Arbeitsweise von Schiefersteinen?

Begonnen von Geier0815, 06. Mai 2010, 21:26:29

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Geier0815

Moin Moin,

ich bin dabei eine Schärfanleitung fürs Forum zu schreiben und bin jetzt darüber gestolpert, das mir die Arbeitsweise von Schiefersteinen nicht ganz klar ist. Ich habe mir dazu zwar eine Theorie gebildet, würde diese aber gerne von euch bestätigt oder widerlegt wissen bevor ich sie in eine Anleitung schreibe und damit andere auf falsche Fährten bringe.

ZitatDas Schleifmittel ist bei diesen Steinen gebrochen und besteht aus vielen kleinen Plättchen die vermutlich zusammen gepresst wurden. Im "neuen" Zustand stehen diese Plättchen zum Teil auch nach oben und tragen dadurch relativ viel aber auch "grobkörnig" ab. Da dieses Schleifmittel relativ weich ist, nutz es sich schnell ab und nun kommt es zu einer interessanten Wandlung: Es liegen jetzt quasi nur noch die Plättchen oben auf weswegen die Höhe nicht mehr so stark ausgeprägt ist was eine Verfeinerung des Scheifbildes nach sich zieht. Die Oberfläche des Steines wird immer glatter, der Stein zwar langsamer aber, in einem gewissen Rahmen, immer feiner. Dabei brechen auch immer wieder Plättchen aus aber nur durch den glatten Stahl des Messers in einem geringen Maße. Deutlich mehr Ausbrüche produziert man durch einen Stein des gleichen Materials mit dem man den Stein anreiben kann. Dies hat zur Folge das der Stein wieder schneller aber auch "gröber" arbeitet. Sämtliche Schiefer-Steine scheinen so zu arbeiten, egal ob es echte alte Thüringer wie zB Escher sind oder auch die zum Teil als Thüringer oder ähnliches angebotenen sogenannten Wassersteine.

Diese Theorie beruht auf meinen Beobachtungen des Verhaltens von Schiefersteinen sowie den von Bartisto im anderen Forum geposteten mikroskopischen Aufnahmen des Schleifschlamms Siehe hier
Wie gesagt wäre mir daran gelegen nicht irgendwelchen wirren Kram zu posten, von daher interessiert mich eure Meinung.

Lord Vader

ich finde es gut, dass du dich dran machst, eine schärfanleitung fürs forum zu schreiben. wenn diese allerdings für anfänger geeignet sein soll, meinst du nicht, dass du gleich zu tief in die materie einsteigst? das ist doch eher der kurs "schärfen für anfänger 3" oder für fortgeschrittene. aber eine tolle idee!


redmatze

Boah eh,
was machst Du Dir Gedanken? Respekt!

Für Anfänger, wie  Lord Vader schrieb, geht das doch etwas zu tief in die Materie, aber klasse Idee. Ich habe mir da noch gar  keine Gedanken gemacht, was da eigentlich passiert beim Schieferstein. Insofern kann ich da nix dazu sagen.
Bin gespannt was Du uns da auftischst.
Grüße
matze



Der Mund des Menschen, ist oft gefährlicher
als der Rachen eines Tigers.

urza

Ich wuerde ehr vermuten das durch das aneinander reiben die plaetchen kleiner werden, mit aufrichten oder so denke ich haengt das weniger zusammen.
,,Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, daß sie allgemeines Gesetz werde."

    – Grundlegung zur Metaphysik der Sitten, S. 421 [Reclam S. 68]

lesslemming

Wenn du Anspruch auf Korrektheit erhebst wirst du einiges in Erfahrung bringen müssen.
Zunächst zu deiner eigentlichen Frage:

Nicht jeder Stein besteht aus Schleifplättchen!
Die Plättchen gelten für Schiefersteine, da deren morphologischer Aufbau eben schiefer(Platten)artig ist.
Daher gilt die Theorie für Schiefersteine uneingeschränkt.
Einen Naniwa Stein wirst du damit aber nicht erfassen.
Das Aluminiumoxid in diesen Steinen ist nicht gepresst, oder platt,
sondern ein Splitter. Unter einem einfachen Mikroskop lässt sich diese Natur gut untersuchen,
anhand von losem SiC in ca 400. Sieht übelst scharfkantig aus.

Hier ist nämlich auch gleich die Crux.
Unterschiedliche Formen und Geometrien beeinflussen das Schleifergebnis.
Nicht die Härte des Korns ist entscheidend (sofern sie deutlich über der des Stahls liegt).

