Bartmann, zu hart für Bartab? Ist es zu hart, bin ich zu weich?

Begonnen von UbuRoy, 16. März 2010, 07:37:52

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UbuRoy

Moinsen den Herren der gehobenen Schärfkunst.

Es ist mal wieder soweit, ich habe eine Klinge gefunden (inzwischen die Dritte in meinem langen Leben) bei der ich echte probleme habe, sie sanft UND scharf zu bekommen. Ist ein riesiges 8/8 Bartmann Rundkupf mit geschmiedetem Zierrücken.
Es ist schon länger in meinem Besitz und ich habe insgesamt schon drei Schärfversuche damit durch.

Die Klinge scheint unglaublich hart zu sein. Härter als TI, denn die bekomme ich scharf.
Es ist nicht verzogen oder verbogen, die Facette wird perfekt gerade und durchgängig.

Ich bekomme es auch rasurscharf, aber es rasiert sehr ungründlich und außerdem sehr rabiat und rauh.
Ich habe alle möglichen Variationen durchprobiert. Viel pasten, wenig pasten, gar nicht pasten, nur canvas (viel/wenig), Ledern viel/wenig usw.
Auf dem 1000der kein Problem. Geht alls wunderbar.

Aber beim finish kriege ich zwar den Haartest so lala hin, von einer guten Rasur kann aber keinesfalls die Rede sein.
Der Stahl ist ok, keine Mikroausbrüche oder sonst was.

Jemand irgendwelche konstruktiven Tips? Das ist mein einziges Bartmann bisher und mit Sicherheit die härteste Klinge die ich bisher in den Fingern hatte. Heute Nachmittag ist noch einmal eine letzte Session angesagt. Also noch Zeit, mir ein paar Tips zu geben...  dh:

Ach so, hier das Messer:

https://fotoalbum.web.de/alben/joerg_scheffler/Bartmann_1/presentation?startImageId=107085149&startImageCount=1&resetNoFlash=1

urza

auf dem erl steht doch irgentwas mit stahl, das kann man aber bei diesem bild nicht so gut erkennen, lieste es mal vor?

edit: zum schmiederuecken, irgentwo habe ich mal gelesen, das man so perfekt nich schmieden koenne, und das solche ruecken deswegen geaetz werden mussten, weist du da mehr?
,,Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, daß sie allgemeines Gesetz werde."

    – Grundlegung zur Metaphysik der Sitten, S. 421 [Reclam S. 68]

kretzsche

Ja, das war der Herr von Revisor... Der nannte das Tiefätzung.

cu Uwe

wernerscc

Zitat von: urza am 16. März 2010, 17:58:48
auf dem erl steht doch irgentwas mit stahl, das kann man aber bei diesem bild nicht so gut erkennen, lieste es mal vor?

edit: zum schmiederuecken, irgentwo habe ich mal gelesen, das man so perfekt nich schmieden koenne, und das solche ruecken deswegen geaetz werden mussten, weist du da mehr?
Bin mal so frei: Manganese Steel
hab ich gelesen.
Was lange währt wird endlich gut!

Dullblade

Zitat von: UbuRoy am 16. März 2010, 07:37:52


Jemand irgendwelche konstruktiven Tips?

Vielleicht einen weichen japanischen Finisher und dann mit gaaanz wenig Druck arbeiten und im Zweifel danach(!) 1 Lage Klebeband und 20-30 weitere Züge mit dem gleichen Abschlußstein; zumindest hab ich so bis dato meine "rauhen und harten" sanfter gekriegt

Lord Vader

ich habe einen ähnlichen bartmann oder sogar den gleichen??? meiner war aber nur ein sehr gutes 7/8. ich habe ihn bei ebay im "sehr guten" und "rasurfertigen zustand" erworben. leider war das teil nur im vorderen bereich sehr unbefriedigend scharf und direkt über der schneide machte sich ein dicker rostpitt breit. beim neuaufbau der schneide wurde der pit natürlich mit angeschliffen und brach sofort weg. ich musste ca. 1,5 mm der klinge wegschleifen. jetzt ist das messer nur noch ein 13/16tel, rasiert aber wunderbar. geschärft habe ich es damals auf meinem suntiger (king) 1000/6000 kombistein mit chromoxid. ist wunderbar scharf geworden und hat beim schärfen keinerlei probleme im eigentlichen sinne gemacht!

