
gleich vorneweg: ich habe noch nie ein RM geschärft/geschliffen, wie auch immer.
Deshalb habe ich auch keine Ahnung.

Ich bin aber der Meinung hier mal gelesen zu haben, dass TI-Messer deutlich schwieriger zu schärfen sein sollen als vllt. ein Wacker oder ähnliches.
Müsstest vllt. mal die Suchfunktion bemühen.

Lutz
Das schönste aller Geheimnisse: ein Genie zu sein und es als einziger zu wissen. (Mark Twain)


Razorback

Hallo,

ich bin bei weitem nicht der Schärf - Guru aber dafür Besitzer von zwei historischen 6/8" TI, eins mit Rotholz und eines mit Zierrücken und dunklem Horn. Beide waren, nun ja, "rasurbereit". Mir aber nicht scharf genug, haben immer noch etwas geziept. Also auf die Steine. Da es noch nicht so lange her ist kann ich mich sogar daran erinnern. ;)
40 - 50 Schübe auf dem 1000er Naniwa (kein Kombi-Stein), 50 auf dem 3000er Naniwa (1000/3000 Kombi) 50 auf dem Blauen Brocken ohne Schlamm und 60 auf dem Manufaktum Thüringer ohne Schlamm. Danach 12 -15 Züge auf Stoßriemen mit TI Diamantpaste, 15 -20 Züge Chromoxid, 20 auf der mit weisser Paste behandelten Leinenseite und anschließend so um die 100 Züge auf Leder.
Ergebnis: blonde, feine Damenhaare fallen nahezu geräuschlos (ohne Pling) auch mehrere cm hinter dem Haltepunkt. Die Rasuren damit sind sehr sanft und überaus gründlich.
Über den Zustand der Facette kann ich jetzt nichts besonderes berichten. Mit 30x Lupe sah es gar nicht so schlecht aus. Muß aber nochmal nachschauen.
Vielleicht hilfts ja weiter. ;)

Grüße
Ralf

lesslemming

#4
Hallo Dirk,


eine sehr schöne Ausführung hast du da, hat Spaß gemacht das zu lesen.
Dein Fachwissen und deine Passion wird dieses Forum sicherlich sehr bereichern!
Die Bilder die du angefügt hast sind ein echter Augenschmaus, da stinke ich mit meinem Spielzeugmikroskop ab.
Ich hoffe du kannst uns in Zukunft mit weiteren solchen Bildern versorgen, die sind nämlich eine echte Rarität.

Nun zu deinem eigentlichen Problem.
Ich denke das Hauptproblem ist, dass die Umstellung von Kochmesser auf Rasiermesser alles andere als Trivial ist.
Mir ging es ganz ähnlich, wie dir: Meine Kochmesser waren erschreckend wären meine RM furchtbar waren.
Mit der Zeit verbessert sich deine Technik und du wirst zufriedenstellende Ergebnise bekommen.
Ich würde dir empfehlen als Anfänger nicht auf einem Stein aufzuhören, sondern eine Paste anzuhängen.
Ich empfehle dir eine 28.000 und/oder 60.000er Diamantpaste aus dem Mitgliederbereich (Queenofgems)
oder ein selbstgebauter Chromoxidriemen, hier empfehle ich Chromoxidpigment von Kremer in Kamelienöl oder Balistol suspendiert.
Damit kriegst du zwar eine minimale Balligkeit aber meist noch eine Steigerung der Sanftheit.
Noch etwas: der Haartest ist ein recht mächtiges Werkzeug,
ihn zu interpretieren ist aber schwer, alleins chon wegen der Unterschiede im Testobjekt.
Ich persönlich achte sdarauf dass das Messer nicht pling macht!
Ein Pling zeigt bei mir ein Verhaken und Springen des Haares, was ich mit Ziepen assoziiere ;)
Bei mir müssen die Messer das Haar auf mindestens 0,5-1cm Entfernung vom Haltepunkt,
gegen die Wuchsrichtung mit einem leichten Winkel von ~46° - 90° leicht durchtrennen.
Alles sehr langsam und drucklos, das Haar muss dabei einfach umfallen, nicht tanzen und nicht springen.
So viel zur allgemeinen Schärfe.