Generell gibt es einige Schleif-Theorien die es zu beachten gilt.
1.) Die mechanische. Der Klassiker, ein Korn dringt mit seinen Kanten in die Oberfläche des Substrates ein, ritzt diesen an und erzeugt eine Reihe von Mikrorissen. Ein rein spanendes Verfahren. Hochgradisch beeinflusst durch die Geometrie des Korns

2.) die physikalische. Sie beruht auf der Annahme dass entweder die partiellen Temperaturen so hoch sind, dass es zu Schmelz-erscheinungen kommt (halte ich für Schwachsinn), oder der Annahme dass Substrate in mikropskopischer Ebene plastische Verformbar sind.
Als Beispiel nehme ich hier immer die Alu-Folie. Versuch mal einer ein 3cm dicken Alu-Stab zu verbiegen
und versuche es gleich danach mit 23µ standart Alu-folie. Das eine ist plastisch Formbar, das andere weniger.
Die Partiellen Drücke und Kräfte beim Schärfen erzeugt durch die winzigen Oberflächen der Körner könnte
einen Materialfluss in mikroskopischen Ausmaßen erzeugen. In Verhoeven ist die Sache gut erklärt

3.) die chemische. Diese Theorie ist difficil. Es ist ein weithin anerkanntes Oberflächenveredlungsverfahren
Materialoberflächen durch Säuren oder Oxidation zu verändern. Dieses Verfahren heißt Beizen (eng. Pickling).
Dabei gibt es einen mehr oder weniger heftigen Angriff auf die Oberfläche, die in ein löslisches Produkt gewandelt und gelöst wird.
Anhand von Ceriumoxid und Glas ist die Sache gut zu erklären.
Ceroxid ist ein hartes Poliermittel das im Verdacht steht eine chemische Reaktion mit den Siliciumatomen im Glas eingehen zu können.
Dabei entsteht eine weiche gut abtragbare (gelartige) Oberfläche. Diese Oberfläche wird nun wie nach Theorie 1 in einem mechanischen Verfahren abgetragen und somit eine homogene und hochdichte Oberfläche erzeugt.

Bisher ist mir kein Verfahren bekannt, bei dem zusätzlich zum mechanischen oder physikalischen Angriff auf Stahl
auch ein Beizangriff beteiligt ist. Das einzige Indiz dass ich habe ist das matte Natursteinfinish der Japaner,
welches eventuell ausgelöst wird durch einen oxidativen Angriff durch den PH Wert des Slurry.
Weiterhin ist mir unklar wie sich ein Beizangriff überhaup auf die Schneide, die wir ja eigentlich erzeugen wollen,
auswirkt. Weiterhin unklar ist überhaupt das Entstehen einer Schneide!
50 Jahre Gilette und Co haben hinter verschlossenen Türen sicherlich Einsichten gewonnen,
von denen wir nur Träumen können...

btw. meine eigene Meinung ist übrigens dass die Wahrheit zwischen 1 und 2 liegt.
Je gröber das Korn desto mehr ist 1 beteiligt, je feiner desto mehr 2
..:: Wer mit beiden Beinen fest auf dem Boden steht ::..
..:: bekommt nie eine frische Unterhose ::..

Senser

Hallo Leute
Ich finde diese Ausführungen ja sehr interessant, frage mich aber, was derart tiefgehende Theorien in einer Schärfanleitung zu suchen haben. Der Einsteiger möchte nur sein Rasiermesser unter einer halbwegs verständlichen Anleitung schärfen und nicht das Gefühl bekommen, erst mal ein Metallurgie nebst Geologie Studium absolvieren zu müssen.
Im übrigen gibt es bereits eine solche Anleitung, die man evtl noch verbessern könnte, aber auf keinen Fall mit allzuviel Theorie überfrachten sollte. Dazu sind doch die einzelnen Diskussionsthreads da.
Diese Anleitung kann nicht soooo schlecht sein, dass sie ersetzt werden müßte, denn warum ist sie sonst auf diversen Home Pages verlinkt oder gar schon zumindest in eine andere  Sprache übersetzt und dort auch in ein Forum gesetzt.
Gruß Senser

harrykoeln

Zitat von: lesslemming am 07. Mai 2010, 08:00:33
Wenn du Anspruch auf Korrektheit erhebst wirst du einiges in Erfahrung bringen müssen.
Zunächst zu deiner eigentlichen Frage:

Nicht jeder Stein besteht aus Schleifplättchen!
Die Plättchen gelten für Schiefersteine, da deren morphologischer Aufbau eben schiefer(Platten)artig ist.
Daher gilt die Theorie für Schiefersteine uneingeschränkt.
Einen Naniwa Stein wirst du damit aber nicht erfassen.
...
Aber genau darum gehts doch hier, um Schiefer. Oder hab ich da was falsch verstanden?