lg

lord vader

Senser

Ich habe das gleiche Messer. Zur Größe hab ich ja bekanntlich meine eigene Sicht der Dinge, deshalb hier mal einfache mm Angaben. Breite gesamt=25mm, Breite ab Beginn der Hohlung=20mm. Meiner Meinung nach also ein sattes 6/8. Die Klinge ist nicht verschliffen so dass ich annehmen kann, dass es sich um die Originalbreite handelt.
Selbstverständlich kann man solche Verzierungen schmieden, denn so filigran sind diese nun auch wieder nicht. Hab da schon ganz ander Rohlinge gesehen.
Zum Thema. Nachdem ich dieses Messer "ganz normal" geschärft hatte, war ich derart begeistert von diesem Teil, dass ich bei nächster Gelegenheit im MH nochmal zugeschlagen hatte, als Guilty ebenfalls so ein Messer verkaufte, und das, obwohl ich gar nicht auf Rundkopf Klingen stehe. Zwar ist es ab Beginn der Hohlung  "nur" 17 mm breit, ist aber ansonsten gleich. Auch die Nr. 504 findet sich auf dem Erl. Dieses Messer ist zwar gut, kommt aber nich annähernd an die Qualität von dem Anderen heran.
Offensichtlich gibt es also starke Qualitätsstreuungen innerhalb der Serien, was aber eigentlich nicht so verwunderlich ist, denn schließlich haben die Hersteller seinerzeit ja nicht die Rohlinge für die Geamtproduktion auf einmal schmieden lassen. Bei der nächsten Charge war vielleicht der Stahl ein anderer, oder beim Härten ist etwas schief gelaufen oder weiß der Kuckuck was da passiert ist.
Und da dieses Problem UBU`s Problem ist, verkneife ich mir irgendwelche Tipps, weil ich davon ausgehe, dass Ubu weiß was er tut, wenn er ein Messer schärft. Jedenfalls wüßte ich nicht, was ich anders machen würde.
Gruß Senser

urza

Zitat von: Dullblade am 16. März 2010, 19:31:18
Vielleicht einen weichen japanischen Finisher und dann mit gaaanz wenig Druck arbeiten und im Zweifel danach(!) 1 Lage Klebeband und 20-30 weitere Züge mit dem gleichen Abschlußstein; zumindest hab ich so bis dato meine "rauhen und harten" sanfter gekriegt
ich glaube auch die standart techniken wird ubo schon kennen. Ich haette das teil auch auf meinen japaner gelegt, und evtl noch n zweiten winkel in die schneide gemacht wenns nich sanft genug is, grossartig mehr tricks habe ich auch nich drauf.

Nur mal so wegen der definitionsfrage, was bezeichnest du als weichen japaner?.
,,Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, daß sie allgemeines Gesetz werde."

    – Grundlegung zur Metaphysik der Sitten, S. 421 [Reclam S. 68]

Dullblade

Ich habe 3 Japaner, angeblich alles "Nakayamas", auf jeden Fall alle aus der Kyoto Region. Obwohl alle gleich beschrieben waren, sind 2 Steine in Optik (Grünlich bräunlich, mit etwas Ocker) und Haptik mehr oder weniger identisch und fühlen sich beim Schleifen irgendwie weich an, der andere (eher blaugrau) vermittelt das Gefühl, man würde auf Glas schleifen. Deshalb der Hinweis auf den "weichen" Japaner. Leider kann ich es nicht besser präzisieren. Meine Ergebnisse sind jedoch mehr als zufriedenstellend.

UbuRoy

Männers, danke für die Tips.

Gestern hatte ich nicht die Ruhe für eine ausgiebige Session. Werde ich dann wohl heute nachholen.