Was du noch tun könntest ist die Rasur zu beschreiben (nein, nicht das falsche Forum ;) ).
Denn letztendlich zählt nur ein einziger Faktor: Wie gefällt dir die Rasur?
Ein RM ist kein Feather, oder Hobel. Die Rasurtechnik ist sensibler und du brauchst länger um wirklich gute Ergebnisse zu erzielen.
Besonders wichtig sind das Ledern, der Winkel und Druck beim Rasieren.


Zum Oberflächenphenomen: Natürlich könnte deine Carbidtheorie stimmen,
aber mir kommt ein anderer Gedanke. Schärft man ein Messer mit einem japanischen Naturstein und ordentlich Schlamm,
sieht man unter hoher Auflösung ein ähnliches, mit dem Auge matt wirkendes Muster.
Lange wurde gerätselt woher das kommt, und ich denke es handelt sich dabei um den Schlamm als Übeltäter.
Hier eine  kleine Lektüre

Der Schlamm besteht aus frei schwimmenden Schleifkörpern, die den Stahl nicht in einer graden Linie anritzen,
sondern unregelmäßige und sehr kurze Kratzer hinterlassen.
Als du dein Messer mit Schleifschlamm auf den gröberen Naniwa behandelt hast,
hast du dir (da viel gröbere Steine) auch sehr grobe, aber dennoch kurze Kratzer reingehauen.

Nun ist TI aber ein Sonderfall, da der verwendete Stahl so abriebsresistent ist.
Die Nachfolgenden Steine haben grundsätzlich große Probleme die Kratzer (in deinem fall das Muster) zu entfernen.
Mir passiert bei TI regelmäßig das Gleiche wie dir!
Ich beginne hier meisst mit einem Coticule und Schlamm, der ein solches Muster erzuegt.
Nicht immer kriege ich dieses Muster zufrieenstellend entfernt und meist auch nur auf einer Seite.
Ich halte dafür meine Technik im Auge.

Fassen wir aells zusammen:
Auf der einen Seite der Facette sind die Kratzer noch nicht ganz verschwunden = weniger geschärft = weniger Abgetragen (0.2mm)

Dein problem könnte auf 2 Arten gelöst werden: Entweder du versuchst der 0.2mm) Seite mehr Aufmerksamkeit zu widmen (evtl. mehr Züge)
oder du lässt dein TI von einem Profi (bitte ein Liebhaber aus unserem Forum) auf einen perfekten Zustand bringen und hälst es lediglich scharf

Noch als Anmerkung: Trotz ihrer Zicken sind mir TI-Messer die liebsten. Design und Rasureigenschaften sind einfach gut O0
..:: Wer mit beiden Beinen fest auf dem Boden steht ::..
..:: bekommt nie eine frische Unterhose ::..

Gestriger

Hallo zusammen,

erstmal vielen Dank für Eure bisherigen Antworten.

@Lutz und Piraten-Papa: Das die TI Messer schwieriger zu schärfen sind hatte ich üer die Suche schon herausgefunden. Auch die beiden genannten Threads hatte ich gefunden. Nur mit dem "alten" TI aus der Bucht bin ich (wenn auch mit viel Zeitaufwand) gut klargekommen. Es geht um die schlechte bzw. fast Unschleifbarkeit des neuen TI auf der einen Facettenseite.

@Ralf: S.o., das alte TI habe ich trotz deutlicher Ausbrüche wunderbar scharf bekommen.

@lesslemming: Vielen Dank für Deine Hinweise. Du hast völlig recht, das "Feinste" was ich im Moment habe ist ein 12.000er Naniwa. Die Passion fürs schärfen hat mich erfasst, und meine nächsten Anschaffungen werden mit Sicherheit diverse Pasten sein.

Aber kurz zu meiner Ehrenrettung: Das neue TI (mit den Problemen) ist bei weitem nicht fertig. Ich glaube ich habe nach dem 8000er aufgehört, da es sich im Bereich der Ausscheidungen ohne Druck kein Material abtrage lässt.