"The two most common things in the universe are hydrogen and stupidity.
There is more stupidity around than hydrogen, and it has a longer shelf life."
Frank Zappa (1940-1993)

Geier0815

Zitat von: harrykoeln am 07. Mai 2010, 11:03:46

Aber genau darum gehts doch hier, um Schiefer. Oder hab ich da was falsch verstanden?



Das hast Du richtig verstanden. Die anderen Arbeitsweisen waren mir soweit schon klar, deswegen hab ich danach gar nicht weiter gefragt. Wobei mir lesslemming mit der chemischen Geschichte noch etwas mir neues aufgezeigt hat, Danke dafür.

@ Senser, Lord Vader ua,

ich habe gar nicht die Absicht die Anleitung von Senser ersetzen zu wollen, die ist nämlich in ihrer Art sehr gut. Vor allen Dingen ist sie praxisbezogen. Ich möchte eigentlich mehr die Hintergründe beleuchten um auch den hier Helfenden etwas an die Hand zu geben worauf sie verweisen können wenn eine Frage wie "welche Steine brauch ich" zum 100sten Mal gestellt wird. Es soll explizit nicht nur um die Frage des "wie" sondern auch des "warum" gehen.

Senser

Zitat von: Geier0815 am 07. Mai 2010, 11:51:36
... "welche Steine brauch ich" ...

Das weiß ich bis Heute nicht. Jedenfalls nicht mit wasserdichten Begründungen. Beispielsweise schwören einige Kollegen auf die Spyderkos, wärend ich meinen nach einmaligem Gebrauch sofort wieder verkauft habe. Andere wiederum nehmen ausschließlich synthetische Steine  wärend die dritte Fraktion ausschließlich mit Natursteinen arbeitet.
Ich zitiere hier nochmal aus deinem Anfangspost:
"Moin Moin,
ich bin dabei eine Schärfanleitung fürs Forum zu schreiben und bin jetzt darüber gestolpert, das mir die Arbeitsweise von Schiefersteinen nicht ganz klar ist. Ich habe mir dazu zwar eine Theorie gebildet, würde diese aber gerne von euch bestätigt oder widerlegt wissen bevor ich sie in eine Anleitung schreibe und damit andere auf falsche Fährten bringe."

Ich denke nach wie vor, dass dieses Thema für sich stehen sollte und nicht in einen Leitfaden zum Rasiermesserschärfen gehört.
Gruß Senser
 

Iltis

Zitat von: Senser am 07. Mai 2010, 09:54:34
...schon zumindest in eine andere  Sprache übersetzt und dort auch in ein Forum gesetzt....

@Senser: Welchen Forum?

Gruß
Iltis
de gustibus, aut bene aut nihil

Senser

Frag Buddel, ich glaub Ungarn.
Gruß Senser

lesslemming

Im übrigen bin ich Sensers Meinung dass im Besonderen für den Anfänger hervorragende Schärfanleitungen, grade hier im GRF als Sticky, existieren!
Sind anfänger nicht besonders lernresistent klappt damit der Anfang fast immer.
Lob daher an den Macher der Anleitung an dieser Stelle  ;)
..:: Wer mit beiden Beinen fest auf dem Boden steht ::..
..:: bekommt nie eine frische Unterhose ::..

Lord Vader

Zitat von: lesslemming am 08. Mai 2010, 08:03:14
Im übrigen bin ich Sensers Meinung dass im Besonderen für den Anfänger hervorragende Schärfanleitungen, grade hier im GRF als Sticky, existieren!
Sind anfänger nicht besonders lernresistent klappt damit der Anfang fast immer.
Lob daher an den Macher der Anleitung an dieser Stelle  ;)

das kann man nur unterstreichen.

Adler1

#13
Zitat von: Iltis am 07. Mai 2010, 17:19:43
Zitat von: Senser am 07. Mai 2010, 09:54:34
...schon zumindest in eine andere  Sprache übersetzt und dort auch in ein Forum gesetzt....

@Senser: Welchen Forum?

Gruß
Iltis

In russischem Forum ist die Anleitung auch drin.
Edit: hier ist der Link:
http://www.britva.ru/articles/sharpen/sharpening_manual.php
_____      ,  ,       _____
Gruß, ^^(°v°)^^ Adler1