Werde nur weiche Chinesen und Japaner und Null Druck verwenden. Ich denke auch, das da der Hase im Pfeffer liegt.
Ich bin ziemlich sicher, das das eine sehr gute Klinge ist. Der Klang und die Hohlung ist jedenfalls sehr gut, obwohl z.B. mein 14er Fili dünner ausgeschliffen ist.

An der Klinge und am Rücken gibt es noch nicht viel Abtrag und der Stahl ist in der Tat sehr Manganhaltig. Darum nur wenig Oxidation, aber dafür viele Schwärzungen. Mir ist schon oft aufgefallen, das Manganstahl etwas schwieriger beim Schärfen ist, daber WENN der Stahl mal optimal scharf ist, ist es auch eine grandiose Klinge.

Es sind einige seltsame feine Schrammen (die Schwarzen Flächen) auf der Klinge. Keine Ahnung was das ist oder wie die entstanden sind. Sieht merkwürdig aus. Als hätte jemand ansatzweise versucht, da maschinell was zu machen, dann aber rechtzeitig aufgehört, ehe er die Schneide versaut hat. Denke, das tut aber nichts zur Sache.

Der Rücken ist ziemlich sicher nicht Tiefengeätzt, sondern so geschmiedet. Ich glauub schon das ich das erkennen kann. Aber auch das ist ja im Grunde egal.

Ich gebe laut, wenn ichs geschärft und ein-/zweimal durchrasiert habe.

shaved

Die zwei, mit Manganese Steel bezeichneten Klingen, die ich bisher
hatte, haben sich mit dem gbb und pg17 wohl gefühlt. Vielleicht
hilft's.

Größenmessung
Stumpfe Messer schärft man. Schleifen ist etwas anderes.

UbuRoy

#11
So Freunde der gepflegten Barbierkunst.

Gestern habe ich den ollen dicken Bartmann (Klingenbreite überigens 26,x mm). Nochmal bearbeitet.

Es ist wirklich eine sehr harte und empfindliche Zicke. Ich habe noch nie ein Messer so über Steine streicheln müssen wie es.

Folgende Schritte gemacht:

Erst den Grat ab auf einem 6000der antiken Chinesen mit einigen Zügen hin und her.
Ich habe die Facette also nicht auf dem 1000der neu gemacht, weil die sehr gut war.

Dann auf dem gleichen Chinesen ca. 20 Schübe sehr sanfte Züge/Schübe je Seite vor- und zurück. Dann je Seite ca. 150 Züge gegen die Schneide absolut OHNE jeden Druck. Das Eigengewicht von der Klinge ist fast schon zu groß, ich habe dabei versucht, sogar das zu verringern beim schieben.

Dann hörte sich die Schneide schon recht gut am Ohr an, fühlte sich aber längst nicht optimal oder wie bei anderen vergleichbaren Klingen an. Dieses Messer ist sehr anders.

Danach dann auf einem SEHR weichen schlammigen Naturjapaner, ca. 8000der nochmal jeweils 100 Schübe je Seite OHNE jeden Druck und auch wieder mit verringern des Eigengewichts, was nicht ganz einfach ist ;-)
Die Klinge fing am Finger leicht zu kleben an.

Dann kam mein GBB Extra-Extra dran. Ca. 8000-9000. Erneut rund 100 Schübe auf die gleiche Weise.
Ab dem Moment wurde es sanft. Vorher rasierte es schon gründlich am Arm. Jetzt klebte die Schneide schon sehr schön am Finger beim Tippen und hörte sich dabei auch sehr gut an.

Zum Schluß kam mein sehr harter antiker Nakayama. So um die 10000 - 12000.
Hier etwa 150 sehr zarte Schübe. Schneide optimal vom Gefühl und vom Gehör. Normalerweise bestehen die Klingen dann bereits recht gut den Haartest mit besonders feinen Haaren. Bis so ca. 5 mm vom haltepunkt.