Da Du Bilder magst :) , hier ein Bild des "alten" TI mit dem ich mich im Moment rasiere. (200-fach):



Die "Kratzer" die Du ansprichst sind auch hier definitv da. Aber wir reden hier über 200-fache OPTISCHE Vergrösserung. Als Referenz mal 2 Bilder einer nagelneuen Feather, einmal 100, einmal 200-fach:

100-fach:



Der obere Auschnitt (Facetten-Bereich) 200-fach. Man sieht hier deutlich das die Feather eine 2. Fase und sogar eine ganz kleine 3 Fase haben:



So schlecht sieht die Facette des alten TI gar nicht aus, finde ich ;) . Und es rasiert auch gut. (Mehr dazu im passenden Unterforum heute abend).

Zum neuen Problem-TI: Beide Seiten sind gleich oft mit gleichem Druck über die Steine gegangen. Aber auf der Problem-Seite findet selbst mit leichtem Druck an der Klingenseite kein Materialabtrag im fraglichen Bereich statt.

@All bzw. besonders die Schärf-Gurus: Muss ich mit diesen Auscheidungen und damit extrem schlechter Schärfbarkeit auf der einen Facettenseite leben, oder wäre das aus Eure Sicht ein Grund das Messer (mit entsprechenden Mikroskopbildern und Begründung) zu reklamieren?


Viele Grüsse,

Dirk

Geier0815

Ganz dumme Frage: Wenn Du auf der Seite bist auf der sich die Facette gleichmäßig bildet, hast Du dann das Gefühl das die Klinge dann leicht über die Mitte kippelt? Dann könnte es nämlich passieren das Du auf dieser Seite beim Weiterschärfen irgendwann mal in der Mitte eine breitere Facette als an der Spitze und dem Erl bekommst und auf der derzeit schlechten Seite quasi das Negativ dazu. Das kann passieren wenn der Wall ungleichmäßig geschliffen wurde oder das Messer minimal verbogen oder verzogen ist. Laß am Besten einfach mal ein bißchen Licht auf der Klinge laufen, dann siehst Du den Wall und manchmal auch ob dieser wirklich gleichmäßig ist.

Wenn Du dir unsicher bist was es nun ist oder sein könnte, setze dich mit dem Verkäufer in Verbindung und laß dich von dem Beraten. Im Zweifel würde ich das Messer tauschen lassen.

autschn

Zitat von: Gestriger am 19. Januar 2011, 08:37:17
Anbei 2 Bilder zur Verdeutlichung, beide im Auflicht bei 200-facher Vergrößerung (zum Vergrößern bitte anklicken):

1. Die "gute" Facettenseite:


2. Die "Problem" Facettenseite:



Sind die beiden Aufnahemen in der gleichen Auflösung geschossen? Weil die Problemfacette deutlich schmaler ist als die andere. Nicht, dass die ungleichmäßige Verteilung einfach durch eine andere Führung bei schleifen entstanden ist.

hin Abtrag ca. 1 zurück Abtrag ca. 0,1 einfach weil du ohne "Druck" die Klinge über den stein bewegst und dadurch ein unhomogener Abtrag entstand. Sei es nur durch eine leicht andere Führung.

Aber alles in allem, wenn es sich dabei um Einschlüsse handelt, warum sind keine auf der anderen Seite zu sehen, müssten diese nicht überall zu sehen sein?

Iltis

Hallo Dirk,
Insofern, das du selber Schärfversuche an das Messer getätigt hast, denke ich eine Reklamation könnte problematisch sein (bin aber keine Experte in solche Sachen, sind nur meine Gedanken).
Grundsätzlich sind unterschiedlich breite Facettenhälften kein Hindernis dazu, ein Messer rasierfertig zu machen, gibt mir aber zu denken, dass obwohl du meinst in beide Richtungen mit gleichen Druck zu arbeiten, vielleicht ist das nicht der Fall?