Prüfung beim Bartmann: GAR kein Haartest mit feinen Haaren. Also wie gehabt. Trotzdem war ich sicher, das die Klinge optimal war.

also den pastenriemen ausgelassen und auf einen 100 Jahre alten und extrem eingearbeiteten Hanfriemen, der schon fast schwarz ist und sehr glatt. Riemen sehr straff gehalten, keinerlei Druck ausgeübt.
Ca. 100 Mal abgezogen. Haartest: Fehlanzeige (!) Das hatte ich noch nie. Überlegt und nochmal 100 Züge auf dem Hanfriemen. Haartest: Nix. Ganz merkwürdig.

Fast hätte ich aufgegeben, aber dann entschieden, jetzt auf die leder zu gehen. Darauf käme es jetzt auch nicht mehr an, ehe ich wieder zurück auf die Steine gehe.

Also 100 mal auf einem weichen leicht rauhen sehr alten Pferdelederriemen abgezogen. Haartest: Oh wunder. So lala, bis 3mm vom Haltepunkt, aber auf ganzer Schneide.

Nochmal 75 Züge auf dem Lederriemen. Auch wieder praktisch ohne jeden Druck und straff gezogen.
Hörtest und Gefühl am Finger jetzt ungewöhnlich gut. Haartest: Bis 5mm ab haltepunkt, aber satt gekappt ohne Geräusch oder Spalten.

Als letztes auf einen antiken extrem weichen Ziegenlederriemen. Auch Fleischseite, aber sehr glatt.
Wieder sehr straff gezogen, straffer als üblich weil ich wegen der vielen Züge die Balligkeit möglichst gering halten wollte. Auch wieder ohne Druck. Und nochmal 50 Züge.

Haartest: Bis 1 cm ab Haltepunkt.

Fertig. vom Gefühl und Klang her Optimal, vom Kopf her: Kann nicht sein, viel zu komisch vorgegangen. Aber egal.

Heute morgen dann nochmal 20 Züge über Ziegenleder ohne Druck und die Rasur:

Im Vergleich zur vorherigen Rasur mit dem Messer sehr viel sanfter und sehr viel gründlicher.
Im Vergleich zum 14er Fili und meinen Besten Klingen: Derzeit gutes Mittelmaß. Es gibt definitiv gründlichere dabei und auch sanftere. Aber das Messer ist schon mal sehr zufriedenstellend. Werde es jetzt einige Tage zum rasieren nehmen und sehen wie es sich entwickelt. Das Fili brauchte auch einige rasuren, bis es so extrem sanft und supergründlich wurde, wie es jetzt ist.

Fazit: Sehr anspruchsvolle Klinge die auf eher ungewöhnliche Weise geschärft werden muß. Im Moment ganz sicher nicht meine Lieblingsklinge aber: Mal sehen wie die Standzeit ist und sich die Rasuren entwickeln. Da ist sicher noch Luft.


Dullblade

Na, ist doch schon mal super. Ich hätte aber im Gegensatz zu dir den Riemen bewusst auch ganz locker gehalten, weil ich ganz vorne an der Spitze gerne einen 2.ten (und wenn auch nur gedachten!) Winkel hätte, der sicher die letzten Micromicromicroausbrüche egaliseirt, also Riemen locker und Messerhand locker ohne Druck. Das ganze beginnend bei Eisenoxid, dann Leder. Wär ja noch einen Versuch wert....

UbuRoy

Harry war schneller mit Tip:

Werde jetzt nochmal abkleben und 20 mal über meinen feinsten Nakayama.
Dann nochmal normal pasten mit normalem Durchhang und dann soll das Messer mich überwältigen. Sacht er jedenfalls ;-)

Ich hasse ja abkleben, aber für Harry tu' ich mal alles. "Wenns sche mocht."

Hoffe, ich zerleg mir jetzt nicht wieder alles damit...
Montag steh ich dann wieder zum Rapport hier zur Verfügung.

harrykoeln

Ansonsten krieg ich Kloppe und er schümpft mich - wie Ubu sagt...

Naja, jedenfalls weisste dann, was für das Messer nix bringt  >D >D >D
"The two most common things in the universe are hydrogen and stupidity.
There is more stupidity around than hydrogen, and it has a longer shelf life."
Frank Zappa (1940-1993)