Meine Empfehlung: Versuch mit der 1000er Stein gleich breite Facettenhälften anzuschleifen,  vielleicht mit mehr Druck auf die schmale Seite. Behandle aber beide Seiten, das du wieder eine 1000er Schleifbild hast. Leg die 2000 und 3000 Steine zu Seite, und mach mit die 5000er weiter, bis du die 1000er Kratzer auspoliert hast - das wird dauern, aber ich denke mir, wenn du beobachtest was sich tut (mit eine Lupe), wirst du schnell Rückschlüsse auf dein Technik feststellen können - mit die fein abgestufte Steine geht es schneller, aber ich denke, es geht erstmal um das lernen, was man wie tut. Danach der 8000er (wieder mit Lupenkontrolle), dann Paste, Leder und Fertig. Die superfeine Steine sind sicherlich was nettes, aber wenn es mit der 8000er und Paste nicht zu HT und eine angenehme Rasur führt, helfen dir die feinere Steine auch nicht.

Zu Paste - ich mag die Schärfe das man mit Diamantpasten produziert nicht, empfinde ich als "aggressiv" und unsanft - lieber entweder Lesslemmings Chromoxid, oder, meine Empfehlung, Polierrot.

Ich habe nur 2 TIs in der Hand gehabt - beide waren schwierig zu schärfen, und ich möchte selber keins - da gibt es m.E. bessere Rasiermesser, ist aber nur meine Meinung.

Eine letzte Sache; deine Mikroskopfotos sind toll, aber wärend du versuchst, dein Messer scharf zu  kriegen, würde ich in deinem Fall der Mikroskop in die Ecke legen. 20-30X Vergrösserung reicht locker zu sehen was man tut, und man kann sich leicht mit zu viel Theorie verzetteln. Es geht, denke ich, darum, ein gebrauchfertiges Messer hinzukriegen, nicht ein optisch perfekte Facette.

Ich hoffe, das hilft.

Gruß
Iltis
de gustibus, aut bene aut nihil

Gestriger

Hallo mal wieder,

danke für Eure Anregungen.

@Geier0815: Nein die Klinge kippelt in keinster Weise. Deinen Gedanken hatte ich auch schon, aber dann müssten ja auf der "schlechten" Seite Erl und Kopf deutlich weiter abgeschliffen sein, und auf der "guten" Seite müssten Erl und Kopf ähnlich schmal sein wie die Facette auf der "schlechten" Seite im Mittelteil.

@autschn: Ja, die Auflösung ist gleich. Und (wie im Ausgangspost geschrieben) die "Problemfacette" ist ca. 0,2mm, die Normale ca. 0,8mm. Die Führung beim schärfen würde ich ausschliessen, da ich das gebrauchte TI über die gesamte Facettenlänge recht gut hinbekommen habe. Bzgl. der Einschlüsse, rein aus metallurgischer Sicht: Wenn bei Anbringen des Hohlschliffs auf einer Seite eine zu starke Erhitzung erfolgt ist, könnte das zu entsprechenden Ausscheidungen führen. Zumindest theoretisch, ich bin absoluter Neuling was Rasiermesser angeht.

@Iltis: Wie oben erwähnt, das gebrauchte TI habe ich wunderbar scharf bekommen. Auch stimme ich Dir zu, daß es nicht um eine optisch perfekte Facette geht. (Wobei ich beim Schärfen das Mikroskop nur auf 50-facher Vergößerung benutze. Als ich das alte TI geschärft habe bin ich solange über den 1000er bis alle Ausbrüche weg waren. Danach pro Seite 10 mal in Kreuztechnik üer den Stein. Dann mit dem 3000er bis alle Riefen von 1000er weg waren, wieder 10 mal Kreuztechnik usw.) Bei mir ist die Grundüberlegung: Reklamieren oder Richten ;)

Viele Grüße,

Dirk

Geier0815

Kleine Anmerkung zu deiner Technik: Laß das mit den Kreuzzügen und führe die Klinge einfach im 45° Winkel auf dem Stein, dann hast Du auch ein Schärfmuster bei dem Du sehr gut erkennst wann Du auf dem nächsten Stein die Spuren des Alten beseitigt hast.

Ansonsten: Ja es hätte sich eine ungleichmäßige Facette gebildet oder besser bilden können. Ich ging jetzt davon aus das Du unbewußt eine "Schaukelbewegung" gemacht hast um das (unbewußt) auszugleichen und insgesamt zu kurze Zeit auf dem 1.000 warst. War jetzt nur ein Gedanke oder eine Idee wie das Phänomen zu erklären sein könnte.

Wie ich schon schrieb: Wende dich an den Verkäufer, erläutere ihm was Sache ist und entscheidet dann gemeinsam ob das Messer getauscht wird oder Du noch etwas Anderes versuchen kannst/sollst.

autschn

Ganz ehrlich,
die Entscheidung kann dir keiner Abnehmen.

Die Frage ist, wie stehst du zu dem Messer. Siehst du es als Herausforderung oder hat es inzwischen einen Beigeschmack bekommen. Wenn letzteres der Fall ist würde ich es einfach Probieren. Deine Argumentation kannst du mit den Bildern ja super Untermauern. Ob es klappen wird, weiß wohl keiner.

Hast du eigentlich meine PM bekommen?

Balm

Zitat von: Gestriger am 19. Januar 2011, 19:26:29
Bzgl. der Einschlüsse, rein aus metallurgischer Sicht: Wenn bei Anbringen des Hohlschliffs auf einer Seite eine zu starke Erhitzung erfolgt ist, könnte das zu entsprechenden Ausscheidungen führen.

Hallo Dirk,
ich habe selbst ein historische TI und ein Le Grelot, beide habe ich erst ein Mal geschärft. Das ging aber recht flott von der Hand.
Zu den Karbidausscheidungen habe ich so meine Zweifel. Das Messer ist an der Stelle schon ganz schön dünn. Wenn beim Schleifen das Wasser ausgegangen wäre, dann glühen beide Seiten der Klinge. Selbst beim Laserhärten geht man immer mehr als 1/10mm tief rein und so dick ist das Messer da vorn nicht.

Ich habe ein Messer mit ähnlichem Problem, das lag (einfach) daran, dass die Schneide nicht genau in der Mitte lag. Abhilfe: auf der Seite mit der breiten Fase 2 Klebebänder und gut.
Ob das allerdings bei einem nagelneuen TI der Fall sein kann...?????

In jedem Fall lohnt sich die Arbeit. Die Dinger sehen nicht nur gut aus sondern sind wunderbare Rasierer.
Wacker BestTradition 6/8 und FM 2011, Thiers Issard Fox&Rooster, Le Grelot, Bismarck 5/8 und 6/8 und weitere französische und Solinger Klingen.

Gestriger

Hallo zusammen mal wieder,

Ralf (autschn) hat den Nagel auf den Kopf getroffen. Was bedeutet mir das Messer? Sehr viel, da es mein Einstieg in die Messerrasur war, und obendrein ein Geschenk meiner Frau.

Also beschränkt sich die Fragestellung von nun an darauf, wie ich die Facette halbwegs hinbekomme. Alles in allem bin ich sehr zuversichtlich, und ich werde über meine Erfolge/Misserfolge berichten. Dies kann aber ein paar Wochen dauern, da ich ab Ende der Woche für einige Wochen in Asien bin und dort (mal abgesehen von den Augen des Zolls, wenn die 6 Steine und ein Rasiermesser im Koffer sehen ;) ) nicht die nötige Ruhe zum schärfen haben werde.

Auch Dir, Balm, danke für den Tip. Ich werde langsam und mit Geduld die Facette im Mittelteil auf (annähernd) gleiche Breite bringen.

Vielen Dank Euch allen, und ich werde weiter berichten. (Das soll jetzt nicht heissen, daß ich keine weiteren Tips/Hinweise mehr haben möchte :) . Wenn jemand mal was ähnliches erlebt hat (so wie Balm), bitte berichten.

Viele Grüße,

Dirk

lesslemming

ZitatBeide Seiten sind gleich oft mit gleichem Druck über die Steine gegangen

Hierzu der Kommentar: Woher willst du das wissen? Bist du eine Schärf-Maschine?  O0
Der Anpressdruck variiert fast von Natur aus bei den unterschiedlichen Schärfbewegungen (hin- und her)
..:: Wer mit beiden Beinen fest auf dem Boden steht ::..
..:: bekommt nie eine frische Unterhose ::..